FATES WARNING: Interview mit Jim Matheos

10.08.2008 | 08:13

Schrein. Einen Metal-Schrein ist das Erste, was ich vor der Frankfurter "Batschkapp" zu Gesicht bekomme. Zwei Die-Hard-Fans haben jeweils ihren CD/Plattenkoffer aufgebahrt, um von jedem FATES WARNING-Mitglied ein Autogramm auf ihre Sammlerobjekte zu erhalten. Es ist 17.15 Uhr und bis zum Einlass sind über zweieinhalb Stunden hin, bis zum Beginn der Vorgruppe PAGAN'S MIND sogar noch fast vier Stunden. Just zu dem Zeitpunkt ist FATES WARNING/ARMORED SAINT-Basser Joey Vera fleißig dabei, die CDs und Platten mit seiner Unterschrift zu verzieren. Die zehn Minuten bis der Tourmanager kommt, verbringe ich damit, mich mit den Beiden zu unterhalten. Jeden konnten sie schon vor den Schrein zerren, nur FATES WARNING-Mastermind Jim Matheos noch nicht. Sie bitten mich darum, ihn nach unten zu schicken, sobald ich mit dem Interview fertig bin, doch noch habe ich's vor mir. Hereinspaziert!

Tolga:
Euer Promoter hat mir zugesteckt, dass dies den zweiten Stopp eurer Deutschland-Tour darstellt. Gestern wart ihr ja in Holland. Wie war's?

Jim:
Gut. Für den ersten Tag ein bisschen anstregend.

Tolga:
Ihr habt PAGAN'S MIND als Supportact dabei. Wie gefällt dir persönlich die Combo und warum habt ihr sie für diese Tour gewählt?

Jim:
Einige Bands haben uns Material zugeschickt, durch das wir uns durchgehört haben. Sie haben uns auf Anhieb gut gefallen. Ich persönlich mag's ja mir die Opener anzuschauen bevor wir auf die Bühne gehen, denn ich kann dabei sehr gut abschalten.

Tolga:
Habt ihr einen Ersatz für Mark Zonder?

Jim:
Nein. Ich bin mir nicht so sicher, ob wir einen dauerhaften Ersatz für ihn finden werden. Eine Zeit lang hatten wir Nicko (Nick D'Virgilio von SPOCK'S BEARD, Anm. d. Verf.), Bobby sitzt aktuell live hinter den Kesseln. Bobby (Jarzombek, Anm. d. Verf.) ist ein unglaublicher Drummer. Wenn demnächst eine neue Scheibe ansteht, schauen wir wer's machen wird. Meiner Meinung nach stellt es für uns keinen Nachteil dar, wenn wir einen für diesen Job anheuern.

Tolga:
Gutes Stichwort: Wann können FATES WARNING-Fans mit einer neuen Scheibe rechnen? Und wenn dem so sein sollte: hast du eine Idee davon, wie sie klingen wird?

Jim:
Keinen Plan wie das Teil klingen wird. Ich weiß nicht wann, aber irgenwann werden wir bestimmt ins Studio gehen. Aktuell fühlen wir uns noch nicht bereit dieses Unterfangen in Angriff zu nehmen. (Schade! - PK)

Tolga:
Wie fühlt es sich an, zurück ins Rhein-Main-Gebiet zu kommen? Immerhin habt ihr die "A Pleasant Shade Of Grey"-Sachen für das "Still Life"-Album in Offenbach aufgenommen.

Jim:
Die Show in Offenbach war großartig und das Publikum fantastisch. Ich hoffe das es heut abend ähnlich gut über die Bühne geht.

Tolga:
Für mich persönlich ist das DREAM THEATER-Debüt "When Dream And Day Unite" sehr stark von FATES WARNING inspiriert. Siehst du das ähnlich?

Jim:
Das würde ich nicht unterstreichen, denn die Jungs haben sehr viele Einflüsse in ihren Sound einfließen lassen.

Tolga:
Ich komme deshalb darauf, weil auch der erste DREAM THEATER-Sänger Charlie Dominici mit einer ähnlich hohen Stimme gesegnet war wie John Arch.

Jim:
Ja, das haben viele Leute zu der Zeit so gehandhabt. Ich war zu der Zeit ein sehr großer Fan der Jungs, speziell als Mike (Portnoy, DREAM THEATER-Drummer, Anm. d. Verf.) uns während der "Awaken The Guardian"-Tour ein Demotape in die Hand gedrückt hat. Meiner Meinung nach sind sie meilenweit von dem entfernt, was wir machen.

Tolga:
Okay. Und du hast die Karriere von DREAM THEATER mitverfolgt?

Jim:
Ja, denn Mike ist ein guter Freund von mir. Ich bin zufrieden mit dem, was sie tun.

Tolga:
Siehst du irgendwelche Parallelen zwischen beiden Bands?

Jim:
Nein.

Tolga:
Warum? Sie verwenden ebenfalls langsame Passagen in ihren Songs.

Jim:
Das ist schon wahr, aber es gibt auch andere Bands, die das in ihren Sound einflechten. Ich denke ihre Einflüsse strecken sich über FATES WARNING hinaus. Mike war ein FATES WARNING-Fan, was ich von den anderen Bandmitgliedern nicht behaupten kann, da ich's nicht weiß. Es sind so viele Aspekte in ihrer Musik enthalten, dass ich schwer unseren Einfluss heraushören kann.

Tolga:
Weißt du welches Mikes Lieblings-Album von FATES WARNING ist?

Jim:
Ich schätze mal "Awaken The Guardian", bin mir da aber nicht so sicher.

Tolga:
Hast du auf der anderen Seite Lieblings-Alben von DREAM THEATER?

Jim:
Ich steh mehr auf den alten Kram wie "Images & Words" und "Awake".

Tolga:
Hast du dir schon das letzte Album "Systematic Chaos" angehört?

Jim:
Ja.

Tolga:
Und, hast du's gemocht?

Jim:
Ich liebe die Jungs und würde nie etwas Schlechtes über sie sagen. Sie sind großartige Freunde, was sie machen ist umwerfend, aber, und das ist sehr ungewöhnlich so etwas zu sagen, stehe ich persönlich absolut nicht auf progressiven Metal.

Tolga:
Das ist sehr lustig, denn für die meisten Fans seid ihr die ultimative Progressive-Combo, wohingegen du überhaupt nicht auf diesen Musikstil stehst. Wo wir schon beim Thema sind: Welche Musikstile bevorzugst du?

Jim:
Ich mag eine Menge, vor allem melodische Sachen. Bands wie OPETH, PORCUPINE TREE. (sind beide total melodisch und unprogressive - PK)

Tolga:
"Fear Of A Blank Planet".

Jim:
Definitiv. Die Scheibe gehört zu meinen Top-10 Langrillen. Ich mag Musik die progressiv ist, wo du's jedoch nicht auf Anhieb hörst.

Tolga:
Wie RUSH?

Jim:
Ich liebe RUSH.

Tolga:
Hast du dir ein Konzert im Rahmen der "Snakes & Arrows"-Tour in den Staaten angeschaut. Die Jungs sind ja zurzeit dort unterwegs, deswegen.

Jim:
Da hab ich sie leider nicht gesehen. Ich hab sie im Rahmen ihrer dreißigjährigen Jubiläumstour gesehen.

Tolga:
Ich hab sie nämlich vor zwei Wochen gesehen. Sie hatten lediglich nur zwei Stopps in Deutschland, weshalb es sich angeboten hat. Einen in Oberhausen und einen in Mannheim. Ich war in Mannheim, und es war einfach nur der Hammer!

Jim:
Haben sie nicht die DVD ("Replay X3", Anm. d. Verf.) in Frankfurt aufgenommen?

Tolga:
Ja, die wurde in Frankfurt auf Zelluloid gebannt, aber ich hatte bisher noch nicht die Gelegenheit sie mir anzuschauen.
Eine weitere Frage, die sich mir stellt, ist die, dass Ray Alder auch bei ENGINE singt, weshalb der Schluss nahe liegt, zu Fragen, ob wir heute abend auch in den Genuss von ENGINE-Songs kommen werden.

Jim:
Nein.

Tolga:
Nur FATES WARNING-Sachen?

Jim:
Ja. Es ist schon hart genug hierfür eine gescheite Tracklist zusammenzustellen.

Tolga:
Mit so vielen Bandmitgliedern, die sich in diversen anderen Bands engagieren, stellt sich mir die Frage, ob FATES WARNING immer noch als Band existieren?

Jim:
Das ist eine sehr gute Frage. Der Kern aus FATES WARNING besteht aus mir und Ray, es ist aber keine Vollzeit-Tätigkeit. Wir beide sind anderweitig involviert. Ich bei OSI und er bei REDEMPTION.

Tolga:
Daran knüpft auch meine nächste Frage an: Werden FATES WARNING in naher Zukunft noch existieren? Sagen wir in fünf bis zehn Jahren?

Jim:
Ich weiß es nicht. Ich stelle mir ständig diese Frage und schieb's immer wieder auf die lange Bank. Wir beide machen unterschiedliche Sachen. Schauen wir mal.

Tolga:
Habt ihr euren Auftritt auf dem "Rock Hard Festival 2006" genossen?

Jim:
Ja. Es hat viel Spaß gemacht.

Tolga:
Was mich dabei gewundert hat, war die Tatsache, dass ihr als letzten Song den SCORPIONS-Klassiker 'He's A Woman, She's A Man' gespielt habt. Warum habt ihr euch gerade für diesen Song entschieden?

Jim:
Ich bin ein großer SCORPIONS-Fan. Wir dachten, wenn wir schon wieder nach so langer Zeit in Deutschland spielen, können wir auch einen SCORPIONS-Song zocken. Hinterher sagten uns einige, dass die SCORPIONS in Deutschland nicht gerade den besten Ruf genießen.

Tolga:
Ich find's cool, denn die Leute haben alles andere erwartet, nur keinen SCORPIONS-Song.

Jim:
Richtig. Wir dachten schon auf der Bühne, dass der Song nicht unbedingt unten so gut ankommt. Ich denke jeder in der Menge war überrascht.

Tolga:
Welche SCORPIONS-Scheiben sagen dir am meisten zu?

Jim:
Viele. In erster Linie der alte Kram. Dabei sticht vor allem "Taken By Force" heraus.

Tolga:
Und wie schaut's mit dem aktuellen Album "Humanity: Hour 1" aus?

Jim:
Ich hab sie seit "Blackout" (welches 1982 das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat, Anm. d. Verf.) nicht mehr weiterverfolgt.

Tolga:
Da würde ich dir empfehlen in die letzte Scheibe reinzuhören. Es sind zwar schon noch die typischen Trademarks enthalten, aber in einem neuen Soundgewand.
Auch das '93er Werk "Face The Heat" ist sehr rockig und dürfte dir gefallen.

Jim:
Welches Album kam nach "Blackout"?

Tolga:
"Love At First Sting".

Jim:
Das ist es! Das war das letzte Album, was ich mir von den Jungs zugelegt habe.

Tolga:
Da wo 'Still Loving You' drauf ist.

Jim:
'Still Loving You' ist doch auf "Blackout" drauf, oder?

Tolga:
Nein.

Jim:
(Nach einer kurzen Pause) Du hast recht! (schallendes Gelächter von beiden Seiten)
Da war aber 'No One Like You' vertreten, oder?

Tolga:
Genau. Auf "Blackout" waren Klassiker wie 'No One Like You' und 'When The Smoke Is Going Down' drauf. Du hast vorhin kurz die Setlist erwähnt. Wie wird diese denn aussehen?

Jim:
Wir werden nicht in den Archiven stöbern. Sachen von "Awaken The Guardian" und andere Tracks aus dieser Zeit werden's nicht in die Setlist schaffen. Alle Scheiben danach werden in etwa jeweils mit einem Song berücksichtigen. (Was nach dem Konzert zu einigem Unmut bei einigen Konzertbesuchern geführt hat, die, nach so langer Deutschlandabstinenz der Band, erwartet haben, dass sie ihre Anfangsphase mit John Arch nicht ausklammert, Anm. d. Verf.)

Tolga:
Was mir dazu noch einfällt: Hast du dir das aktuelle Album von eurem ehemaligen Sänger John Arch zu Gemüte geführt?

Jim:
Ja. Ich war ja auch darin involviert.

Tolga:
Tut mir leid. Ich wusste's nicht. Und, hat's dir gefallen?

Jim:
Es hat viel Spaß gemacht. Es war schön nach so vielen Jahren wieder zusammen zu arbeiten.

Tolga:
Hast du noch irgendwelche abschließenden Worte oder hab ich etwas vergessen zu fragen?

Jim:
Ich denke nicht. (Schallendes Gelächter von beiden Seiten)

Redakteur:
Tolga Karabagli

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