Diskografie-Check: ARCH ENEMY

11.10.2021 | 22:57

Genau vor 25 Jahren verließ Michael Amott CARCASS und gründete gemeinsam mit seinem Bruder Christopher, Fronter Johan Liiva und Schlagzeuger Daniel Erlandsson seine neue Band ARCH ENEMY. Ein Schritt mit weitreichenden Konsequenzen, immerhin gehören die Schweden heute zu den fleißigsten und erfolgreichsten Melodic-Death-Metal-Bands und bespielen regelmäßig die größten europäischen Bühnen. Doch in den knapp zweieinhalb Jahrzehnten hat sich auch das Besetzungskarussell mehrfach gedreht, Sänger und Sängerinnen kamen und gingen und heute sind mit Erlandsson und Michael Amott nur zwei Gründungsmitglieder übrig. Grund genug für uns, im Rahmen eines Diskografie-Checks einen Blick auf das Werk des Fünfers zu wagen.

10. Black Earth

Los geht es dabei mit einer dicken Überraschung, immerhin genießen Debütalben in den Kreisen der Powermetal.de-Redaktion typischerweise einen ganz besonderen Status. Nicht so im Falle von ARCH ENEMY, denn der Erstling "Black Earth" aus dem Jahre 1996 landet abgeschlagen und ohne Chance klar auf dem letzten Rang. Dabei wurde die Scheibe bei Erscheinen insbesondere von der Presse gelobt und erlangte in Japan fast schon Kultstatus. Rückblickend betrachtet ist das Debüt sicher ein Meilenstein auf dem Weg hin zu der Band, die wir heute kennen, präsentiert aber über weite Strecken mit Michael Amott einen Bandkopf, der sich noch nicht ganz von seiner Ex-Band lösen konnte. So sind die Parallelen zu CARCASS und deren melodisch angehauchtem Death Metal in Songs wie 'Transmigration Macabre' oder 'Cosmic Retribution' noch überdeutlich. Der deutlich mehr am Thrash Metal angelehnte und von grandiosen Melodien durchzogene Sound, der später zum Alleinstellungsmerkmal der Schweden werden soll, scheint dagegen nur vereinzelt durch. Zu nennen ist hier natürlich 'Fields Of Desolation', dessen feiner Instrumental-Teil bis heute aus keiner ARCH ENEMY-Show wegzudenken ist, und auch das eröffnende Doppel aus 'Bury Me An Angel' und 'Dark Insanity' lässt schon erahnen, was für einen feines Händchen für Hits Amott später in seiner Karriere entwickeln wird, und trägt maßgeblich zum damaligen Erfolg des Debüts bei. Dennoch ist meine Nennung der Scheibe auf dem drittletzten Rang das höchste der Gefühle für "Black Earth", denn ansonsten markiert die Scheibe durchgehend das Schusslicht bei allen Kollegen und ist damit chancenlos gegen den übrigen Katalog der Schweden.

9. Stigmata

Auch dem zweiten Album der Bandhistorie ergeht es nicht unbedingt deutlich besser, denn "Stigmata" aus dem Jahre 1998 wird nur einmal von Timo auf Rang 7 genannt, während unsere übrigen Redakteure dem Zweitling nur den achten oder neunten Platz zugestehen. Dennoch ist der Silberling ein wichtiger Meilenstein in der Karriere der Schweden, auch wenn der Opener 'Beast Of Man' noch klar hörbar in Richtung CARCASS und "Heartwork" schielt und damit wie eine logische Fortsetzung von "Black Earth" klingt. Danach kristallisiert sich aber schnell heraus, dass Michael Amott für den Zweitling doch deutlich mehr in Richtung klassischem Heavy Metal auf der Suche nach Inspiration schielte und das dem Todesstahl-Fundament noch einmal eine deutlich eingängigere Note verleiht. So kann man bei den Refrains von 'Let The Killing Begin' oder 'Sinister Mephisto' schon fast von echten Hooklines sprechen, während 'Bridge Of Destiny' fast schon einen kleinen Ausblick darauf gibt, wie ARCH ENEMY in einigen Jahren kingen wird. Weiterhin gehen die Melodien oftmals aber noch zu sehr in der dumpfen Produktion der Scheibe unter, Fronter Johan Liiva versteht sich weiterhin als klassischer Death-Metal-Growler und verschenkt so ein paar der tollen melodischen Vorlagen, die ihm die Geschwister Amott mit den Sechsaitern servieren. Gerade Nummern wie 'Dark Of The Sun' oder 'Tears Of The Dead' rumpeln daher noch unbeeindruckend aus den Boxen, weswegen "Stigmata" am Ende die ganz großen Glanzmomente abgehen, an die sich Hörer und Hörerinnen auch Jahre später noch erinnern. Damit geht der vorletzte Rang in unserer Wertung abschließend auch vollkommen in Ordnung, denn im Vergleich zum Vorgänger zeigen die Weichen zumindest schon einmal in die richtige Richtung, nur steht der Kessel der ARCH ENEMY-Lok noch nicht voll unter Dampf und kommt daher nicht mit dem nötigen Schwung aus dem Bahnhof.

8. Burning Bridges

Auch wenn es nicht so aussieht, aber ich verspreche euch, wir gehen nicht einfach nur chronologisch durch die ARCH ENEMY-Diskografie und es folgen noch einige Überraschungen. Nicht so allerdings auf Platz 8, wo mit "Burning Bridges" der dritte und gleichzeitig auch letzte Langspieler mit Johan Liiva am Mikrofon die Ziellinie überquert. Im Gegensatz zu den beiden Vorgängern ist das Album aus dem Jahr 1999 aber in unserer Endabrechnung nicht so weit abgeschlagen platziert, auch weil mit Mario und Stefan gleich zwei Kollegen sogar die Silbermedaille für die brennenden Brücken vergeben. Den Miesepeter gebe in diesem Fall ich selbst, denn in meinem Ranking markiert die Scheibe das Schlusslicht. An der musikalischen Qualität liegt das allerdings keinesfalls, denn hier gehen die Brüder Amott und ihre Mitstreiter, zu denen sich erstmalig auch Sharlee D'Angelo am Bass gesellt, konsequent ihren Weg weiter, bauen die vom Heavy Metal und der NWoBHM inspirierten Melodien weiter aus und liefern einige wirklich tolle Nummern ab. An vorderster Front ist hier sicher das grandiose 'Pilgrim' zu nennen, das sich mit seinen Gitarrenmelodien und fast schon thrashigen Riffs ohne Rücksicht auf Verluste in den Gehörgang fräst. Ins gleiche Horn stoßen auch 'Dead Inside', die vorab veröffentlichte Single 'The Immortal' und 'Seed Of Hate', das mit einem fast schon unverschämt eingängigen Gitarren-Riff in bester MAIDEN-Manier punktet. Gleichzeitig gibt es mit dem Titeltrack und 'Demonic Science' auch zwei eher belanglose Death-Metal-Stampfer, die ein wenig wie Überbleibsel vom Vorgänger "Stigmata" anmuten. Musikalisch hören wir hier also ganz klar eine Band, die kurz davor steht, mit ihrem eigenständigen Sound den ganz großen Volltreffer zu landen. Von der Produktion kann man selbiges nicht behaupten. Zwar gefallen mir die Gitarren im Vergleich zu den Vorgängern deutlich besser, doch der trockene und oftmals dumpfe Gesang will in meinen Ohren überhaupt nicht zur epischen Gitarrenarbeit passen. Dennoch kann ich angesichts des tollen Songmaterials meine Kollegen und ihre hohen Wertungen verstehen. "Burning Bridges" ist aber erst der Auftakt für die Schweden, denen in naher Zukunft eine Drehung des Besetzungskarussells und frisches Blut aus Deutschland noch einmal frischen Wind verschaffen wird.

7. Wages Of Sin

Ihren Ausgang nimmt die oben erwähnte Geschichte während eines Interviews für ein Webzine, bei dem Angela Gossow Michael Amott ein Video einer ihrer musikalischen Performances zusteckt. Amott erinnert sich nach der Trennung von Liiva an eben jenes Video, lädt die deutsche Sängerin zu einer Audition ein, wo sie sämtliche Konkurrenz aussticht und den Grundstein für eine unheimlich erfolgreiche Partnerschaft legt. Den offiziellen Beginn markiert dabei "Wages Of Sin", das im April 2001 die neue Sängerin präsentiert und insbesondere von den Kritikern in höchsten Tönen gelobt wird. Während Gossow nämlich weniger variabel agiert als ihr Vorgänger, passen ihre bissigen Growls und Screams aber perfekt zur ungewohnten Interpretation des Melodic Death Metals, die ARCH ENEMY über die vergangenen Jahre etabliert hat. Gleichzeitig haben die Amott-Brüder auch in Sachen Songwriting noch einmal eine ordentliche Schippe drauf gelegt und servieren mit 'Ravenous' und 'Dead Bury Their Dead' zwei absolute Volltreffer, die bis heute ein fester Bestandteil der Setlist sind und zu den großen Fan-Favoriten gehören. Die Liste der Highlights endet aber nicht bei diesen beiden Klassikern, auch das eröffnende Triple bestehend aus 'Enemy Within', 'Burning Angel' und 'Heart Of Darkness' setzt dank Gossows Growls und der absolut großartigen Gitarrenarbeit von Christopher und Michael bereits zu Beginn der Scheibe drei waschechte Ausrufungszeichen. Zu guter Letzt ist dieses Mal auch die Produktion der Scheibe, für die erneut Fredrik Nordström im Studio Fredman verantwortlich zeichnete, gelungen. Wo vorher gerade die Gitarren und Vocals noch etwas dumpf tönten, regieren jetzt ein druckvoller Drumsound, messerscharfe Gitarren und voluminös im Zentrum des Klangbilds platzierte Growls. Kein Wunder, dass mit Mario sogar ein Kollege "Wages Of Sin" für den absoluten Karrierehöhepunkt des Fünfers hält. Für die übrigen Teilnehmer unseres Checks, die den vierten Langspieler eher im Mittelfeld platzieren, geben wahrscheinlich die im hinteren Drittel versteckten Füller den Ausschlag für eine schlechtere Wertung. Unbestritten ist aber, dass der Lohn der Sünde für ARCH ENEMY den endgültigen Durchbruch bedeutete und damit zu Recht vor seinen drei Vorgängern die Ziellinie überquert.

6. Will To Power

Haben wir gerade den ersten Wechsel am Mikrofon besprochen, kommen wir nun auch schon direkt zum zweiten, denn mit "Will To Power" landet das noch immer aktuelle Album auf dem sechsten Rang. Nach dem Abgang von Angela Gossow übernimmt hier Alissa White-Gluz zum zweiten Mal die Vocals, während an der Gitarre Jeff Loomis (Ex-NEVERMORE) seinen offiziellen Einstand feiert. Und nicht nur im Line-up gibt es Änderungen, nach den ersten Experimenten auf "Anthems Of Rebellion" hält auf 'Reason To Believe' erstmalig auch Klargesang sehr zentral im ARCH ENEMY-Kosmos Einzug, während ansonsten die musikalische Ausrichtung größtenteils konsequent den mit "Wages Of Sin" eingeschlagenen Weg fortsetzt. Warum es dennoch nur zu Platz 6 gereicht hat? Nun, das Songwriting auf dem zehnten Langdreher ist ein gemischter Blumenstrauß zwischen grandios und langweilig. Die Single 'The World Is Yours', 'Blood In The Water' und 'The Race' präsentieren dabei die starke Seite des Silberlings und hätten sich allesamt auch gut auf dem Vorgänger "War Eternal" gemacht. 'Reason To Believe' überzeugt trotz der bereits erwähnten ungewohnten musikalischen Ausrichtung und 'First Day In Hell' ist ein melodisches Feuerwerk, das von tollen Leads und fetten Riffs bis hin zu fantastischen Growls alles zu bieten hat, was einen ARCH ENEMY-Klassiker ausmacht. Dagegen gibt es mit 'Murder Scene' und 'My Shadow And I' auch einige belanglose Nummern zu vermelden, während 'The Eagle Flies Alone' vielleicht der langweiligste Track ist, den die Melodic-Deather seit "Stigmata" geschrieben haben. Entsprechend ist "Will To Power" auch das einzige Album der Gossow/White-Gluz-Ära, das keine Nennung auf dem ersten Platz erhält und immer nur im Mittelfeld rangiert. Chris' Nennung auf dem dritten Rang ist schlussendlich dann auch das höchste der Gefühle, weswegen der sechste Rang für das noch immer aktuelle Langeisen vollkommen in Ordnung geht.

5. Khaos Legions

Auf dem fünften Platz folgt im Anschluss schon meine persönliche Überraschung dieses Diskografie-Checks, denn "Khaos Legions" ist für mich noch immer der absolute Höhepunkt im Schaffen des Fünfers. Eventuell ist die Beziehung zur Scheibe auch ein bisschen durch die Tatsache eingefärbt, dass die Übernummer 'No Gods, No Masters' bei Release meine Liebe zu ARCH ENEMY erst so richtig entflammen ließ und aus einem wohlwollenden Beobachter einen echten Fan machte. Doch auch etwas objektiver betrachtet bietet das achte Studioalbum alles, was man sich nur wünschen kann. Angefangen beim coolen Intro 'Khaos Overture' zündet insbesondere Mr. Amott hier ein wahres Melodiefeuerwerk, das mit 'Yesterday Is Dead And Gone' und dem genialen 'Bloodstained Cross' weitergeht. 'Under Black Flags We March' ist dagegen eine knüppelharte Abrissbirne, während das bereits erwähnte 'No Gods, No Masters' mit seinem stampfenden Riff zum absoluten Hit avanciert und auf den Konzerten bis heute die Massen in Bewegung versetzt. Damit nicht genug, auch hinten raus feuert die Scheibe mit dem von der Lead-Gitarre angetriebenen 'Thorns In My Flesh' und dem rasanten 'Vengeance Is Mine' noch einmal zwei richtige Granaten ab. Allerdings würden wohl nicht alle Kollegen meinen Lobgesang unterschreiben, denn mit Jule und Timo vergeben nur zwei weitere Redakteure einen Platz auf dem Treppchen. Demgegenüber stehen Stefan und Mario mit einem siebten Rang als größte Kritiker der Scheibe, wobei letztgenannter das letzte Album mit Angela Gossow am Mikrofon sogar für einen uninspirierten Aufguss der eigenen Trademarks hält. Das Urteil zu den Legionen des Chaos, die bei Release übrigens den größten kommerziellen Erfolg der Bandgeschichte markierten, fällt also durchaus zwiegespalten aus, weswegen am Ende wohl auch der Platz in der goldenen Mitte des Rankings angemessen erscheint.

4. Rise Of The Tyrant

Besser schneidet da schon der Vorgänger "Rise Of The Tyrant" aus dem Jahr 2007 ab, den Michael Amott damals als das ultimative ARCH ENEMY-Album bezeichete. Der Kollege Staubach stimmt mit dem Bandkopf überein und vergibt die Goldmedaille, während bei Marcel zumindest der zweite Platz rausspringt. Ansonsten gibt es für die Auferstehung des Tyrannen eher Platzierungen im Mittelfeld, weswegen es am Ende nicht für das Treppchen reicht. Dennoch wirft die Scheibe insbesondere mit 'Blood On Our Hands' und 'Revolution Begins' zwei echte Bandklassiker ab, die lange Zeit auf jedem Konzert zum festen Repertoire gehörten. Über ebenso viele Live-Aufführungen darf sich das wunderbare Instrumental 'Intermezzo Liberté', bei dem Michael Amott vielleicht die schönste Lead-Gitarrenarbeit seiner gesamten Karriere abliefert, bis heute freuen. Einfach zum Niederknien! Doch auch abseits der drei ganz großen Diamanten ist das Material unheimlich stark. 'The Last Enemy' geht mit thrashigen Riffs ordentlich nach vorne, 'The Day You Died' überzeugt mit hymnischen Melodien und einem tollen Solo-Break und 'Vultures' ist ein feistes Riff-Massaker, das wieder einmal von tollen Leads der Amott-Brüder und einer grandiosen Gesangsleistung Angela Gossows gekrönt wird. Generell ist die Fronterin ein wichtiger Faktor für die insgesamt sehr positive und hoffnungsvolle Stimmung des Langspielers, denn nach dem sehr düsteren "Doomsday Machine" fokussieren sich viele Texte auf Themen wie das Überwinden von persönlichen Problemen oder Wiederständen. Die Thematik passt natürlich perfekt zu den hymnischen Gitarrenleads, weshalb "Rise Of The Tyrant" insgesamt einfach einen unheimlich positiven Vibe versprüht und an düsteren Tagen auch die Laune zu heben vermag. Die trockene, druckvolle und sehr direkte Produktion von Stammproduzent Fredrik Nordström tut ein übriges dazu, "Rise Of The Tyrant" zu einem wunderbaren Melodic-Death-Geschoss zu machen, das jeder Liebhaber des Genres mindestens einmal gehört haben sollte!

3. Doomsday Machine

Ganz anders sieht das dagegen bei unserem ersten Podestplatz aus, der ARCH ENEMY 2005 in einem ungewohnt düsteren Gewand präsentiert und auch in Sachen Produktion neue Wege beschreitet. Zum zweiten Mal nimmt Andy Sneap hinter dem Mischpult Platz und verpasst der Scheibe einen noch immer bissigen, aber unheimlich schweren Sound. Die mehrstimmig aufgenommenen Vocals von Angela Gossow tun schließlich ihr übriges dazu, "Doomsday Machine" einen eigenwilligen Charakter zu verpassen und das sechste Studioalbum von seinen direkten Vorgängern und Nachfolgern abzuheben. Los geht es schon eindrucksvoll mit dem instrumentalen Intro 'Enter The Machine', das die Stimmung für den weiteren Verlauf der Scheibe vorgibt. Danach folgt direkt das ganz große Hit-Tripel dieser Scheibe. Erst markiert das thrashig angehauchte 'Taking Back My Soul' eine ordentliche Abrissbirne, ohne dabei auf große Gitarren-Hooks zu verzichten, während das doomige und stampfende 'My Apocalypse' genau in die entgegengesetzte Richtung geht und mit einem wunderschönen Mittelteil punktet. Der Song, den aber wahrscheinlich jeder Metalfan mit dem Silberling verbindet, steht genau zwischen diesen beiden Tracks, hört auf den Namen 'Nemesis' und bedarf eigentlich keiner weiteren Vorstellung - das hier ist ein absoluter Melodic-Death-Metal-Überhit! Doch auch abseits der drei bekanntesten Nummern hat "Doomsday Machine" viele Glanzlichter zu bieten. So überzeugt 'Carry The Cross' mit seinen rockigen Riffs, 'Machtkampf' als ungeahnt brutaler Death-Metal-Ritt und 'Skeleton Dance' mit seiner ungewohnten Rhythmik und tollen Vocals. Vom grandiosen Gitarren-Intermezzo 'Hybrids Of Steel', das Christopher und Michael auf der Höhe ihres Schaffens präsentiert, haben wir da noch gar nicht geredet. Ausfälle sucht man dagegen vergeben und so streicht der Silberling verdient bei Marcel die Goldmedaille ein und landet auch bei Jule, Chris, Stefan und mir selbst auf dem Podium. Und je länger ich die Platte für das Verfassen dieser Zeilen höre, umso unsicherer bin ich mir ob meiner Einordnung, denn allein durch die besonders dunkle Grundstimmung ist die Platte im ARCH ENEMY-Kosmos einzigartig und hätte je nach Laune auch meinen ersten Platz belegen können.

2. War Eternal

Dennoch muss sich die Weltuntergangsmaschine dem ewigen Krieg am Ende geschlagen geben, dabei wurde "War Eternal" beim Release im Jahr 2014 durchaus mit gemischten Gefühlen erwartet. Immerhin waren vor den Aufnahmen mit Christopher Amott und Angela Gossow zwei ganz große Säulen des ARCH ENEMY-Sounds ausgestiegen. Gossow selbst wählte aber ihre Nachfolgerin aus und lag mit der Empfehlung für Alissa White-Gluz vollkommen richtig, die mit ihren unfassbar variablen Growls und Screams wie eine Frischzellenkur für die Schweden wirkte. Empfanden einige Kollegen den Vorgänger "Khaos Legions" noch als uninspirierte Selbstkopie, kann das für das neunte Studioalbum auf keinen Fall gelten, was sich auch in den Platzierungen niederschlägt, wo der Silberling Gold (Jule) und zweimal Silber (Timo und meine Wenigkeit) einsammelt. Nur Chris gibt den "Miesepeter" und vergibt Rang 5. Für Fans zerschlugen sich wahrscheinlich sämtliche Zweifel, als der bärenstarke Titeltrack als Single veröffentlicht wurde und bestätigte: ARCH ENEMY bleibt ARCH ENEMY auch nach dem Wechsel am Mikrofon. 'You Will Know My Name' befeuerte den Kessel des Hypetrains als zweite Single weiter und ist zweifellos einer der besten Songs, die je Michael Amotts Geist entsprungen sind. Passend zum düsteren Artwork aus der Feder von Costin Chioreanu bietet das Songmaterial aber nicht nur melodische Hits, sondern erkundet mit dem knallharten 'As The Pages Burn', 'Never Forgive, Never Forget' und dem thrashigen 'Time Is Black' erfolgreich auch härteres Terrain. Die durchaus präsenten Keyboards verpassen der Scheibe dabei eine schöne Portion Epik, ohne das Gesamtbild zu stören. Im Gegenteil, teilweise tragen sie sogar zum besonderen Flair der Songs bei, was im neoklassisch inspirierten und zum Niederknien schönen 'Avalanche' gipfelt. Ja, genauso zeigt man allen Zweiflern den musikalischen Mittelfinger und startet in der dritten Phase der Karriere zu neuen Höhenflügen. Ganz großes Kino!

1. Anthems Of Rebellion

Dennoch streicht am Ende mit "Anthems Of Rebellion" ein deutlich älteres Album den Sieg in unserem Diskografie-Check ein und betrachtet man die musikalische Ausrichtung der Scheibe, ist die Platzierung am Ende durchaus nachvollziehbar. Nach dem Erfolg von "Wages Of Sin" und der anschließenden Tour präsentiert sich die damals noch recht neue Besetzung mit Angela Gossow am Mikrofon perfekt eingespielt und liefert den perfekten Balanceakt zwischen dem melodisch angehauchten Death Metal des Frühwerks und der deutlich mehr auf Melodien und teilweise thrashige Riffs setzenden Ausrichtung der Zukunft. So hätten 'Dehumanization', 'Exist To Exit' oder 'Despicable Heroes' auch auf eine der ersten drei Scheiben gepasst, auch wenn sie im druckvollen Soundgewand von Andy Sneap heller erstrahlen als die Songs selbiger Alben. Gleichzeitig nehmen Nummer wie 'Silent Wars' und 'Leader Of The Rats' den Faden des direkten Vorgängers auf und verfeinern den Mix aus knallharten Riffs und großen Gitarrenmelodien noch einmal. Dazu singt sich Frau Gossow die Seele aus dem Leib und beweist ihr Gespür dafür, ihre Gesangslinien so perfekt zu timen, dass sie trotz Ermangelung klarer Melodien direkt im Ohr bleiben. Diese Entwicklung gipfelt in den grandiosen Hits 'Dead Eyes See No Future' und 'We Will Rise', die beide auch heute noch bei keiner Show fehlen dürfen und klar zu den stärksten Songs der gesamten Bandhistorie gehören. Gerne übersehen wird zwischen all den Highlights das feine 'Instinct', das sogar ein paar Einflüsse aus Nu-Metal und Groove Metal verarbeitet und damit eine ganz eigene Note einbringt. Und ja, selbst die dezent eingesetzten Klargesänge von Christopher Amott stören nicht, sondern passen insgesamt zu den verstärkt auf "Anthems Of Rebellion" eingesetzten Keyboards. Entsprechend verwundert es auch nicht, dass der fünfte Langspieler die größte Zustimmung innerhalb unserer Redaktion verbucht, die verschiedenen Phasen der Band am besten in sich vereinigt und als einziges Album von Timo und Stefan zwei Nennungen auf dem ersten Platz erhält. Dass ich selbst hier mit dem siebten Rang die schlechteste Platzierung vergebe, sollte mir also vielleicht zu denken geben und mich dazu verleiten, der Platte noch häufiger eine Chance zu geben. Immerhin ist sie für unsere Redaktion die Krone im Schaffen des aus Schweden stammenden Melodic-Death-Schwergewichts.

Die wichtigste Erkenntnis aus dem Diskografie-Check bleibt am Ende aber wahrscheinlich, dass ARCH ENEMY seit 25 Jahren auf einem unfassbar hohen Niveau agiert und eine ganze Stange von großartigen Platten veröffentlicht hat. So knapp wie hier ging es nämlich noch nie bei einem Diskografie-Check zu und allein die Tatsache, dass fast jeder Redakteur einen anderen Favoriten auf den Platz an der Sonne gesetzt hat, spricht Bände über die durchgehend hohe Qualität der ARCH ENEMY-Diskografie.

Jule Dahs:

1. War Eternal
2. Doomsday Machine
3. Anthems Of Rebellion
4. Khaos Legions
5. Will To Power
6. Wages Of Sin
7. Rise Of The Tyrant
8. Burning Bridges
9. Stigmata
10. Black Earth
Mario Dahl:

1. Wages Of Sin
2. Burning Bridges
3. Anthems Of Rebellion
4. Doomsday Machine
5. War Eternal
6. Rise Of The Tyrant
7. Khaos Legions
8. Stigmata
9. Will To Power
10. Black Earth
Marcel Rapp:

1. Doomsday Machine
2. Rise Of The Tyrant
3. Anthems Of Rebellion
4. War Eternal
5. Will To Power
6. Khaos Legions
7. Wages Of Sin
8. Stigmata
9. Burning Bridges
10. Black Earth
Stefan Rosenthal:

1. Anthems Of Rebellion
2. Burning Bridges
3. Doomsday Machine
4. War Eternal
5. Will To Power
6. Rise Of The Tyrant
7. Khaos Legions
8. Wages Of Sin
9. Stigmata
10. Black Earth
Tobias Dahs:

1. Khaos Legions
2. War Eternal
3. Doomsday Machine
4. Wages Of Sin
5. Rise Of The Tyrant
6. Will To Power
7. Anthems Of Rebellion
8. Black Earth
9. Stigmata
10. Burning Bridges
Timo Reiser:

1. Anthems Of Rebellion
2. War Eternal
3. Khaos Legions
4. Rise Of the Tyrant
5. Will To Power
6. Wages of Sin
7. Stigmata
8. Burning Bridges
9. Doomsday Machine
10. Black Earth
Chris Staubach:

1. Rise Of The Tyrant
2. Doomsday Machine
3. Will To Power
4. Anthems Of Rebellion
5. War Eternal
6. Khaos Legions
7. Wages Of Sin
8. Burning Bridges
9. Stigmata
10. Black Earth

Redakteur:
Tobias Dahs

Login

Neu registrieren