Gruppentherapie: HAVOK - "Time Is Up"

29.03.2011 | 18:02

Die US-Thrasher von HAVOK haben nach dem schon guten Debüt im zweiten Anlauf die Herzen und Nacken der Redaktion im Sturm erobert. Wer wissen will, was HAVOK alles richtig machen, liest diese Gruppentherapie.


Die neue Thrash Welle hat ja mit FUELED BY FIRE, MUNICIPAL WASTE und EVILE schon eine Menge Bands nach oben gespült, in dessen Schatten sich bisher auch die Amis von HAVOK bewegten und mit "Burn" ein gutes, aber nicht überragendes Album einspielten. Mit "Time Is Up" gelingen nun aber locker zwei Schritte vorwärts. Die Riffs sind präziser, die Songs abwechslungsreicher, die Hooks prägnanter. Nummern wie 'D.O.A.', 'Scumbag In Disguise' oder 'Fatal Intervention' sind grandiose Brecher, in bester 80er-Thrash-Manier. Und wenn ich sage, dass mich der Gesang von David Sanchez immer an Mark Osegueda (DEATH ANGEL) erinnert, ist das wohl das größte Kompliment, das ich einem Thrash-Sänger machen kann. Klasse.

Note: 8,5/10
[Peter Kubaschk]

Witzig. Eine doch ziemlich old-schoolige Thrashkapelle auf dem Treppchen. Was ist es? Ungestüm der Jugend? Fest steht, dass HAVOK genau mein Knöpfchen drücken, indem sie die richtige Mischung aus messerscharfen Riffs, derber Power und tollen Melodien finden. Ja, fast wie damals, als die Bay Area der Welt zeigte, wo der Thrash-Hammer hängt. Da kommt vor allem EXODUS durch, die bei 'Fatal Intervention' oder 'Covering Fire' das Dauergrinsen kriegen dürften. DARK ANGEL-Riffs wie in 'No Amnesty', TESTAMENT-Leads wie in 'D.O.A.', das ist ein Sammelsurium aus dem Besten, was Thrash zu bieten hat. Und das immer mit einer fetten Schippe Mitsingmelodien. Das Ding ist einfach eine Granate und absolut kaufnotwendig. Zu dem Vergleich mit Mark Osegueda würde ich aber hinzufügen: Gepaart mit Paul Baloff. Das Debüt war schon klasse, das Album hier ist noch viel besser.

Note: 8,5/10

[Frank Jaeger]

Die Tatsache, dass mich der Thrash-Metal-Markt in den vergangenen Wochen mehr als verwöhnt hat, hindert mich nicht daran, auch "Time Is Up" der Amis von HAVOK frenetisch abzufeiern. Jedoch hatte ich zwischenzeitlich die Befürchtung, dass diese Thrash-Granate eine Art Schnellschuss darstellen könne, liegen doch zwischen dem aktuellen und dem Debüt-Werk "Born" doch "nur" anderthalb Jahre. Alle Bedenken hämmern die Jungs aus Denver, Colorado jedoch in Grund und Boden. "Time Is Up" kann seinen Vorgänger sogar noch gekonnt übertreffen. Thrash Metal wie man ihn liebt: stark Old-School-lastig, mit einer druck – und kraftvollen Produktion, gespielt von einer spielfreudigen Truppe, die weiß, worauf es ankommt. David Sanchez shoutet wie ein junger Gott und baut zusammen mit Reece Scruggs Gitarrenwände auf, die vor Brachialität und Ohrwurmcharakter nur so strotzen. Und so kommt es auch nicht selten vor, dass man noch Stunden nach dieser Abrissbirne die Melodien von 'Out Of My Way', 'D.O.A.' oder dem schnellen 'No Amnesty' fröhlich mitsummt. Die Platte macht einfach gehörigen Spaß und zeigt Thrash Metal, wie er sein sollte: Unverfälscht, schnörkellos und direkt.

Note: 8,5/10

[Marcel Rapp]

Es ist definitiv ein amtliches Old-School-Brett, das HAVOK uns mit ihrem Zweitwerk "Time Is Up" da um die Ohren hauen. Handwerklich exzellent in Szene gesetzter, überaus druckvoller, gradliniger und bissiger Thrash aus dem Spannungsfeld zwischen KREATOR zu "Extreme Aggressions"-Zeiten und Bay Area-Helden wie EXODUS oder frühen DEATH ANGEL wird sicher nicht allzu lange auf Liebhaber warten müssen. Besonders die Gitarrenfraktion verdient sich heftiges Lob für die frische und flüssige Kombination aus krachenden, sägenden Riffs und (vereinzelten) melodischen Leads. Auch das Drumming überzeugt durch Präzision und ordentlich Schub. Die Zielgruppe sollte "Time Is Up" also unbedingt kaufen und schon mal einen Platz in den persönlichen 2011er Jahrescharts für HAVOK reservieren. In meine Hitlisten werden die Jungs es allerdings nicht schaffen, weil mir das Album insgesamt zu eindimensional und berechenbar ist. Der trockene, nahezu fundamentalistische Sound gefällt mir nicht so, ich bevorzuge voluminösere, wärmere Produktionen. Der Gesang ist zwar schön aggressiv und brutal, setzt mir aber zu wenig echte Akzente. Und die besten Momente dieser Platte stehen mir allzu deutlich in Guttenbergscher Tradition; vor allem die oben genannten Protagonisten, aber auch TESTAMENT und sogar MORBID ANGEL werden freudig zitiert. Somit können mich HAVOK nicht so nachhaltig faszinieren, wie zum Beispiel WARBRINGER auf ihrem Debüt oder zuletzt FUELED BY FIRE, die ihr Diebesgut fantasievoller aufbereiten. Dennoch sei noch einmal betont, dass auch ich "Time Is Up" für ein gutes Album halte, das eure Aufmerksamkeit verdient hat.

Note: 7,5/10
[Martin van der Laan]

Es ist für mich immer eine Freude, wenn eine blutjunge Band es aus dem Stand heraus schafft, sich in einem sehr traditionellen Genre eine treue Basis von Anhängern zu erspielen, ohne dabei zu sehr nach Genrelegende A oder Kultkombo B zu klingen. Genau das ist den Jungs von HAVOK vor knapp zwei Jahren mit ihrem Debüt "Burn" gelungen, das nicht nur in den Hallen unserer Redaktion Staub aufwirbelte, sondern in der Thrash-Szene allgemein wie eine kleine Bombe einschlug. Da ein solcher Senkrechtstarter sich aber leider auch oft als Eintagsfliege entpuppt, war ich sehr gespannt, wie sich das Quartett aus Colorado mit seinem Zweitling "Time Is Up" schlagen würde, und da bleibt nur zu sagen, dass die Scheibe alle in sie gesetzten Erwartungen erfüllt. Die Spontanität und die jugendliche Unbekümmertheit ist nach wie vor spürbar, der Biss ist kaum gezügelt, dafür haben die Jungs jedoch in Sachen Eingängigkeit noch eine Schippe drauf gepackt, so dass sich auf dem Album mit beispielsweise 'Killing Tendencies', dem herrlich punkigen 'Scumbag In Disguise' oder dem abschließenden Titelstück etliche echte Thrash-Hymnen der Sonderklasse finden.

Note: 9,0 / 10
[Rüdiger Stehle]

Redakteur:
Peter Kubaschk

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