CRYPTOPSY: Interview mit Flo Mounier

18.06.2008 | 18:23

Mit "The Unspoken King" haben CRYPTOPSY ihre Anhängerschaft sozusagen gespalten. Viele Fans der vorhergehenden Alben waren regelrecht geschockt von dem Stilwandel, den die Kanadier auf "The Unspoken King" durchgemacht haben. Kurz vor dem Konzert im Frankfurter Nachtleben sitzt Flo Mounier mit mir im Cafe des Nachtlebens und steht mir Rede und Antwort zur neuen Langrille.


Hagen:
Zuerst einmal vielen Dank, dass du dieses Interview mit mir führst.

Flo:
Es ist mir eine Freude.

Hagen:
Wir wollen natürlich etwas über das neue Album "The Unspoken King" hören, welches, meiner Meinung nach, wirklich großartig ist. Ihr habt auf der Scheibe euren Stil doch um einiges verändert, und mich und unsere Leser interessiert es natürlich brennend, was ihr euch dabei gedacht habt.

Flo:
Also, die Musik und so weiter wurde schon geschrieben, bevor Matt (McGachy - Anm. d. Verf.) der Band beigetreten ist. Wir wollten einfach etwas machen, das mehr Musik- und Song-orientiert ist, als nur unsere spielerischen Fähigkeiten zu präsentieren. Wir haben uns gegenseitig viel Raum gelassen um sozusagen aufeinander zuzuspielen und die Teile gut durch Bridges verbinden zu können. Wir wollten schon seit langem klare Vocals in die Band integrieren und als wir einen neuen Sänger gesucht haben, hatten wir die Chance, jemanden zu finden, der dazu fähig ist. Das Songwriting war im Endeffekt eine große Teamarbeit, jeder hat etwas dazu beigetragen, also Alex (Auburn), Eric (Langlois) und Chris (Donaldson - Anm. d. Verf.). Die Lieder repräsentieren genau die Stimmung, die wir während dem Songwriting hatten. Am Ende hat Matt sein Gesangstalent hinzugefügt, und das ist es, was am Ende herausgekommen ist.

Hagen:
Wie ich bereits gesagt habe, ich finde die Scheibe wirklich toll, für mich ist sie bisher eine der besten Alben, die ich 2008 gehört habe.

Flo:
Oh, vielen Dank.

Hagen:
Die Presse war ja allgemein eher zugetan, aber es gab natürlich auch negative Reaktionen auf den Stilwandel bei "The Unspoken King". Uns interessiert natürlich, wie die Fans auf das Album reagiert haben. Gerade musikalisch etwas engstirnigere Fans sind von der LP nicht gerade begeistert.

Flo:
Naja weißt du, du wirst immer gute und schlechte Reviews haben. Das einzige, worauf man sich verlassen kann ist, dass man es einfach nicht immer jedem recht machen kann. Einige Leute denken einfach, dass es keinen Platz für Experimente mit cleanen Vocals in einer Musikrichtung wie unserer gibt. Im Gegenzug dazu denke ich, dass es genau das ist, was wir tun sollten, weil es ja wohl eindeutig nicht kommerziell basiert ist und wir in dem Fall einfach das tun, was wir wirklich wollten. Klar hast du immer auch negative Reaktionen auf das, was du tust, auch wenn ich viele der Kritiken da nicht so sehr nachvollziehen kann. Manche von ihnen sind konstruktiv, manche lustig und manche einfach bescheuert, da kann man halt nichts machen.

Hagen:
Habt ihr Rückmeldungen über "The Unspoken King" auf der Tour bekommen?

Flo:
Bis jetzt ist es großartig! Was wir bis jetzt sicher sagen können ist, dass Matt seinen Job beeindruckend gut erledigt. Wir spielen nicht soviel von der neuen Scheibe, weil es einfach noch so neu ist. Daher haben wir viele alte Sachen in der Setlist.

Hagen:
Werden wir denn etwas vom neuen Album live hören? Besonders einige der Songs mit klarem Gesang?

Flo:
Ja natürlich, wahrscheinlich im November. Wir sind im November wieder auf Tour und werden da wesentlich mehr neues Zeug spielen als jetzt.

Hagen:
Ah okay. Welches Lied auf "The Unspoken King" magst du denn am liebsten?

Flo:
Puh schwere Frage, sie sind alle so verschieden. Weißt du, das ganze Album entführt dich auf verschiedene Trips, versetzt dich in verschiedene Emotionen... Alsooo, nun ich bin mir nicht sicher, wenn ich ehrlich bin. Ich mag es, die Scheibe als Ganzes zu hören, eben weil sie so vielseitig ist.

Hagen:
In welchem Studio habt ihr das Album denn aufgenommen?

Flo:
Wir haben es in dem Studio von Chris, unserem Gitarristen aufgenommen. Er hat ein Studio in Montreal. Die Drums haben wir dann bei mir zu Hause hinzugefügt. Es blieb praktisch alles in der Familie (lacht).

Hagen:
Was denkst du über die zukünftige Entwicklung von CRYPTOPSY?

Flo:
Ich weiß es nicht, wir haben noch nicht damit angefangen, etwas Neues zu schreiben. Aber es wird definitiv interessant sein, vielleicht sogar noch interessanter als "The Unspoken King". Und es werden definitiv wieder klare Vocals dabei sein. Fest steht einfach noch nichts, weil wir uns ja noch nicht groß damit beschäftigt haben. Es werden aber wohl mehr technische Parts dabei sein im Kontrast zu melodischen Stellen. Insgesamt soll es aber düster bleiben und nicht zu fröhlich werden. Wir werden sehen.

Hagen:
Ich finde diese Mixtur aus technischen Brutal-Death-Parts und melodischen Stellen wirklich gelungen, ich mag die Abwechslung und den Kontrast dabei. Um ehrlich zu sein, hat mich die neue Scheibe ein wenig an INTO ETERNITY erinnert. Ich meine jetzt weniger den klaren Gesang, als den Mix aus den verschiedenen Stilen, den vielstimmigen Gesang und so weiter. Nur seid ihr halt eine ganze Ecke härter.

Flo:
Oh okay. Großartige Band!

Hagen:
Ja, finde ich auch. Wovon handeln denn die Lyrics auf "The Unspoken King"?

Flo:
Ich muss zugeben, ganz im Detail weiß ich das gar nicht, weil Matt alle Texte geschrieben hat. Ich weiß aber, dass er über seine Erfahrungen und Gedanken spricht. Es ist sehr bodenständig und nicht zu weit hergeholt. 'Bemoan The Martyr' beispielsweise handelt von einem seiner Freunde, der Selbstmord begangen hat. Insgesamt also Dinge, denen er sich verbunden fühlt.

Hagen:
Ich würde gern ein bisschen über eure Touraktivitäten reden, wenn es dir recht ist.

Flo:
Ja klar.

Hagen:
Was sind denn so eure Eindrücke auf der Europatournee bisher?

Flo:
Die Reaktionen sind toll, die Fans sind wirklich enthusiastisch. Das Touren ist halt ein notwendiges Übel in unserem Geschäft, aber wir alle lieben es einfach, die Songs live zu spielen. Klar, das ewige Warten dauernd ist wirklich nicht gerade das Tollste. Aber trotzdem lohnt es sich.

Hagen:
Im Sommer seid ihr auf der "Summer Slaughter Tour 2008" mit unter anderem BLACK DALIAH MURDER, KATAKLYSM, ABORTED, VADER und noch einigen mehr. Das wird nur in den USA stattfinden, fürchte ich.

Flo:
(Lacht) Ja, da hast du leider recht.

Hagen:
Sehr schade. Étwas anderes hab ich aber auch nicht zu hoffen gewagt.

Flo:
Ja, das ist wirklich ein geiles Paket.

Hagen:
Das denke ich auch. Was erwartet ihr euch denn von der Tour?

Flo:
Oh. Lang und schmerzhaft. Zehn Bands jeden Abend, ich erwarte Wahnsinn und Chaos. Aber auf der anderen Seite ist es wirklich eine tolle Kombination. Wir erwarten sehr viele Kids und viele Fans. So richtig vorstellen kann ich mir das aber noch gar nicht, ich war noch nie auf so einer großen Festival-ähnlichen Tour. Es wird auf jeden Fall interessant, denke ich.

Hagen:
Wir haben ja schon ein wenig über INTO ETERNITY geredet. Kannst du mir denn etwas über die Metalszene in Kanada erzählen, nachdem Kanada für uns Europäer ja doch ziemlich am Ende der Welt liegt?

Flo:
Also, prinzipiell sieht es in Kanada in Bezug auf Metal genauso aus wie im Rest der Welt. Wir haben einige gute Städte, wir haben aber auch schlechte Städte, natürlich eher die kleinen. Aber Montreal ist so was wie die Metal-Hauptstadt in Nordamerika, wenn nicht sogar der Welt. Metal ist wirklich groß dort, die Hallen sind abartig voll in Montreal. Viele Bands fiebern regelrecht darauf hin, dort zu spielen, weil die Reaktionen so großartig sind. Es kommen Massen an guten Bands aus Montreal, alles in allem haben wir dort eine tolle Metalszene. Viele der Bands aus Kanada sind wirklich großartig, sie sind sehr auf die Musik fixiert und versuchen sich immer weiterzuentwickeln. Vielleicht liegt das da einfach im Wasser.

Hagen:
Was ich an den kanadischen Bands mag ist, dass sie, besonders im Vergleich mit skandinavischen Bands, eher dazu bereit sind, auf den ganzen Mist rund um die Musik zu verzichten, gerade was das Image und so weiter angeht.

Flo:
Ja das stimmt definitiv. Wir nehmen das alle nicht zu ernst, Metal ist immer noch Musik. Wir sind einfach musikorientiert und nicht beispielsweise auf den Kleidungs- oder Lebensstil fixiert, wie das manche andere Bands tun. Wer das möchte, soll das tun, versteh mich nicht falsch! Aber wir sind in Kanada allgemein einfach eher lockere Menschen.

Hagen:
So, wenn es dir nichts ausmacht, würde ich dich gern noch ein paar persönliche Sachen fragen.

Flo:
Sicher, sicher.

Hagen:
Achtung, die ist schwer.

Flo:
Okay.

Hagen:
Was sind deine drei Lieblingsalben aller Zeiten?

Flo:
(Lacht) Kann ich nicht sagen. Okay, eine wenigstens: LED ZEPPELIN, "Physical Graffiti". Ahhh, CANDIRIA, "What Doesn't Kill You Makes You Stronger". Hmm. Und RADIOHEAD, "OK Computer".

Hagen:
Gibt es irgendeine bestimmte Band oder einen Sänger, mit dem du gerne einmal die Bühne teilen möchtest? Kann auch jemand sein, der heute keine Musik mehr macht.

Flo:
Auf jeden Fall Mike Patton von FAITH NO MORE. Er ist einfach ein Genie. SLAYER wäre natürlich auch toll, weil es SLAYER ist. Die sind ja so was wie die Könige in der Metal-Welt. Und ich wäre total gerne mal mit LED ZEPPELIN auf Tour gegangen.

Hagen:
Vor ein paar Wochen habe ich diese Fragen Ola Lindgren von GRAVE gestellt, und der hat gemeint, er wäre gerne mit den BEATLES unterwegs gewesen, um die großartigen Partys dort mitzuerleben.

Flo:
(Lacht) Ja, da hat er recht.

Hagen:
Welche, bereits gestorbene Persönlichkeit würdest du gern mal auf ein Bier treffen?

Flo:
John Bonham (LED ZEPPELIN - Anm. d. Verf.).

Hagen:
Möchtest du abschließend noch etwas zu unseren Lesern sagen?

Flo:
Ja klar! Erstmal vielen Dank für die Unterstützung, kommt zu unseren Shows. Und wir sehen uns im November!

Hagen:
Ja, werden wir. Vielen Dank und ich wünsch dir alles Gute für die Show nachher.

Redakteur:
Hagen Kempf

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