FALCONER: Interview mit Stefan Weinerhall

03.06.2014 | 10:49

"Die letzte Platte war schön und gut, aber ich hatte wieder richtig Bock auf Metal!" Mastermind Stefan Weinerhall hatte nach "Armod" klare Ziele für das neue FALCONER-Album.

"Black Moon Rising" könnte den zweiten Frühling für FALCONER einläuten. Platz #2 in unserem Soundcheck und viel Zuspruch aus der Szene bescheren den Schweden ordentlich Aufwind. Was das achte Album der Band so stark macht, wieso wieder Englisch gesungen wird und was Stefan Weinerhall immer noch antreibt, verrät uns der Songschreiber und Multiinstrumentalist im Interview.

Nils: Stefan, zunächst einmal einen Glückwunsch zum zweiten Platz im Powermetal.de Soundcheck! Kam euer neues Album überall so gut weg?

Stefan: Vielen Dank! Es scheint eine Menge kluger Leute in eurer Redaktion zu geben! Aber auch die anderen Reviews, die ich bisher so gelesen habe, sind viel besser als in den letzten Jahren. Es überrascht mich allerdings auch wenig weil ich selbst so überzeugt bin wie schon lange nicht mehr.

Habt ihr denn eine Pause gebraucht? "Black Moon Rising" klingt so frisch und munter. Für mich ist es sogar die beste Platte seit eurem Debüt "Falconer".

Und noch einmal: danke! Ich würde auch sagen, dass wir in einer sehr guten Form sind. Wobei ich schon sagen würde, dass die "Northwind" fast genau so gut ist wie "Black Moon Rising". Nach unserer letzten Platte war mir aber vollkommen klar, dass wir alle eine Pause brauchten denn wir hatten alle Dinge im Leben, die Priorität hatten. Den Druck, jedes Jahr ein Album zu veröffentlichen, nur um nicht in Vergessenheit zu geraten, habe ich ohnehin noch nie gespürt. Jedenfalls hat mich eine Tragödie in der Familie so umgehauen, dass mein Leben quasi umgekrempelt wurde. Das Ergebnis war, dass ich für eine lange Zeit überhaupt nicht an Musik gedacht oder das Bedürfnis verspürt habe, Songs zu schreiben. Mein Kopf war einfach zu voll mit anderen Dingen.
Verlassen hat mich die Musik nie ganz und nach acht Monaten hatte ich dann wieder eine Gitarre in der Hand. Anstatt da weiterzumachen, wo ich aufgehört hatte, wollte ich von vorne beginnen. Aufgestaute Frustration und Wut waren die Begleiter beim Songwriting, das habe ich immer wieder gespürt. Deswegen sind die Gitarren dieses Mal auch so dominant und aggressiv. Als ich mir dann Gedanken über einen Albumtitel gemacht habe, kam ich immer wieder auf "Black Moon Rising" zurück. Es symbolisiert meinen eigenen Aufstieg, behandelt aber thematisch einige andere Themen.

Ich finde auch, dass die Songs sehr starke Melodien haben, aber trotzdem sehr heavy sind. Die Balance ist dir wirklich sehr gut gelungen.

Ja, das sehe ich auch so. Die fröhlichen und munteren Melodien habe ich auf "Armod" schon alle verbraten. Das Album klang sowieso ziemlich soft und "schön". So sollte es dieses Mal aber nicht werden. Alles sollte etwas urtümlicher, roher und nicht so überproduziert klingen. Das Album ist vor allem weniger aufpoliert. Ich war anfangs schon etwas skeptisch, wie sich die harte Marschrichtung mit heftigen Riffs und Blastbeats mit Mathias Gesang verträgt. Das Resultat hat mich aber vollkommen überzeugt, da gibt es keinen Grund zur Sorge.

Schreibst du eigentlich die Gesangslinien oder hat Mathias da auch Mitspracherecht?

Ich habe mich schon immer um die Gesangslinien gekümmert. Im Prinzip arbeite ich so, dass ich sehr viel vorproduziere und Demos erstelle. Dafür spiele ich die Melodie auf Gitarre oder Keyboard und lasse den Drumcomputer dazu laufen. Das Demo schicke ich an Mathis zusammen mit den Texten und bitte ihn, gegebenenfalls Änderungen vorzunehmen und die Melodien an seinen Gesangsstil anzupassen. Viel zu ändern gibt es dabei aber meistens nicht und das Ergebnis klingt schon so, wie ich es beabsichtigt hatte.

Könntest du dir den vorstellen, noch einmal so ein Experiment wie mit den schwedischen Texten auf "Armod" zu machen?

Ehrlich gesagt nicht, das war eine einmalige Angelegenheit. Das war auch zu damaligen Zeitpunkt klar. Es hat schon auch viel Spaß gemacht, aber sich zu wiederholen ist doch langweilig. Insofern kann man aber sagen, dass das neue Album eine Reaktion auf "Armod" ist. Dieses Mal haben wir genau das aufgenommen, was "Armod" gefehlt hatte. Es wurde wieder Zeit für Metal!

Deinen Stil hast du schon vor einiger Zeit gefunden und in Sachen Produktion verlässt du dich seit Jahren auf Andy LaRocque. Welche Dinge sind es denn, die du bei jedem Album verbessern möchtest?

Die Musik an sich hat bei mir nichts mit dem Studio zu tun. Aber der Sound natürlich. Das Zeil war es, nicht zu modern zu klingen. Lieber ein bisschen mehr wie zu Analog-Zeiten mit dem unkomprimierten Sound. Ein Album überzuproduzieren ist ziemlich einfach. Die Anpassungen haben wir dieses Mal wirklich auf ein Minimum beschränkt. Deswegen hörst du auch nicht an jeder Ecke noch zusätzlichen Harmoniegesang oder mehrstimmige Chöre. Es ist bodenständiger und einfach geworden. Trotzdem bin ich gespannt, was uns als nächstes in den Sinn kommt. Denn ein "Black Moon Rising 2" wird es ganz sicher nicht geben.

Einige Bands wechseln von Zeit zu Zeit das Studio oder den Produzenten, weil man sich "zu gut kennt" und nicht wirklich voran kommt. Kennst du dieses Gefühl?

Für uns ist es eher positiv, dass wir uns mittlerweile so gut kennen, würde ich sagen. Wir kennen auch das Studio in- und auswendig und wissen ganz genau, worauf wir uns da einlassen. In den Sonic-Train-Studios ist es schon fast wie im Urlaub, wo man sich einfach wohl fühlen kann. Ebenso verhält es sich mit Jan Meininghaus, der für unser Artwork verantwortlich ist. Das sind Zutaten im "Produkt" FALCONER wie es Martin Birch und Derek Riggs bei IRON MAIDEN sind. Vielleicht unterscheiden wir uns aber auch von anderen Bands darin, dass wir ganz genau wissen, was wir mögen und worauf es ankommt. Die Erwartungshaltung der Fans zählt diesbezüglich ebenso wenig wie das Potenzial der Musik, neue Fans zu bekommen oder mehr Platten zu verkaufen. Wir haben unsere Nische gefunden und fühlen uns dort sehr wohl.

Würdest du deine bisherige "musikalische Reise" in den vergangenen 13 Jahren eher als konstanten Evolution sehen oder als bewusste Brüche auf Vorhergegangenes (wie am diskutierten Beispiel "Armod")?

Grundsätzlich versuchen wir nie, uns zu wiederholen. "Grime vs. Grandeur" und "Armod" waren aber die deutlichsten Beispiele für unseren Änderungswillen, soviel ist sicher. Jedes Album braucht ein gewisses Maß an Veränderung, manchmal fällt es auch größer aus. Na klar, ich habe auch kein Problem damit, dass es bei FALCONER einen gewissen Grundsound gibt, den man wieder erkennt. Wenn man zu sehr von diesem Kern abweicht, gerät die Identität einer Band ins Abseits. Und genau dieses Gefühl habe ich, wenn ich mir heute "Grime vs. Grandeur" anhöre.

Wie sieht es denn mit deinem Lieblingsalbum aus? Oder gibt es ein Album, das du mittlerweile gar nicht mehr magst?

Unsere schlechteste Platte ist in allen Belangen "Sceptre of Deception"! Der Sound ist mies, unser Sänger hat nicht zu uns gepasst und die Songs mitsamt Texten sind alle ziemlich mau. Mein Lieblingsalbum ist aber "Northwind", wobei unsere neue Scheibe wirklich dagegen anstinken kann und in der Zukunft mein Liebling werden könnte. Ich muss es einfach noch mehr sacken lassen und etwas Abstand gewinnen, um das besser beurteilen zu können. Diese beiden Scheiben versprühen ein gewisses Flair, eine Stimmung, die mich immer wieder einfängt und mich aufrüttelt. Vielleicht sollte ich mich in Zukunft wieder schlummern legen, von diesem Feeling wecken lassen und mein Bestes geben …

In der Vergangenheit hast du dich oft kritisch mit der Gesellschaft auseinandergesetzt und das in Texten verarbeitet. Zumindest von den Songtiteln geht es dieses Mal wieder mehr in die Fantasy-Richtung, oder?

Da muss ich dir widersprechen. Dieses Album setzt sich viel mehr mit der Menschheit und der Gesellschaft auseinander als es viele Alben in der Vergangenheit getan haben. Um Wikinger drehen sich nur die beiden Songs 'Age Of Runes' und 'The Priory'. Mein Schreibstil hingegen ist oftmals sehr poetisch und nicht immer ganz modern, vielleicht kommt man deswegen darauf. Bei 'Locust Swarm' und 'Black Moon Rising' geht es beispielsweise um Umweltschutz, auch wenn ich versuche, die Texte mystischer klingen zu lassen. Ich mag es, eine schöne Geschichte zu erzählen anstatt seine Botschaft so direkt hinauszuposaunen.

Das Artwork ist wieder einmal toll geworden. Inwiefern gibt es denn da einen Bezug zu den Songs bzw. den Texten?

Eigentlich nur der Titelsong. Der Falke fliegt in den Horizont und seine seine brennenden Flügel stehen für die Menschheit auf ihrem Weg in die Zukunft während sie eine verbrannte Welt hinterlässt, um ihren Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Wir begehen langsam aber sicher Selbstmord.

Wieso sieht man FALCONER denn eigentlich nur auf den Bühnen der Festivals?

Wir haben als Studio-Band begonnen und mit wenigen Ausnahmen waren wir das eigentlich auch immer. Die Zeit für die Band wurde bei allen immer weniger als wir begonnen haben, Häuser zu bauen und Familien zu gründen. Ich finde das ziemlich normal. Anfangs waren wir auch immer etwas von Mathias' Zeitplänen in Theater- und Musicalproduktionen abhängig, was sich aber im Lauf der Zeit an diesen typischen "Erwachsenen-Lebensrhythmus" angepasst hat. Eine Albumproduktion ist schon ein Highlight, aber das Schreiben und Aufnehmen von Songs war immer das eigentliche Ziel in jeder Band, in der ich gespielt habe. Ich persönlich sehe mich nach wie vor mehr als Schreibe/Produzent denn als Künstler. Es ist nicht einmal so, dass ich live spielen nicht mag. Aber das ist nicht das, worum es bei FALCONER geht. Auf der Bühne zu stehen macht Spaß wenn man es hin und wieder tut, keine Frage. So wie eine Party mit Freunden. Ich hätte dieses Jahr gerne ein paar Festivals gespielt aber ich bin einfach zu faul. Als ich meinen Hintern endlich hochgekriegt habe, waren die Festivals alle schon komplett gebucht. Freuen wir uns also auf 2015!

Redakteur:
Nils Macher

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