Gruppentherapie: GAMA BOMB - "The Terror Tapes"

06.05.2013 | 14:38

Thrash-Metal aus Irland positioniert sich auf der Bronzeposition des April-Soundchecks. Was der kann und warum er uns überzeugt lest ihr in der Gruppentherapie

Auf der ihrer Facebook-Seite gibt GAMA BOMB sich selbstbewusst und dennoch bodenständig sympathisch: "Ireland's premier speed thrash band", so liest man, gehören zur "New Wave Of Irish Ripping Metal", spielen "Thrash- und Razor Metal und mögen "movies and drinking". Die Bandfotos suggerieren, dass die Band tatsächlich jede Menge Spaß bei ihrem Tun hat. Und mit ihrem vierten Album "The Terror Tapes" schaffen sie es aauch noch auf das Powermetal.de-Stockerl. Das heisst für euch: Pils, Helles oder Weißbier öffnen und unsere Gruppentherapie lesen. Vielleicht danach "The Terror Tapes" kaufen. Das Cover ist schonmal sehr cool.

 

 

Vermutlich ist es ein großer Vorteil, hier als erster zu Wort zu kommen, da sich das Diskussionspotenzial im Falle GAMA BOMBs extrem in Grenzen halten dürfte. Warum? Ganz einfach: Gut gemachten, ehrlichen und frischen Thrash Metal mag doch nahezu jeder Metalhead gerne, Kontroversen und/oder Meisterwerke sucht man in diesem Genre meist doch eher vergeblich. Und genau in der Mitte dieses Szenarios darf man auch "The Terror Tapes" verorten. Mit einem ordentlich Schuss OVERKILL-Attitüde geht es hier voran, wobei Spaß und Aggression jederzeit Hand in Hand miteinander gehen. Immer schön schnell und mit einer bemerkenswerten Spielfreude agieren die Burschen, die aus meiner Sicht einen, wenn nicht sogar den Thrash-Soundtrack für den Strandurlaub geschrieben haben. Die Tracks könnten sich untereinander ein wenig mehr unterscheiden, für sich genommen sitzt allerdings jede Nummer (mein Favorit: 'Terrorscope'). Der geneigte Thrasher wird dazu ein Paar Turnschuhe im Circle Pit durchlaufen und der Durchschnittsmetaller mindestens freudig mit dem Kopf nicken: Und viel mehr wollen wollen GAMA BOMB vermutlich auch gar nicht. "The Terror Tapes" ist eine Scheibe, die einfach Spaß macht.

Note: 8,0/10
[Oliver Paßgang]

"Gut gemachter, ehrlicher Thrash Metal". Inwieweit dies ein Kompliment ist, ist sicher streitbar. Im Personaler-Jargon könnte man dies auch mit "hat sich stets bemüht" gleichsetzen. Und irgendwie ist es bei "The Terror Tapes" auch so oder so ähnlich: GAMA BOMB können ihren Stil gut spielen, haben sichtlich auch jede Menge Spaß dabei, aber das wars dann aber auch für mich. Ich erinnere mich an die Aussage von jemandem, der meinte, diese Band habe doch eh nur einen Song komponiert. Tja, das stimmt und dieser wird hier sozusagen elfmal mit kleineren Variationen (hervorzuheben die Songlänge: zwischen 1:17 und 4:33 gibt's hier das volle Spektrum!) dargeboten. Immer dasselbe Uptempo, derselbe Sound, sehr ähnliche, simple Melodien, Gangshouts. Gähn. Das rauscht an mir vorbei. Klar nimmt sich GAMA BOMB prominente Vorbilder, die mir auch immer gefallen (ANTHRAX, OVERKILL; manchmal erinnert "The Terror Tapes" gar ein wenig an das Debut von FORTÉ - "Stranger Than Fiction"), sind technisch auf der Höhe, aber der Gesang und das hibbelige, hektische Songwriting nervt auf Dauer. So hat GAMA BOMBs Mucke für mich in heutigen Zeiten, in denen sowieso alle Tage ein Thrash-Album aufkreuzt, kaum einen Mehrwert. Im Prinzip das gleiche Spiel wie beim 70ies-Retro-Rock, nur dass ich diesen momentan lieber höre.

Note 5,5/10
[Thomas Becker]





Ob "gut gemachter, ehrlicher Thrash Metal" ein Kompliment ist, steht natürlich außer Frage. Das wäre ja so als würde man sagen, die Himbeertörtchen von Konditor Mehlinski seien zwar toll, aber dies sei ja gar kein Kompliment. Die irischen Wilden spielen Thrash Metal und das können sie ausgesprochen gut. Insofern ist die oben gestellte Frage müßig. Vor allem, weil die Jungens seit der letzten Veröffentlichung eine Quantensprung in Sachen Qualität machen konnten. Die ungestüme Wildheit, die mich bei solchen Scheiben immer sofort mitreißt, ist auf "The Terror Tapes" besser katalysiert worden. Alles klingt reifer und durchdachter als vorher, ohne dass man dabei Biss und Aggressivität verloren hat. Der Gesang von Philip Byrne hat obendrein angenehme Parallelen zu Blitz von OVERKILL, was der ganzen Angelegenheit sehr gut zu Gesicht steht. Aber sein angepisster Gesang ist nur das Sahnehäubchen auf den fetten Riffs der Kollegen aus der Bratbartgitarren-Fraktion. Diese brutzeln nämlich dermaßen heiße Akkordfolgen aufs Blech, da verbrennt man sich die Ohren beim Anhören. Unterstützt von einer kraftvollen Produktion ballert "The Terror Tapes" also extrem mitreißend aus den Boxen und wird jeden Genrefreund mehr als zufrieden stellen. Lediglich die vereinzelt eingestreuten Gang-Shouts gehen mir ein wenig gegen den Strich. Aber eine Erdbeere im Himbeertörtchen könnte ich auch verkraften. Insofern, well done!

Note: 8,5/10
[Holger Andrae]

 




Knackige Thrash-Songs, direkt auf den Punkt gespielt, mit leicht unberechenbarer Rasanz auf dem Weg dorthin, eine schroffe, dabei aber nicht dumpfe Produktion, sprudelnde Gniedelsoli, im Gesamteindruck treibend, treibend, treibend: Das ist alte Schule,  das klingt nach New York, stammt in diesem Falle aber tatsächlich aus Irland. Liest sich komisch, klingt aber nicht so. 'The Wrong Stuff' und vor allem 'Legend Of Speed' knallen gleich schnittig rein und drücken ordentlich aufs Tempo. Speedmetal! Aber mit leicht punkiger Kante. Gut so. Das von Thomas hibbelig-hektisch genannte Element ordnet sich in eine Songdynamik ein, die ebendies zwingend verlangt, nicht nur genrebedingt, auch strukturlogisch. Sonst würde doch das furztrockene Schlagzeug komplett ermüdet ins Leere laufen; so aber sorgt es für den nötigen Grip auf der Speedwaybahn. Die "ungestüme Wildheit" des Hauptgesangs in 'Beverly Hill Robocop' und im knatternden 'Metal Idiot' finde ich im übrigen deutlich anstrengender als vereinzelte Gangshouts, werter Holger. Aber sei's drum. Denn der Sänger zeigt sich variabel, legt gegen Ende von 'Backwards Bible' etwa mal eben einen beeindruckenden Konsonantensturzbach hin, von dem sich mancher Rapper noch einen Atemstoß Frische abschöpfen könnte. In ihren besten Momenten haben meine Thrash-Helden von OVERKILL zwar immer noch klar die Nase vorn, jedoch schätze ich an denen gerade die Offenheit, mit der sie hin und wieder auch leicht randständige Sounds in den Genretopf rühren. Ich bin mithin alles andere als ein Traditions-Thrash-Purist. Etwas anderes, als dass solche angehör der Terrorbänder jubilieren werden, kann ich mir allerdings nur schwerlich vorstellen. Olivers Turnschuhläufer im Circlepit sind dazu das passende Bild, denn frühe ANTHRAX, ANNIHILATOR und OVERKILL sind durchaus die Liga, für die GAMA BOMB sich hiermit qualifiziert hat. Paradestück: 'The Cannibals Are In The Streets (Therefore) All Flesh Must Be Eaten'.

Note: 7,5/10
[Eike Schmitz]






Platz 3 im April-Soundcheck ist ja durchaus eine Ansage für eine relativ junge Thrash-Band. Na gut, so ganz jung sind die fünf Nordiren auch nicht mehr, und ihre Band haben sie auch schon immerhin gute zehn Jahre am Start. Trotzdem gehört die Band zu den jungen Wilden des traditionellen Thrash-Untergrunds, und sie konnte mit ihrem Sound schon früh große Labels auf sich aufmerksam machen. Erst war es Earache und jetzt ist es AFM Records. Irgendwas muss die Truppe also haben, und das ist energischer, spürbar positiv umgesetzter, speediger Thrash Metal mit wirklich coolem, starkem Gesang, feinsten Leadmelodien und durchaus eingängigen Riffs und Refrains. Thrash Metal ist dabei weniger im derben und fiesen Sinne zu verstehen, aber auch nicht im oft technisch-verkopften Bay-Area-Stil. Die Vorbilder der Truppe finden sich nach meiner Wahrnehmung eher im US-East-Coast-Stil, und vielleicht auch bei britischen Thrashbrigaden wie XENTRIX. Das macht rundum Spaß, doch es hat auch einen klitzekleinen Pferdefuß, und auch dieser findet sich in unseren Noten im Soundcheck wieder: Außer Martin Loga kann sich keiner der Kollegen zu einer Note im ganz hohen Bereich durchringen, und auch ich stehe ein wenig ratlos vor der Geschichte, weil die Scheibe mich zwar, so lange sie läuft, durchaus zum Mitgehen bewegt, aber dann leider keinen nachhaltigen Eindruck lässt. Die gelungene Säbeltanzadaption in einem Stück lässt nochmal kurz aufhorchen, ebenso die Elektro-Einsprengsel beim Robocop-Stück, und damit ist an sich die Messe gesungen: Feiner, spritziger Thrash, der wirklich Laune macht, aber keinen tieferen Einschlag auf meiner Thrash-Landkarte hinterlässt.

Note: 7,5/10
[Rüdiger Stehle]

Mehr zu diesem Album:

Soundcheck 04/2013

Review von Marcel Rapp

 

Redakteur:
Thomas Becker

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