IMAGIKA: Interview mit Steven D. Rice

15.02.2005 | 14:09

IMAGIKA ist vielleicht die perfekte Kombination für Leute, die sowohl auf klassischen, amerikanischen Power Metal, als auch auf den guten alten Bay Area Thrash stehen und dabei immer auch ein wenig Melodie zu schätzen wissen. Die Kalifornier legen auf ihrem neuen Album mehr Wert auf Melodie als je zuvor, haben das Thrashen aber trotzdem nicht verlernt. Manche glaubten nach der langen Auszeit, den Veränderungen im Line-up und vielen weiteren Verzögerungen kaum mehr an eine Rückkehr der Band, doch nun ist die zum Quintett angewachsene Truppe zurück, und ich meine sagen zu können: Stärker als je zuvor! Gründungsmitglied Steven D. Rice (im Foto vorne rechts) klärt uns über die Gründe der langen Auszeit auf und bestätigt die alte Weisheit, dass missliche Situationen auch hin und wieder neue Chancen bereit halten.

Rüdiger:
Es ist lange her, dass euer letztes Album rauskam, und seither hat sich das Line-up kräftig verändert. Könntest du uns erzählen, was in der Zwischenzeit alles so passiert ist?

Steve:
Nun, wir waren natürlich durch die ganzen Veränderungen im Line-up beeinträchtigt. Unsere Bassistin Elena bekam während der dürren Jahre ein Kind und unser Schlagzeuger Henry machte einen Schulabschluss. So vergingen dann ruckzuck ein paar Jahre. Als wir die nötigen Mittel hatten, mussten wir mit Neils (Neil Kernon, Produzent - Anm. d. Verf.) vollem Terminkalender kämpfen, was noch mal monatelanges Warten bedeutete. Wenn ich heute so zurückblicke, ist es ein Wunder, dass wir in dieser Situation nicht wahnsinnig geworden sind!

Rüdiger:
Warum sind euer alter Basser und euer Sänger ausgestiegen?

Steve:
Die früheren Mitglieder sind ausgestiegen, weil sie nicht mehr die Energie und das Geld aufwenden wollten, was erforderlich ist, um so ein Ding durchzuziehen.

Rüdiger:
Die Labelinfo sagt, dass eure Bassistin Elena im aktuellen METALLICA-Film erscheint...

Steve:
Sie wurde von einem Freund eingeladen, der ein Mitglied des METALLICA-Fanclubs ist. Es kam zu einer Jamsession, bei der dann auch rumgefragt wurde, wer den Bass übernehmen könne. Das ist letzten Endes in den Film gekommen, weil sie sehr gut spielt, und weil die alten Säcke ziemlich davon beeindruckt waren, dass sich ein "Mädchen" mit ihnen messen konnte.

Rüdiger:
Was hat sie musikalisch vor IMAGIKA gemacht?

Steve:
Sie spielte in einer Band hier aus der Gegend, die MOTHER EARTH hieß. Sie haben eine CD rausgebracht und hatten ein komplett weibliches Line-up. Dann hörte sie für ein paar Jahre ganz mit der Musik auf. Sie hat extra für IMAGIKA wieder damit angefangen.

Rüdiger:
Das nächste neue Gesicht ist euer neuer Sänger Norman Skinner. Er war schon bei TRAMONTANE und MACHINE CALLED MAN. Sind diese Bands noch aktiv und hatte er sonst noch was neben IMAGIKA am Laufen?

Steve:
Er ist immer noch mit TRAMONTANE aktiv, aber ich glaube das machte er nur aus Spaß an der Freude. Es ist keine so ernsthafte Band wie IMAGIKA.

Rüdiger:
Ich mochte den Gesang von David Michael (ex-Sänger von IMAGIKA) sehr, aber ich muss sagen, dass ich den Eindruck habe, dass Norman viel abwechslungsreicher singt. Mein Eindruck ist, dass Norman wirklich wie eine Blutauffrischung für IMAGIKA wirkt, welche die Band noch interessanter macht.

Steve:
Absolut! Er ist ein großartiger Sänger und er hat bisher nur ansatzweise gezeigt, wozu er in der Lage ist. Ich habe das Gefühl, dass ich schreiben kann, was ich will, er kriegt einfach alles hin. Das ist wirklich klasse für mich, weil ich mich nun nicht mehr in einem einzigen Kompositionsstil gefangen fühle.

Rüdiger:
David hat die Band zu einem ungeschickten Zeitpunkt verlassen, mitten während des Aufnahmeprozesses. Ich finde es mutig, dass ihr euch die Zeit genommen habt, das Album danach komplett zu überarbeiten. Ihr habt einen zweiten Gitarristen hinzugeholt, Norman durfte komplett neue Texte verfassen und alle Songs neu einsingen. Das hat sicher viel mehr Geld und Zeit gekostet, als der Schnellschuss, die fertigen Aufnahmen mit Dave zu nutzen. Ich finde eure Entscheidung aber super. Ein klarer Schnitt, nach dem ihr nicht mehr gezwungen seid die Arbeit eines historischen Line-ups zu promoten.

Steve:
Genau. Wir wollten nicht zurückblicken, sondern uns nach vorne bewegen. Warum sollten wir etwas Vergangenes festhalten? Und für Norm wäre es schwierig gewesen, Daves Lyrics zu benutzen, da er selbst ein vollendeter Texter ist.

Rüdiger:
Bist du immer noch sauer auf David, oder siehst du eher die positiven Auswirkungen seines Ausstiegs, der schließlich der Band neue Perspektiven eröffnet hat?

Steve:
Als er ausstieg, war ich sehr wütend, weil ich Drückeberger hasse. Aber jetzt ist das erledigt, wir haben heute Norm in der Band, was sehr erfrischend ist, weil es zwischen Dave und mir eine Menge Spannungen gab. Man konnte zwar klarkommen, aber Dave wollte immer ein Rockstar sein, während ich lieber ein Pornostar wäre... haha! Nein im Ernst, es hat sich alles zum Besten entwickelt.

Rüdiger:
Euer Sound war immer irgendwo zwischen klassischem Thrash und US Power Metal, aber ich glaube auf der neuen Scheibe habt ihr euch etwas mehr in die melodische Richtung dieser Genres bewegt, als dies zuvor der Fall war. Liegt das neben dem abwechslungsreicheren Gesang auch an der Hinzunahme eines zweiten Gitarristen?

Steve:
Die Musik war schon komplett aufgenommen, als Pat einstieg. Er hat nur noch ein paar Lead-Breaks beigesteuert. Ich wollte also sowieso in eine melodischere Richtung gehen. Ich wusste, dass wir danach einen weiteren Gitarristen finden mussten, und Pat war einfach zur rechten Zeit verfügbar.

Rüdiger:
Wie sieht dann die künftige Arbeitsteilung im Gitarrenbereich aus?

Steve:
Auf dieser CD spiele ich zwar nicht die meisten Soli, was sich aber auf dem nächsten Album ändern wird, da Pat ein fantastischer Shredder ist. Er ist mehr der Techniker und ich bin mehr der gefühlvollere, melodischere Gitarrist. Das wird live und auf CD künftig sicher einen schönen Kontrast bilden.

Rüdiger:
Wie sieht's mit Pats ehemaliger Band PUNISHER aus?

Steve:
Die gibt's nicht mehr, soviel ich weiß. Außer Pat hat geflunkert... haha!

Rüdiger:
Die Produktion von "Devils On Both Sides" ist toll geworden. Hat der Wechsel von Neil Kernon zu Juan Urteaga eine Verbesserung gebracht?

Steve:
Ich würde nicht sagen eine Verbesserung, Juan hat es eben fertig gebracht das Album zu produzieren, was Neil wegen seines Terminplans nicht schaffte. Was Neil schon aufgenommen hatte, war großartig, was Juans Arbeit sehr erleichterte. Juan hat sich jedenfalls den Allerwertesten aufgerissen und es ist wirklich ganz schön gut geworden!

Rüdiger:
Es war sicher eine ziemliche Erleichterung, das Album nach knapp zwölf Monaten im Kasten zu haben. Hattet ihr schon angefangen zu zweifeln, ob es überhaupt jemals fertig wird?

Steve:
Verdammt, es war manchmal wie ein Albtraum und ich bin ein sturer Bock. Es musste also entweder gemacht werden oder es hätte mich umgebracht.

Rüdiger:
Euer erstes Album wurde in Europa mit Bonustracks veröffentlicht, das dritte in Amerika, die auf der jeweils anderen Pressung nicht enthalten waren. Findest du das den Fans gegenüber nicht ein wenig unfair?

Steve:
Doch, schon. Es war aber auch niemals unsere Idee das zu tun. Die Labels mit denen wir arbeiteten, bestanden aber darauf, um es besser verkaufen zu können. Ich finde alle Auflagen weltweit sollten identisch sein.

Rüdiger:
Wie kommt man als Fan denn heute an die Bonustracks der verschiedenen Auflagen? Macht ihr mal so eine Art Anthology mit Demos und Bonustracks, etc.?

Steve:
Das wäre vielleicht ganz nett, aber um ehrlich zu sein: Dass diese Songs damals nicht auf die regulären Alben kamen, hatte schon seinen Grund. Sie waren einfach nicht so gut wie das andere Material, weshalb sie unter den Tisch fielen. Von der aktuellen CD haben wir auch fünf Songs übrig.

Rüdiger:
Ein andere Frage hinsichtlich des Backkatalogs: Ich habe es endlich geschafft, "And So It Burns" und "Worship" für einen vernünftigen Preis hier in Deutschland aufzutreiben, aber das Debüt hab ich nirgendwo gefunden. Ist es noch erhältlich oder ist gegebenenfalls eine Wiederveröffentlichung geplant?

Steve:
Ein Re-Release wäre cool, aber nur, wenn wir das aktuelle Album anständig unter die Leute bringen können. Ich hasse es in der Vergangenheit zu leben. Es wäre mir lieber, nächstes Jahr eine neue CD des neuen Line-ups am Start zu haben, als Neuauflagen zu machen. Na ja, außer die Kohle würde stimmen! Haha!

Rüdiger:
Chris Boltendahls Flying Dolphin war für euch eine Weile als Agentur tätig, außerdem wart ihr mit GRAVE DIGGER zu "Worship"-Zeiten auf Tour. Was verbindet dich mit Chris?

Steve:
Ich rede ständig mit Chris. Er ist ein sehr guter Freund. Martin, einer unserer deutschen Freunde, der auch für Break Out schreibt, hat uns bekannt gemacht, nachdem er die erste CD gehört hatte. Chris hat uns mit all seinen Kontakten beim ersten Schritt auf den europäischen Markt geholfen.

Rüdiger:
Irgendwelche Anekdoten von der Tour mit den Grabschauflern und IRON SAVIOR?

Steve:
Irgendein Mädel bekam Krämpfe, als unser alter Basser versuchte sich an sie ranzumachen. Wir mussten dann den Krankenwagen rufen und machten uns danach schnell aus dem Staub. Das haben wir netterweise alles auch auf Video! Die Jungs von GRAVE DIGGER und IRON SAVIOR waren wirklich sehr nett zu uns Ami-Ärschen. Es war eine tolle Zeit.

Rüdiger:
Ihr habt bisher noch keine zwei Alben auf dem selben Label veröffentlicht. Wird sich das mit Mausoleum ändern?

Steve:
Wir haben einen Vertrag über zwei Scheiben, danach sehen wir weiter! Alfie und Mausoleum haben uns bisher hervorragend behandelt. Also hoffen wir, dass die CD ein bisschen Geld reinbringt, ansonsten haben wir wohl mal wieder Pech gehabt. Bisher haben wir unsere Produkte immer nur lizenziert. Das läuft für uns am besten und weitergehend hofiert wurden wir auch noch nicht, also bleibt's dabei.

Rüdiger:
Wie lange müssen wir auf die nächste IMAGIKA-Scheibe warten? Hoffentlich nicht wieder fünf Jahre?

Steve:
Wir schulden Mausoleum binnen fünfzehn Monaten ab Releasedatum von "Devils..." eine neue CD, also glaube ich, dass es diesmal viel schneller gehen wird. Das Material der nächsten CD ist bereits geschrieben, es sollte also kein großes Problem werden.

Rüdiger:
Wann werden wir euch hier mal wieder live bewundern dürfen?

Steve:
Sehr bald! Ich glaube es hat sich etwas ergeben, das es schon im Frühjahr ermöglichen könnte nach Europa zu kommen.

Rüdiger:
Mit wem würdet ihr gerne touren? Habt ihr Lieblingsfestivals, auf denen ihr gerne spielen würdet?

Steve:
PRIEST, MAIDEN, LEFAY, OZZY, EVERGREY... wirklich egal wer. Auch was Festivals angeht, ist uns alles recht!

Rüdiger:
Was möchtest du den IMAGIKA-Fans sonst noch mit auf den Weg geben?

Steve:
Man sieht sich irgendwo in Europa dieses Jahr... und vergesst nicht: Metal ist das Gesetz!

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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