DISPATCHED: Interview mit Daniel Lundberg

01.01.1970 | 01:00

Daniel Lundberg, seines Zeichens Gründer und einziges verbliebenes Originalmitglied der schwedischen Nachwuchshoffnung DISPATCHED, meldete sich von seiner Wohnung im Land der Elche und Knäckebrote aus. Leider erwies sich der Leadgitarrist und Bandkopf als des Englischen nur eingeschränkt mächtig, weshalb er gelegentlich ein wenig an den Fragen vorbeiredete. Aber lest selbst...

Rainer:
Laß uns gleich mal mit Eurem -sieht man von der 1998 erschienenen Mini CD ab- Debüt anfangen: wie würdest Du selber Eure Musik beschreiben?

Daniel:
Nun, ich habe Einflüsse aus allen Metalgenres, hab mir immer schon alle Bands angehört. Ich mag sowohl Power Metal als auch Speed, Thrash und das ganze Zeug.

Rainer:
Gibt es denn bestimmte Bands, mit denen Du Euch vergleichen würdest?

Daniel:
Das ist ziemlich schwierig...

Rainer:
Nur um den Leuten mal einen Anhaltspunkt zu geben.

Daniel:
Wir haben wirklich versucht, ein bischen von allem in unseren Sound zu integrieren. Aber ich habe Leute gehört, die uns mit RUNNING WILD oder IN FLAMES verglichen haben, solche Sachen.

Rainer:
Ja, das trifft es ganz gut. Nun denn, wieviel Zeit habt Ihr denn für Songwriting, Rehearsing und die eigentlichen Aufnahmen gebraucht?

Daniel:
Normalerweise liegt je ein Jahr zwischen unseren Veröffentlichungen (Veröffentlichungen? bisher waren da eigentlich nur eine Mini CD und jetzt eben das full length-Debüt "Motherwar" - d.Verf.). Wir hatten etwa ein Jahr Zeit, um die Songs zu schreiben und haben die Platte dann innerhalb 12 Tagen im Abyss Studio aufgenommen.

Rainer:
Ihr habt Euch für die Aufnahmen mit Tommy Tägtren zusammengetan, der ja einen sehr guten Ruf geniesst. Wie groß war sein Einfluß auf die Aufnahmen?

Daniel:
Als wir die Mini aufnehmen wollten, haben wir Peter Tägtren angerufen. Nur um mal eine Vorstellung davon zu kriegen, was es kostet, in seinem Studio aufzunehmen. Und er hat uns seinen Bruder empfohlen. Also haben wir uns mit diesem in Verbindung gesetzt und dort das Minialbum aufgenommen. Und nachdem wir sehr zufrieden mit ihm waren, haben wir sofort den nächsten Studiotermin gebucht für "Motherwar".

Rainer:
Hat er Euch denn bei den Arrangements, Gesangslinien usw. zur Seite stehen können?

Daniel:
Nein, er war mehr als Engineer tätig, die Hauptarbeit hab ich selber gemacht.

Rainer:
Jetzt, da die Aufnahmen zu "Motherwar" schon einige Zeit zurückliegen, seid Ihr da immer noch hundertprozentig mit jedem Aspekt davon zufrieden, insbesondere mit dem Sound?

Daniel:
Ich glaube, daß wenn man unsere Mini "Promised Land" mit unserem neuen Album vergleicht, man einen großen Unterschied in der Arbeit von Tommy feststellen kann. Weil er nämlich in der Zwischenzeit deutlich besser geworden ist.

Rainer:
Ihr seid also auch jetzt, einige Monate nach Beendigung der Aufnahmen zu "Motherwar", noch absolut zufrieden damit?

Daniel:
Nein... ich glaube, daß keine Band wirklich in allen Punkten zufrieden mit dem Sound bzw. einer Platte selber ist. Schließlich hat man ja immer ein paar Fehler drauf. Wenn man sich die Sache allerdings später nochmal anhört, dann stellt man doch fest, daß sich besagte Fehler einem Aussenstehenden nicht erschliessen, also ist es dann doch wieder irgendwo okay.

Rainer:
Auf dem Album befindet sich ja eine Coverversion von EUROPEs "the Final Countdown". Habt Ihr diese nur zum Spaß aufgenommen oder habt Ihr Euch dadurch ein bischen mehr Ausmerksamkeit erhofft?

Daniel:
Ein bischen von Beidem wohl. In unserer doch recht langen Bandgeschichte (seit 1991 - d. Verf.) haben wir nie zuvor eine Coverversion gemacht. Jetzt wollten wir das einfach mal tun und haben lange darüber nachgedacht, welchen Song wir auswählen sollten. Wir hielten es für keine gute Idee, einen Metalsong zu verwenden, weil das eben schon Metal ist. Wir wollten ein etwas softeres, poppigeres Lied. Das war die Überlegung, die dahinter steckte. We wanted to dispatch it, you know! Wie einen Song von DISPATCHED eben. Naja, eigentlich haben wir es doch nur just for fun gemacht.

Rainer:
Ihr habt auf dem Album Motive von Mozart und auch den "Yankey Doodle" verwendet. Steht Ihr denn auf klassische Musik und wollt Ihr unter Umständen zukünftig mehr klassische Passagen einbauen?

Daniel:
Ich bin mit Klassik aufgewachsen, weil meine Mutter sie sehr oft gehört hat. Ich bin also schon damit vertraut. Aber selber hören tu ich diese Musik nicht. Wir haben die Mozartpassage aus demselben Grund verwendet, aus dem wir auch "The Final Countdown" verwendet haben: das sind einfach Sachen, die viele Leute erkennen, berühmte Melodien. Wir haben es halt zum Spaß gemacht.

Rainer:
Ihr seid Euch also momentan noch nicht so ganz sicher, ob Ihr in der Zukunft auch wieder klassische Elemente verwenden wollt?

Daniel:
Nun, wir arbeiten zur Zeit an neuem Material, bei einem der fertigen Songs haben wir wieder ein bischen was eingebaut. Ist aber nichts wirklich bekanntes. Nur in Schweden, weil es von dort stammt. Schwedische Musik halt.

Rainer:
Also gewisse Folk-Einflüsse, wie sie auch zum Beispiel bei IN FLAMES vorkommen?

Daniel:
Ja, genau. Sowas haben wir also einem unserer neuen Lieder hinzugefügt. Es hört sich wirklich klasse an, aber die Leute in Deutschland oder anderen Ländern werden es nicht erkennen. Ist jedenfalls eine coole Sache.

Rainer:
Der letzte Song auf "Motherwar", nämlich "Dispatched", ist 14 Minuten lang. Wollt Ihr denn auf zukünftigen Alben mehr Lieder in dieser Länge schreiben?

Daniel:
Nun, der eigentliche Song ist nur ungefähr 8 Minuten lang. Danach haben wir eigentlich nur gejammt und das Aufnahmegerät mitlaufen lassen. Haben auch gleich den ersten Take genommen. Wir haben uns halt gedacht, "lasst uns doch so eine Art Outro machen".

Rainer:
Nun gut, aber auch 8 Minuten sind immer noch recht lang. Tragt Ihr Euch mit dem Gedanken, auch neue Lieder von vergleichbarer Länge zu schreiben? Oder wartet Ihr einfach ab, wie es sich entwickelt?

Daniel:
Als wir den Song ursprünglich aufgenommen haben, haben wir uns mit dem Gedanken getragen, vielleicht das ganze Album "Dispatched" zu nennen. Wir wollten sowas IRON MAIDEN-mässiges machen, wie "Seventh Son Of A Seventh Son", oder "Powerslave" oder so. Ein richtig langer Song als Titeltrack. Aber wir wollen eigentlich nicht mehr davon machen, ein langer Song genügt.

Rainer:
Befinden sich eigentlich auf "Motherwar" überwiegend ältere Nummern oder ist die Platte absolut repräsentativ für Euren aktuellen Sound?

Daniel:
Nun, wir haben die Platte ja schon im Oktober letzten Jahres aufgenommen, insofern ist das ganze Material für uns mittlerweile alt.

Rainer:
Ihr habt also keine alten Sachen verwendet?

Daniel:
Nichts ausser "The Final Countdown".

Rainer:
Abgesehen von der Mini CD aus dem Jahre 1998 habt Ihr ja in 9 Jahren Bandgeschichte noch keine Veröffentlichungen gehabt...

Daniel:
Doch, doch; wir haben ein paar kleinere Sachen rausgebracht. Allerdings mit der früheren Besetzung, kann man mit der Band von heute nicht wirklich vergleichen.

Rainer:
Nachdem "Motherwar" ja doch eine ganz gehörige Vorlaufzeit gehabt hat, habt Ihr sicherlich noch eine Menge altes Material übrig. Wird dieses nun nicht mehr verwendet werden?

Daniel:
Nun, wir spielen einige Songs von "Promised Land" live und haben sogar eine ganz alte Nummer aus dem Jahr 1992 im Programm, mit der wir unsere Shows beenden. Ich habe den Traum, irgendwann einmal ins Studio zu gehen und eine Sammlung unserer wirklich alten Nummern neu aufzunehmen.

Rainer:
Nachdem Ihr "Motherwar" ja schon vor einiger Zeit aufgenommen habt und, wie Du gesagt hast, bereits fleissig an neuem Material arbeitet, könnt Ihr denn schon eine grobe Prognose zum Erscheinungstermin des nächsten Albums abgeben? Ein Jahr, eineinhalb?

Daniel:
Es gibt ziemlich viele Bands, die im Abyss Studio aufnehmen wollen. Also haben wir, nachdem wir die Arbeiten an "Motherwar" beendet hatten, bereits einen neuen Studiotermin gebucht. Wir werden im Dezember dieses Jahres 3 Wochen haben, wieder mit Tommy Tägtren. Aber wann diese Platte dann erscheinen wird, kann ich noch nicht sagen.

Rainer:
Kannst Du den schon ungefähr sagen, wie sich die Sache anhören wird?

Daniel:
Nun, wir haben schon ungefähr die Hälfte des Albums geschrieben, 5 Songs. Auf "Motherwar" befinden sich mit "Templar", "Silver Waves" und der Coverversion 3 relativ langsame Songs. Die nächste Platte aber soll ausschliesslich aus richtig schnellen Liedern bestehen. Das nächste Album soll richtig schnell werden!

Rainer:
Kommen Eure Songs eigentlich mehr aus dem Kopf oder aus dem Herzen? Also grosses Nachdenken oder Instrumente einstöpseln und loszocken?

Daniel:
Ich glaube, daß es mehr von Herzen kommt.

Rainer:
Erzähl mir ein bischen über Eure Texte: schreibt ihr die Lyrics nur für Euch selbst oder wollt Ihr dem Hörer damit etwas geben? Die vielzitierte "Message"?

Daniel:
Nun, das ist jetzt das erste mal, daß wir die Texte auf dem Booklet haben. Bei den Minialben war das nie der Fall. Aber jetzt, wo wir bei einem grösseren Label sind, ist das erstmals möglich. Aber am allerwichtigsten ist mir die Musik, die macht mir am meisten Spaß. Die Texte sind nicht so übermässig wichtig, aber ich geb mir trotzdem Mühe. Ein paar der Texte drehen sich um richtige Themen, wie zum Beispiel "Templar".

Rainer:
Über den gleichnamigen Orden?

Daniel:
Ja, über die Kreuzritter des Mittelalters. Ich vertrete darin die Meinung, daß diese Typen hauptsächlich deswegen unterwegs waren, um im Namen ihres Gottes zu töten und reich zu werden.

Rainer:
Hat denn irgendeines der Bandmitglieder schon auf anderen Veröffentlichungen, also von anderen Bands, mitgewirkt?

Daniel:
Nein; ich bin 26 und schon lange mit DISPATCHED beschäftigt, wo ich immer meine eigenen Musik gespielt habe. Die anderen Jungs sind alle erst 19 oder 20 und haben noch nie bei einer anderen Band als bei DISPATCHED gespielt.

Rainer:
Gibt es denn bei Euch irgendwelche Tourpläne? Ist eventuell schon irgendetwas spruchreif?

Daniel:
Details wissen wir bis jetzt noch keine. Aber eine Europa-Tournee ist auf jeden Fall geplant.

Rainer:
Gibt es denn bestimtme Bands, mit denen Du irgendwann einmal gerne auf Tour gehen würdest?

Daniel:
Ich glaube, daß wir durch unseren Mix aus verschiedenen Metalrichtungen zu nahezu jeder Band ganz leidlich passen würden.

Rainer:
Aber gesetzt den Fall, Du könntest drei Bands für eine Tour aussuchen; welche wären das dann?

Daniel:
Auf jeden Fall würde ich gerne mal mit IRON MAIDEN spielen! RUNNING WILD wäre auch cool. Ich glaube, daß wir ihnen doch ziemlich ähneln.

Rainer:
Glaubst Du denn, daß Eure Musik gewisse Aussichten auf Erfolg mit sich bringt?

Daniel:
Nun, durch unseren recht vielfältigen Stil müsste unsere Musik meiner Meinung nach eigentlich für Jeden ein bischen interessant sein. Zumindest hoffe ich das.

Rainer:
Du machst Dir also keine Sorgen, daß Ihr für die True Metal-Fraktion zu hart, für die Todesblei-Anhänger aber zu weich sein könntet?

Daniel:
Manche Leute behaupten das, ja. Aber es gibt ja auch noch Fans, die sich irgendwo zwischen den genannten Musikrichtungen bewegen.

Rainer:
Du meinst diejenigen, denen beides gefällt?

Daniel:
Yeah!

Rainer:
Hast Du denn eine bestimme musikalische Vision, die Du eines Tages gerne verwirklichen würdest? Etwas, das Du gerne ausprobieren würdest, wenn Du die finanziellen Möglichkeiten und die Zeit dazu hättest?

Daniel:
Ich hätte gerne mein eigenes Studio, wo ich immer Musik machen könnte. Immer das, was mir gerade einfiele. Die Kreativität jederzeit ausleben zu können, das wärs!

Rainer:
Was ist denn so der musikalische Background der anderen Bandmitglieder?

Daniel:
Hmmm... eigentlich haben sie gar keinen (lacht)

Rainer:
Ich meinte eigentlich, auf welche Musik die Jungs stehen...

Daniel:
Die fahren eigentlich alle auf amerikanischen Metal ab, wie KORN (Metal??? - d. Verf.), MACHINE HEAD, PANTERA und solches Zeug.

Rainer:
Welche Musik hörst Du persönlich denn heutzutage?

Daniel:
Ich versuche mir eigentlich alle Arten von Metal anzuhören. Aber ich höre mir immer noch gerne IRON MAIDEN an, generell die Sachen aus den Achtzigern. Mag allerdings auch die neuren IRON MAIDEN-Sachen gerne. Ich höre auch recht gerne JUDAS PRIEST, HELLOWEEN, THERION, RUNNING WILD.

Rainer:
Hörst Du Dir auch mal andere Sachen an oder ausschließlich Metal?

Daniel:
Momentan nicht. Ich hab einfach zu viele gute Metalplatten.

Rainer:
Wie verdienst Du eigentlich Deinen Lebensunterhalt? Von der Musik dürftest Du ja kaum leben können...

Daniel:
Zur Zeit arbeite ich in einer Schule für geistig behinderte Kinder, die in ihrer Art recht einzigartig in Schweden ist. Von daher haben wir Schüler aus allen Landesteilen. Allerdings will ich im Sommer damit aufhören.

Rainer:
Hast Du schon Pläne, was Du dann machen willst?

Daniel:
Dann werd ich auf Arbeitsloser machen (lacht)

Rainer:
Um Dich völlig auf die Musik konzentrieren zu können, nehm ich an.

Daniel:
Ja. Wenn wir wirklich auf Tour gehen, oder auch dann im Dezember der dreiwöchige Studioaufenthalt, das könnte ich sonst zeitlich nicht koordinieren.

Rainer:
Gibt es zuguterletzt noch irgendwas, das Du unseren Lesern gerne persönlich sagen würdest?

Daniel:
Ich hoffe nur, daß unsere Musik allen Leuten gefällt. Und wenn Ihr Euch das Album noch nicht angehört hab (schwierig, da es zur Zeit noch nicht verkauft wird; VÖ ist am 26.06. - d. Verf.), dann gebt ihm zumindest eine Chance. Nur um mal den richtigen Kick zu kriegen (lacht) Ach ja... see you all on tour!

Rainer:
Vielen Dank für das Interview!

Redakteur:
Rainer Raithel

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