FLESHCRAWL: Interview mit Bastian Herzog

01.01.1970 | 01:00

In den letzen Wochen und Monate ist es sehr ruhig um FLESHCRAWL, das deutsche Aushängeschild in Sachen Death Metal schwedischer Prägung, geworden. Höchste Zeit also Licht ins Dunkel zu bringen und bei den Jungs mal anzuklopfen. FLESHCRAWL’s Drummer Basti war so nett und stellte sich meinen Fragen. Und auf geht’s…

Oliver: Servus Basti. Und alles klar im Staate Dänemark?

Basti: Hi, alles bestens bei mir. Kein Plan was so in DK geht, aber im Hause FLESHCRAWL läuft alles in Richtung neue Scheibe.

Oliver: Nach dem Release der letzten Scheibe „Soulskinner“ ist im Hause FLESHCRAWL einiges passiert. Fangen wir mal mit der Tour zusammen mit BOLT THROWER, BENEDICTION und DISBELIEF im Januar letzten Jahres an. Wie lief die Tour für Euch und warum habt Ihr die beiden Shows in der Schweiz nicht gespielt?

Basti: Die Tour lief optimal für uns. Es war die perfekte Promotion für „Soulskinner“ und auch für die Band im Allgemeinen. Überall volle Hallen, coole und dankbare Fans, guter Merchverkauf - was kann man sich noch wünschen?
Na ja, alles topp, bis auf die Sache mit den Schweiz-Shows. Es gab da einiges an Gerüchten, warum wir in der Schweiz nicht am Start waren, Fakt und Wahrheit ist aber Folgendes. Auf der Fahrt von Stuttgart nach Pratteln war im Bus eine amtliche Party im Gange, bei der auch einiges an Alkohol geflossen ist. Ein Teil der BENEDICTION-Leute hatte im angetrunkenen Zustand die seltsame Angewohnheit sich untereinander zu verprügeln – wohl im Spaß - und zwar auf dem Gang des Tourbusses, so auch in dieser Nacht. Dieser „Spaß“ brachte dem ein oder anderen heftige Verletzungen bei, die auch im Krankenhaus behandelt werden mussten! Diese Art der „Freizeitbeschäftigung“ innerhalb der Bene-Jungs hat uns auch nicht sonderlich gestört, solange es innerhalb von BENEDICTION blieb.
Offensichtlich ist im Zuge dieser Aktionen jedoch der Respekt einer bestimmten Bene-Person gegenüber einer Person aus unserem Kreise (Namen spielen jetzt keine Rolle) buchstäblich weggesoffen worden und nachdem dabei auch Dinge aus unserem Hab und Gut in Mitleidenschaft gezogen worden sind, wollten wir die Sache verbal klären. Seitens der Bene-Person war die bevorzugte Aktion jedoch nicht verbaler, sondern mehrmals handgreiflicher Natur.
Da wir Gewalt, wenn möglich, grundsätzlich aus dem Weg gehen, zogen wir es vor nicht zurückzuschlagen, sondern haben die Sache auf sich beruhen lassen und erstmal beraten, was zu tun ist, da für uns die Stimmung im Bus damit zerstört war. Nach einiger Beratung entschieden wir dann, die Tour abzubrechen, da wir es uns nicht vorstellen konnten unter solchen Bedingungen weitere zwei Wochen im selben Bus mit BENEDICTION zu touren.
Leider sind die Schweiz-Shows dadurch für uns ins Wasser gefallen, was uns auch ziemlich angekotzt hat, da wir uns im Vorfeld sehr darauf gefreut hatten. Aber in dieser Situation hielten wir es für besser konsequent unsere Entscheidung durchzuziehen.
Nachdem wir dann 1,5 Tage zuhause waren, haben wir uns allerdings nochmals zusammengesetzt und entschieden die Tour doch zu Ende zu spielen. Einmal, weil wir im Vorfeld natürlich wahnsinnig viel Arbeit, Zeit und Energie in diese Tour gesteckt hatten, zum anderen weil diese Tour für uns als Band und für die „Soulskinner“-Scheibe so extrem wichtig war. Die wirklich geilen Reaktionen der Fans auf der zweiten Hälfte der Tour gaben uns auch absolut Recht und zeigten, dass es die richtige Entscheidung war, die Tour doch noch fertig zu spielen.

Oliver: Somit dürfte dieses Thema nun endgültig geklärt sein. Dann verabschiedete sich Mitte letzten Jahres euer Klampfer und Gründungsmitglied Stefan Hanus. Kannst Du bitte noch mal kurz auf die Gründe eingehen und darauf, was er derzeit so treibt.

Basti: Die Entscheidung Stefan’s die Band zu verlassen, hatte rein private Gründe und demnach absolut nix mit musikalischen oder sonstigen bandinternen Fragen zu tun. Stefan tat diesen Schritt, um in Zukunft mehr Zeit für sein Privatleben zu haben. Er gehört nach wie vor zur Band, nur eben nicht als aktives Mitglied, sondern als Freund, Kumpel, Berater und Helfer in anderen Bandbelangen, praktisch als passives Mitglied. Diesen „passiven“ Status wird er auch weiterhin innehaben, d.h. da ändert sich nix dran, schließlich ist/war er Gründungsmitglied und von Anfang an dabei.

Oliver: Abgeschlossen wurde das Jahr 2002 für Euch mit dem Auftritt in Wacken und natürlich die Tour mit HYPOCRISY in Japan. Speziell Wacken war, laut Presseberichten, ein regelrechter Triumphzug für Euch. Deine Eindrücke?

Basti: Schon richtig, neben dem FFOM-Festival und dem Dortmunder Westfalenfestival im Herbst 2002 waren der Wacken-Gig sowie die Japan-Tour absolute Highlights des letzten Jahres.
In Wacken hat irgendwie alles gepasst: Sound, Fans, Feeling der Band auf der Bühne, spielerische Leistung der Songs, gesamte Atmosphäre etc. Die Fans sind richtig durchgedreht, da ging mächtig was ab vor der Bühne. Das war irgendwie einer dieser Gigs, die sich eine Bands immer wünscht, die man aber leider nicht immer so spielt bzw. erlebt.
Die Japan-Tour mit HYPOCRISY war nicht minder geil für uns! Da Japan absolutes FLESHCRAWL-Neuland darstellte, waren wir natürlich äußerst gespannt was uns dort erwartet. Im Endeffekt waren wir höchst positiv überrascht und auch begeistert, sowohl über die dortigen Fans und die Shows als auch über die Behandlung bzw. Gastfreundschaft der Japaner an sich. Absolut cool! Der Trip war für jeden ein echtes Erlebnis – hoffentlich haben wir die Chance nach der nächsten Scheibe eine weitere Nipponreise anzutreten.

Oliver: Auf welchen Festivals, Touren und Shows werdet Ihr dieses Jahr zu sehen sein oder konzentriert Ihr Euch hauptsächlich auf die neue Scheibe?

Basti: Richtige Touren werden wir dieses Jahr gar keine spielen. Die neue Platte hat absolute Priorität. Es stehen lediglich ein paar Einzelshows auf dem Programm, allerdings auch nicht so viel. Richtig livehaftig präsent wird man uns erst wieder 2004 mit einer neuen Scheibe im Gepäck erleben.

Oliver: O.k., dann lass uns doch noch etwas über „Soulskinner“ und das (hoffentlich bald) kommende neue Album sprechen.
Resümierend, wie sind denn die Reaktionen auf „Soulskinner“ ausgefallen?

Basti: Durch die Bank geil. Für „Soulskinner“ fuhren wir wirklich die besten Reviews, Kritiken und Meinungen überhaupt ein, d.h. kein anderes FLESHCRAWL-Album zuvor ist so gut angekommen bzw. aufgenommen worden. Außerdem waren wir in der glücklichen Position mit dem Support-Slot für die letzte BOLT THROWER-Europatour zur richtigen Zeit am richtigen Fleck zu sein. Genau das hat die Scheibe gebraucht um vernünftig promoted zu werden.

Oliver: Hättest Du im Nachhinein noch etwas an „Soulskinner“ geändert?

Basti: Man hätte hier und da sicher noch was besser machen können, auch in spielerischer Hinsicht. Aber das stellt man eigentlich immer fest, wenn man ein bisschen Abstand nach dem Ende der Aufnahmen hat, insofern: wir hätten nix geändert!

Oliver: Wenn Du „Soulskinner“ einem bestimmten Film bzw. Filmgenre als Soundtrack zuordnen müsstet, wohin würdet Ihr das Album stecken?

Basti: Irgendwo in die düstere Ecke - Horror oder Psychozeugs. Der „Soulskinner“ ist nicht „heimatfilmtauglich“...

Oliver: Wie lief eigentlich „Soulskinner“ von den Verkaufszahlen her gesehen?

Basti: Kann ich Dir momentan nicht sagen. Ich hab die aktuellen Zahlen nicht parat.

Oliver: Die Scheibe hat ja inzwischen bekanntlich auch schon ein paar Tage auf dem Buckel und mit Sicherheit arbeitet Ihr derzeit an neuem Material. Richtig? Erzähl doch mal, was erwartet den Fan?

Basti: Absolut richtig. Wir sind gerade schwer dabei das Material für die neue Platte auf die Beine zu stellen. Da wir es uns in songschreiberischer Hinsicht alles andere als leicht machen und auch nicht die schnellsten Writer sind, dauert so ein Prozess bei uns auch länger als bei vielen anderen Bands, aber gut und tödlich Ding will halt auch Weile haben...
Momentan ist der Stand, dass diverse Songs fertig sind, Lyrics fehlen aber noch. Ein paar Songs wollen auch erst noch geschrieben werden. Was wir momentan noch nicht haben ist ein Albumtitel. Die Songtitel entstehen in Kürze, wenn ich die ersten Texte schreibe. Sobald wir einen Albumtitel haben, werden wir uns auch Gedanken über das Artwork der Platte machen, unser Grafiker braucht schließlich auch ein Ziel und seine Zeit. Das Cover soll ja schließlich wieder was fürs Auge werden.
Auch mit dem nächsten Album gibt es bei uns richtungsmäßig wieder „old school Death Metal in good-old-swedish vein“, da ändert sich nix - kein Stilbruch, Experimente oder sonstige Dummheiten. Manche Leute warten und fragen sich ja auch immer, wann denn Mal von uns die Originalität im Death Metal neu erfunden wird. Da gibt es allerdings nur eine Antwort: nie! Alles also wie gehabt.

Oliver: Für wann sind Studio und Release geplant und wo gedenkt Ihr aufzunehmen? Wieder in einem anderen Studio oder welcher Aufnahmetempel wurde dieses Mal auserkoren?

Basti: Die Aufnahmen werden im November 2003 stattfinden und zwar dort, wo wir auch „Soulskinner“ haben entstehen lassen, also im Studio Underground in Vasteras, Schweden. Dort haben wir uns echt wohlgefühlt und die Produktion war auch hitmäßig. Es gibt demnach keinen Grund den Aufnahmetempel zu ändern. Der Release ist für Anfang 2004 geplant, wann genau, weiß ich noch nicht.

Oliver: Wo wir schon beim Thema „Studios“ sind. Etliche Bands nehmen heutzutage im eigenen Studio auf. Dies scheint ein Trend zu sein, den ich in letzter Zeit häufiger beobachte. Was glaubst Du, ist durch die heutige moderne Technik, die es vielen Bands erlaubt im eigenen Proberaum zu recorden und dies mit sehr guten Ergebnissen, das Zeitalter der großen Studios und Studioproduktionen besiegelt? Habt Ihr Ambitionen in Richtung eigenes Studio?

Basti: Stimmt schon, die Technik ist immer moderner, kleiner und auch billiger geworden, deshalb geht das ja überhaupt mit den ganzen bandeigenen Studios.
Bei uns ist diesbezüglich aber nix im Gange, wir haben einerseits gar keinen Platz, wo wir so was einrichten könnten, denn keiner von uns nennt ein Haus sein Eigen(tum). Andererseits haben wir auch nicht so viel Kohle beisammen – es will auch keiner sein Privatgeld da reinstecken -, dass wir den ganzen Kram kaufen könnten. Nein, bei uns ist diesbezüglich nichts geplant, wir fahren auch lieber nach Schweden und lassen da professionelle Studioleute ran, dann können wir auch sicher sein, dass von technischer Seite das Optimum rausgeholt wurde.

Oliver: Kommt eine neue Scheibe einer Band auf den Markt, wird diese von der Presse in den meisten Fällen mit dem/den Vorgänger(n) verglichen. Ist das in eurem Falle o.k. für Dich oder ist es Dir lieber, wenn jede Eurer Scheiben als eigenständiges, einzelnes Produkt angesehen wird?

Basti: Nein, der Vergleich mit deinem eigenem Vorprodukt ist doch ganz legitim. Schließlich sollen die Reviews den Fans/Leuten ja einen Eindruck und auch einen Vergleichsansatz geben, was sie bei einer Folgeplatte erwartet. Ich denke, wenn man mit einer neuen Scheibe im Vergleich zum Vorgänger noch was draufsetzen kann, braucht man den Vergleich nicht zu fürchten bzw. zu scheuen.
Bei Bands, die Konzeptalben veröffentlichen und ihren musikalischen Horizont stark streuen, ist es vielleicht besser, jede Scheibe getrennt zu bewerten, einfach weil man die einzelnen Dinger vom Ansatz her schon gar nicht vergleichen kann. Aber in unserem Falle, da wir ja unserem Stil treu bleiben, ist der Vorgängervergleich schon o.k. und auch eine gute Qualitätssicherung für die Fans.

Oliver: Wie viele Prozent der Fragen, die Ihr von der Presse gestellt bekommt, haltet Ihr persönlich für Schrott?

Basti: Ich denke so 10 – 20 %. Vielleicht liegt das aber auch nur daran, dass man gewisse Fragen nach dem fünfzigsten Interview nicht mehr hören kann. Trotzdem ist uns jedes einzelne Interview wichtig. Von daher gibt es keine Schrottfragen. Über so etwas muss man drüberstehen und die Sachen professionell und sachlich beantworten. People wanna be informed…

Oliver: O.k., bevor ich Gefahr laufe ebenfalls Schrott zu verzapfen (vielleicht ist dies in dem Interview ja schon passiert!?), machen wir hier Schicht im Schacht. Danke für die Antworten. Du hast das letzte Wort ... come on!

Basti: Danke für’s Interview. „Cheerz“ und „Baifdr marsch“!

Redakteur:
Oliver Kast

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