CONXIOUS: Interview mit Alexander Ghezzo

29.04.2007 | 20:47

Der österreichischen Prog-Szene braucht man CONXIOUS wohl nicht mehr wirklich näher vorstellen, schließlich haben wir der Umtriebigkeit dieser Band hierzulande einige hochkarätige Konzerte zu verdanken. Wer weiß, ob Bands wie ARENA oder PAIN OF SALVATION ohne Zutun von CONXIOUS jemals in Wien Station gemacht hätten.
Trotz ihres hochwertigen letzten Silbertellers "Never Before / Never Again" gelten die Wiener international aber immer noch als Insider-Tipp, weshalb wir der Band hiermit die Chance geben wollen; daran etwas zu ändern.

Walter:
Bevor ich auf das Thema "Konzerte großer Acts in Wien" näher zu sprechen kommen werde, wollte ich erst einmal ein wenig über die Band selbst in Erfahrung bringen, da CONXIOUS ja noch immer eher so etwas wie ein Insider-Tipp sind. Begonnen hat die Sache ja schon vor mehr als 15 Jahren unter dem Banner BRAINSTORM und später als MIND GALLERY. Was gibt es denn aus jenen Tagen Wissenswertes zu berichten?

Alexander:
Grundsätzlich waren wir ab dem Zeitpunkt der Umbenennung in CONXIOUS dort, wo man sagt: Wir haben unseren Stil gefunden. In den Jahren davor haben wir einige Stil-Veränderungen und Line-up-Wechsel durchgemacht. Aber trotzdem ist viel von damals sehr prägend gewesen. Immerhin sind mein Zwillingsbruder Michael Ghezzo an den Drums und ich immer ein konstanter und sehr bestimmender Faktor gewesen. Das Schöne daran ist, diese durchgängige Entwicklung zu erleben und daran zu wachsen: Von den ersten dilettantischen Live-Katastrophen, über den CD-Erstling, die zweite CD (die eine viel größere Herausforderung ist), dann die dritte Veröffentlichung, wo man die gesamte Erfahrung einbringen kann, bis zu dem Punkt, wo wir jetzt sind und man sagen kann: Jeder, der in Österreich Prog schätzt, kennt unseren Namen. Immerhin haben wir Konzerte für ARENA, THE FLOWER KINGS, RIVERSIDE, LIQUID SCARLET, PAIN OF SALVATION, SPOCK'S BEARD und SIEGES EVEN sowie für IQ im kommenden November in Wien organisiert und natürlich auch den Support-Act gegeben.

Walter:
Auch MIND GALLERY haben einige Gigs absolviert, oder verwechsle ich euch diesbezüglich mit einer anderen, ich glaube, oberösterreichischen Formation, die seinerzeit ebenfalls ihr Unwesen getrieben hat?

Alexander:
Wir haben sehr lange als MIND GALLERY gespielt und waren in ganz Österreich, vor allem natürlich in Wien, präsent. In der Zeit haben wir uns jede Menge an Live-Erfahrung erarbeitet. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass du uns da irgendwo einmal live erlebt hast. Unser Sänger war damals aus Linz, deswegen vielleicht dein Gedanke an Oberösterreich.

Walter:
Alles klar. Weshalb dann die Umbenennung in CONXIOUS?

Alexander:
Eines Tages bekamen wir eine ganz böse Mail von einem russischen Prog-Fan, der uns auf eine kanadische Band mit diesem Namen verwies. Die kannte bei uns zwar kein Mensch, aber in meinem Kopf war nebenbei ohnehin schon das Konzept für CONXIOUS entstanden und deswegen war das der nächste Schritt. Die Intention war klar: Wie mache ich Musik? – immer sehr bewusst! Und mit dem nächsten Line-up-Wechsel begannen wir sozusagen von vorne.

Walter:
Das wird wohl so um 1998 gewesen sein, denn da ging es dann auch veröffentlichungstechnisch bei euch los. Wie würdest du denn die musikalische Entwicklung der Band selbst beurteilen?

Alexander:
"Portraits..." war ein Album mit Songs aus einem halben Jahrzehnt. Somit gab es weder musikalisch noch thematisch einen roten Faden. Trotzdem sind wirklich tolle Songs drauf, wie 'Portrait Of A Lover', das für uns so etwas wie der "Kick Off" in die progressive Schiene war. Das nächste Album "Between Arrival And Departure" war dann schon so richtig "Prog à la CONXIOUS". Hierfür haben wir aber leider viel Kritik für den Sänger einstecken müssen, der mit unseren technischen Skills einfach nicht mithalten konnte. Deswegen auch der neuerliche Sängerwechsel. Das aktuelle Album "Never Before / Never Again" war die Zusammenführung der Erfahrungen aus den vorigen Produktionen mit einem neuen Bekenntnis zur Transparenz. Diesen Weg werden wir sicher auch weiter gehen, auch bei unserem nächsten Album, dass wir wahrscheinlich im Winter angehen werden.

Walter:
Die Historie der Band war in den Anfangszeiten immer wieder von Line-up-Wechseln geprägt. War es denn so schwierig in Wien (und Umgebung) die richtigen Musiker zu finden?

Alexander:
Line-up-Changes gehören dazu, wenn man seinen Mitstreitern nicht wirklich Geld anbieten kann, aber reichlich Energie und Einsatz abverlangt. Es ist schwierig, Musiker zu finden, die unser Niveau mittragen können und mit so komplexen Songstrukturen zurechtkommen. Aber man muss auch sagen, dass das Niveau der jungen Musiker seit unserer Anfangszeit extrem gestiegen ist. Heute unterstützen Eltern oft die Beschäftigung von Jugendlichen mit Rockmusik. Früher war der Weg von klassischer Musikausbildung zur Rockmusik, wie bei mir, von der Klassik-Gitarre ausgehend, eher üblich. Heute lernen sie schon an den Schulen Rock-Gitarre, Rock-Bass oder Schlagzeug.

Walter:
Mit Ina Färber (b.) ist seit geraumer Zeit ein bekanntes Gesicht wieder zurück in der aktuellen Besetzung. Weshalb denn ihre "Pause"?

Alexander:
Ina ging für eine Zeit ins Ausland.

Walter:
Den Namen CONXIOUS konntet ihr spätestens mit "Never Before / Never Again" bekannt machen. Wie sind denn die Kritiken darauf ausgefallen?

Alexander:
Das Feedback war großteils sehr gut, wobei spannenderweise die reinen Prog-Fanzines eher ein Problem mit der Scheibe hatten: Ein Prog-Album ohne Keys und dann noch mit Songs die teilweise eine sehr rockige Attitüde haben – das scheint irgendwie schwer zu verdauen zu sein. Offenbar haben wir uns zwischen allen Stühlen festgesetzt. Den einen ist es zu hart, den anderen zu wenig Metal, einigen zu wenig progressiv, anderen wieder zu komplex – Was soll's, wir fühlen uns damit trotzdem wohl! Das ist der Vorteil, wenn du nicht von der Musik leben musst: Wir haben die totale künstlerische Freiheit. Und jetzt zeigt sich, dass es sich gelohnt hat unserem Weg treu zu bleiben.

Walter:
Nun zu einem eingangs bereits kurz erwähnten Thema: Vor allem auf dem Live-Sektor sind CONXIOUS hier in Wien berühmt, denn immer wieder könnt ihr große Namen für Konzerte gewinnen. Wie schafft ihr das?

Alexander:
Begonnen hat es mit einer durchzechten Nacht mit den Recken von ARENA in Warschau und mittlerweile weiß die internationale Szene, dass wir ein verlässlicher Partner sind. Es ist gar nicht leicht, vor allem die ganzen rechtlichen Komponenten des Promoterjobs abzudecken und es erfordert viel guten Willen von allen Seiten, damit dann diese Konzerte wirklich zu Stande kommen. Für internationale Bands steckt ja auch ein großes finanzielles Risiko im Touring. Mittlerweile wissen jedoch alle, wie sehr wir uns dafür ins Zeug legen.

Walter:
Fühlt ihr euch denn irgendwie als "Vorreiter" der progressiven Szene in Österreich?

Alexander:
Vorreiter – das würde ich nicht sagen. Aber wir sind sicher ein Motor. Immerhin hat sich schon so etwas wie eine Prog-Community um uns geschart, die weiß, dass sie bei unseren Konzerten auf ihre Kosten kommt.

Walter:
Interessant finde ich bei CONXIOUS nicht nur die Musik an sich, sondern sehr wohl auch die lyrische Komponente. Woher kamen (und kommen) denn die Inspirationen für derlei Texte?

Alexander:
Ich freue mich, dass dir das aufgefallen ist. Mir ist die lyrische Seite sehr wichtig. Inspiration dazu kommt von überall her. Einmal geht es, wie so oft, um Bewegungen in einer Beziehung, ein anderes Mal um das Wegziehen aus einer gewohnten Umgebung und bei unserem neuesten Lied handelt es sich um eine Art "Dankeschön" an Wien. Denn Wien hat es uns möglich gemacht, so weit zu kommen.

Walter:
Cool, ein Wiener-Lied der besonderen Art, da freut man sich schon auf kommende Gigs. Von euren zahlreichen Konzerten könnte es eventuell auch Mitschnitte geben. Wäre da nicht auch einmal eine DVD fällig? Gibt es Pläne diesbezüglich?

Alexander:
Die Idee diskutieren wir immer wieder, aber es bedeutet einen sehr hohen Zeit- und Geldaufwand, will man es richtig machen, und dieses Geld stecken wir vorerst lieber ins nächste Album.

Walter:
Verständlich. Wird es denn in Bälde einen Nachfolger zu "Never Before / Never Again" geben?

Alexander:
Gegen Ende des Jahres gehen wir wieder ins Studio, wenn alles so läuft, wie wir es planen.

Walter:
Das werden eure Fans sicher mit Freude vernehmen. Wo sind denn die meisten dieser beheimatet?

Alexander:
Die meisten sicher in Österreich, weil wir hier wirklich oft zu sehen sind. Viele CDs gehen aber auch nach Deutschland bzw. Skandinavien. Und auch von dort bekommen wir sehr euphorisches Feedback. Seit kurzem sind wir auf http://www.myspace.com/conxious aktiv und so verkaufen wir nun auch weltweit CDs.

Walter:
Der Spruch vom "Prophet, der im eigenen Lande nichts gilt" ist demnach für CONXIOUS nicht zutreffend?

Alexander:
Absolut nicht. Wir bekommen schon viel tolle Resonanz aus Österreich. Ich bin dem österreichischen Publikum sehr dankbar, dass sie uns gegenüber so offen sind. Wir spielen ja vor Bands wie PAIN OF SALVATION und da ist es für jede Vorband schwer zu bestehen. Ab und zu gibt es zwar ein paar Idioten, die nicht kapieren, dass ihre Band ohne uns gar nicht nach Wien gekommen wäre, aber der Großteil steht uns positiv gegenüber. Viele kaufen sich so unsere CDs und wenn man dann von einem Unbekannten hört, dass CONXIOUS ihm besser gefallen hätten als PAIN OF SALVATION – der Band, wegen der er eigentlich gekommen ist – dann zweifeln wir zwar ein bisschen an dessen Verstand, möchten ihn aber doch am liebsten abbusseln.

Walter:
Kann ich mir gut vorstellen. Was waren denn die Highlights in der Karriere von CONXIOUS, wenn wir über Verkaufszahlen und Shows sprechen?

Alexander:
Das Highlight ist einfach, dass unsere CDs gekauft werden und sich dadurch quasi selbst finanzieren. Dass man mit Prog nicht gerade reich wird, hörte ich auch schon von einigen unserer berühmten Gäste. Aber es ist eine zutiefst befriedigende Art Musik zu machen. Wir spielen jetzt eigentlich alle paar Monate vor so ca. 250 bis 400 Leuten, das ist für eine Wiener Szene-Band großartig, vor allem da wir uns auch noch in einem wenig kommerziellen Genre bewegen. Und dazu kommt noch der Kontakt mit all unseren Idolen, mit denen wir dann auch schon mal im Tourbus bis in die Frühe durchfeiern konnten.

Walter:
Besteht denn die Chance eventuell eure alten Veröffentlichungen in überarbeiteter Form eines Tages wieder zu erhalten?

Alexander:
Einige der alten Songs werden wir auf den nächsten Alben wieder neu aufgenommen anhängen, quasi als Bonustracks. Diese Songs haben wir immer wieder live gespielt, jedoch auch musikalisch weiterentwickelt und von daher wir freuen uns darauf diese auch in neuer Studioqualität zu präsentieren.

Walter:
Besten Dank für die Auskunft und auf die nächsten Konzerte bzw. die kommenden Jahre, oder gibt es noch etwas, dass ihr dringend loswerden wollt?

Alexander:
Nur eines noch: Liebe Wiener, es hilft nichts darüber zu murren, dass viele Prog-Acts einen Bogen um unsere Stadt machen! Ihr müsst einfach auf die Prog-Konzerte gehen, die es gibt und dann wird Wien wieder ein fixer Bestandteil im Tourplan von IQ, ARENA, PAIN OF SALVATION und Konsorten werden. Die nächsten Gelegenheiten in Wien zu "proggen" gibt es übrigens am 18. Mai 2007 mit SPOCK'S BEARD, am 13. Oktober 2007 mit SIEGES EVEN und am 25. November 2007 mit IQ.

Und wer dabei jeweils den Support-Act übernimmt, brauchen wir hier wohl nicht mehr näher erläutern... - Anm. d. Verf.

Redakteur:
Walter Scheurer

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