Gruppentherapie MEGA COLOSSUS - "Hyperglaive"

06.01.2017 | 08:28

Aus COLOSSUS wird MEGA COLOSSUS und dann geht es mit dem ersten Album unter dem neuen Banner auch direkt rauf auf unseren Soundcheck-Thron im Dezember. Die Namensänderung auf Grund von Verwechslungsgefahr hat der musikalischen Qualität der Jungs aus North Carolina jedenfalls nicht geschadet und so veranlasst die Scheibe den Kollegen Päbst in seiner Rezension sogar zu wahren Begeisterungsstürmen. Das Echo in unserer Gruppentherapie fällt hingegen durchaus etwas gemischter aus, aber lest selbst.

Traditionalisten aufgemerkt! Hier kommt die Antwort auf die Frage: "Wann wird's mal endlich wieder heavy; so heavy, wie es früher einmal war?". Denn MEGA COLOSSUS liefert mit "Hyperglaive" ein klassisches, spritziges, dynamisches Heavy-Metal-Album, das sich gewaschen hat. Ei guud, abber wie klingd'es nu? Nun, es klingt nach SLOUGH FEG, bisweilen aber auch nach Gitarrenmelodiemeistern wie WISHBONE ASH oder frühe IRON MAIDEN; vor allem aber nach SLOUGH FEG. Und das ist gut so! Nun haben wir es hier jedoch nicht mit schlichten Kopisten zu tun. Hingegen fügt der MEGA COLOSSUS eine klassisch epische sowie auch eine eigene Komponente hinzu, die sich gleichermaßen auf drei Punkte stützt, nämlich auf traditionellen (Hard-)Rock, auf frühen Heavy Metal und auf erfrischend unvorhersehbare Umbrüche in Rhythmik und Melodik. Bei allem Traditionsbewusstsein läuft die Musik auf "Hyperglaive" somit nicht einen Moment lang Gefahr, zu einer abziehbildhaften Cover- oder Comic-Version ihrer selbst zu werden. Angesichts klischeehafter Texte wie etwa von 'Sunsword' hätte man das zwar befürchten können; doch das Stück nimmt den Hörer von Anfang an in seinen Bann und mit auf seinen Ritt gegen finstere Überherrscher. Es hält dabei geschickt die Balance zwischen klassischem Heavysound und melodischem Power Metal. 'Sea Of Stars' kommt epischer daher, 'Gods And Demons' aggressiver und phasenweise fast schon speedig, 'The Judge' als wuchtigstes und mächtigstes Stück des Albums, 'Betta Masta' leider etwas kreischig schroff und ungehobelt, doch dafür folgt mit 'Behold The Worm' ein hochmelodisches und ansprechend dynamisches Werk; und bei 'You Died' vermeine ich im Groove gar einen leichten OVERKILL-Einfluss zu vernehmen, welchen sich die Band ebenfalls gut anverwandelt hat. 'Star Wranglers' packt dann nochmal die großartigen SLOUGH FEG-Referenzen aus. Klar könnte man kritisieren, dass sich die Songs voneinander in puncto Stimmung kaum unterscheiden, doch wird hier feinstes Handwerk mit ausreichend Kurzweil geboten, um das starke Niveau über die volle Albumlänge zu halten. So kommt "Hyperglaive" auch ohne aus seiner soliden Hochwertigkeit noch einmal besonders hervorstechenden Überhit aus. Damit ist MEGA COLOSSUS zwar nicht die Zukunft des Heavy Metals, bietet aber allemal einen überdurchschnittlich gelungenen Sound für die Gegenwart des Genres.

Note: 7,5/10
[Eike Schmitz]

So ganz kann ich nicht nachvollziehen, warum unser lieber Eike gerade in "Hyperglaive" die lang ersehnte Antwort auf die drängenden Fragen der Metal-Traditionalisten sieht. Immerhin können sich Anhänger von großen Refrains, fetten Gitarren und typischer Schwert-Lyrik angesichts der Retro-Heavy-Metal-Welle der letzten Jahre kaum über einen Mangel an musikalischem Nachschub beschweren. Für mich steht daher vielmehr die Frage im Vordergrund, ob die Welt wirklich ein Album wie das neueste Werk der frisch in MEGA COLOSSUS umbenannten Truppe aus North Carolina benötigt? Musikalisch kann man dem Sextett dabei eigentlich wenig vorwerfen, denn die insgesamt acht Kompositionen liefern bodenständigen Heavy Metal mit knackigen Riffs, feinen Dual-Gitarren im Stile von IRON MAIDEN und überraschend gefälligen Vocals. Trotzdem will sich bei mir auch nach mehreren Durchläufen keine echte Begeisterung einstellen. Vielleicht bin ich inzwischen dieser ganzen Nostalgie-Welle ein wenig überdrüßig geworden, oder es liegt einfach daran, dass die Amerikaner für mich persönlich dem Schwermetall-Gesamtbild der modernen Zeit nichts hinzuzufügen haben. Die eigene Note, die Eike den Jungs attestiert, höre ich in Tracks wie 'Sea Of Stars', 'The Judge' oder dem reichlich klischeehaften 'Sunsword' jedenfalls nicht, dazu sind mir alle Songs insgesamt zu vorhersehbar. Schlecht ist die Platte deswegen natürlich trotzdem nicht, denn wie bereits eingangs erwähnt, haben die Amerikaner durchaus handwerklich einiges auf dem Kasten; nur reicht eine solide Kopie der großen Achtziger-Schwermetaller bei weitem nicht, um mich anno 2016 aus den Socken zu hauen.

Note: 6,5/10
[Tobias Dahs]

Die lang ersehnte Antwort auf die drängendsten Fragen aller Metal-Traditionalisten... Das hört sich wahnsinnig dramatisch an und auch wenn ich damit nicht unbedingt dem Zielpublikum entspreche: Ich muss gestehen, dass "Hyperglaive" mich zumindest mit den ersten Songs überraschend gepackt hat. Obwohl ich bei klassischem Heavy Metal wie IRON MAIDEN der Bühne gerne mal nach drei Songs den Rücken kehre, schafft MEGA COLOSSUS es schon mit dem Opener 'Sunsword' mich aufhorchen zu lassen. Jede Menge Epik, heroische Texte und satte Riffs, die mit viel Wucht nach vorne preschen - Reminiszenzen an opulenten Power Metal inklusive. Allerdings nutzt sich das anerkennende Staunen im Laufe der Scheibe dann doch ein wenig ab. Nach dem ersten Hören ist der Drops für mich gelutscht, der solide Heavy Metal offenbart für mich auch trotz seiner ausufernden Gitarrensoli, vor denen ich in technischer Hinsicht den Hut ziehe, keine neuen Finessen. Auch bewegt sich MEGA COLOSSUS über die gesamten acht Songs hinweg stets in ein und der gleichen Schiene: Nach dem sehr melodischen, verspielten Ausschlag nach oben zu Beginn verlassen die Musiker den gemäßigten Pfad des klassischen Heavy Metals mit klarem Fokus auf die ausgiebig zelebrierten Gitarren-Parts nicht mehr so schnell. Für einige Zeit gut anzuhören, fehlt mir hier jedoch schnell die Spannung in der Musik. Nachdem man sich an den opulenten Sound auf "Hyperglaive" gewöhnt hat, bleibt nichts mehr, was mich als Hörerin über lange Strecken hinweg aufmerksam hinhören lässt. Überdurchschnittlichen Sound kann ich dem Album damit leider nur teilweise attestieren - er bleibt leider eine Randnotiz, der sich im Gesamtwerk zunehmend verläuft.

Note: 6,5/10
[Leoni Dowidat]

Diese Gruppentherapie ist, trotz der geringen Differenzen bei den Punktzahlen, doch irgendwie ein Stück kontrovers. Und jetzt komme ich als KIT-Gänger und soll den Karren für den Soundcheck-Sieger aus dem Therapie-Dreck ziehen? Nun, der Schachzug geht schon auf: Die Amis von MEGA COLOSSUS bringen mit "Hyperglaive" tatsächlich bestes Futter für alle SLOUGH FEG-Verehrer. Trotzdem fehlt mir hier eine absolut notwendige Referenz: Wieso wurde in keinem Review (nicht mal bei Raphael, einem echten Spezialisten) der Name TERMINUS genannt? Die Iren kommen mir - neben SLOUGH FEG - als erste vor Augen (oder Ohren?). Mich begeistern bei "Hyperglaive" die Twin-Gitarren, die mich übrigens nicht an alte 70er Heroen erinnern. Mich begeistert der charismatische Gesang, der teils ebenso mehrstimmig wie die Gitarren eingesetzt wird. Auch das Drumming ist kreativ, bleibt aber songdienlich. Das Songwriting beherrschen die Jungs zudem. Wir haben es hier nicht mit den Rettern des wahren Metals zu tun. Die braucht es auch nicht, denn der traditionelle Metal steht bzw. stand auch 2016 hervorragend da. Was wir aber haben, ist ein überdurchschnittlich starkes Kauz-Metal-Album, das von Freunden von SLOUGH FEG, TERMINUS, HAMMERS OF MISFORTUNE, SOLSTICE oder früheren DARK FOREST dringend anzutesten ist. Vielleicht kein Treppchen-Anwärter, aber beste Genrekost. Gerne mehr! Ach ja, wenn ihr reinhört: 'Star Wranglers' oder 'Sea Of Stars' sind ein guter Einstieg.

Note: 8,5/10
[Jonathan Walzer]

Redakteur:
Tobias Dahs

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