FLOWER KINGS, THE: Interview mit Roine Stolt

05.11.2007 | 23:04

Die aktuelle CD "The Sum Of No Evil" der schwedischen Progger FLOWER KINGS ist zwar schon seit über einem Monat draußen, aber für ein gutes Gespräch ist es nie zu spät. Der oberste Blumenkönig Roine Stolt beantwortete mir ein paar Fragen und gab einige interessante Einblicke in die Band, wie sie sich 2007 darstellt.


Stefan Kayser:
Euer neues Album heißt "The Sum Of No Evil". Was ist deiner Meinung nach "Die Summe keines Übels"?

Roine Stolt:
Na, das sind die FLOWER KINGS! Nein im Ernst, die Summe keines Übels sind Güte, Liebe und Verständnis, Mitgefühl und Freundschaft.

Stefan Kayser:
Das Cover der Scheibe ziert ein fliegender Kleinbus, der an den legendären VW "Bully" erinnert, über indischen Monumenten wie dem Tadsch Mahal. Die Hippie-Assoziationen sind nicht zu übersehen. Ist dieses Covermotiv ein Tribut an die Zeit der späten Sechziger oder eine ironische Antwort darauf, dass ihr schon seit längerem ohnehin als Hippie-Prog-Band bezeichnet werdet?

Roine Stolt:
Es war einfach ein ziemlich cooles Bild, das der Cover-Artist Ed Unitsky mir vorlegte. Ich mochte an dem Bild, wie der Fisch mit dem VW Bus verschmilzt, und ich mochte die Farben. Aber: Ja, es ist ein wenig hippie-mäßig.
Und wir sind keine Hippieband, wir sind normale Typen, rauchen kein Gras und nehmen auch sonst keine Drogen, aber wir mögen die "Love & Peace"-Bewegung und die Ideen der späten Sechziger und eine Menge dessen, was Leute wie John Lennon verkündeten. Wir sind irgendwie Alternative gegenüber all dem schwarzen und destruktiven Müll.

Stefan Kayser:
Auch musikalisch ist ein gewisser Hippie- und Westcoast-Einfluss nicht zu leugnen. Wie siehst du das?

Roine Stolt:
Ich bin mir sicher, dass es hier psychedelische Effekte und Echos auf die Musik der späten Sechziger gibt, weil ich mir das anhörte, als ich aufwuchs. Aber wir nehmen auch so viele andere Dinge wahr, wir haben auch Einflüsse vom Metal und sogar von Ungewöhnlichem wie Burt Bacharach, PINK FLOYD, GENESIS, FRANK ZAPPA, Debussy, Strawinski, Walter (Wendy) Carlos... Wir lieben gute Melodien, soft oder hart.

Stefan Kayser:
Die Dramaturgie von "The Sum Of No Evil" unterscheidet sich mit einer kleineren Anzahl meist sehr langer Stücke von euren letzten Studioalben, auf denen zwei oder drei "Long Tracks" viele kurze Stücke umgaben. War dieser neue Aufbau beabsichtigt?

Roine Stolt:
Nein, hat sich einfach so ergeben. Wir griffen uns einfach die besten Stücke raus, und das waren dieses Mal die längeren Tracks. Aber wir wollten ein reines Progressive- und Symphonic-Rock-Album machen, wir wollten das Publikum für das, was die FLOWER KINGS vor zehn Jahren waren, zurückholen, nämlich eher klassischen Prog Rock.
Ich glaube auch, dass diese Stücke sich gut in unser Liveset einlassen werden, es passt schlicht großartig zur Band. Vielmehr weiß ich, dass es funktionieren wird, wir haben drei Tage mit dem neuen Live-Drummer Pat Mastelotto von KING CRIMSON für die Tour geprobt. Und es klingt fantastisch, und ich bin sicher, dass die Stücke während der Tour noch wachsen werden. Wir sind eine Prog-Sympho-Band, nicht mehr, nicht weniger, und unser Ziel ist es, die besten zu sein, die da draußen live spielen.

Stefan Kayser:
Auf der CD ist ein Instrumentalstück namens 'Flight 999 Brimstone Air'. Ist die Zahl 999 im Titel ein Widerspruch zur im Rock und Metal allgegenwärtigen 666, der 'Number Of The Beast'?

Roine Stolt:
Ja, eigentlich machen wir uns immer gerne lustig darüber, wie ernst einige Metalbands ihre "Mission" nehmen, aber irgendwie war es auch einfach ein cooler Titel. Er setzt bei den Leuten die Phantasie frei über Terroristen und diese Selbstmordwahnsinnigen. Es ist unser SPINAL TAP-Moment.

Stefan Kayser:
Was ist dein Favorit auf "The Sum Of No Evil"?

Roine Stolt:
Im Moment habe ich da wirklich keinen Favoriten, aber 'Love Is The Only Answer' ist ein großartiges Stück, ebenso das Ende von 'Life In Motion', richtig kraftvoller Stoff, erhebende Musik.

Stefan Kayser:
Werdet ihr das neue Material live präsentieren?

Roine Stolt:
Ja, wir werden das gesamte Album live spielen. Obendrauf gibt es eine weitere Stunde mit älterem Material. Im deutschsprachigen Raum werden wir am 14.11.2007 im Zentrum Altenberg in Oberhausen, am 16.11. im RindProg in Rüsselsheim, am 17.11. im Movie in Bielefeld und am 23.11. im Z7 in Pratteln in der Schweiz spielen.

Stefan Kayser:
Die FLOWER KINGS machen nun schon seit zwölf Jahren Platten. Was sind für dich rückblickend eure drei besten oder wichtigsten Alben bisher?

Roine Stolt:
Meiner Meinung nach sind das "Stardust We Are", "Unfold The Future" und "The Sum Of No Evil".

Stefan Kayser:
Damit seid ihr ebenso wie DREAM THEATER, VANDEN PLAS, THRESHOLD oder andere Protagonisten des Progressive-Rock-Revivals der 90er seit über einem Jahrzehnt aktiv. Was siehst du an neuen interessanten Tendenzen oder Bands?

Roine Stolt:
Sicher gibt es jede Menge Prog-Metal-Bands, viel Riffen und Schnellspielen, auch ein wenig Käsemetal. Wirklich nichts Besonderes, ich würde mich über Bands mit stärkeren Melodien, reiferen Kompositionen und originelleren Sounds freuen, vielleicht auch vertrackteren Texten. Mir kommen einige Bands fast so vor, als ob sie dazu gedrängt würden, sich eine "Prog-Metal-Formel" anzueignen. Ich verliere allmählich das Interesse daran und wende mich eher ELVIS COSTELLO oder JONI MITCHELL zu.

Stefan Kayser:
Als großer Fan von Livealben interessieren mich auch die Favoriten anderer. Was sind deine Lieblings-Livealben?

Roine Stolt:
Ich mag JONI MITCHELLs "Shadows & Light", GENESIS' "Live" von 1972, "The Great Deceiver" von KING CRIMSON, eine 4-CD-Box mit 70er Material, "8:30" von WEATHER REPORT und DEEP PURPLEs "Made In Japan".

Stefan Kayser:
Ich habe gelesen, dass du sehr fasziniert warst, als du das erste Mal 'Shine On You Crazy Diamond' von PINK FLOYD hörtest. Welche Musik war noch wichtig für euch?

Roine Stolt:
LED ZEPPELIN und QUEEN für Hasse Fröberg, KISS und JACE PASTORIUS für Jonas, die BEATLES und DEEP PURPLE für Tomas, THE DOORS und GENTLE GIANT für Hasse Bruniusson sowie JIMI HENDRIX und PROCOL HARUM für mich.

Stefan Kayser:
Danke für das Interview und weiterhin viel Erfolg.

Roine Stolt:
Danke.

Redakteur:
Stefan Kayser

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