ALLIANCE: Interview mit Robert Berry

11.06.2008 | 14:07

Manchmal wird man doch noch positiv überrascht. Da flattert mir eines Tages die neue Scheibe "Road To Heaven" der Amerikaner ALLIANCE auf den Tisch, von denen ich bis zum jenem Zeitpunkt noch nie etwas gehört hatte, und konnte mich mit ihrem typisch amerikanischen Rocksound, der so direkt aus den Achtzigern hätte importiert sein können, überzeugen. Darüber hinaus steckt hinter dem Bandnamen mit Sänger und Bassist Robert Berry (GTR), Gitarrist Gary Phil (BOSTON, SAMMY HAGAR), Schlagzeuger David Lauser (SAMMY HAGAR) und Keyboarder Alan "Fitz" Fitzgerald (NIGHTRANGER, VAN HALEN) eine Art "Who-Is-Who" der amerikanischen Rockszene, was normalerweise nicht unbedingt gleichbedeutend mit Qualität ist. Im Falle von ALLIANCE schon. Das Album ist kein glatt gebügeltes Werk, sondern hat gehörig Dampf unter dem Kessel. Ein Grund mehr, mich mal mit einem sehr freundlichen und durchaus redseligen Robert in Verbindung zu setzen, um ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen.

Robert:
Alles begann damit, dass Sammy Hagar bei VAN HALEN eingestiegen ist und seine Band aber trotzdem irgendwie weitermachen wollte. John Kalodner, der A&R Chef von Geffen Records, bot mir darauf hin einen Solodeal an. Er zeigte meine Musik Gary (Phil – guitars) und Dave (Lauser – drums) und sie kamen, um mich und meine Band spielen zu sehen. Sie wollten es gerne probieren, aber ich war schon im Begriff nach England überzusiedeln, um mit Steve Howe und seiner Band GTR Musik zu machen. Zu diesem Zeitpunkt war Gary gerade bei BOSTON eingestiegen, David absolvierte noch immer ein paar Solokonzerte mit Sammy Hagar und Fitz (Alan Fitzgerald – Keyboards) wurde der Keyboarder hinter den Kulissen von VAN HALEN. So trennten sich unsere Wege zwangsläufig. Nach ein paar Jahren in England, in denen ich unter anderem mit Keith Emerson und Carl Palmer zusammengearbeitet habe, kehrte ich nach Amerika zurück. Just in diesem Moment rief mich David Lauser an und fragte, ob ich noch immer an einer Zusammenarbeit interessiert sei. Du siehst, trotz der Erfolge und der großen Bandnamen in unserem Rücken, hatten wir immer den Wunsch nach etwas Eigenem. So wurde ALLIANCE geboren.

Chris:
Lag es vielleicht auch daran, dass ihr eure musikalischen Vorstellungen bei euren Hauptbands nicht wirklich unterbringen konntet?

Robert:
Manchmal kannst du deine musikalischen Vorstellungen ausleben, manchmal musst du aber auch zurückstecken und versuchen, wenigstens ein paar deiner Ideen in ein bereits existierendes Umfeld zu integrieren. Als Songwriter und Sänger hatte ich in den meisten meiner Bands damit bisher weniger Probleme. Hinter Sammy Hagar und Tom Scholtz zu arbeiten, war dagegen etwas schwieriger. Wenn ALLIANCE Songs schreiben und aufnehmen, kann sich jeder frei entfalten und wir machen genau das, was wir wollen. Das Schöne an dieser Band ist, dass die musikalischen Vorstellungen von uns vier fast identisch sind und daher so perfekt harmonieren. Es passt alles wie ein Puzzle zusammen.

Chris:
Kennt ihr euch eigentlich schon ewig oder wie habt ihr euch kennen gelernt?

Robert:
Das ist echt lustig, denn wir sind uns vor dem ersten Telefonat vorher noch nie über den Weg gelaufen. Es war John Kalodner, der uns alle kannte und wusste, dass wir musikalisch zusammenpassen würden. Das war sein Geschenk an die Musik. Er weiß einfach immer genau, wie und wann man die richtigen Musiker zusammenbringen muss.

Chris:
Ihr hattet zwischen eurem zweiten Album "Missing Piece" und dem aktuellen Werk "Road To Heaven" eine neunjährige Pause. Wie kam es dazu?

Robert:
Es war eine harte Zeit für mich nach "Missing Piece". Ich hatte meinen Vater verloren und eine zeitlang echt Probleme, den Dingen, die mir sonst immer Freude gemacht haben, einen Sinn zu geben. Es machte mir nichts aus, andere Künstler zu produzieren oder irgendwelche Studiojobs zu übernehmen, aber etwas selbst zu schreiben, was auch eine persönliche Bedeutung für mich haben sollte, war unmöglich. ALLIANCE trafen sich in diesen ersten zwei Jahren ein paar Mal, aber ich war nicht in der Lage, etwas Brauchbares beizusteuern. Gary hatte zwar ein paar wirklich gute Ideen, aber ich schaffte es nicht, meinen gewohnten Beitrag zu seinen Songs zu leisten, womit keiner von uns letztendlich wirklich zufrieden war. Hinzu kam, dass der klassische Rock zu dieser Zeit wieder sehr erfolgreich in den Staaten wurde, so dass alle Bands, in denen die Musiker von ALLIANCE involviert waren, wie beispielsweise BOSTON, SAMMY HAGAR, NIGHTRANGER oder VAN HALEN, immer erfolgreicher wurden und die ganze Zeit auf Tour gingen. Wir hatten also immer nur ein paar wenige Wochen, um alle gemeinsam ein Album zu schreiben und es aufzunehmen, was irgendwie nie richtig passte.
Außerdem war ich in die Band AMBROSIA eingestiegen und hoffte, ihre Karriere noch einmal in Schwung bringen zu können. Darüber hinaus war Fitz für zwei Jahre mit BRUCE SPRINGSTEEN als Zwei-Mann-Show unterwegs und ging auch ansonsten dauernd mit irgendwem auf Tour. Er ist ein sehr gefragter Musiker. Es war also nicht möglich bis ich mich entschloss, bei AMBROSIA auszusteigen und mich wieder völlig auf ALLIANCE zu konzentrieren. Nach sieben Jahren musste ich mir einfach eingestehen, dass es keinen besseren Zeitpunkt geben konnte und auch keine besseren Musiker, mit denen ich jemals gearbeitet habe. Ich musste einfach diese Bemühung für diese Band machen und ein neues Album fertig stellen. Außerdem habe ich einen sehr engen Kontakt zur Plattenfirma "Escape Music". Ich wusste, wenn ich mich jetzt nicht darum kümmern würde, dann würde es wohl niemals mehr etwas werden.

Chris:
Stört es dich denn etwas, wenn dich jeder nur auf eure vorherigen Bands anspricht?

Robert:
Nein, das macht mir nichts aus. Wenn du alle Bands und Künstler auflistest, mit denen wir alle schon gearbeitet haben, zeigt das eher, was für einen fantastischen Background wir haben. Steve Howe, Sammy Hagar, Tom Scholtz, Jack Blades, Carl Palmer, Ronnie Montrose, Normane Greenbalm, Keith Emerson und viele mehr. Man kann keinen besseren Stammbaum haben. Alles großartige Musiker, großartige Menschen und alles Personen, die irgendwie im Lexikon der Rockmusik stehen. Wenn du dir das erste Album "Alliance" anschaust, siehst du diesen Stammbaum in der Mitte des Booklets. Er verbindet so viele berühmte Musiker miteinander.

Chris:
Oft fällt im Zusammenhang mit ALLIANCE das Wort "Supergroup". Wie stehst du zu solch einer Etikette?

Robert:
Wir fühlen uns eigentlich gar nicht so. Was uns bisher als "Supergroup" ausgezeichnet hat war, dass wir das Rückgrat von so vielen berühmten Bands und Projekten gewesen sind. Die Musiker von ALLIANCE sind alle musikalisch ausgebildet und können mehr als nur ein Instrument spielen. Wir alle schreiben Songs, haben nebenbei noch einige Sessionsjobs und besitzen, letztendlich am wichtigsten, eine schier endlose musikalische Kreativität. Das zeichnet uns aus. Leute wie Sammy Hagar, der sich ständig nur mit diesen so genannten Topleuten umgibt, verlassen sich auf Musiker wie uns, die allen Eventualitäten gewachsen sind. Natürlich kannst du manchmal auch vier musikalisch ausgebildete Leute zusammenbringen und es kommt nur Schrott dabei heraus. Bei uns hat es aber einfach gepasst.

Chris.
Was würdest du Leuten erwidern, die ALLIANCE nur als "Altherrengruppe" bezeichnen würden?

Robert:
Ich habe einen dreizehn Jahre alten Sohn, der Schlagzeug und Piano spielt. Alle seine Freunde, die irgendein Instrument beherrschen, spielen Songs von AC/DC, DEEP PURPLE, ROLLING STONES, OZZY OSBOURNE oder den BEATLES. Beantwortet das schon deine Frage? (lacht) Musik sollte niemals mit einem Zeitstempel versehen werden, wenn es noch diese pulsierende und rebellische Art vermittelt, die der Rock'n'Roll der Musik in den Sechzigern gebracht hat. Ich finde, ALLIANCE klingen frisch, glaubwürdig und mit gehörig Pfeffer im Hintern. Ich bin schon so lange dabei und habe so viele Stile wiederkommen sehen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die aktuelle Dance Music wie der Disco Sound aus den Siebzigern klingen würde. Unvorstellbar, diese gleiche alte Suppe mit Hi-Hat- und Bass-Drum-Beat. Gleich nach der Disco-Phase kam der Melodic Rock aus den Achtzigern. Vielleicht sind wir also unserer Zeit einfach nur etwas voraus. (lacht)

Chris:
Wäre wünschenswert. Ihr klingt insgesamt sehr nach dem Stadionrock aus den Achtzigern. Verweigert ihr euch bewusst modernen Einflüssen, oder ist es einfach natürlich, weil ihr mit dieser Art von Musik seit jeher einfach die größten Erfolge feiern konntet?

Robert:
Zunächst muss ich mal sagen, dass alles völlig natürlich ist. Der Sound, die Instrumentierung, der Stil – einfach alles. Wenn ich einen Song schreibe, dann achte ich überwiegend darauf, dass er in jedem musikalischen Rahmen funktioniert. Treffen wir uns dann, um eine neue Platte zu machen, kann ich mich immer darauf verlassen, dass David einen kraftvollen Groove darunter legen wird, der sich nicht stark von dem vieler moderner Bands unterscheidet. Wir können uns ebenfalls darauf verlassen, dass Gary ein paar Keith Richards inspirierte Riffs spielen wird, die auch immer einen unglaublichen musikalischen Wiedererkennungswert besitzen. Der einzige Unterschied zwischen Gary und meinetwegen FALL OUT BOY ist, dass es Gary nicht ganz so verzerrt mag und eher auf einen klareren Sound steht. Der aggressive Ansatz ist jedoch derselbe. Als es zu den Keyboards kam, musste es sich Fitz diesmal noch einmal selbst beweisen. Es ist nämlich nicht einfach, einen großen Keyboardsound in eine gitarrenorientierte Band zu integrieren. Er hat aber die neueste Technologie benutzt und dadurch diesen typischen Achtzigerjahresound mit modernen Elementen aufgeblasen. Und ich? Ich singe eben wie ich, was wiederum das typischste Merkmal für unseren Achtzigerstempel sein könnte. Ich liebe aber die bluesige, leicht soulige Art zu singen wie es Lou Graham oder Paul Rodgers auch tun. Da scheint mein Herz direkt mit meiner Stimme verbunden zu sein.

Chris:
Wo und was ist die "Straße zum Himmel" ("Road To Heaven")?

Robert:
Ich wurde oft gefragt, ob der Albumtitel einen religiösen Hintergrund hat. Wenn die "Road To Heaven" für dich aber zu Gott führen sollte, dann dürftest du keine Antwort auf deine Frage in diesem Song finden. Meine Vorstellung davon ist eher, was dich zu einer glücklichen, erfüllten und fürsorglichen Person macht. Die "Straße zum Himmel" könnte der perfekte Job, ein Auto oder die Familie sein. Wenn Träume in Erfüllung gehen, ist das der Himmel für manche Menschen. Für mich bedeutet das, mein Leben als guter Mensch zu leben und jederzeit mein Bestes zu geben, bei allem was ich tue. Menschen mit Respekt behandeln, so dass sie mich hoffentlich ebenso behandeln.

Chris:
Auf dem Album ist mit 'Make A Stand' überraschenderweise nur eine richtige Ballade vertreten. War das so geplant?

Robert:
Das war nicht wirklich so geplant. Grundsätzlich sind Powerballaden sehr einfach zu schreiben, aber ich mag diese Art von Songs nur, wenn ich auch wirklich etwas Persönliches zu sagen habe. Ich hatte keine weiteren Songs in der Qualität von 'Make A Stand', so dass ich auch der Band keine weiteren präsentierten wollte. Natürlich mag ich es aber, diese Art von Songs zu singen.

Chris:
Am Ende von 'Anything Goes' höre ich immer einen imaginären Frauenchor. Kannst du nachvollziehen, was ich meine? Gehört nicht zu jeder großen Stadionband auch ein richtig großer Frauenchor?

Robert:
Das ist echt lustig, denn ich habe bereits mit der Band und auch Khalil Turk von "Escape Music" darüber gesprochen, ob wir nicht ein paar Backgroundsängerinnen mitnehmen, wenn wir eventuell Ende des Jahres ein paar Shows in Europa spielen sollten. Aber einen kompletten Chor? Das wäre natürlich fantastisch, wenn es auch ein bisschen was von SPINAL TAP haben könnte. (lacht)

Chris:
Ich meine, ihr klingt schon extrem nach den Achtzigern, aber die Produktion der Keyboards setzt dem Ganzen noch einmal die Krone auf. In manchen Genres ist das ein Schimpfwort. Wie stehst du dazu?

Robert:
Das ist eben Fitz. Ich meine, wenn eine Sache mal gut war, wird sie auch immer gut bleiben. Du wirst mir zustimmen müssen, dass die Keyboardarbeit auf diesem Album wirklich mächtig ist - der beste Mix eines großen Keyboardsounds in einer gitarrenorientierten Band. Fantastische Arbeit von Fitz. Und das Piano zu 'Make A Stand' ist ebenfalls nicht von schlechten Eltern. Die Musik sollte grundsätzlich wie bei einem Album der BEATLES klingen. Der Gesang hält zwar das Gesamtwerk zusammen, aber von Song zu Song könnten sie musikalisch von Klassik zu Musical, von Varieté zu Heavy Rock wechseln. Eine derart große Bandbreite, aber immer auf einem hohen Niveau, so dass man nicht aufhören kann, zuzuhören. Ich denke, ALLIANCE machen das in einer etwas kompakteren Version. Wir liefern das perfekte Fundament für die Texte und Melodien, die über allem stehen.

Chris:
Sind denn alle Songs auf "Road To Heaven" neu oder hat sich das Material über die vergangenen neun Jahre angesammelt?

Robert:
Die meisten Songs sind in den letzten zwei Jahren geschrieben worden, obwohl wir noch so viel Material aus den früheren Jahren hatten, was aber alles nicht gut genug war. Wir haben einfach ständig weitergeschrieben. Außer 'Much More Innocent', das wurde 2003 geschrieben. Ich habe nur den Text jetzt noch einmal überarbeitet und nun passt es. Außerdem sind alle Instrumente live gespielt - kein Drumcomputer und keine Midi-Sequenzer bei bestimmten Parts.

Chris:
Möchtest du sonst noch etwas zum neuen Album loswerden?

Robert:
Ja. Du musst dir unbedingt das Coverartwork in einem größeren Format ansehen. André hat einen fantastischen Job abgeliefert. Es ist echt eine Schande, denn wenn du die Arbeit auf CD-Format verkleinerst, verliert es so viel von seiner Genialität. Das Cover sieht super aus, aber erst die Details sind unglaublich, wenn du sie in einer größeren Version findest. Ich werde versuchen, eine große Version davon auf meine Homepage zu packen.

Chris:
Gibt es denn spezielle musikalische Dinge, die ihr nie machen würdet?

Robert:
Bei uns gibt es keine Grenzen. Wir machen genau das, was wir alle wollen und probieren alles aus. Ich habe bereits in Bands gespielt, in denen du immer irgendwelche Opfer bringen musst, um alles wie eine Einheit aussehen zu lassen. Bei uns nicht. Wir wissen irgendwie instinktiv, was wir machen müssen.

Chris:
Wer ist denn bei euch der musikalische Kopf, der am Ende entscheidet, was wie gemacht wird?

Robert:
Es läuft meist so, dass Gary mir seine Ideen per Email zukommen lässt und ich dann an Texten und Melodien feile. Alles andere wird erst im Studio mit der gesamten Band ausgearbeitet. Wenn David dann die Songs bekommt, legt er meistens einen geraden Beat darunter, der einfach als Arbeitsgrundlage dient. Andererseits kommt er manchmal mit etwas völlig Anderem an, was dem Song einen komplett neuen Charakter verleiht. Das gleiche gilt für Fitz. Er ist sehr gut darin, die unnötigen und etwas ausschweifenden Parts eines Songs herauszufiltern, so dass Garys oder meine ursprünglichen Ideen irgendwie eine neue Farbe bekommen. Irgendwann hat die Band die Songs dann fertig eingespielt und die Musiker fliegen wieder nach Hause. Nun setze ich mich hin, buche ein paar Studiotage und überarbeite die Texte und Gesangspassagen so lange, bis ich damit wirklich zufrieden bin. Wenn ich dann die ersten Rohfassungen der Songs habe, schaue ich, ob ich irgendwo noch einen Gitarren- oder Keyboardpart brauche. Ich sende den Jungs die Spuren und sie überarbeiten sie zu Hause. Das passiert aber eher selten. So läuft das bei uns.

Chris:
Arbeitest du mit Pro-Tools oder noch analog?

Robert:
Ich habe immer noch die analoge 2" 24-Spur-Bandmaschine, aber mittlerweile bevorzuge ich "Pro-Tools HD". Es ist wirklich fantastisch und die Qualität ist erstklassig.

Chris:
Wie viele Anläufe brauchst du für deine Gesangsspuren und kopierst du beispielsweise die Refrains?

Robert:
In der Regel singe ich jeden Song zwei bis dreimal komplett durch. Danach suche ich mir die jeweils besten Parts heraus und erneuere die Passagen, die ich für noch nicht gut genug halte. Für die kompletten Hauptstimmen brauche ich pro Song so zwei bis drei Stunden. Gelegentlich fange ich jedoch dann wieder von vorne an und singe den Song noch einmal komplett, weil ich denke, dass ich das noch viel besser hinbekomme. Nur bei der Ballade 'Make A Stand' hat es nicht geklappt. Ich habe den Gesang zweimal neu eingesungen, weil ich dachte, es wäre ein bisschen zu rau vom Ausdruck her. Jedoch habe ich mich, immer wenn ich ihn neu gesungen habe, vom ursprünglichen Gefühl weiter fort bewegt. Letztendlich habe ich also dann doch die erste Version genommen. Es passte einfach am besten.
Mit der Kopiererei ist das so eine Sache. Normalerweise mache ich das nicht. Manchmal kommt man aber einfach nicht drum herum. Ich singe sehr hoch, so dass ich die sehr hohen Noten ab und an nicht immer gleich gut hinbekomme. Dann muss ich sie kopieren. Meistens ist es jedoch so, dass ich später beim Abhören meine, man würde es hören und singe sie dann doch noch einmal neu ein. Ich weiß, ich verwirre dich jetzt ein wenig, aber ich will damit eigentlich nur sagen, dass ich, wenn es um den Gesang geht, alles mache, was nötig ist, damit ich am Ende wirklich zufrieden bin. Ich wünschte, es gäbe eine einfache Formel dafür, aber es ist ein harter Prozess, durch den ich anscheinend einfach immer wieder hindurch muss.

Chris:
Singst du lieber morgens oder abends?

Robert:
Normalerweise erledige ich meine Gesangsparts am Tag so zwischen 12 und 19 Uhr.

Chris:
Was sind eigentlich deine persönlichen Ziele und Erwartungen an das Album und die nahe Zukunft der Band?

Robert:
An erster Stelle steht, dass die neuen Fans das Album kaufen und nicht illegal herunterladen. Es ist heutzutage so schwer von dieser Musik zu leben und mit der Band live spielen zu können. Ein Album ist eigentlich so preiswert (wo? – der Verfasser), dass die Leute früher oder später einsehen werden, wie viel Schaden sie einer Karriere mit illegalen Downloads zufügen. Hoffentlich werden sie sich unser Album kaufen und zu unseren Konzerten kommen. Das ist doch der eigentliche Spaß dabei. Gary und ich haben bereits ein paar Songs für das nächste Album geschrieben, aber wir wollen mit den Aufnahmen nicht vor Anfang nächsten Jahres beginnen. Das naheliegende Ziel ist, das Album so gut wir können zu promoten und nächstes Jahr ein neues Album aufzunehmen. Wir bekommen derzeit so viele gute Kritiken zu "Road To Heaven", und ich frage mich wirklich, wie wir das beim nächsten Album bloß noch einmal steigern sollen.

Chris:
Du hast gerade die Downloadproblematik angesprochen. Fluch oder Segen?

Robert:
Es ärgert mich immer maßlos, wenn Musik kostenlos heruntergeladen wird nachdem wir so viel Arbeit hineingesteckt haben. Es kostet Hunderte von Aufnahmestunden, um ein Album wie "Road To Heaven" fertig zu stellen. Auch in meinem Studio kostet der Aufnahmetag immerhin 750 US Dollar. Wenn also "Escape Music" kein Geld wegen illegaler Downloads macht und wir kein Geld wegen nicht vorhandener Plattenverkäufe erhalten, können wir letztendlich auch kein weiteres Album auf diesem Niveau machen. Und ich mache definitiv keine Musik, um ein zweitklassiges Album abzuliefern.

Chris:
Eure Scheibe wurde als komplette Promo-CD, also ohne das heute übliche "voice-over" oder ähnliche Scherze, ausgeliefert. Nimmst du darauf Einfluss oder ist das reine Sache der Plattenfirma, in die du dich nicht einmischen möchtest?

Robert:
Wir wissen, dass bei den Magazinen Menschen arbeiten, die Musik lieben, Musik vermarkten und deren Leben von Musik bestimmt wird. Natürlich hoffen wir, dass jeder seine Kopie nur für den privaten Gebrauch benutzt und sie nicht ins Internet stellt. Wir wollen auch weiterhin die Journalisten mit Respekt behandeln, denn ich denke, eine "voice-over"-CD oder eine Version mit vielen Störgeräuschen alle paar Sekunden würde nicht die richtigen Zeichen senden oder unseren Dank für ihre Hilfe ausdrücken. Wir hoffen einfach das Beste.

Chris:
ALLIANCE klingen absolut amerikanisch ...

Robert:
... wir sind ja auch eine amerikanische Rockband. Das ist ein großer Unterschied zu dem, was ich eigentlich die ganze Zeit in meiner Karriere gemacht habe. Ich war nämlich immer mehr in europäisch klingenden Bands.

Chris:
Funktioniert eure Musik überhaupt in Europa? Ich könnte mir vorstellen, dass eure stärksten Absatzmärkte eher die USA und vielleicht Japan sein dürften?

Robert:
Japan ist ein guter Markt für uns, aber glaube es oder nicht, auch Europa ist sehr gut für uns. Du müsstest natürlich unsere Plattenfirma wegen tatsächlicher Zahlen fragen, aber die ersten beiden Alben sind komplett ausverkauft und wurden daher erst kürzlich als Doppel-CD unter dem Namen "Destination Known" wiederveröffentlicht. Das ist also die einzige Scheibe, die neben unserem aktuellen Werk momentan erhältlich ist. Ich glaube, die Europäer scheinen diesen amerikanischen Rocksound einfach zu mögen.

Chris:
Besteht denn dann auch die Möglichkeit, dass ALLIANCE nach Europa kommen könnten?

Robert:
Wir hoffen wirklich, Ende des Jahres kommen zu können. Das wäre der letzte Schritt, den ALLIANCE nun gehen müssen, um die Fanlager zu vereinen und das Interesse für ein weiteres Album zu wecken. Immerhin können wir aus drei Alben eine Setlist zusammenstellen und haben außerdem darüber gesprochen, je einen Song von BOSTON, SAMMY HAGAR und NIGHTRANGER zu spielen. Das dürfte eine großartige Show werden.

Chris:
Kommen denn auch wirklich alle vier Musiker mit nach Europa?

Robert:
Natürlich. Die Band wird aus uns vieren und zwei Backgroundsängerinnen bestehen. Oh warte, natürlich dürfen wir den Frauenchor für das Ende von 'Anything Goes' nicht vergessen. (lacht) Das bedeutet, ungefähr hundert Frauen für die Band. Kein schlechtes Tagewerk.

Chris:
Es gibt wirklich Schlimmeres. Ich danke dir auf jeden Fall für dieses sehr interessante Interview und überlasse dir jetzt das Feld, für deine abschließenden Worte an deine deutschen Fans ...

Robert:
Deutschland war immer sehr gut zu uns in der Vergangenheit. Es scheint, als käme der Geschmack der Deutschen meinem eigenem am nächsten – zumindest von den Ländern, in denen ich bisher Alben veröffentlicht habe. Und doch habe ich noch nie in Deutschland gespielt, was sich hoffentlich nun bald ändern wird. David und ich fahren außerdem auch beide einen Mercedes, so dass wir uns diesem Land sehr verbunden fühlen. Ich habe mir gerade einen SL500 zugelegt und liebe ihn. David Lauser ist zum Teil Deutscher und er versucht andauernd, ein bisschen deutsch zu sprechen. Keine einfache Sache für einen Amerikaner, müsst ihr wissen. (lacht)
Ich sollte dir aber noch von einem spannenden Projekt erzählen, dass ich hoffentlich mit euren Lesern durchziehen werde. Es ist ein noch unvollständiger Song von ALLIANCE, den ich gerne mit der Welt zusammen fertig stellen würde. Er wird eine Strophe und einen Refrain beinhalten. Ich bin gespannt auf alle Sänger, Gitarristen, Bassisten, Keyboarder oder auch Schlagzeuger, die mir ihre Versionen des Songs zuschicken werden und veröffentliche sie alle auf "youtube". Vielleicht schicken sie mir ja auch ein einminütiges Video, so dass ich daraus einen kompletten Clip machen kann, den ich zusammen mit dem Song veröffentlichen würde. Das ist ein Experiment, das aber ziemlich spannend sein könnte und auch ein sehr interessantes Ergebnis haben dürfte. Ich lasse dich wissen, wenn ich soweit bin und den Song ins Netz stellen werde, damit du deinen Lesern Bescheid geben kannst.

Redakteur:
Chris Staubach

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