Die RAGNARÖK Wanderer: Ein Interview mit Alex und Michi

27.06.2013 | 14:36

Seit einigen Wochen kursiert über die Plattform Youtube ein Video von zwei Freunden, die zum diesjährigen RAGNARÖK Festival gewandert sind und dabei ca. 230km hinter sich ließen. Wie man auf so eine Idee kommt und was noch so alles vor und nach den Aufnahmen geschah, haben uns Alex und Michi ausführlich beantwortet.

Hang: Erst mal Hut ab, dass ihr beide das tatsächlich gemacht habt. Viele bevorzugen ja das heimische Auto, den Zug oder andere fahrbare Untersetzer, aber schließlich hat der Mensch ja auch Beine. Wie reagieren die Leute auf diese Aktion bzw. wie fühlt ihr euch dabei, wenn ihr seht, dass euer Video innerhalb von 2 Wochen über 2500 Klicks bekommen hat?

Alex & Michi: Generell reagieren die Leute erst einmal mit Erstaunen und fragen mehrmals  nach, aber nachdem man ein paar Worte gewechselt hat, kommen die Menschen einem (meist) mit Respekt und Freundlichkeit entgegen. Wir sind recht überrascht, dass so viele Leute schon unser Video angeklickt haben, aber freuen uns natürlich sehr darüber!

Hang: Solche Ideen entstehen ja meistens aus Scherz, wie kamt ihr auf darauf? Seid ihr passionierte Wanderer?

Alex & Michi: Wir sind eher passionierte Festivalbesucher und dadurch ist letztes Jahr die Idee entstanden damit eine Wanderung zu verbinden. Da wir letztes Jahr in der Saison sehr viele Festivals besucht haben, kam uns die Idee einfach mal zu einem zu laufen, anstatt immer nur hin zu fahren. So sind wir zu viert vom RAGNAROCK OPEN AIR in Langendorf zum "Eisenwahn"-Festival in Obersinn gewandert (Anmerk. d. Red.: ca. 120km). Da dies eine sehr geniale Erfahrung war, wollten wir dieses Jahr wieder wandern! Die Wahl fiel auf das RAGNARÖK, weil die Strecke eine Steigerung (an Kilometern) war und durch viele Wanderwege gut zu bewältigen schien.

Hang: Wie lief die Organisation ab (Versorgung, Routenwahl, Technik), auch hinsichtlich des Gewichtes eures Gepäcks?

Alex & Michi: Wir haben uns den groben Verlauf des Weges von Stadt zu Stadt angeschaut und uns dementsprechend die passenden Wanderkarten für die jeweiligen Gebiete gekauft. Dann haben wir uns die günstigsten Wanderwege herausgeschrieben und eingeprägt. Die Kennzeichnung der Wanderwege war auch bis auf wenige Ausnahmen gut zu erkennen, sodass wir den Wegen meist leicht folgen konnten.
Was die Verpflegung angeht haben wir uns mit dem nötigsten (Brot, Käse, Wurst, Wasser) eingedeckt, damit es für einen Wandertag und die Osterfeiertage gereicht hat. Letztendlich haben wir immer gehofft, dass uns ein Supermarkt oder Bäcker über den Weg läuft (außerhalb der Feiertage).
Wir haben natürlich versucht das Gewicht unserer Rücksäcke so gering wie möglich zu halten, was zu Beginn der Wanderung noch etwas zu viel war (13 und 20Kg). Wir waren froh um jedes verlorene Kilo.

Hang: Waren die Strecke oder Teilabschnitte davon euch bekannt?

Alex & Michi: Die ersten 20Km waren bekannt und im Naturpark Vogelsberg kreuzten wir einen Wanderweg von letztem Jahr, ansonsten war der Weg unbekannt.

Hang: Warum habt ihr euch dafür entschieden KEIN Zelt mitzunehmen?

Alex & Michi: Dadurch dass wir sehr natur- und survival-interessiert sind, haben wir uns dafür entschieden, kein Zelt mitzunehmen. Wir wollten ja keinen Campingausflug machen, sondern möglichst ohne große Hilfsmittel und Luxus unser Ziel erreichen. Frodo hat's ja auch geschafft. 

Hang: Als es dann doch zu kalt wurde, habt ihr euch ja entschieden, bei einem örtlichen Bauern zu nächtigen. Wie seid ihr dort gelandet?

Alex & Michi: Es lag nicht an der Kälte, sondern am unerbittlichen Wind, der über die flachen Ebenen an diesem Tag geblasen hat. Die Umgebung hat uns kaum schützende Wälder geboten und der erbarmungslose Wind hat uns so zermürbt, dass wir einige Leute in Alsleben nach einem Dach überm Kopf gefragt haben. Beim dritten Versuch stießen wir dann auf einen netten Bauern, bei dem wir nächtigen konnten. Wie auf dem Lande so großartig üblich, hat die Bauersfrau erst einmal den Raum mit dem Staubsauger gereinigt und der Bauer bot uns jeweils ein köstliches bayrisches Bier an, was man natürlich nicht abschlagen kann. Durch die dürftige Ernährung der letzten Tage waren wir nach diesem einen Bier schon besoffen und konnten besonders gut schlafen.

Hang:
Hattet ihr lustige Begegnungen? Abgesehen von den Ziegen und Schafen?  

Alex & Michi: Oh ja das hatten wir! Auf dem 800 Meter hohen Berg "Hohe Hölle" haben wir, nachdem wir aufgewacht sind, einen einsamen Tiefschnee-Fahrradfahrer an einer der höchsten Stellen des Berges angetroffen, sein Name war Walter. Dieser Mann mittleren Alters war allein mit seinem Fahrrad und einem sehr klein verpackten Zelt unterwegs und berichtete uns von seinen unglaublichen Radtouren durch den Tiefschnee. Wir waren so perplex, dass wir vergaßen ein Bild mit ihm zu machen.
Ansonsten wurden wir, frisch in Bayern angekommen, auf einem Radweg von der Polizei kontrolliert, weil wir Stiefel und Tarnhosen an hatten.

Hang: Nach einer solchen Wanderung wart ihr zurecht ziemlich erschöpft und müde. Wie sah die Blasenbilanz aus?

Alex & Michi: Die wenigen Blasen die wir hatten, konnten wir gut verarzten und dank der vorangegangenen Wandererfahrung war das kein großes Hindernis.

Hang: Wie erging es euch auf dem RAGNARÖK Festival? War Party machen noch möglich oder habt ihr euch die nächsten Tage nicht mehr aus dem Stuhl bewegt?

Alex & Michi: Natürlich haben unsere Beine geschmerzt und wir waren ausgelaugt, trotzdem haben wir so gut es ging versucht, das Festival zu genießen (und Bier zu trinken). Durch die körperliche Anstrengung waren wir natürlich nicht in der Lage, die Nacht durch zu machen.
Jedoch nach der lang ersehnten (kalten) Dusche ging es uns deutlich besser und wir konnten das RAGNARÖK Festival im Großen und Ganzen trotzdem sehr genießen!

Hang: Welche Bands waren eure diesjährigen Highlights?

Michi: Meine Highlights waren HELRUNAR, DORNENREICH und SECRETS OF THE MOON!

Alex: Bei mir waren es EIS und ebenfalls HELRUNAR, sowie ein bisschen ELUVEITIE.

Hang: Wird es eine Fortsetzung geben? Wenn ja, was würdet ihr beim nächsten Mal anders machen? Was habt ihr am schmerzlichsten vermisst?

Alex & Michi: Ja wird es. Geplant ist von hier aus (gleicher Startpunkt, wie bei der RAGNARÖK Wanderung) wieder zum EISENWAHN und danach von dort aus weiter zum PARTY.SAN zu laufen. Weitere Wanderungen sind vorerst noch nicht geplant.
Anders machen würden wir eigentlich nichts wirklich, einfach die Rucksäcke anziehen und los wandern, einen Fuß vor den anderen.
Großartig vermisst haben wir eigentlich auch nichts, denn wir haben uns dieses Ziel gesetzt und wollten das auch möglichst ohne Hilfsmittel schaffen. Und ein bisschen Schokolade hatten wir sogar auch dabei!

Hang: Sicherlich bringt ihr mit der Aktion ein Stein zum Rollen und vielleicht wird sich der eine oder andere auch dafür entscheiden mal auf das Auto zu verzichten und sich auf Wanderschaft begeben. Welchen Rat würdet ihr so jemanden geben?

Alex & Michi: In erster Linie zählt der Wille, so eine Aktion durch zu ziehen. Für uns war das ein Test an uns selbst, bei dem wir unsere körperlichen und mentalen Grenzen austesten wollten. Ebenso wollten wir versuchen, ohne großen Luxus und Hilfsmittel diese eine Woche nur draußen zu verbringen und die ganze Strecke nur mit eigener Körperkraft zu bewältigen. Allen, die von dieser Aktion hören, soll das auch ein Stück weit zeigen, dass man im Alltag nicht unbedingt immer das Auto nehmen muss, um von A nach B zu kommen, man nicht jeden Tag eine oder sogar mehrere warme Mahlzeiten brauch und Völlerei betreiben muss, um zu überleben und man sich darüber klar werden sollte, was wirklich wichtig ist. Man darf nicht alles als selbstverständlich ansehen und sollte mit dem zufrieden sein, was man hat!
Nach so einer Wanderung dieser Art wird einem das auf jeden Fall bewusst und diese Erkenntnis ist sehr empfehlenswert. Ebenso ist uns aufgefallen, dass selbst in den tiefsten Wäldern der Mensch seinen Müll hinterlässt und sich somit anscheinend noch nicht klar gemacht hat, wie wichtig seine Umgebung und die Natur ist, denn für diese eine Woche war das ja so zu sagen unser zuhause.
Alles in allem sollte man die Natur zu schätzen wissen und keinen Müll zurücklassen, sich nicht scheuen auf alltägliche Dinge zu verzichten (auch ab und zu im Alltag, das macht es bei der Wanderung leichter), den Willen zeigen und niemals schnell aufgeben, man hat ja nur das dabei, was man wirklich braucht und wenn man dann am Ziel angelangt ist, ist das Glücksgefühl umso größer, weil man sowas aus eigener Kraft geschafft hat!
Wir wünschen allen, die sowas auch machen wollen einen sicheren Tritt und eine unvergessliche Zeit!

Danke für das Interview und das tolle Schlusswort!

Redakteur:
Hang Mai Le
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