In der Gruppentherapie: TRIPTYKON - "Eparistera Daimones"

22.03.2010 | 10:42

Mit "Eparistera Daimones" und seiner neuen Band TRIPTYKON betreibt Tom Warrior Vergangenheitsbewältigung. Unsere Redaktion würdigt das mit Platz 3 im Soundcheck, auch wenn nicht jede Meinung uneingeschränkt positiv ist.


Tom Warrior, der alte Haudegen, der mit HELLHAMMER und CELTIC FROST Metalgeschichte geschrieben habt, ist wieder da. Das letzte Album "Monotheist", das er unter dem CELTIC FROST-Banner veröffentlichte, war ein wirklich schwerer Brocken, an den ich in der Tat nur schwer herankam. Sein neues Projekt TRIPTYKON ist da schon etwas zugänglicher und transportiert in einigen Teilen den alten CELTIC FROST-Sound in die Moderne, besser als es das besagte letzte Album unter diesem Namen vermochte. Aber das Zähe, Plattwalzende, Unaufhaltsame seiner Musik ist auch auf "Eparistera Daimones" präsent, mischt sich nun aber mit ausufernden akustischen und emotionalen Teilen, doch beides kann auch schnell ins Langweilige, Nervende, Unangenehme umschlagen. Für mich wechseln Licht und Schatten, auf der Haben-Seite sind da tolle Hämmer wie der Opener 'Goetia', 'A Thousand Lies' und das schöne 'My Pain'. Aber leider gibt es auch viele endlos wirkende Passagen wie die ersten drei Minuten von 'In Shrouds Decayed', 'Abyss Within My Soul' und das schier nicht tot zu kriegende 'The Prolonging'. Allesamt voll mit guten Ideen, aber nur schwer am Stück zu genießen. Hier wäre halb so lang doppelt so gut gewesen. Und von "Hörvergnügen" kann überhaupt keine Rede sein.

Note 7,0/10

[Frank Jaeger]

Nach der kurzlebigen CELTIC FROST-Reunion war ich gespannt wie'n Flitzbogen auf Tom Warriors neue Spielwiese, da ich als großer FROST-Fan vieles meines Fandaseins auf Toms künstlerische Fähigkeiten und Ausdrucksweise innerhalb seines ureigens gesteckten und gepflegten songwriterischen Rahmens zurückführe. Und nu? Huldigung? Nöö, eher Ernüchterung.
Wahrscheinlich ist diese Aussage ultrasubjektiv, einfach weil ich mir mehr erwartet und erhofft habe. Objektiv betrachtet ist "Eparistera Daimones" ein Metal-Monolith, der genug Innovation bietet, um abseits des Namens des Bandleaders, TRIPTYKON als etwas eigenständiges, von FROST lösgelöstes wahrzunehmen. Die Kehrseite ist, dass die Ursuppe (überwiegend planierende Riffs und gedehnte Saiten between heaven and hell...) unnötig überstrapaziert wird. Viele Riffs finden sich in leicht abgewandelter Form gleich mehrfach auf der Scheibe. Ebenso monoton und stromlinienförmig verlaufen teils die Vocals. Das diese, vielleicht durchaus gewollte, soundprägende Monotonie ihre Reize hat und auch über eine bestimmte Zeit hinweg fesseln kann und funktioniert, will ich nicht bestreiten. Aber bereits nach wenigen Durchläufen hat die Scheibe an Reiz verloren. Zudem mischen sich hier und da Klangkollagen drunter (eigentlich eher löblich), die mich einfach nerven. TRIPTYKON haben massiven Stahl gegossen, ähnlich der letzten FROST. Diese hat mich lange beschäftigt, TRIPTYKON eher schnell kuriert. Dennoch ist "Eparistera Daimones" gut produziert und hat seine Momente, die trotz allem Gemeckers nicht wenig sind. Deswegen meine Note, die aber tendenziell eher nach unten driftet.

Note: 7,5/10

[Alex Straka]


Oh oh, muss ich mir jetzt Sorgen um meine lieben Kollegen machen, die sich so vorschnell gegen einen der Lieblingslakaien des Beelzebub verschwören? Frank, Alex, war nett euch gekannt zu haben, ich winke euch von Oben, jenseits von Eden, und werfe ab und zu ein Stück Salami oder Gouda runter, halt das, was vom Abendmahl übrig bleibt. Warum ich mir über Aufenthaltsort der Kollegen so sicher bin? Dieses zähfließende Stück satanischen Pechs, das da aus meinen Box träufelt, muss in Kollaboration mit dem Herren der Hölle entstanden sein. Zumindest eins ist klar: Was auch immer mit CELTIC FROST geschehen ist, es lebt weiter. Die gleiche niederdrückende Monothonie, das Gefühl, vor dem Nichts zu stehen, diese epische Schwärze, all das kommt mit "Eparistera Daimones" erneut in die heimischen Wohnzimmer. Mit der Produktion von V. Santuras (DARK FORTRESS), der auch die Gitarren eingespielt hat, dröhnt das Album mit kristallklarem, erdrückendem Sound aus den Boxen. Das letzte Album dieser Coleur war "Privilegivm" von SECRETS OF THE MOON, ein Album, das eine ganz ähnliche, mystische Atmosphäre mit tollem Songwriting und großartiger Gitarrenarbeit zu erschaffen wusste. Ich bin froh, dass das Black-Metal-Jahr 2010 mit so einem Paukenschlag fortgesetzt wird und werde nun versuchen, bei dem Mann mit den fünf Fingern und dem langen Bart ein gutes Wort für die Kollegen einzulegen.

Note: 9,5/10

[Julian Rohrer]


Die Musik des Tom Warrior beschreibt man am Besten mit Bildern. Denn das ist es, was im Kopf des Hörers entsteht. Morbide Szenarien, die auch aus Gemälden eines Hieronymus Bosch oder den modernen Grafiken eines H. R. Giger stammen könnten. Die Atmosphäre ist pechschwarz, beschwört Ängste, Wut, Trauer und jede einzelne sonstige, negative Emotion, die ihr euch vorstellen könnt. Und wer weiß, dass der ehemalige CELTIC FROST-Kopf damit seine eigene Vergangenheit bewältigt, bekommt beinahe Angst um den sympathischen Schweizer. "Eparistera Daimones" ist tonale Qual, greifbares Leid, ein alles verschlingender Lavastrom, die siebte Stufe zur Hölle. Klar, dass diese Musik nix für sonnige Gemüter ist. Wer sich aber gerne mal in eine Negativspirale begibt, ist hier allerbestens aufgehoben.

Note: 8,0/10
[Peter Kubaschk]


Viele Anhänger der alten Schule mochten das frostige Comeback "Monotheist" nicht leiden, weil es nicht nach "Morbid Tales" und "To Mega Therion" klang. Der daraus resultierende Vorwurf der Anbiederung an die Moderne hätte jedoch nicht weiter an der Realität vorbei gehen können. Denn wenn den Herrn Thomas Gabriel Fischer Zeit Schaffens eines immer ausgezeichnet hat, dann war es das Überschreiten der mit dem früheren Werk selbst gesteckten Grenzen, und das Talent, alle Wandelungen doch so unverkennbar mit seiner eigenen Handschrift zu versehen. Nun, nach dem neuerlichen Split der schweizerischen Metallegende hat Tom seine neue Band TRIPTYKON am Start, und die liefert im Endeffekt genau das, was wir von diesem Ausnahmemusiker erwarten durften: Ein pechschwarzes, wuchtiges und erbarmungslos hämmerndes Manifest der monolithischen Riffs, des charismatisch knurrenden Gesangs und der fiesen Rhythmik. Doch obwohl zu jeder Zeit klar ist, wer hier das Szepter schwingt, stagniert die musikalische Entwicklung auch dieses Mal nicht. Die wuchtige Urgewalt CELTIC FROSTs findet sich in jedem der Stücke, und doch ist "Eparistera Daimones" mehr als nur "Monotheist II", aber eben auch kein verkrampftes Retro-Unterfangen. Es ist Tom Warrior 2010 - ein weiteres unheimlich spannendes Stück Musik aus der Feder eines der bewundernswertesten Kreativköpfe der Szene, das mit Giger'schem Artwork auch optisch perfekt in Szene gesetzt ist. Daher sei ganz dringend der Kauf des Doppelvinyls empfohlen.

Note: 9,0/10
[Rüdiger Stehle]


"Eparistera Daimones" ist die Zerstörung der Spanienurlaubidylle, das Aus-der-Hand-Schlagen eines gut duftenden Buketts am Valentinstag. GREEN DAY-Platten zerspringen, Grills explodieren, Sonnenbrillenselbstdarsteller bleiben mit ihrem Kopf im Cabrioverdeck hängen, wenn sich hässliche Biester wie 'Goetia', 'Abyss Within My Soul' und 'Descendant' vor ihnen aus dem Erdboden schälen. Musik muss auch unbequem und fordernd sein. Warum soll nur der Künstler im Studio, nicht aber der Hörer später viel investieren? Das fast zwanzigminütige 'The Prolonging' hätte dieses Album auf jeder anderen Position außer der letzten trotzdem sofort gekillt. Mut hätte Übermut weichen müssen. So wird Vorbereitungszeit gewährt, die auch Klarheit bringt: Tom Warrior war zwar in den Achtzigern bereits dabei, präsentiert mit TRIPTYKON nichts Unerwartetes und hat es dennoch verdient, dass man seine Songs an sich heranlässt. Aus der endgültige Verzweiflung transportierenden Pianomelodie in 'Myopic Empire' bastelten sich andere Bands zwanzig Leitmotive; hier erklingt sie zehn Sekunden lang. Wenn Thomas Gabriel Fischer wollte, könnte er sie alle kriegen. Er will aber etwas Anderes: sich ausdrücken und keine Genremusik erarbeiten, um irgendwann mit den Gedanken auf das Feierabendbier gerichtet stempeln zu gehen. An seiner Seite für dieselbe Sache kämpft mit DARK FORTRESS' V. Santura eine der talentiertesten Erscheinungen der Metalszene.

Note: 8,0/10
[Oliver Schneider]

Redakteur:
Peter Kubaschk
2 Mitglieder mögen diesen Artikel.

Login

Neu registrieren