Ein Tag mit GRAVE DIGGER - Teil 3: Interview mit Chris und Jens

23.07.2014 | 17:02

"Return Of The Reaper" macht seinem Namen alle Ehre und dürfte sich als absoluter Glanzpunkt in der Diskographie der Grabschaufler von GRAVE DIGGER behaupten. Tolle Hymnen, großartiges Songmaterial und mit der einen oder anderen Überraschung im Gepäck verdient dieses Album auch jene Aufmerksamkeit, die es in den letzten Wochen bekam. Im Zuge der Listening-Session in Senden bei Münster standen uns Chris Boltendahl und Jens Becker Rede und Antwort. Wir wünschen euch viel Spaß mit dem dritten und letzten Teil unseres GRAVE DIGGER-Specials.

Jungs, wir haben soeben in das neue Album reingehört und ihr konntet die ersten Reaktionen ernten. Wie geht es euch im Moment auch im Hinblick auf "Return Of The Reaper"?

Jens: Wir haben generell ein sehr gutes Gefühl bei der Platte und sind sehr zufrieden damit.

Chris: Ein besseres als bei der letzten Scheibe. Ich würde mal sagen, dass wir Fans unserer eigenen Platte sind. Wir haben es diesmal geschafft, alle Qualitäten innerhalb der Band zusammen zu führen und alles auf den Punkt zu bringen: Cover ist geil, die neuen Fotos sind geil, die neue Scheibe ist geil, also ich höre sie privat auch unheimlich gerne. Sie hat keine Abnutzungserscheinungen und einen sehr guten Sound, bei dem ich sage, dass so Metal einfach klingen muss.

Jens: Und alles ist auch sehr abwechslungsreich.

Der Sound ist vollkommen zeitlos. Der wäre vor 20 Jahren super gewesen, ist heute super und wird auch in weiteren 20 Jahren noch zünden...

Wer war für das eben angesprochene Artwork zuständig?

Jens: Das ist immer derselbe.

Chris: Richtig, dahinter steckt Gyula Havancsák, der uns seit "The Last Supper" 2005 begleitet und seitdem unsere Cover entwirft.

Bei dem Titel "Return Of The Reaper" kommen dem geneigten Fan sofortige Parallelen zum 1993er Album "The Reaper" in den Sinn. War dies beabsichtigt oder soll das neue Album die Botschaft "Weg mit dem Konzept, hier sind wir wieder" tragen?

Chris: Genau so ist es.

Jens: Das hat also weniger mit "The Reaper" zu tun.

Chris: Natürlich werden es die Leute nun ähnlich sehen wie bei "The Clans Will Rise Again", dass sie sagen, es sei der Nachfolger von "Tunes Of War". Aber bei "Return Of The Reaper" stellen wir unsere eigenen Qualitäten mal wieder in den Mittelpunkt. Das Album ist für uns straighter Heavy Metal auf die Fresse, ohne Kompromisse, so wie früher in den 80ern, in denen wir nicht viel nachgedacht, sondern einfach unser Set gezockt haben, ohne Grenzen und ohne sich nun großartig ein Konzept zu überlegen. Ich denke, dass Lieder wie 'Satan's Host' oder 'Resurrection Day' auf "Clash Of The Gods" oder "The Clans Will Rise Again" überhaupt nicht gepasst hätten, weil sie nicht in die jeweiligen Konzepte gepasst hätten. Aber diese Songs machen einfach Spaß. Und nun haben wir einfach mal ein Album entworfen, was uns enormen Spaß gemacht hat und hoffen natürlich auch, dass es den Leuten ebenfalls Spaß macht. "GRAVE DIGGER without boundaries" sozusagen, ohne Grenzen - wir machen das, was uns gefällt.

War das auch die Vorgabe, mit der ihr an das Album gegangen seid?

Jens: Eigentlich schon, ja.

Chris: Wir haben geguckt, was passen, was funktionieren und was kicken könnte. Egal, ob es nun 100%ig GRAVE DIGGER-kompatibel ist oder nicht.

Jens: Und lustigerweise ist dies genau 100%ig GRAVE DIGGER, obwohl es an manchen Stellen eventuell etwas anders klingt.

Chris: Solch ein Song wie 'Satan's Host' klingt vielleicht nach MOTÖRHEAD, ist aber 100%ig GRAVE DIGGER.

Jens: Das wird natürlich auch alles durch die Stimme zusammengehalten. Aber das war diesmal wirklich erfrischend. Wir haben wirklich jede Riff-Idee, die wir hatten, einfach mal ausprobiert und geguckt, ob man die nicht für das Album verwenden könnte. Wenn man dann trotzdem gemerkt hat, dass es zu weit weg vom Grundthema ist, dann war es eben so, aber generell haben wir uns keine Limits gesetzt. Und das hört man, denke ich mal, auch.

Im Hinblick auf die Trackliste dachte ich zunächst bei 'Dia De Los Muertos', dass ihr euch an einen auf Spanisch vorgetragenen Song wagt. Ich weiß ja nicht, wie gut dein Spanisch ist, Chris.

Chris: Überhaupt nicht gut. Dos cervezas, por favor, hehe.

Jens: Ne, das war auch ein kleiner Joke. Das ist der Tag der Toten, ein großer Festtag in Mexiko.

Chris: Das ist in Mexiko ähnlich wie in Deutschland der Karneval. Dort werden zwar die Toten geehrt, aber das auf eine fröhliche Art und Weise. Und das hört man bei dem Song auch heraus, der ist ja in keinster Weise depressiv oder düster, sondern hat mit diesem "Oooohohooo" einen ziemlich coolen Effekt. Solch ein Song kann auch live ein absolutes Happening werden. Es ist auf jeden Fall ein positiver Song.

Jens: Und dieser Text handelt von dem karnevalistischen Umgang der Mexikaner mit den Toten und ihrer Verehrung.

Auffallend ist zudem, dass "Return Of The Reaper" speziell zum Ende hin noch einmal an Highlights gewinnt. Habt ihr das eher balladesk ausgefallene 'Nothing To Believe' bewusst an das Plattenende gesetzt? Zumal es ja eher unüblich ist, solch ein Mammut an das Ende zu setzen.

Chris: Das war aber immer typisch GRAVE DIGGER. In den 80ern hatten wir bei der "Heavy Metal Breakdown"-Scheibe mit 'Yesterday' einen ähnlich balladesken Abschluss und "Witchhunter" hatte mit 'Love Is A Game' etwas Ähnliches in seinen Reihen.

Jens: Wir hatten eigentlich desöfteren irgendwelche Balladen, die sich dann auch meist an das Ende des Albums geschlichen haben.

Sind für das neue Album irgendwelche Bonusstücke vorgesehen?

Chris: Ja, insgesamt zwei. Es gibt eine Limited Edition in Form eines Mediabooks mit einer Bonus-CD, auf der dann 'The Emperors Death' und 'Rebel Of Damnation' gelandet sind. Zudem befinden sich noch insgesamt acht Unplugged-Stücke auf diesem Bonus. 'The Emperors Death' ist ein recht schleppendes und doomiges Stück, wohingegen 'Rebel Of Damnation' eher in die typische 80er-Metal-Richtung geht.

Du hast eben die acht Bonusstücke erwähnt. Songs wie 'Heavy Metal Breakdown' bekommen in der jeweiligen Unplugged-Version einen vollkommen neuen Reiz und lustigerweise erkennt man sie nach den ersten Augenblicken auch noch nicht so richtig. Eine tolle, ausgefallene Idee war es allemal. Wird es auf der kommenden Tour auch den einen oder anderen Akustik-Part geben oder war das eine einmalige Spielerei?

Jens: Nein, auf der Tour wird es wohl keine Unplugged-Stücke geben.

Chris: Richtig, wie bei jeder GRAVE DIGGER-Tour werden wir natürlich Vollgas geben und in die Vollen greifen. Ob wir in der Zukunft noch einmal etwas im Unplugged-Gewand spielen, steht in den Sternen, das wissen wir jetzt noch nicht. Darüber haben wir uns auch noch keinerlei Gedanken gemacht.

Jens: Wir werden allerdings auch nie, wie beispielsweise die SCORPIONS, in einem Konzert einen rein akustischen Teil einbauen oder komplette Unplugged-Tourneen spielen. Ein, zwei Songs zu spielen, ist zwar ganz nett, aber ausufern wird das nie.

Für diejenigen, die bei der Vorführung der Unplugged-Stücke dabei waren, war es jedoch definitiv ein cooles Special. Wer hatte eigentlich die Idee, ein kleines Gewinnspiel mit Meet&Greet, Grillen etc. zu veranstalten?

Chris: Das war meine Idee, da ich mal wieder etwas Besonderes veranstalten wollte. Als ich bzw. wir merkten, dass das neue Album wieder in die richtige Richtung geht, wollte ich eine Listening-Session veranstalten. Und ich wollte nicht nur Journalisten vor Ort haben, sondern auch für vereinzelte Gewinner und Fans ein kleines Unplugged-Konzert spielen. Wir wollten dann diejenigen einladen, die uns mit Fotos oder Storys demonstrieren, dass sie die größten GRAVE DIGGER-Fans sind und den Leuten mit diesem Tag etwas Unübliches bieten. Und diejenigen, die zwar gewonnen, sich aber nicht zurückgemeldet haben, werden sich sicherlich im Nachhinein in den Arsch beißen, nicht dabei gewesen zu sein, hehe. Die Anwesenden hatten dann gemeinsam mit der Presse die Gelegenheit, einen schönen, gemütlichen Abend mit BBQ und der Band zu verbringen. Ich hätte mir damals sicherlich ein Bein ausgerissen, wenn ich diese Chance mit PRIEST gehabt hätte, hehe.

Zumal euch das als Band auch sehr fannah zeigt. Speziell im deutschen Heavy-Metal-Bereich gibt es mit eben GRAVE DIGGER oder auch RAGE, GAMMA RAY, HELLOWEEN, IRON SAVIOR und wie sie alle heißen allesamt alteingesessene Bands, die den Fankontakt nie scheuen. Dann zeigt ein Abend wie der Angesprochenen das dicke Band zwischen Band und Fans am deutlichsten.

Chris: Richtig. Wir hatten an diesem Abend sogar Fans aus Italien und Israel dabei. Das ist auf jeden Fall irre und wir glauben und hoffen natürlich, dass die Fans diesen Abend so schnell nicht vergessen werden. So soll es auch sein. Es ist ein kleiner Dank von unserer Seite aus an die Die-Hard-Fans von GRAVE DIGGER. Darum diese Idee zu diesem Nachmittag/Abend.

Im November und Dezember steht eine Deutschlandtour an, die dritte Ausgabe der "German Metal Attack" wird eingeläutet. Diesmal mit HEAVATAR, NITRODOGS und WOLFEN. Habt ihr bei der Wahl der Vorgruppen irgendeinen Einfluss oder werden die euch gestellt?

Jens: Ne, das machen wir alles selbst, das ist aus unserer Idee entsprungen.

Und wie kamt ihr auf diese doch abwechslungsreiche Mischung?

Chris: Wir haben einige Bands angeschrieben und von all denjenigen, die Bock hatten und auch fähig waren, mit uns auf Tour zu gehen, blieben diese drei Bands am Ende noch übrig. Die erste Ausgabe war ja ein recht true-metallisches Billing (zusammen mit GUN BARREL, MAJESTY und WIZARD), das zweite auch (PARAGON statt MAJESTY) und nun wird es doch deutlich abwechslungsreicher. Wir haben mit HEAVATAR die Bombast-Ecke abgedeckt, NITROGODS gehen in die MOTÖRHEAD- und Rock'n'Roll-Richtung, WOLFEN klingen ein wenig thrashiger mit leichtem METALLICA-Flair und dann eben noch GRAVE DIGGER.

Man darf sich also auf das Ende des Jahres freuen. Jungs, es war mir wieder einmal eine große Freude, euch als Interviewpartner begrüßen zu dürfen. Ich wünsche euch viel Erfolg und den Lesern dieses letzten Special-Teils viel Spaß mit "Return Of The Reaper". Die letzten Worte gehören selbstverständlich euch.

Chris: Ja, die Leute sollen auf jeden Fall den gleichen Spaß mit dem neuen Album haben wie wir. Sie sollen sehen, wofür GRAVE DIGGER immer noch steht und wozu wir noch in der Lage sind, nämlich einfach geilen, klassischen und zeitlosen Heavy Metal zu schreiben. Es gibt bei Napalm Records zu dem Album auch eine wirklich schöne Box mit Gürtelschnalle, Flagge, limitierter Edition und weiß der Geier alles. Aber auch die reguläre Version lohnt sich definitiv.

Jens: Zudem gibt es noch eine Sarg-Edition zusammen mit Wein etc.

Chris: Stimmt. Ich denke, dass das neue Album einen extremen Langzeitwert haben wird, weil es eben sehr klassisch und zeitlos ist. Wenn du Bock auf Metal hast, kannst du das Album reinlegen, ohne dich auf ein bestimmtes Konzept einlassen zu müssen. Ich denke, dass dieses Album GRAVE DIGGER noch ein gewisses Stück nach vorne bringen wird.

Ich drücke euch die Daumen, vielen Dank für das Interview!


Und so geht der dritte und letzte Teil zu "Return Of The Reaper" und der Listening-Session zu Ende. An dieser Stelle möchte ich mich auch noch einmal herzlich bei GRAVE DIGGER und natürlich Napalm Records für die Einladung und den rundum gelungenen Abend bedanken! Das neue Album ist seit dem 11.07. in verschiedenen Ausführungen erhältlich.

Redakteur:
Marcel Rapp

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