GOAT OF MENDES: Interview mit Surtur

09.03.2005 | 17:36

Die Pagan-Mettler GOAT OF MENDES haben jüngst ihr Album "A Book Of Shadows" auf die Hörerschaft losgelassen und feiern zudem ihr zehnjähriges Bestehen. Grund genug, der deutschen Band, die bei ihren Fans in aller Welt Kultstatus genießt, in Form von Sänger Surtur ein wenig auf den Zahn zu fühlen...


Stephan:
GOAT OF MENDES gibt es nun schon eine ganze Dekade lang. Wenn du auf die letzten zehn Jahre zurückblickst, bist du zufrieden mit dem bisher Erreichten?

Surtur:
Nun ja, Wacken dürfen wir immer noch nicht headlinen und auf dem Bandkonto sieht's immer noch recht mager aus - nach diesen kommerziellen Gesichtspunkten zu urteilen, haben wir in den vergangenen Jahren natürlich nichts auf die Kette gekriegt, hehe... Allerdings war dies auch niemals unser vorrangiges Ziel, sonst würden wir auch völlig andere, kommerziellere Musik spielen. Was wir aber definitiv geschafft haben, ist uns einen Kultstatus innerhalb der Szene zu erspielen, der sich immerhin auch weit über die Grenzen Deutschlands hinaus erstreckt. Da wir GOM als Hobby betreiben und die Musik spielen, die wir uns auch privat anhören (würden), ist es natürlich geil, wenn Leute aus aller Herren Länder uns schreiben, dass es ihnen genauso geht und unsere Musik und/oder unser Textkonzept ihnen persönlich viel bedeutet. Wenn derartige Resonanzen von Musikerkollegen kommen, die wesentlich erfolgreicher und bekannter sind als wir, macht das besonders viel Spaß. Also kann ich deine Frage im Großen und Ganzen schon bejahen...

Stephan:
Wie würdest du eure Musik selbst in drei Sätzen beschreiben?

Surtur:
Ehrlicher, eigenständiger und vielleicht etwas kauziger Metal, bei dem die textliche Aussage noch eine Rolle spielt. Wer sich eine Mischung aus Thrash, Black, Death und NWBOHM mit Folkeinflüssen vorstellen kann, die sich eher abseits der gängigen Pfade bewegt und/oder wer sich mit einem paganistischen Konzept jenseits von Edda und Humppa anfreunden kann, der sollte uns vielleicht mal anchecken.
Okay, waren jetzt nur zwei Sätze...

Stephan:
Gibt es bei sechs Leuten nicht ab und an mal Meinungsverschiedenheiten bezüglich der musikalischen Ausrichtung der Band und wie werden diese gelöst?

Surtur:
Bislang gab es diese Meinungsverschiedenheiten definitiv so gut wie nicht, so unglaublich es klingen mag. Wir haben mehr oder weniger alle den gleichen Musikgeschmack, so dass es hier kaum Reibungspotenzial gibt. Generell schaffen Marco und Larz das musikalische Grundgerüst auf den Gitarren, das dann von Ralle am Schlagzeug untermauert wird. Ich lasse dann den fertigen Song auf mich wirken und schreibe auf Grund der Atmosphäre, die er auf mich überträgt, die Texte und Gesangsarrangements. Eventuelle Dispute werden sofort angesprochen und demokratisch gelöst. Dass wir uns musikalisch fast blind verstehen, ist vielleicht auch ein Grund, warum wir es bereits zehn Jahre miteinander ausgehalten haben.

Stephan:
Wenn du GOAT OF MENDES vor eurer Pause und die Band zum heutigen Zeitpunkt vergleichst, was ist für dich der bedeutendste Unterschied? Wie kam es überhaupt zu dieser mehrjährigen Pause?

Surtur:
Ich denke, dass wir erst in der Zeit nach "To Walk Upon The Wiccan Way" wirklich als Band zusammengewachsen sind und unsere endgültige musikalische Marschrichtung definieren konnten. Während das Debüt eher ein recht blackmetallisches Soloprojekt Marcos war, krankte "To Walk..." trotz erster musikalischer Anklänge an heutige GOM an mangelnder Spielerfahrung in neuer Besetzung. Außerdem waren das Budget und die Aufnahmebedingungen für beide Alben mehr als dürftig. Als dann ernsthafte Schwierigkeiten mit unserer damaligen Plattenfirma auftraten, lösten wir den Vertrag, um auf eigene Faust weiterzumachen. Bis wir die Kohle für die Produktion von "Thricefold" zusammenhatten und diverse ernsthafte Line-Up-Probleme lösen konnten, gingen leider vier Jahre ins Land. Wir konnten aber nach dieser Pause in absoluter Eigenregie ein verdammt professionelles Album veröffentlichen, das fast überall gute Kritiken bekam und hinter dem wir nach wie vor hundertprozentig stehen können.. "Thricefold" und "A Book Of Shadows" sind zusammengefasst das, was wir 1997 mit "To Walk Upon The Wiccan Way" musikalisch angestrebt hatten, aber aus genannten Gründen nur teilweise umsetzen konnten.

Stephan:
Ihr kombiniert verschiedene Stile miteinander und scheint euch nicht zu limitieren. Würdet ihr die Band auflösen, wenn sich irgendwann Stagnation einschleichen würde? Hältst du es für möglich, dass ihr irgendwann mal einen komplett anderen Stil spielt?

Surtur:
Das halte ich doch für eher unwahrscheinlich, obwohl wir uns schon während des Songwriting-Prozesses keine strikten Vorgaben bezüglich eines bestimmten Stils setzen. Wir haben allerdings inzwischen eine ureigene Art, Stücke zu komponieren, die letztendlich automatisch dazu führt, dass wir immer nach GOM klingen werden. Unsere Maxime lautet, dass wir für alle Stile im ECHTEN Heavy Metal offen sind und sie gemäß der im Song angestrebten Atmosphäre in unsere Stücke einbauen. Irgendwelcher Nu Metal, NeoThrash oder Metalcore-Quatsch hat also keine Chance, aber sowohl Death, Black, Thrash, Doom oder traditioneller HM sind durchaus Teil des GOM-Sounds. Abwechslung und Potenzial für neue Ideen ist also im Überfluß vorhanden, so dass eine Auflösung auf Grund von musikalischer Stagnation wohl nie im Raume stehen wird. Gleichzeitig wird aber durch unsere ureigene Art der Melodieführung immer ein neuer GOM-Titel als solcher zu erkennen sein.

Stephan:
Wie denkst du über Bands, die ihrer Musik einen sehr engen Rahmen gesteckt haben und sich mit jedem Album selbst kopieren?

Surtur:
Das ist deren eigene Sache und solange sie damit glücklich und erfolgreich sind, sollen sie das doch ruhig tun. Manchen Bands würden die Fans eine Stiländerung sogar übelnehmen, oder kannst du dir beispielsweise eine experimentelle AC/DC-Scheibe vorstellen? Andere Bands wie SLAYER, KREATOR oder auch JUDAS PRIEST haben Experimente versucht und sind dafür von ihren Fans abgewatscht worden. Ich glaube, dass diese Limitierung mit steigender Popularität automatisch eintritt, wenn man als Band auch weiter oben mitspielen will. Mir wäre das selbst allerdings zu langweilig, allein schon auf Grund der Tatsache, dass ich dann auch textlich immer wieder denselben Kram verfassen müsste. Glücklicherweise können wir uns Experimente ja nun auch erlauben, da es ja außer uns selbst und einer Handvoll Leute eh kaum einen interessiert, hehe...

Stephan:
Ihr habt Fans selbst in entfernten Teilen der Welt, so z.B. in Irland, Malaysia und Peru. Wie siehst du im Vergleich dazu eure Fan-Situation in Deutschland? Hast du das Gefühl, dass der Prophet im eigenen Lande nicht so viel zählt, oder bist du zufrieden mit eurem Bekanntheitsgrad?

Surtur:
Stimmt schon, in Deutschland konnten wir noch nie einen Blumentopf gewinnen. Das Sprichwort mit dem Propheten gilt für Deutschland im besonderen Maße, denke ich zumindest. Ich ertappe mich ja selbst dabei, dass ich deutsche Bands meist kritischer beäuge, als ausländische Kollegen gleicher Stilrichtung. Wahrscheinlich deshalb, weil die Bands hierzulande auch immer mehr danach trachten, beispielsweise skandinavische Bands bis aufs letzte nachzuahmen, anstatt aus dem Bauch heraus zu komponieren. Früher gab es eine typisch deutsche Spielart für klassischen HM (z.B. ACCEPT oder RUNNING WILD) oder auch für Thrash (KREATOR, DESTRUCTION), die auch im Ausland als eigenständig erkannt wurde. Heute kann man das kaum noch differenzieren. Die alten Dinos existieren zwar noch, aber neue innovative Bands gibt's einfach fast nicht mehr. Ich denke, dass dies an der zunehmenden Kommerzialisierung der Szene liegen könnte, in der die großen Labels und Magazine immer mehr Einfluss gewinnen und als Meinungsmacher fungieren. Es ist für neue Bands wesentlich einfacher, mit dem "vordiktierten" Massengeschmack zu schwimmen, als wirklich zu experimentieren und die allgemeinen Hörgewohnheiten durcheinanderzubringen und damit negative Reaktionen zu riskieren.
In Ländern wie eben Südamerika oder Irland hingegen ist die Metalszene noch klein und übersichtlich, aber dafür noch von den eigentlichen Fans anstelle von Medien/Labels diktiert und dementsprechend hungrig. Man kann es vielleicht mit der Szene hierzulande gegen Ende der Achtziger vergleichen. Es existiert noch ein reger Underground, mit Tapetrading und allem was dazugehört. Hier kommen wir als bodenständige, ehrliche und eigenständige Band, die selbst stark in der Szene verwurzelt ist, noch sehr gut an

Stephan:
Kommerzieller Erfolg ist mit eurem Stil sicherlich nur bedingt möglich. Glaubst du, dass ihr in den nächsten Jahren trotzdem noch erfolgreicher und populärer werden könnt?

Surtur:
Nein, das glaube ich ehrlich gesagt nicht. Es wäre schön, wenn wir auf irgendeine Art und Weise einen kleinen Kultstatus halten könnten und nach wie vor positive Resonanzen von Die-Hard-Fans bekommen würden. Wir machen wie bereits erwähnt die Musik, die wir uns auch privat anhören würden und freuen uns über jeden einzelnen Fan, der unseren Geschmack teilt. Kommerzieller Erfolg in großem Maßstab hat schon immer eine eher untergeordnete Rolle gespielt, dafür hätten wir schon vor zehn Jahren andere Musik spielen müssen. Vielleicht schlägt unsere eigentliche Erfolgsstunde wie so oft im Metal ja auch erst nach unserer Auflösung, wenn irgendein "wichtiger" Mensch es plötzlich zum Kult erklärt, GOM gut zu finden. Genau wie bei anderen kauzigen Bands, wie CIRITH UNGOL, SABBAT oder MANILLA ROAD, brüsten sich dann genau die Typen, die uns jetzt verreißen, als selbsternannte Szenepäpste damit, dass sie uns "ja schon ewig kennen und immer schon geil fanden", har har!

Stephan:
Wie muss ich mir eine GOAT OF MENDES-Liveshow vorstellen?

Surtur:
Einfach wie eine ehrliche "Metal-Show with balls", also keine albernen Kostüme, Schwerter, Feuerspucken und ähnlicher Firlefanz, aber dafür jede Menge Action auf der Bühne, Energie, Spielfreude, Fannähe und durchaus auch etwas Humor!

Stephan:
Was bedeutet dir persönlich Paganismus?

Surtur:
Ich bin von meines Vaters Seite schon früh in meiner Kindheit mit den Inhalten einer paganistischen Lebenseinstellung konfrontiert worden. Grob umrissen ging es immer um Respekt gegenüber den Kräften der Natur, anstelle der Verehrung eines einzigen Schöpfergottes und unserer Rolle als gleichberechtigter (und nicht übergeordneter) Teil des großen Ganzen. Gleichzeitig wurde mir verdeutlicht, dass es keine strikte Trennung zwischen positiven und negativen Energien geben kann. Da meine Mutter zum damaligen Zeitpunkt noch katholische Christin war, war es mir möglich, beide Philosophien gegeneinander abzuwägen und mir das für mich zutreffendere Konzept anzueignen.
Heute bezeichne ich mich im Allgemeinen als Wicca, da diese Philosophie der meinen noch am ehesten entspricht und ich so recht einfach meine Lebenseinstellung gegenüber Dritten verdeutlichen kann. Im Grunde handelt es sich aber um eine sehr persönliche und individuelle Form von paganer Weltanschauung, die zu erklären es eines größeren Rahmens bedürfte. Selbiges gilt für unsere Sängerin und meine Frau Maia - ihre Weltanschauung deckt sich in großen Teilen mit der meinen, aber in einigen Punkten hat sie ihre ureigene Philosophie. Diese individuelle Freiheit des Glaubens ist das, was ich an wahrem Paganismus schätze.

Stephan:
Bist du auf diesem Gebiet belesen und hast du vielleicht den einen oder anderen Buchtipp?

Surtur:
Paganismus kann man nicht religionswissenschaftlich studieren, da er eine vollkommen freie und individuelle Form der Lebensführung darstellt. Im Gegensatz zu den großen Weltreligionen gibt es KEINE Dogmen und auch keine "Referenzwerke" wie die Bibel oder den Koran (Nein, auch wer die Edda auswendig kennt, ist noch lange nicht "True Pagan" oder sowas!). Ursprünglich wurden die Philosophien der sogenannten "alten Religionen" in der Landbevölkerung mündlich übermittelt und nur selten in Schrift umgesetzt, und auf diesen alten Überlieferungen bauen heutige Philosophien wie Wicca oder Asatru zum großen Teil immer noch auf. Grundsätzliche Informationen über Paganismus wie z.B. Wicca gibt es aber in Hülle und Fülle im Internet und zum Teil auch schon kostengünstig auf Grabbeltischen und in Antiquariaten zu finden. Mehr braucht man eigentlich nicht, um eine Basis zu haben, sich seine individuelle Lebensphilosophie zu schaffen. Wer eine striktere Bindung an Organisationen und Gruppierungen bevorzugt (im Gegensatz zu mir) und/oder es gerne etwas magischer/esoterischer/ritualistischer hat, kann auch in diesem Fall über das Internet haufenweise Kontakte zu Gleichgesinnten knüpfen.
Wenn ich aber schon eine literarische Empfehlung aussprechen soll, dann würde ich zur allgemeinen philosophisch-geschichtlichen Information die Werke von Sergius Golowin empfehlen. Als gute Anfangsreferenz bzgl. Wicca sind die Bücher der amerikanischen Hexe Starhawk (z.B. "Der Hexenkult" oder "Wilde Kräfte") recht gut geeignet, wenn auch der teilweise recht feministische Unterton hier nicht unbedingt jedermanns Sache sein dürfte. Weiterhin empfehlenswert ist die Lektüre von Werken über alte Mythen und Religionen im Allgemeinen. Hierzu zählt unbedingt auch die Bibel (denn man sollte wissen, was man aus welchem Grund ablehnt!). Generell gilt: Lest viel und seid dabei flexibel! Man findet überall Interessantes und Wissenswertes, doch eine Meinung muss man sich selbst bilden!

Stephan:
Was ist dein größter Wunsch für die nächsten zehn Jahre von GOAT OF MENDES?

Surtur:
Dass wir immer eine kleine Geldquelle haben, um die Szene weiterhin mit neuen GOM-Releases belästigen zu können und dass wir noch lange von Zahn- und Haarausfall weitestgehend verschont bleiben.

Stephan:
Vielen Dank für das Interview, die letzten Worte gehören dir...

Surtur:
Hat Spaß gemacht, vielen Dank an dich und viele Grüße an alle Fans und die, die es noch werden wollen! Schaut mal auf unserer Homepage vorbei!

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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