DARKTHRONE: Interview mit Gylve Fenriz Nagell

11.11.2008 | 22:07

Metal-Unikum Fenriz philosophiert über Zelten, Sound und Punk. Und er empfiehlt euch viele neue Bands.

Rüdiger:
Hi Fenriz, zum Start in das folgende Interview einfach mal die Frage nach deinem Wohlbefinden: Wie geht's dir grad so?

Fenriz:
Es geht mir besser und ich fühle mich stärker als je zuvor. Und ich arbeite heute noch härter und intensiver im Underground als dies noch in den Jahren 1987 bis 1989 der Fall war. Ich stehe sozusagen in Flammen! Ich habe in dieser Saison übrigens den neuen Oslo-Rekord im Zeltausflüge machen aufgestellt (36 Ausflüge von April bis September) und einige der Ausflüge sind in der "Aftenposten" [Norwegens größte Zeitung - Anm. d. Verf.] als Reiseführer veröffentlicht worden.

Außerdem habe ich die letzten fünf Jahre genutzt, um den Alkohol los zu werden. Ich habe 2004 damit angefangen zu reduzieren. Ich habe den Alkohol vor allem dazu benutzt, meine Enttäuschung über die Metalszene der Neunziger zu ersäufen. Das war das Jahrzehnt, in welchem alle Metalstile gestorben sind. Heute trinke ich nicht mehr fünfmal die Woche, sondern nur noch viermal im Monat. Das heißt zwar, dass ich öfters Angebote ablehne, auf Konzerte zu gehen oder mit den Freunden herum zu hängen, aber hey, es gibt eh schon viel zu viele Leute in meinem Leben. Das ist auch einer der Gründe, warum ich nicht live spielen möchte. Es ist einfach nichts Echtes, wenn man jeden Abend vierzig neue Leute kennen lernt. Das ist unaufrichtig gegenüber ihnen und gegenüber mir selbst. Alles nur Fake!

Ich wäre während des Tourens auch nicht in der Lage im Fitnessstudio Gewichte zu stemmen und dort zu trainieren, während ich mir New York Hardcore und THOR (haha!) reinpfeife. Es würde mich auch davon abhalten, mir zehn Stunden am Tag Musik über den Walkman oder meinen MP3-Player anzuhören. Leute, ich muss damit fertig werden, dass ich mir jedes Jahr ungelogen 450-750 neue Scheiben in die Sammlung stelle. Kein Witz! Ich habe eine Liste. Das heißt also, dass ich pro Arbeitstag zwei neue Scheiben anhören muss. Ich gebe meinen normalen Job übrigens niemals auf. Routine ist das A und O, wenn man im Metal-Underground überleben will.

Kurz gesagt: Es geht mir besser als je zuvor, ich bin gesünder als je zuvor, ich fühle mich stärker als je zuvor und ich habe mehr Energie dafür, Untergrund-Bands zu unterstützen, als je zuvor. Uh!

Rüdiger:
Freut mich sehr, das zu hören. Als nicht ganz unbekannter Musiker musst du sicher viele Interviews geben, daher noch kurz die folgende Frage: Welche Bedeutung haben Interviews für dich persönlich?

Fenriz:
Mir war in meinen Interviews immer am wichtigsten, die Namen anderer Bands zu erwähnen. Durch das Namedropping kann ich mich selbst erklären und den Leuten sagen, was in der Szene wirklich wichtig ist. Es ist eine Musikwelt und nicht die wahre Welt.

Rüdiger:
Auf eurer Webseite stand mal "We are still performing metal. Blackmetal you say? Well, yeah, maybe, depends on who is listening.". Bedeutet dir heute die Bezeichnung "Black Metal" als solche noch besonders viel, oder ist es dir einfach nur wichtig, dein Ding durchzuziehen, egal wie es die Leute auch nennen wollen?

Fenriz:
Ich glaube, ein gutes Beispiel für meine Denkweise wäre der neue Song für das nächste Album, an dem ich seit Juni schreibe. Ich achte darauf, was mir mein Herz sagt. Es muss sich richtig anfühlen. Ich fürchte mich davor, dass es zu sehr nach METALLICA 1983 oder nach SLAYER 1983 klingen könnte, oder davor, dass der Chor zu punkig klingt. Und ich grüble, in welchem Tempo der letzte Abschnitt sein soll. Ich quäle mich jetzt seit zwei Monaten damit rum. Aber im Dezember werden wir aufnehmen und glücklicherweise habe ich mich nun entschieden. So denke ich, und ich denke nicht "das muss böser klingen als BEHERIT", oder so. Mir ist wichtig, dass meine Songs in meinen Ohren frisch klingen. Fertig.

Rüdiger:
Wie reagieren die selbsternannten "True Black Metaller" auf eure Entwicklung in den letzten Jahren? Interessiert dich das überhaupt?

Fenriz:
Ich weiß nur von dem, was mir die Journalisten dauernd weiß machen wollen. Diese Informationen haben sie wohl aus Internetforen. Das ist seltsam, weil in meiner Szene, die wir "One Of Us" nennen, gibt es nur Die-Hards, die sich um ECHTEN Metal scheren. Es gibt in meiner Crew keinen Platz für computergenerierte Ein-Mann-Bands, computergenerierte Lifestyles oder für die Einstellung von Copycat-Puristen.

Wie auch immer, all diejenigen, welche den DARKTHRONE-Sound der Jahre 1991-1995 mögen, will ich in ein kleines Geheimnis einweihen: Hört euch TANGORODRIM aus Israel oder ORCUSTUS aus Norwegen an. Diese Bands werden euch das geben, was ihr hören wollt, schätze ich. Aber bitte stellt euch nicht mir und meinem Lebenswerk oder meiner Selbstverwirklichung in den Weg. Ihr solltet die Grundlagen des Satanismus gut genug kennen, um solche Aspekte zu respektieren, okay?

Rüdiger:
Hat sich deine Einstellung nicht nur zur Szene, sondern auch zum Leben im Allgemeinen in den letzten Jahren maßgeblich verändert? Heute zeigt ihr euch unmaskiert, beim Zelten, mit Bluejeans und einer Dose Bier in der Hand, anstatt mit Corpsepaint und Kerzen. Ist das ein Zeichen für eine persönliche Wandlung, oder nur ein Statement, dass ihr die Schnauze voll habt von all den Klischees?

Fenriz:
Nun, die wichtigsten Jahre jeder Band sind der Anfang, und in den Jahren 1987-1989 sang ich auf den Demos, wir hatten kein Corpsepaint. Der Song 'Snowfall' (1988) klingt am stärksten nach dem, was wir heute machen, und meine heutige Einstellung und mein Lebensstil sind wieder mehr wie 1988 als zwischen 1991 und 2003. Ich bau mir mein Leben buchstäblich wieder so auf, wie es in den Achtzigern war, und meine Freunde können das bezeugen.

Was die Musik angeht, habe ich aber insgesamt nur eine Handvoll Songs gemacht, die Neunziger-Riffs hatten. 96 Prozent meines Materials waren immer strengstens vom Rock und Metal der Achtziger und Siebziger inspiriert, weil das die Zeit ist, in der ich aufwuchs.

Außerdem bin ich heute kein besoffener Verrückter mehr. Ich steh im Trockenen, bevor ich Äußerungen tätige oder Texte verfasse. Nun ist die Zeit der Abrechnung für all die Scheuklappen tragenden Separatisten und die Modern-Metal-Fuckers gekommen, die den Metal-Sound zerstört haben; die dafür gesorgt haben, dass die Kids immer nur Klick-Drums und Pro-Tools hören statt echten, ehrlichen Metal-Sound wie auf "Bonded By Blood" von EXODUS, "The Spectre Within" von FATES WARNING oder IRON MAIDEN oder...

Ich würde meine Grenzen bei ARIA ziehen und bei deren Album "Krov Za Krov" oder ihrem Doppel-Live-Album von 1996. Moderner oder professioneller sollte Metal niemals klingen müssen. Dieser Sound ist perfekt. Alles, was moderner und mehr nach Studio klingt als das, geht mir zu weit. Damit komme ich nicht klar. Das haben wir selbst auf unserem ersten Album "Soulside Journey" verbockt. Es hat einen Plastik-Sound, aber daraus haben wir gelernt: Ab 1989 war es zum einen billig, einen professionellen Plastik-Overground-Sound zu bekommen, und zum anderen stand es zur Disposition der Band. In den Achtzigern musste man viel Geld haben und kommerziellen Metal spielen, um diesen Sound zu bekommen. Aber seit 1989 kann ihn jeder bekommen. Man hat also seither die Wahl, ob man Overground oder Underground sein will. Fast jeder entschied sich für den Overground. Und diese Leute sind die Ursache dafür, dass Metal seither seelenlos und einförmig klingt. Besonders in der Death-Metal-Szene. Die meisten Bands entschieden sich für diesen seelenlosen, sabbernden Sound. Fickt euch! AUTOPSY rules forever!

Rüdiger:
"Dark Thrones And Black Flags" ist euer drittes Album seit eurer Rückkehr zu Peaceville Records. Wie zufrieden seid ihr mit deren Arbeit und wie blickt ihr zurück auf die Moonfog-Jahre?

Fenriz:
Ich kümmere mich nur um die Musik. Paul von Peaceville ist Spitze!

Rüdiger:
Peaceville hat eure Rückkehr seinerzeit mit den Worten angekündigt, dass ihr unbedingt zurück nach Hause wolltet. Stimmt das, oder ist das ein bisschen übertrieben?

Fenriz:
Es ist auf jeden Fall viel näher an der Wahrheit als jede andere Geschichte.

Rüdiger:
Nachdem ich seit ca. 1991 DARKTHRONE-Fan bin, hat es mich sehr gefreut, dass ihr endlich eine Box veröffentlicht habt, die eine komplette und offizielle Zusammenstellung aller Demos und weiterer Raritäten enthält. Wie wichtig war es für euch, dass das alte und seltene Material endlich den Fans zugänglich gemacht wird?

Fenriz:
Das "Land Of Frost"-Demo war so beschissen, dass ich mich dafür geschämt habe und es nach 1989 nie mehr angehört habe. Ich habe alle Kopien weggegeben. Später, 1990, habe ich das selbe mit all den anderen Demos gemacht. Es war also ziemlich spannend für mich, das "Land Of Frost"-Demo wieder zu hören. Ein Teil des anderen Materials war ja bereits in der "Preparing For War"-Box enthalten, glaube ich, aber es war auf jeden Fall toll, die Demo-Artworks und so mal wieder zu sehen, yeah! Und das "Snowfall"-Demo klingt am stärksten nach dem, was wir heute machen. Wenn man solche Demos aufnimmt, dann ist der Sound spontan und zufällig, sehr nah am eigenen Selbst. Das ist schmerzhaft, aber viel stärker als wenn man nur in ein Standard-Studio geht und sagt: "Tägtgren, mach deinen Job!", haha.

Rüdiger:
Zu eurem neuen Album: In wie weit ist es im Vergleich zu "F.O.A.D." progressiv (oder regressiv)?

Fenriz:
Ein Journalist hat uns mal eine pro-regressive Band genannt. Das ist eine geniale Art den Widerstreit in uns, oder "das Problem namens DARKTHRONE" beim Namen zu nennen. Wir sind auch dieses Mal - wie immer - eine Faust im Antlitz des modernen Metals, aber ebenso sind es immer mehr wir selbst. Wie auch immer mehr Leute die Geschichte des Metals erfassen, wenn sie älter werden, so sehen auch immer mehr von ihnen, dass es WIR sind, und nicht SIE [er meint die modernen Metalbands - Anm. d. Verf.], die diese Geschichte repräsentieren, so gut es nur geht. Kurz gesagt: WIR SIND METAL-GESCHICHTE.

Ich glaube auch, dass die Zukunft in der Vergangenheit liegt. Aber wenn die Leute Cyber-Metal wie RAMMSTEIN machen, dann profitieren wir nur davon, weil wir eine starke Alternative zu bieten haben: unseren Metal mit Seele. Ich hoffe, dass man uns irgendwann in der Zukunft wiederentdecken wird. Wie SLY & THE FAMILY STONE. Inzwischen sind sich alle darüber einig, dass sie wichtig waren und coole Musik gemacht haben. Genauso machen wir Musik NICHT für die heutige Zeit, sondern wir hoffen, dass es zeitlose Musik sein wird. Wir wünschen uns, dass es in 20 Jahren oder in 200 Jahren völlig logisch sein wird, zum Beispiel "Dark Thrones And Black Flags" zu hören.

Ich denke zum Beispiel an eine Band wie DREAM DEATH mit deren Album "Journey Into Mystery" auf New Renaissance Records, das um 1987 herum erschienen ist. Das wird für IMMER ein großartiges Album für die große Mehrheit der WIRKLICH interessierten Metalfreaks sein. Heute kauft jeder so 'nen Scheiß wie PAIN oder NICKELBACK, aber trägt irgendwer deren T-Shirts? Es ist besser kleiner zu sein, und es langsam angehen zu lassen, sich dabei aber die Würde und die Liebe zum Metal als Herzensangelegenheit zu bewahren, als einfach nur eine In-Band zu sein. Mit jenen Bands ist es wie bei "Des Kaisers neue Kleider": Sie verkaufen Millionen von Scheiben, aber keiner trägt ihre Shirts. Genau das Gegenteil wie bei MOTÖRHEAD: Jeder trägt ihre Shirts, weil sie höchst einflussreich sind. Genau das sind EVANESCENCE nicht. Haha!

Rüdiger:
Ihr hattet schon vorher Punk-Einflüsse, aber die scheinen seit einiger Zeit immer dominanter zu werden. Was ist die Ursache dafür? Allein die musikalische Seite, oder auch die "We don't care what you say ... fuck you!"-Attitüde der Punks, die auch Metalbands wie SLAUGHTER oder VENOM maßgeblich geprägt hat?

Fenriz:
SLAUGHTER ist eine der wenigen Bands, die wir jemals gecovert haben. Es steckt viel von einem Album wie "Strappado" in uns. Das ist genauso ein unsterblicher Klassiker wie die Scheibe von DREAM DEATH.

Wir haben uns 2005 ein tragbares Studio gekauft, mit dem wir alles selbst aufnehmen und sozusagen Kunst per dummem Zufall produzieren. Das ist für uns die typische Punk-Kiste. Die Kultur des "do it yourself".

Was die Musik angeht, glaube ich, dass meine MySpace-Blogs und die Liste meiner Einflüsse sehr deutlich macht, wie sehr mir der Punk am Herzen liegt. Von THE SONICS aus dem Jahre 1964 bis zu neuen Bands wie INEPSY, WORLD BURNS TO DEATH usw. In diesem Lichte ist es auch zu sehen, dass wir SIOUXSIE AND THE BANSHEES und THE TESTORS gecovert haben. Beide sind 70er-Bands, die so überhaupt nicht den üblichen SEX PISTOLS-Anbetungen entsprechen.

Aber im Endeffekt höre ich schon wesentlich mehr Metal als Punk. Dabei ist es aber an sich überflüssig zu erwähnen (oder sollte zumindest überflüssig sein), dass Bands wie METALLICA, SLAYER, SEPULTURA oder VOIVOD nur ein laues Lüftchen gewesen wären, wenn sie nicht ein bisschen Punk-Feuer im Arsch gehabt hätten. IRON MAIDEN genauso!

Rüdiger:
Du hast MySpace erwähnt. Für dich eine wichtige Plattform?

Fenriz:
Die offizielle MySpace-Seite DARKTHRONEs ist momentan unsere einzige lebendige Webseite. Wir haben etwa 3000 Besucher pro Tag, die dort großartige neue und alte Bands entdecken können, indem sie unsere Top-Friends durchsuchen. Und ich beantworte jede ernst gemeinte Message, außer halt die üblichen Kommentare.

Rüdiger:
Um nochmal zum Punk zurück zu kommen: Macht es dir was aus, ein bisschen was zu deinen Lieblingsbands in dem Bereich zu sagen? Was Traditionelles, oder auch ein bisschen Crust Punk?

Fenriz:
Da fallen mir aus den alten Tagen die Folgenden ein: THE REZILLOS (1978), der erste schottische Punk-Erfolg, dann THE DICTATORS (1975), mit denen Ross The Boss seine Karriere begann. THE SONICS (1964), SONIC'S RENDEZVOUS BAND, SWEET NOTHING (Live 1978), ROCKET FROM THE TOMB (nein, nicht ROCKET FROM THE CRYPT!). Ich mag wirklich sehr viel Siebziger-Punk. Vor allem Sachen, die älter sind, als die SEX PISTOLS, oder Sachen, die nichts mit dem Trend zu tun hatten, welchen die SEX PISTOLS ausgelöst haben.

Aus den Achtzigern mag ich Bands, die anders klingen: DIE KREUZEN (ich glaube, die waren ein riesiger Einfluss für VOIVOD), BEYOND POSSESSION, CRUCIFIX, AMEBIX, RUDIMENTARY PENIS, CRUMBSUCKERS, CRYPTIC SLAUGHTER und natürlich auch DISCHARGE und eine ganze Menge Straight Edge- und NYHC-Stoff: GORILLA BISCUITS, JUDGE, CRO-MAGS.

Aus den Neunzigern mag ich am liebsten das Album, das EVERYDAY SLAUGHTER zusammen mit DISFEAR gemacht haben. Diese Scheibe ist perfekt! Aber ich mag auch viele der anderen metallisch ausgerichteten Crust-Bands, die auftauchten: SKITSYSTEM, SEVERED HEAD OF STATE, HIS HERO IS GONE und viele, viele, viele andere.

Die Liste wäre lächerlich lang, weil ich Punk aus vielen verschiedenen Ländern mag, und aus den 60ern, 70ern, 80ern, 90ern und 00ern.

Rüdiger:
Wie inzwischen fast alle wissen, ist traditioneller Achtziger-Metal auch eines deiner wichtigsten Interessengebiete. Welche der Bands, die du in deinen neueren Texten und Booklets erwähnst, interessieren dich auch heute noch? Wie sieht es mit den aktuellen Alben von z.B. VENOM, CELTIC FROST oder MANILLA ROAD aus? Magst du "Hell" und "Monotheist", wenn du sie schon gehört haben solltest?

Fenriz:
Das größte Problem vieler dieser alten Bands und ihrer neuen Alben ist, dass, wenn man sich den menschlichen Körper als Weltkarte vorstellt, ihre Eier so groß sind, wie die kanarischen Inseln. Richtig klein. Und sie trauen sich nicht, diesen alten Sound mit Seele zu fahren, der auch Raum für den Zufall lässt. Oder sie wollen es gar nicht. Entweder haben sie sich von irgendwelchen Verrätern unter Labelmenschen und Produzenten einlullen lassen, dass es eine gute Idee sei, einen modernen Metalsound zu haben, oder sie haben einfach nicht mehr die Eier, nochmal richtig schmutzig zu werden!

Die Alben, die du genannt hast, habe ich leider noch nicht gehört, aber ich muss hinzufügen, dass MANILLA ROAD scheinbar wieder richtig auf dem Damm ist. Großartiges Comeback!

Ich hab dir aber eine Liste von EIN PAAR der Bands zusammengestellt, denen ich gratulieren möchte, und die ich unterstütze:

WORLD BURNS TO DEATH, CORRUPT, NEKROMANTHEON, ENFORCER (Swe), NOCTURNAL, PORTRAIT, EIDOMANTUM, GASMASK TERRÖR, ZEMIAL, THE BATALLION, NATTEFROST, SALUTE, EM RUINAS, DEATHHAMMER, OLD, VOMITOR, FARSCAPE, THE DEVIL'S BLOOD, LONEWOLF, ORCUSTUS, AURA NOIR, VIRUS (Nor), WITCH (USA), EVIL ARMY, KARNAX, RÉSISTANCE, DOOMED BEAST, DEMON'S GATE, ALPHA CENTAURI, MORNE, MÄNIAC, SONIC RITUAL, DEATHRONER, JEX THOTH etc.

Rüdiger:
Du hast euren Fans ja in den letzten Alben jeweils eine Menge klassischer Underground-Metal-Scheiben empfohlen. Diejenigen davon, die ich kenne - und das sind die meisten - sind wirklich hervorragende Klassiker. Die meisten DARKTHRONE-Fans werden jedoch vorher noch nichts von MANILLA ROAD oder TRÖJAN gehört haben. Bekommst du von solchen Fans Feedback, weil sie etwas davon ausprobiert und gut gefunden haben?

Fenriz:
Ja! Sehr viel Feedback! Es funktioniert tatsächlich! Genauso mit meinen Musiklisten im MySpace-Blog. Die kommen weltweit super an. Ich bekomme viele Rückmeldungen und viele echte Musikfreaks verfolgen die Sache. Ich bekomme auch selber sehr viele Tipps. Musik aus den Sechzigern und ganz neue Sachen.

Rüdiger:
Zu 'Hanging Out In Haiger': Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass du kein großer Fan des Reisens bist. Aber scheinbar hattest du wenigstens ein bisschen Spaß an deinem Ausflug nach Haiger (eine Stadt im deutschen Siegerland). Gibt's darüber und über deine dort lebenden Kumpels von OLD was zu erzählen?

Fenriz:
Ja, in der Tat, ich HASSE es zu reisen, von meinen Platten getrennt zu sein und so weiter. Ich bekomme täglich Angebote als DJ aufzutreten, live zu spielen, werde kostenlos zu irgendwelchen Veranstaltungen und Orten rund um den Globus eingeladen. Das ist aber alles nichts für mich. Vielleicht im nächsten Leben.

Die Reise an sich kann ich übrigens nie leiden. Auch nicht die nach Haiger. Ich hab meistens eine schlechte Zeit, wenn ich auf dem Weg ans Ziel bin. Alles was du über meinen Besuch bei Oscar und Tim von OLD wissen musst, steht in den Lyrics im Booklet.

Rüdiger:
'Hiking Metal Punks' - Du gehst gerne zum Trekking und zum Zelten in die norwegischen Berge. Hast du hier ein paar Tipps für die Norwegen-Touristen unter uns, oder behältst du die Geheimtipps lieber für dich, um eine Invasion zu vermeiden?

Fenriz:
Ich bin kein Experte für die Berge. Im Grunde mag ich die Wälder lieber. Die Wälder um Oslo herum haben eine Fläche von 1560 Quadratkilometern und ich bin ein Experte für ein sehr großes Stück davon.

Man kann dort im Prinzip überall gut hingehen, aber jeder Ausflug fängt mit einer Karte und einem wirklichen Interesse fürs Trekking an. Klar, ich bringe jedes Jahr viele Leute in die Wälder hier. Sogar ein paar Leute aus dem Ausland. Aber ich lege jedem von ihnen nahe, sich eine Karte zu besorgen und das Ganze für sich selbst zu verstehen und zu entdecken. Dann haben sie nämlich viel mehr davon. Ein besseres Erlebnis.

Der Song 'Hiking Metal Punks' handelt von meinem Lebensstil und von Momenten und Orten in den Wäldern, die ich genossen habe. Im zweiten Vers erzähle ich von vieren von insgesamt knapp tausend Zeltausflügen, und das erste Riff ist mir eingefallen, während ich im Wald unterwegs war. Ich musste es den ganzen Heimweg lang summen. Sogar als wir im Geschäft waren und ich meiner Freundin Gemüse besorgen musste. Als ich dann endlich daheim war, hab ich es auf der Gitarre gespielt. Ich nehme immer die akustische Gitarre, um Riffs zu schreiben. Wenn sie auf der Akustik-Gitarre schon gut klingen, dann klingen sie wahrscheinlich mit Fuzz großartig, oder nicht?

Rüdiger:
Bis jetzt scheint das zu klappen, ja. Du singst inzwischen ja wieder ziemlich viel für DARKTHRONE, was ja lange nicht der Fall war. Wie kommt's?

Fenriz:
Nun, ich hab ganz am Anfang für DARKTHRONE gesungen. Auf den ersten Demos usw. Ich war das Singen aber irgendwann leid und konnte meine Leistung auf dem "Thulcandra"-Demo nicht mehr leiden. Also hab ich Ted gefragt, ob er singen möchte. Wir spielten 1988-1991 auch noch Konzerte und es war einfach besser, dass er den Gesang übernommen hat.

Dafür hab ich auf dem 1989er-Demo von ISENGARD gesungen, und ich habe auch sonst immer für Soloprojekte und andere Bands gesungen. Dann habe ich 1995 Vocals zum "Goatlord"-Album beigesteuert. Das Tape war ja aus den Jahren 1990/1991, aber den Gesang haben wir erst 1995 aufgenommen.

Danach habe ich in der ersten Hälfte des neuen Jahrzehnts ein paar Songs übernommen, aber dann habe ich mich verändert. Und meine Texte haben sich verändert. Ich hatte plötzlich einen klaren Blick dafür, wo und wie meine Texte gesungen werden sollten, und ich habe damit angefangen Lyrics FÜR meine Songs zu schreiben. Vorher habe ich die Texte immer geschrieben, ohne dabei an die Musik zu denken. Das habe ich bei DARKTHRONE immer vermieden, aber bei anderen Projekten habe ich das gemacht. Plötzlich hat mir jedoch mein Herz gesagt, dass JETZT die Zeit ist, das bei DARKTHRONE einzubringen. Angefangen hat es im Prinzip mit 'Graveyard Slut' und seither habe ich nicht mehr in die Vergangenheit geschaut.

Rüdiger:
Eigentlich betrifft es Ted mehr als dich, aber ihr habt ja noch euer eigenes Label Tyrant Syndicate. Was ist von dort als nächstes zu erwarten?

Fenriz:
Ted hat das Label gegründet, mir ist der Name dazu eingefallen, und ich hab mir von ihm gewünscht, dass er zwei von vier Bands veröffentlicht: OLD und AURA NOIR. Er hat sie dann beide unter Vertrag genommen, und er hat auch OBLITERATION und ABSCESS übernommen. Ich habe daran nie einen Pfennig verdient. Das stand sogar in den Verträgen so drin, dass ich nichts bekomme.

Ich glaube, dass Ted gesagt hat, dass er das Label auf Eis legen wird, wenn AURA NOIR und ABSCESS ihre Alben raus haben. Trapped under ice! Wenigstens hat Tyrant Syndicate immer ROHEN Sound und Underground-Attitüde veröffentlicht, keine trendigen 90er-BM-Kopien, wie es ein paar Leute von uns erwartet haben. Seid ihr verrückt?

Rüdiger:
So, das war's. Ich danke dir, Fenriz, dass du dir so viel Zeit für all die Fragen genommen hast. Wenn du noch was loswerden möchtest, dann schieß los!

Fenriz:
Geht und schaut euch THE DEVIL'S BLOOD live an, kauft ihre Scheibe "Come, Reap". Wunderbarer Okkult-Rock, der die lahmarschige moderne Welt weit hinter sich lässt.

Ich danke dir für das Interview und euch fürs Lesen. I hope you learned something, everybody. That other jolly doctor in "The Simpsons" always says "everybody", haha.

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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