EVERGREY: Interview mit Tom Englund

22.02.2011 | 18:04

EVERGREY haben mit "Glorious Collision" ihrer Diskographie ein weiteres starkes Album zur Seite gestellt. Wir sprachen mit Tom Englund über neue Wege der Musikerrekrutierung, düstere Zeiten und fröhliche EVERGREY-Songs.

EVERGREY klingen auch anno 2011 einfach nach EVERGREY; und das obwohl mit Henrik Danhage (gt.), Jari Kainulainen (kb.) und Jonas Ekdahl (dr.) gleich drei Mitglieder ausgestiegen sind und ersetzt werden mussten. "Als Henrik, Jari & Jonas ausgestiegen sind, war zuerst gar nicht klar, ob Rikard (Zander (kb.), zu diesem Zeitpunkt einziges verbliebendes Mitglied von EVERGREY neben Tom - PK) und ich weitermachen würden. Gerade der Verlust von Henrik und Jonas war doch immens. Aber wir sind an einen Punkt angelangt, wo wir uns entscheiden mussten, ob wir weiter zusammenarbeiten oder befreundet sein wollen.", erzählt Tom und ergänzt: "Weißt du, Henrik und Jonas sind zwei meiner besten Freunde, aber wenn es um meine Musik geht, habe ich sehr genaue Vorstellungen und es kann schon auch schwierig sein, mit mir zu arbeiten. Also haben wir gemeinsam entschieden, dass uns die Freundschaft zu wichtig ist, um sie aufs Spiel zu setzen. Ich wollte dann erst mal eine Pause machen, auch um zu entscheiden, ob und wie es mit EVERGREY weitergeht." Besonders lang hat diese Pause allerdings nicht gedauert.

"Ja, bereits nach kurzer Zeit habe ich Rikard  angerufen und ihn gefragt, ob wir nicht versuchen wollen, Songs gemeinsam zu schreiben. Und das hat von Anfang einfach super geklappt und es war schnell klar, dass wir EVERGREY nicht beerdigen würden.", gibt Tom preis. Dabei ist der Einfluss von Rikard auf das Songwriting nicht besonders groß. "Nun, dass EVERGREY immer nach EVERGREY klingen, liegt wohl in erster Linie daran, dass ich schon immer 80-85% des Materials geschrieben habe. Und das ist auch auf "Glorious Collision" nicht anders. Dennoch ist es wichtig, jemanden wie Rikard zu haben, der auch eigene Ideen einbringt und mich fordert.", erklärt Tom. Die neuen Mitglieder Marcus Jidell (gt.), Johan Niemann (b.) und Hannes van Dahl (dr.) hat Tom auf eher ungewöhnlichem Wege rekrutiert. "Ja, das lief diesmal etwas anders als sonst. Wir haben die drei ohne irgendeine Audition rekrutiert. Ich habe einfach befreundete Musiker gefragt, ob sie mir jemanden empfehlen können und war mir sicher, dass sie mir keine Anfänger empfehlen würde. Und als beim persönlichen Kennenlernen die Chemie gestimmt hat, waren sie dann in der Band." So einfach kann Musikersuche manchmal sein.


Wie bereits angemerkt, ist "Glorious Collision" trotz der personellen Runderneuerung schon ein typisches EVERGREY-Album geworden, auch wenn man die etwas modernere Schlagseite, die vor allem "Monday Morning Apocalypse" und mit Abstrichen auch "Torn" hatten, wieder zu den Akten gelegt hat. "Ja, das kann man schon so sagen. Ich sehe "Glorious Collision" auch eher in der Tradition von "Recreation Day"", bestätigt Tom. "Diese durchgehend düstere Atmosphäre ist ja mittlerweile schon ein Trademark von uns geworden und auch diesmal ist in meinem Leben und um mich herum genug Mist passiert, um dies auch auf "Glorious Collision" wieder zu vertonen. Es würde uns ja auch niemand abnehmen, wenn wir auf einmal einen Song in der Art von VAN HALENs 'Jump' aufnehmen würden. Das wäre nicht EVERGREY. Es gibt ja sogar Leute, denen "Monday Morning Apocalypse" zu fröhlich ist. Ich glaube, das ist zumindest textlich unser düsterstes Album überhaupt. Ich will mir gar nicht vorstellen, was solche Leute als traurig empfinden, wenn das schon 'zu fröhlich' ist.", sinniert Tom.

Und obwohl sich musikalisch und lyrisch nicht allzu viel geändert hat bei den Immergrauen, ist das Feedback bisher überragend. "Manchmal glaube ich, dass ich ein Opfer von "Die versteckte Kamera" bin und jeden Moment jemand in den Raum kommt und mir erzählt, dass wir nur verarscht werden. Gerade in den USA scheint "Glorious Collision" wirklich gut anzukommen. Ich mache jetzt bereits die vierte Woche Interviews und hatte noch nie so viele Anfragen aus den USA, wir werden auf tollen Webpages als "Video Of The Week" oder ähnliches gefeatured und haben bereits jetzt 30.000 Vorbestellungen von "Glorious Collision". Und das Album ist noch nicht einmal im Laden. Das ist wirklich fantastisch.", erzählt Tom und ist hörbar überwältigt.


Eine wirkliche Erklärung dafür hat Tom nicht: "Nun, wir haben uns nicht so sehr geändert, aber vielleicht liegt es daran, dass sich die Zeiten geändert haben. Wenn man sich gerade in der Welt umblickt, dann ist das schon ein sehr düsterer Ort. Die USA ist schwer getroffen von der Wirtschaftskrise, in Nordafrika ist die Hölle los, vielleicht berührt unsere doch sehr düstere Musik die Leute in solchen Zeiten eher." Es könnte natürlich auch einfach an der konstant hohen Qualität liegen, immerhin ist es nicht so, dass EVERGREY ein Überalbum haben, an dem sich alles messen muss. "Schön, dass du das so siehst. Aber du hast durchaus Recht, zumindest wenn ich über das Feedback nachdenke, das wir so bekommen. Zwar hat "Monday Morning Apocalypse" etwas zwiegespaltenere Reaktionen hervorgerufen, aber es gibt auch viele Fans, die genau dieses Album am Besten finden. Das Konsens-Album haben wie bisher noch nicht gehabt und sind von daher auch kontinuierlich gewachsen. Ich sehe das auch durchaus als Beweis für meine Qualitäten als Songwriter. Da scheine ich ja doch irgendwas richtig zu machen.", lacht Tom.

Wer EVERGREY auf deutschen Bühnen sehen möchte, muss sich bis zur Tour mit KAMELOT im April/Mai gedulden. "Ja, wir sind Special Guest auf der Tour mit KAMELOT, danach geht es nach Japan, Südamerika etc. und irgendwann zu Beginn des nächsten Jahres werden wir dann auch in Deutschland auf Headlinertour gehen." Bis dahin kann man dann auch sicher die Songs von "Glorious Collision" mitsingen.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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