Gruppentherapie: DREAM THEATER - A Dramatic Turn Of Events

03.10.2011 | 06:57

Das brandneue Werk von DREAM THEATER wurde mit Spannung erwartet. Wie stark die Scheibe nun letztlich geworden ist, erfahrt ihr in unserer Gruppentherapie zum Album des Monats September 2011.


Schon in meinem Beitrag zur Gruppentherapie des Vorgängeralbums meinte ich, dass nun endlich das Eis zwischen mir und dem Traumtheater gebrochen sei. Doch scheinbar hat es doch nicht so gefunkt, wie ich das eigentlich gedacht hatte, denn abgesehen von den ersten drei Scheiben fanden keine weiteren Scheiben der Prog-Götter den Weg in meine Sammlung. Nun liegt das erste Album der Ära nach Portnoy vor und wieder meine ich, dass daraus eine neue Zuneigung erwachsen könnte. Der Grund dafür scheint mir eine nochmals gesteigerte Songdienlichkeit zu sein, und daneben eine Abnahme der kalten, berechnenden Klänge und der wuchtigen, erdrückenden Riffs. Stattdessen gibt sich das Album wärmer und belebter, ja nicht zuletzt farbenfroher und heiterer als sein Vorgänger. So ist bereits der Opener recht eingängig, und das folgende 'Build Me Up, Break Me Down' geht gar als echter Hit durch, bei dem mich noch nicht einmal die passend eingesetzten Loops stören, weil es trotzdem ein toller, epischer Rocksong mit herrlichen Gitarrenleads und königlichen Gesangshooks bleibt. Was ich daher mit Sicherheit sagen kann, ist, dass jeder, der DREAM THRATER in der letzten Dekade als unterkühlt und verkopft links liegen gelassen hat, unbedingt mal einen Selbstversuch mit "A Dramatic Turn Of Events" machen sollte. Denn auch wenn die oft sehr langen Stücke in den ausgedehnten, verspielten Instrumentalparts oft kurz davor sind, zu langatmig zu werden, kriegt die Band auf diesem Album doch immer noch rechtzeitig die Kurve und arbeitet bei aller demonstrierter Musikalität songdienlich.

Note: 8,5/10

[Rüdiger Stehle]

Harmonie. Wohin man blickt, findet man in diesen Tagen, Wochen und Monaten im Hause DREAM THEATER Harmonie und Frieden. Und wenn man sich das erste Album nach dem Weggang Portnoys in Ruhe und nötigen Erwartungshaltung anhört, so wirkt die ausgerichtete Aura der Prog-Metaller aus New York auch nicht gekünstelt. Im Gegenteil, selten hat sich eine DREAM THEATER-Platte so authentisch und befreit angehört. Der Sound von "A Dramatic Turn Of Events" ist in einem schönen Gleichgewicht, die Amis scheinen aus den Querelen der vergangenen Zeit gestärkt herausgegangen zu sein. Auch wenn sich der Einstieg in das aktuelle Studiowerk als etwas widerspenstig ereignet, so lassen einen die insgesamt neun Stücke auch Momente danach nicht los. Und das aus meinem Munde, der eigentlich nicht viel für die progressiven Elemente härterer Gitarrenmusik übrig hat. Doch DREAM THEATER waren und sind auch im Jahre 2011 etwas Besonderes und nach wie vor eine Bank, trotz oder gerade wegen dem Abgang des langjährigen Weggefährten. Hierbei haben es mir vor allem das himmlische 'This Is The Life', sowie der zunächst verwirrende, aber schließlich unfassbar spannende Epos 'Breaking All Illusions' angetan. Derweil hat 'Build Me Up, Break Me Down' absolutes Suchtpotential. Mit diesem herrlichen Coverartwork und einer Gesamtspielzeit von 78 Minuten, erfüllt "A Dramatic Turn Of Events" jedes Prog-Herz. Und dass meiner Einer für eine derart verfrickelte Platte 8,0 Punkte vergibt, zeugt von Klasse und Souveränität, für die die Amis nach wie vor stehen.

Note: 8,0/10

[Marcel Rapp]



Das erste Album ohne Vorzeige-Trommler Mike Portnoy kommt überraschend schnell aus den Startlöchern, gerade einmal so als habe man das Material schon fertig gehabt bevor der Taktgeber sich entschied auszusteigen. Denn überhastet, flüchtig komponiert oder unstrukturiert klingt auf " A Dramatic Turn Of Events" gar nichts. Eher im Gegenteil. James LaBrie singt befreiter auf als man es in den letzten Jahren hören durfte, John Myung hat wieder Lyrisches zum Album beitragen dürfen und auch sonst hat man sehr stark den Eindruck DREAM THEATER sei aktuell eine in sich harmonierende Einheit. Wenig bombastsicher Ballast – der mich auf den Vorgängern manchmal gestört hat – und umso mehr songdienliches Zusammenspiel aller Beteiligten. Daraus entsteht ein Album, welches zum Glück viel mehr an selige "Images & Words-Zeiten erinnert als an "Octavarium". In sachen Härte und Frickeligkeit ist man ein paar Schübe zurück gefahren und präsentiert sich im Jahr 2011 mit bärenstarken, teilweise beinahe einprägsamen Nummern. Herausragend sind dabei die dabei die über zehn Minuten langen Stücke 'Outcry' und 'Breaking All Illusions', die zwar noch nicht am 'Learning To Live'-Sockel kratzen, aber alle Register der traumwandlerischen Musizierkunst auffahren. 'Lost Not Forgotten' entpuppt sich schnell potentieller Hit und 'This Is The Life' verhätschelt den Hörer mit sanfter Verspieltheit. Insgesamt ein sehr gelungenes Album, auf welchem Neuzugang Mike Magnini natürlich noch keine musikalische Duftmarke setzen kann. Dafür gelingt es ihm aber offenbar für ein entspanntes Arbeitsklima zu sorgen, was man diesem Album an allen Ecken anhören kann. Ich bin zufrieden und freue mich auf weitere Alben in dieser Besetzung.

Note: 8,5/10

[Holger Andrae]

 



Aus dem seltsamen Schauspiel, das uns die Vorzeige-Progger mit und nach dem Ausstieg, versuchten Wiedereinstieg, Abweisen und zügigem Aufnehmen eines neuen Albums boten, ersteht "A Dramatic Turn Of Events" wie der besagte Feuervogel aus der Asche. Im Vorfeld hatte ich als alter Fan der Band größte Bedenken. Würde Mike ersetzt werden können? Immerhin hat er wie kein anderer der Musiker das Bild der Band geprägt und man hatte den Eindruck, er wäre eigentlich DREAM THEATER. Würde sich die Geschwindigkeit, mit der das neue Album einem Veröffentlichungstermin entgegeneilte, als Schnellschuss einer metallischen Seifenoper entpuppen? Nein, und nochmals nein. Tatsächlich ist das aktuelle Album mehr DREAM THEATER als in den letzten Jahren. Dass Portnoy einen Faible für härtere Töne und Growls hatte, war bekannt. Dass LaBrie aber so frei und gelöst singen würde, war nicht zu erwarten gewesen. Er klingt, als sei eine Zentnerlast von ihm gefallen. Und überhaupt, die Trademarks, auf die man zu recht stolz war und die in letzter Zeit oft Experimenten zum Opfer gefallen waren, sond wieder markant und offensichtlich. Ein 'Lost Not Forgotten' ist DT wie früher. Ohne den Anspruch, es jemandem beweisen zu müssen. Und genau dadurch tun sie genau dies. Welcome back!

Note: 9,0/10

[Frank Jaeger
]

Die Prog-Götter DREAM THEATER präsentieren mit "A Dramatic Turn Of Events" ihr erstes Studiowerk seit der Trennung von Mike Portnoy. Und die hat ganz offensichtlich keine negativen Spuren hinterlassen, denn die Band ist musikalisch in sehr guter Form. Wundertüten wie das über 12-minütige 'Breaking All Illusion' oder das fantastische 'Bridges In The Sky' verdeutlichen, dass DREAM THEATER noch immer eine musikalischen Macht ist, die wie kaum eine andere Band Virtuosität, Anspruch und Emotionen zumeist bestechend in Musik hüllt. Das wunderbar harmonische 'This Is Life' sowie die ruhige Ballade 'Far From Heaven' bestechen vor allem durch die einzigartige Stimmfarbe von James LaBrie, der hier für Gänsehaut-Atmosphäre sorgt. Lediglich das ausladende 'Lost Not Forgotten' bleibt nicht wirklich im Gedächtnis haften. Auch die zweite Ballade 'Beneath The Surface' die dieses Album sanft schließt, sähe ich lieber durch einen knackigen Heavy-Song ersetzt, obwohl das Stück zweifelsohne gut ist. Fakt ist jedenfalls, dass DREAM THEATER ein starkes Album präsentieren, das zudem durch ein bestechend gutes Klangbild perfekt inszeniert ist.

Note: 8,0/10
[Martin Loga]



Was ein fulminanter Einstieg - und das in mehrfacher Hinsicht. So richtig warm bin ich mit DREAM THEATER nie geworden, allzu großes Gekniedel und zu wenig Songs haben mir das Progerlebnis nachhaltig vermiest. Umso überraschender die Erkenntnis: "A Dramatic Turn Of Events" klingt ja gar nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Im Gegenteil, tolle Melodien, schlüssige Konstruktionen und überraschende Dynamikwechsel stehen in einer Einheit mit nie angezweifelten Fähigkeiten im Spiel. Und so sind es Songs wie der Opener oder überlange treibende Song 'Breaking All Illusions', die eine Menge Spaß machen. Daneben stehen allerdings auch echte Krücken wie die Halbballade 'Build Me Up, Break Me Down', bei denen die alte DREAM-THEATER-Phobie eintritt. Seien es allzu anschmiegsame Melodien oder Songarrangements, die weit hinter den Schokoladensongs zurückbleiben: Diese Eigenschaften erschaffen echte Krücken. Nichtsdestotrotz ist "A Dramatic Turn Of Events" ein spannendes und vielseitiges Album geworden, das offensichtlich auch echte Anti-DREAM-THEATER-Hörer antesten dürfen.

Note: 7,5/10

[Julian Rohrer]


Chefredakteur Peter Kubschk hatte eine Einzelrezension zu "A Dramatic Turn Of Events" geschrieben.

Redakteur:
Martin Loga
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