AUTUMN HOUR - Interview mit Alan Tecchio

22.03.2010 | 11:07

Im letzten Soundcheck konnte die Band AUTUMN HOUR um die Metalsirene Alan Tecchio (HADES, NON FICTION, WATCH TOWER, POWER, SEVEN WITCHES) einen Platz auf em Treppchen ergattern. Logisch, dass wir bei dem Veteranen nach dem aktuellen Stand der Dinge fragen mussten.

Holger:
Alan, ich denke, es ist ganz schlau mal von Anfang an zu fangen. Die letztes Lebenszeichen war dein Mitwirken auf zwei Alben von SEVEN WITCHES. Was ist danach geschehen?

Alan:
Mit AUTUMN HOUR habe ich schon lange vor SEVEN WITCHES angefangen. Allerdings noch unter dem Namen SATURNINE SMILE. Da haben Justin und ich zwölf Akustik-Rock-Songs komponiert und aufgenommen. Das dürfte so ungefähr 2005 gewesen sein. Plötzlich fragte mich Jack Frost, ob ich sein nächstes Album einsingen möchte und aus einer Scheibe wurden dann zwei. Jack stieg bei LIZZY BORDEN ein, die auf einmal wieder sehr aktiv sind, er tourt mit Joey Belladonna und produziert nebenher auch noch. So blieb mir ein Zeitfenster von einem Jahr. Ich rief Justin an und wir formten AUTUMN HOUR.


Holger:
Verstehe. Wie genau ist die Band dann aber in der jetzigen Konstellation zusammen gekommen?

Alan:
Nachdem für uns beide feststand, dass wir Nägel mit Köpfen machen wollten, war es nicht schwer Dave und Clint zu finden. Dave und ich sind ja seit Jahren sehr eng befreundet. Wir haben schon zusammen gewohnt, er spielte mit mir auf zwei HADES-Alben, so war er eine sehr spontane Wahl. Und seit er bei HADES gespielt hat, hat sich sein Drumming noch mal massiv entwickelt. Es stand für mich also fest, wer das Schlagzeug spielen musste. Clint hat mal bei SEVEN WITCHES Demos für die "Deadly Sins" eingespielt, so dass ich wusste, wie gut er ist. Seine Ideen zu unseren Akustik-Nummern waren so toll und entsprachen absolut meinen Wunschvorstellungen, dass wir ihn natürlich mit offenen Armen aufnehmen mussten.  Mir war es wichtig, dass die Jungs gut spielen können, aber natürlich auch, dass sie coole Typen sind, mit denen ich auch zusammen sein möchte. Ich war ja bisher noch nie in der Situation, eine Art Bandleader zu sein, so dass ich mich total glücklich schätze, diese Truppe um mich versammelt zu haben.

Holger:
Wie haben sich denn dann die Dinge entwickelt? Wolltest du AUTUMN HOUR von Beginn an als richtige Band führen oder war das eher als Sideprojekt gedacht?

Alan:
Nachdem wir uns entschieden hatten als Band fortzufahren, wollten wir ein Album einspielen. Nachdem die ganze Geschichte ja als Akustik-Projekt gestartet war und alle wussten, dass ich eigentlich noch bei SEVEN WITCHES war, war die Richtung anfänglich nicht ganz klar. Mit der Zeit wurde alles zu einer mehr oder weniger seriösen Band.

Holger:
Ihr habt dann "Dethroned" als Eigenprodukt veröffentlicht. Wie seid ihr denn nun an den Deal mit Cyclone Empire gekommen?

Alan:
Ursprünglich ist das Album am 5.Mai 2009 auf Rock Ridge Music in den Staaten erschienen. Das Label wollte, dass wir erst einmal die Resonanz hier abwarten, was wir aus Respekt vor den Jungs auch machten.

Im Herbst habe ich dann Cyclone Empire kontaktiert, die unser Album sehr mochten. Nun haben wir einen Deal über drei Alben mit ihnen, was mich sehr freut. Sie arbeiten sehr hart und professionell und die Promotion über Sure Shot ist ebenfalls ganz großartig. Überall ernten wir tolle Reaktionen in Europa, was uns beinahe etwas wundert.

Holger:
Nachdem wir die nüchternen Fakten geklärt haben, lass uns mal auf die eigentliche Hauptsache zu sprechen kommen: Die Musik an sich. Es ist wirklich eine harte Nuss, euren Stil zu beschreiben. Vielleicht versuchst du es ja selbst mal?!

Alan:
Für mich ist es eine Anlehnung an den altmodischen Aufnahmestil der NWoBHM. Natürlich sind wir nicht Britisch, aber diese Bands wie die frühen JUDAS PRIEST, IRON MAIDEN und sogar BLACK SABBATH … sie haben er immer gewagt, mit ihrem Sound zu experimentieren. Da gab es andauernd ruhigere Passagen in ihren Songs, ganz so wie es die Stimmung verlangte. Und trotzdem haben sie die härteste Musik für die damalige Zeit gespielt, ohne dabei zu vergessen, dass kleine Überraschungen den Hörer bei Laune halten. Wir teilen diese Attitüde und ich denke, unsere Musik folgt ihren übergroßen Spuren. Ab und an werden wir mit ALICE IN CHAINS verglichen, was bei einigen Songs auch passt, aber nicht bei allen. Wir versuchen unser eigenes Ding durchzuziehen und das bedeutet, dass wir sehr emotionale und pure Musik spielen möchten. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir heavy oder besinnlich klingen.

Holger:

Nach dem ersten Anhören des Albums war ich gleichzeitig fasziniert, wie auch irritiert von der Vielseitigkeit eurer Musik. Ist es euch bewusst, dass man schon ein paar Durchläufe benötigt, um die Klasse des Materials zu erfassen?

Alan:

Natürlich ist uns das bewusst. Die einzige Ausnahme ist wohl der Song 'Unbelievable', da diese Nummer recht gradlinig ausfällt. Das ist übrigens einer der beiden Songs, die wir aus SATURNINE SMILE-Zeiten mitgenommen haben. Der andere ist 'How We were Supposed To Know'. 'Unbelievable' ist übrigens auch einer meiner persönlichen Favoriten auf dem Album. Das gute an unserer Musik ist der Fakt, dass sie mit der Zeit immer besser wird (lacht).  Man entdeckt halt immer wieder neue Kleinigkeiten in den Songs. Die negative Seite ist natürlich, dass wohl nicht so viele Leute diese Zeit investieren werden. Obwohl, bis jetzt haben sich schon viel mehr Menschen als erwartet die Zeit genommen. Es haut uns echt um.

Holger:

Daraus darf ich wohl auch ableiten, dass ihr AUTUMN HOUR nicht wegen Ruhm und Reichtum gestartet habt?;)

Alan:
Richtig. (lacht) Überleg' doch nur einmal, wie das erste Album hieß, auf dem ich gesungen habe (lacht weiter). (er meint natürlich HADES' "Resisting Success" - HA) Sollte uns allerdings jemand mit Geld oder Ruhm überschütten wollen, würden wir beides nicht ablehnen.

Holger:

Verstehe. Um das zu erreichen, habt ihr ja sogar ein Video zu dem Song 'Fade Out' gedreht. Erzähl' doch mal ein bisschen davon. Warum habt ihr gerade diesen Song ausgewählt?

Alan:
Das Video ist quasi ohne Budget entstanden und so sind wir sehr glücklich über das Ergebnis. Wir haben abgestimmt und uns für den Song entschieden, weil er recht eingängig ist und wir hoffen, dass er bei den Fans hängen bleibt. Obwohl wir natürlich eh nicht davon ausgehen, dass wir überhaupt Airplay mit dem Clip bekommen werden, da es einfach viel zu viele Bands mit Videoclips gibt. Es ist halt ein schlichtes Livevideo, gedreht in einem verfallenen Warenhaus. Das Budget war so gering, dass wir sogar auf Beleuchtung verzichtet haben und nur mit den Lichteffekten des Tageslichtes gespielt haben. Ich finde, dafür ist es toll geworden.

Holger:
Lass' uns nun mal über den textlichen Inhalt des Albums reden. Das Konzept ist inspiriert von dem Buch "Theory Of The Singularity" von Ray Kurzweil. Vielleicht erzählst du mal ein wenig über das den Inhalt und erklärst, wie die Coverversion da hinein passt.

Alan:

Die Grundidee stammt von Justin. Es spielt in der nahen Zukunft, die Menschheit hat der Technologie erlaubt, sich selbst zu replizieren. Das Problem ist nun natürlich, dass sich diese Technologie schneller weiter entwickelt als es die Menschen erwartet haben; intellektuell und zivilisiert. Das ist der Ausgangspunkt des Buches. Von dort an habe ich unsere Story angeknüpft. Die Menschheit hat den Großteil der Welt durch nukleare Kriegsführung zerstört und die wenigen Überlebenden müssen sich eine Technologie injizieren, die sie immun gegen die ganzen Seuchen macht. Das geht soweit, dass die Menschen auch nicht länger essen oder trinken müssen. Das übernimmt die Technik für sie. Die Coverversion passt ganz hervorragend in diese Story. Genau an diesem Punkt der Geschichte, kommt ein beinahe finaler Regensturm, der die Welt fast komplett vernichtet.

Holger:
Kommen wir zu einem anderen Thema: Video. Wenn ihr ausreichend viel Geld hättet, würdet ihr gern ein Video zu der Geschichte drehen? Wie sollte dieses Video aussehen, wen würdet ihr euch als Darsteller, wen als Regisseur wünschen?

Alan:
Dazu kann ich eigentlich nichts sagen, da es dazu nicht kommen wird. Vielleicht drehen wir noch einen Clip zum Titelsong, in dem wir dann die gesamte Story einmal umreißen. Dieses Video soll eine sehr düstere und bedrohliche Atmosphäre haben und erklären, wie die Menschheit so weit kommen konnte. Tim Burton ist einer meiner Lieblingsregisseure und vor allem "9" hat mir sehr zugesagt. Aber, wie gesagt, ich mag darüber gar nicht zu lange nachdenken, weil es ganz einfach nicht passieren wird.

Holger:

Ein bisschen träumen wird ja wohl erlaubt sein. Ich habe mir die ganzen Videos auf Youtube angeschaut und muss sagen, dass man den Eindruck bekommt, dass bei euch alles sehr familiär abgeht. Alan, du singst seit über 20 Jahre in irgendwelchen Bands. Wie wichtig ist die zwischenmenschliche Komponente für dich heute?

Alan:
Sehr wichtig. Neben den musikalischen Fähigkeiten, war es mir extrem wichtig, dass alle in der Band miteinander klar kommen. Ich bin eigentlich meist mit meinen Mitmusikern gut ausgekommen, aber die anderen Musiker wurden niemals aus diesem Grund ausgewählt. Dieses Mal ist es aber so, dass wir gern nach den Proben noch zusammen abhängen. Das ist neu für mich. Und es ist toll.

Holger:
Wenn man euch so spielen sieht, hat man nicht eine Sekunde den Eindruck, eure Musik wäre irgendwie kompliziert. Alles sieht so fürchterlich leicht aus …

Alan:
So sollte es bei einer gut auf einander eingespielten Band doch wohl auch sein, oder? (lacht) Wenn wir so einen Radioauftritt haben, wie man ihn in dem Youtube-Clip sehen kann, dann versuchen wir natürlich uns so gut wie möglich vorzubereiten. Aus irgendeinem Grund laufen diese Dinge bei AUTUMN HOUR aber viel leichter und runder als in allen anderen Bands, in denen ich bisher gespielt habe. Sei es das Schreiben oder das Aufnehmen von neuem Material, alles geht immer sehr flott.

Holger:
Ihr spielt dort auch 'Green Manalishi' und ich war total sprachlos über deine Gesangsleitung in der Nummer. Vor allem, wenn man bedenkt, dass ihr da mit fünf Personen in diesem winzigen Studio ward. Erzähl' doch mal ein bisschen was darüber.


Alan:

Oh, vielen Dank! Das war schon lustig, aber wir hatten keine Probleme mit den Räumlichkeiten. Aber auch an dieser Situation kann man sehr gut ablesen, wie gut es mit AUTUMN HOURS läuft. Der DJ "Scotty Evil" hatte mich zu einem Interview in seine Show eingeladen, welches etwas 15 Minuten lang ging. Da er uns aber so toll findet, hat er uns während der gesamten Show da behalten. Und diese Sendung läuft mehrere Stunden lang.

Holger:
Klingt ja alles danach als würde es zumindest regional ziemlich gut abgehen für AUTUMN HOUR?!

Alan:
Ja, es scheint so. Gerade mit der Coverversion haben wir hier einiges an Airplay bekommen, was den Verkäufen natürlich gut getan hat. Aber solche kleinen Erfolge können auch trügerisch sein. Es ist zum Beispiel sehr schwer für uns, gute Auftritte zu bekommen. Wir können immer nur in kleinen Bars spielen, denn die größerern Hallen und Clubs spielen noch immer das alte "Pay To Play"-Spiel.

Holger:
Was sind denn die Zukunftspläne?

Alan:
Wenn ich mit meinen anderen musikalischen Verpflichtungen durch bin, geht es an die nächste Scheibe, welche wohl kein Konzeptalbum werden wird.

Holger:
Gibt es Bands, mit denen du gern auf Tour gehen würdest?

Alan:
KATATONIA, OPETH, DREAM THEATER … es sollte eine Band sein, die man nicht so leicht kategorisieren kann und die trotzdem heavy klingt.

Holger:
Alan, darf ich zum Schluss auf deine eben bereits erwähnten anderen musikalischen Verpflichtungen zu sprechen kommen? Du wirst im April sowohl mit HADES, wie auch mit WATCH TOWER auftreten. Was dürfen die Fans erwarten?

Alan:
Mit HADES werden wir in der Besetzung des ersten Albums auftreten und daher auch Material der ersten beiden Alben spielen. Dieses Line-Up hat seit etwa 24 Jahren nicht mehr zusammen auf einer Bühne gestanden, so dass ich denke, es wird ein Riesenspaß werden. Vorher werden wir eine Show in New Jersey spielen. Mehr ist mit HADES aber momentan nicht geplant. Bei WATCH TOWER schaut es anders aus: Momentan singe ich die Gesangsspuren für "Mathematics" ein. Beim Keep-It-True-Festival werden wir einen oder maximal zwei neue Songs spielen, die wohl bis dahin auch online sein werden. Ansonsten gibt es natürlich Material von beiden Alben. Nachdem das Album erschienen ist, wollen wir auf jeden Fall so viele Shows wie möglich spielen.

Holger:

Wann dürfen wir denn mit dem Album rechnen?

Alan:

Keine Ahnung. Der Umstand, dass wir so weit auseinander wohnen, beschleunigt die Aufnahmen nicht gerade. Obendrein suchen die Jungs ja auch immer noch ein Label.

Holger:
Wirst du denn ein Mitglied von WATCH TOWER bleiben?

Alan:
Allerdings.

Holger:
Darf ich fragen, was aus Jason geworden ist?

Alan:
Das ist in erster Linie ein Zeitproblem, da er in so vielen Bands singt. Seine Hauptband BROKEN TEETH hat gerade eine neue Scheibe am Start und so wird er mit denen auf Tour gehen. Es gibt aber keinerlei Streit zwischen uns, denn wir waren die ganzen Jahre über in regem Kontakt und sind gute Freunde geworden.

Holger:

Das ist schön zu hören. Noch einmal zurück zu HADES. Was kannst du uns über die Wiederveröffentlichung von "Exist To Resist" auf Rock It Up Records berichten? Was ich nie verstehen werde, ist der Umstand, warum es andauernd Wiederveröffentlichungen von HADES gibt, bei denen sich die Bonussongs immer wiederholen. Warum nicht mal eine CD heraus bringen, auf denen diese ganzen raren Nummern zusammen drauf sind?

Alan:
Stimmt, es gibt VIELE Re-releases. (lacht) Einiges von den frühen Sachen, wie zum Beispiel 'Gloomy Sunday' vom "Born To Metalize"-Sampler, war ja schon auf anderen CDs vertreten. Dieses Mal gibt es einen AUTUMN HOUR und einen Dan-Lorenzo-Song. Wir veröffentlichen das Album pünktlich zum KIT eigentlich nur aus einem Grund: Damit es überhaupt wieder erhältlich ist. Die Jungs bei Rock It Up sind toll zu uns und Stripe, der unser Artwork gemacht hat, war früher in der Band DEZTROYER aktiv, die für HADES 1988 den Support gemacht hat. So ist das für uns besonders cool.

Holger:
Letzte Frage: Wann wirst du endlich die Songs deines Projektes ALL TIME LOW auf CD veröffentlichen?

Alan:
Hahaha!! Ich liebe es, dass du noch immer nach diesen alten Sachen fragst. Wahrscheinlich würde es gar nicht so schwer sein, das zu finalisieren, aber ich habe schlicht und einfach keine Zeit. Demnächst singe ich noch auf dem Album einer ungarischen Band namens MIND'S MIRROR … Eines Tages werden Mike Cristi und ich uns aber hinsetzen und ALL TIME LOW veröffentlichen. Da waren tolle Songs drauf.

Holger:

Die Untertreibung des Jahres!

Redakteur:
Holger Andrae
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