Gruppenthearpie: CANDLEMASS - Death Magic Doom

25.03.2009 | 15:24

Mit reichlich Spannung wird das neue Album der Schweden-Metaller erwartet, nicht nur in der Fangemeinde, sondern auch in unserer Redaktion. Da wir alle nicht bis zum 4. April warten konnten, haben wir uns im Rudel auf die Scheibe gestürzt und einer eingehenden Prüfung unterzogen. Da die Erwartungshaltung durchaus sehr hoch war, mussten Leif Edling und seine Mannen Einiges leisten, um die Anhänger des Doom Metal in der Redaktion zu überzeugen. Ob sie das geschafft haben?



Schwedens Doom-Regiment Nummer 1 war für mich nie eine Band, die ich groß analysieren musste, oder bei deren Alben ich das Bedürfnis gehabt hätte, in epischer Breite Vergleiche zu den Vorgängern und zum Frühwerk zu ziehen. Bis jetzt ging jedes neue Scheibchen Leif Edlings und seiner Mannen direkt durch die Lauscher - und ohne Umweg übers Hirn - mitten ins Herz und in die Seele, und genau das ist auch bei "Death Magic Doom" der Fall. Völlig egal, ob Messiah besser Vibrato singt oder ob Rob Lowe mehr Würde ausstrahlt. Ebenso egal, ob die Neue doomiger ist als der Vorgänger und weniger doomig als das Debüt. Die Meister sind am Werk, und sie werkeln nicht nur tüchtig sondern wie gewohnt überirdisch gut.
Mit traumwandlerischen Sicherheit eines tonnenschweren Mammuts nagelt das Quintett nicht wie einst die Römer die Vernunft, sondern den Doom ins Volk. Mögen die Kritiker einwenden, was sie wollen: CANDLEMASS ist auch im Jahre 2009 noch immer die Definition für epischen Doom Metal und zeigt, dass Doom eben nicht synonym zu langsam zu verwenden ist, sondern synonym zu schwer und anmutig. Diese Band zelebriert tonnenschwere Epik und Gänsehaut erregende Anmut mal flott und zielstrebig wie beim eröffnenden Brecher 'If I Ever Die' und mal über weite Strecken langsam und getragen wie bei 'Demon Of The Deep'. Oder mit eindrucksvollen Stimmungs- und Tempowechseln wie beim genialen 'Hammer Of Doom'. Oder gar schleichend und doch bissig und giftig wie eine Schlange bei 'The Bleeding Baroness'.
Stopp! Ich soll hier ja nur eine Kurzbesprechung abliefern. Sollt ihr haben: CANDLEMASS ist die Macht und "Death Magic Doom" fügt die drei unschuldigen Buchstaben q.e.d. hinter diese Aussage. Quod erat demonstrandum.
[Rüdiger Stehle]

"Death Magic Doom" - ein Titel ist Programm. CANDLEMASS zelebrieren auf ihrem nunmehr zehnten Studioalbum genau die Sorte Doom Metal, die man von ihnen gewohnt ist. Und das ist absolut gut so. Sei es der mitreißende, flotte, aber dennoch düstere Opener 'If I Ever Die', das tonnenschwere 'Hammer Of Doom' oder das anfangs etwas spröde wirkende, im Schlussakkord aber völlig geniale 'Demon Of The Deep'. Die Kompositionen des Leif Edling definieren traditionellen Doom Metal im allerbesten Sinne. Und über allem schwebt die Stimme von Rob Lowe, der mit seinen unglaublichen Melodylines jeder einzelnen Note ein Sahnehäubchen aufsetzt. Ganz großartig. Das alles hätte ich - mit anderen Songtiteln - auch über "King Of The Grey Islands" schreiben können, ohne dass meine Worte an Wahrheit eingebüßt hätten. Und doch gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen den beiden Alben. Ging mir der Vorgänger bereits beim ersten Durchlauf in Fleisch und Blut über, habe ich für "Death Magic Doom" ein paar Spins gebraucht, bis ich jede einzelne Nummer zu fassen bekam. Nur hat sie sich dann mit noch mehr Wucht in der Großhirnrinde entfaltet. Daher denke ich auch, dass "Death Magic Doom" eine noch bessere Halbwertzeit als der ohnehin starke Vorgänger haben wird. Ob es das Album wirklich mit den Sternstunden der Band aufnehmen kann, berichte euch dann beim Jubiläums-Re-Release in zehn Jahren
[Peter Kubaschk]



Ich muss ehrlich gestehen, dass ich erst durch das vorherige Album so richtig auf die Doom-Götter gestoßen bin. Aber lieber spät als nie. Ich glaube, dass wenn es ein Album für den Sommer 2007 für mich gab, dann war es "King Of The Grey Islands". Eine glühend heiße Sonne, malerische Strände und dieses Meisterwerk – ich lag an Ibizas Stränden und gab mich der Doom-Walze hemmungslos hin. Ich fühlte mich nicht nur wie, nein, ich war der King der bunten Insel! Nun sind zwei Jahre vergangen und meine Vorfreude auf "Death Magic Doom" war grenzenlos. Und wie das nun mal bei riesigen Erwartungen so ist, sie werden einfach nicht erfüllt. Zwar wäre das neue Werk, bei vielen Doom-Bands das Highlight der Karriere, doch von CANDLEMASS hätte ich mehr erwartet. Schwer, giftig und tödlich wird zwar alles plattgewalzt, doch die wunderschönen melodiösen Momente (die es beim Vorgänger noch zu Hauf gab) fehlen fast gänzlich. Daher geht mir ein wenig die Abwechslung ab. Dennoch tummeln sich großartige Nummer auf der Scheibe. Bereits der wilde Opener 'If I Ever Die' lässt die Nacken kreisen, während 'The Bleeding Baroness' einfach nur einen platten und staunenden Metaller zurücklässt. Etwas melodiöser wird es eigentlich nur beim ultraeingängigen 'Dead Angel' – schade. So plätschert der Rest in einer dicken, schwarzen Suppe umher – fett produziert, aber wenig eingängig. So kann ich CANDLEMASS ein starkes Album attestieren, das jedoch nur in wenigen Momenten an den genialen Vorgänger heranreicht.
[Enrico Ahlig]

Seit nunmehr 25 Jahren gibt es CANDLEMASS schon, und aus der Metal-Szene im Allgemeinen und aus der Doom-Metal-Szene im Besonderen ist diese Band nicht mehr wegzudenken. Mit "Death Magic Doom" legen Leif Edlling & Co. ihr insgesamt zehntes Studioalbum vor, und es ist gleichzeitig das zweite mit Robert Lowe. Dass CANDLEMASS mit ihm den bestmöglichen Sänger verpflichtet haben, kann man auch dieses Mal bei sämtlichen acht Songs nachhören - der recht flotte, schwer rockende Opener 'If I Ever Die' sei nur als Beispiel genannt. Überhaupt unterstreichen CANDLEMASS mit diesem Album, dass ihr Verständnis von Doom Metal nicht gleichbedeutend mit Langsamkeit ist, sondern dass vielmehr die düsteren und epischen Elemente im Vordergrund stehen. Das äußerst abwechslungsreiche 'Hammer Of Doom' - wie sagt der Lateiner: 'nomen est omen' - ist hierfür der beste Beweis. Aber auch Nummern wie 'The Bleeding Baroness' oder 'House Of Thousand Voices' könnten alternativ als Belegexemplar herhalten. Über weite Strecken do(o)minieren auf "Death Magic Doom" natürlich die ebenso schweren wie druckvollen Riffs, aber es gibt auch ruhigere Momente, wie beispielsweise bei 'Demon Of The Deep'. Und an eingängigen Melodien fehlt es auch keineswegs - es dauert beispielsweise eine gefühlte Ewigkeit, bis man den 'Dead Angel'-Refrain wieder aus dem Ohr kriegt. Ein insgesamt also sehr gelungenes Album, das ich jedem CANDLEMASS-Sympathisanten wärmstens ans Herz legen kann - ganz egal, ob man nun die Frühwerke zu den Favoriten zählt, oder ob man eher die letzten Scheiben bevorzugt. So macht Epic Doom Metal einfach Spaß!
[Martin Schaich]



An CANDLEMASS, wie am Doom überhaupt, reizt mich vor allem die düstere, getragene, unerbittlich wie die Zeit mahlende Seite: Wiegen statt Bangen. Mit "Nightfall" schuf die Band eine ganz vortreffliche Synthese aus diesem Extrem und traditionellem, solistisch geprägtem Heavy Metal. Das selbstbetitelte weiße Album dagegen konnte mich nicht überzeugen: Es war mir zu schnell, zu sehr episch angehauchter 'gewöhnlicher' Metal; es gab darauf zu wenig dräuendes Bassrumoren, zu wenig aushallende und langnachwirkende, tonnenschwere Mühlsteinriffs; zuviel Gegniedel und heroischen Gesang, zuwenig zerquetschte Klöße im Hals. Gut, wer mürbe machende, tiefschwarze Mühsal und Pein sucht, ist bei CANDLEMASS wohl eh an der falschen Adresse. Aber vielleicht verbindet die Band ja doch noch einmal 'best of both worlds'? Schließlich ließ Leif Edling verlauten, "Death Magic Doom" sei CANDLEMASS' bestes Werk seit "Nightfall". Dann galoppiert Song #1, 'If I Ever Die', aus den Boxen. Schockschwerenot! Zweifellos ist das ein geiler Metal-Song, aber eben sinnbildlich die schwer gepanzerte Kavallerie, und ganz und gar keine Eminenz nächtlicher Erhabenheit. Sei's drum, "Death Magic Doom" ist auch so ein gutes Album geworden. Und tatsächlich hält der stumpfe Schweinsgalopp gar nicht lange an. Robert Lowe ist zwar leider kein Meistertremolist wie Messiah Marcolin; doch zum zugänglicheren, leichteingängigen Sound des Albums passt sein kraftvolles Organ. Die Songs können sich allesamt hören lassen. #2: Zähe Dampfwalze. #3: Schwofendes Groovemonster. #4: Wohltemperierter Schleicher (gemessen am Rest des Albums). #5: Schwer metallisches Doom-Epos. #6: Stürmisch wogender Schunkelmetal. #7: Oberamtliches Sägewerk. #8: Melancholisch gefühliges Drama.
Diagnose: Leicht ansteckender Anflug von Doom, besonders gefährdet sind Epic Metaller.
[Eike Schmitz]

Ist schon beängstigend, was CANDLEMASS seit ihrer Reunion für Fließbandhämmer produzieren. "Death Magic Doom" hat sicherlich ein paar Hänger (die schnellen 'If I Ever Die' und 'Dead Angel' mögen nicht richtig haften). Aber mit Meilensteinen der walzenden und alles zermalmenden Melancholie im Breitwandformat, wie dem anfangs unsagbar schweren, im Verlauf aber verflucht wandelbaren 'Hammer Of Doom' (oh Mann wie der Titel passt...), mit seinem großartigen Klampfensolo und den unbarmherzigen Glocken, die wie eine Verneigung an den namensgebenden BLACK-SABBATH-Song wie Keulenschläge auf die Knochen trümmern, haben die Schweden mal wieder alles richtig gemacht und zeigen der Konkurrenz gewaltig die Grenzen auf. "Death Magic Doom" orientiert sich an den Anfängen der Bandhistorie, rockt aber zu jeder Sekunde erhaben, mächtig, majestätisch. 'The Bleeding Baroness' ist ein Panzer in den Strophen, zerbrechlich und emotionsgeladen im Refrain...Klassikeralarm! Das nicht minder anbetungswürdige 'Demon Of The Deep' schwankt zwischen Theatralik und endlosen harten, präzisen Riffwalzen, die durch die Weltklasse-Vibes von Rob Lowe flankiert werden. Kurzum: Ich bin ziemlich begeistert, denn selbst die beiden Hänger haben ihre Qualitäten. Die anderen sechs Tracks sind ausnahmslos Meisterwerke des Doom. So schwer und gnadenlos heavy waren CANDLEMASS zudem selten zuvor und das soll bekanntlich was heißen. Alleine der Abschluss 'My Funeral Dreams' gießt in Sachen Allianz von Schwermut und Abrissbirne ganz eigene Formen. Ich sehe schon die Pits kollektiv ausflippen und die Rüben auf den Böden kleben. Ganz, ganz großes Kino.
[Alex Straka]



Ganz offensichtlich wollen es CANDLEMASS mit "Death Magic Doom" noch einmal wirklich wissen. Der Titel erinnert von der Bauweise her an das legendäre Debüt "Epicus Doomicus Metallicus", Leif Edling preist die Scheibe als die Beste seit "Nightfall" an und stilistisch geht es auch wieder klar zurück zu den Wurzeln des irgendwie immer zwischen bekifft und sakral hin und her schwankenden Genres. Für mich war der Vorgänger "King Of The Grey Islands", die erste Platte mit SOLITUDE AETURNUS-Sangesgott Rob Lowe am Mikro, ein echtes Meisterwerk, gerade weil die stilistische Bandbreite von feierlichem Power Metal über waschechten Doom bis hin zu dreckigem Rock'n'Roll so mutig, lebendig und kraftvoll ausgeschöpft wurde. Daher kann ich auch nicht anders als zumindest ein paar Tropfen Wasser in den Wein der Hardliner zu gießen, denn seine Basisnähe verleiht dem Album eine latente Gleichförmigkeit und Selbstverliebtheit. Doch das soll die einzige kritische Anmerkung bleiben, denn "Death Magic Doom" ist ohne Zweifel ein atemberaubendes, atmosphärisch sehr dichtes und mitreißendes Stück Musik geworden, dem in Liebhaber-Kreisen der Klassiker-Status fast sicher sein dürfte. Für mich steht das absolute Highlight, der 10-Punkte-Song der Scheibe, gleich am Anfang: 'If I Ever Die' ist eine anbetungswürdige, vor Energie fast zerplatzende Doom-Rock-Hymne vor dem Herrn. Was dann folgt, lässt sich einfach gesprochen in zwei Kategorien einteilen: jene Songs, die Doom-Lunatics und Kauz-Metal-Freaks wild masturbierend zusammen brechen lassen werden, so wie 'Hammer Of Doom', 'Demon Of The Deep' oder 'Clouds Of Dementia', und solche, die vor allem von fantastischen, epischen Melodien und Harmonien leben, wie 'The Bleeding Baroness' (Killer!), 'House Of A Thousand Voices' oder 'My Funeral Dreams'. Summa summarum kann man nur feststellen, dass CANLDEMASS ein authentisches, wahrhaft epochales Werk abgeliefert haben. Auch wenn ich mir weiterhin erlaube, "King Of The Grey Islands" etwas besser zu finden.
[Martin van der Laan]

Ein schönes Jubiläum: Das zehnte CANDLEMASS-Studioalbum, auf das ich mich als Fan der ersten Stunde sehr gefreut habe, und mittlerweile darf ich sagen: Mit Recht. Die Schweden um Bandkopf Leif Edling wissen einfach, wie man effektive Songs schreibt. Nach dem Ausstieg von Messiah Marcolin haben sie den meiner Ansicht nach besten Sänger des Genres verpflichtet, Messiah eingeschlossen, und Robert Lowe beweist seinen Status mal wieder eindrucksvoll. Er fügt sich noch besser in die Band ein als beim großartigen Vorgänger-Album. Ansonsten gibt es kaum Veränderungen im Sound, und das ist gut so. Aber "Death Magic Doom" ist deshalb noch besser als "King Of The Grey Islands", weil die neue Scheibe tatsächlich den Brückenschlag schafft und den Geist der Achziger in die Neuzeit transportiert. 'House Of A Thousand Voices’, 'Clouds Of Dementia’ – das ist tatsächlich "Nightfall”-würdiges Material! Und 'Hammer Of Doom’ hätte auf "Epicus Doomicus Metallicus" keine schlechte Figur gemacht, 'The Bleeding Baroness' ist ein "Ancient Dream". Auf der anderen Seite der flotte Opener und zwei außergewöhnliche Songs, das schnelle und mit einem gemeingefährlichen Chorus ausgestattete 'Dead Angel' und das ruhige 'Demon Of The Deep'. Die Melange aus Alt und Neu ist perfekt. Ohne sich simpel zu kopieren, haben CANDLEMASS ein Album geschaffen, das sich in die Reihe der Großtaten mindestens einreihen wird, vielleicht ragt es sogar mit den ersten beiden Alben ein wenig heraus, aber das kann nur die Zeit zeigen. Jedenfalls haben die Meister des Doom Metal anno 2009 allen gezeigt, wo die Apokalypse wirklich herkommt! Auf die nächsten 10.
[Frank Jaeger]

Wem das noch nicht reicht, der kann sich noch mehr Information in unserer Einzelrezi holen, in der Kollege Holger Andrae das Album im Detail bespricht.

Redakteur:
Frank Jaeger

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