JESS AND THE ANCIENT ONES: Interview mit Thomas Corpse und Thomas Fiend

26.09.2012 | 07:40

Die Welle der okkulten Retrobands mit Sängerinnen nimmt nicht ab. Dazu darf man auch die Damen und Herren von JESS AND THE ANCIENT ONES zählen. Allerdings gelingt es dieser Formation sich rein musikalisch sehr deutlich vom Rest der Masse abzusetzen. Grund genug bei den beiden Gitarristen Thomas Corpse und Thomas Fiend anzuklopfen.

 

Thomas, beginnen wir mal mit der obligatorischen Bandvorstellung. Vielleicht erzählst Du mal, wie alles angefangen hat und wie die Entwicklung der Band bis zum jetzigen Stand verlief.

Corpse:Musik hat schon immer eine sehr zentrale Rolle in meinem Leben gespielt. Ich habe bereits in meiner frühen Jugend in Bands gespielt, die aber keine besonderen Auswirkungen auf JESS AND THE ANCIENT ONES haben. Natürlich kann ich von den Erfahrungen und dem dadurch gewonnenen Wissen zehren und diese Dinge in die jetzige Band einbringen. Vor ein paar Jahren habe ich dann mit meinem guten Freund Mister Fiend beschlossen, den Weg ins Unbekannte zu beschreiten. So entstand die Band ANCIENT ONES. Wir mögen es, herum zu experimentieren und daher ist die aktuelle Zusammensetzung die logische Konsequent daraus.

Stimmt es denn, dass ihr eure Sängerin Jess mehr oder weniger zufällig gefunden habt?

Corpse.Wenn man so lange selber Musik macht, trifft man unzählige Musiker. Daher war es relativ einfach, eine Band zusammen zu stellen. Yussuf machte uns mit Jess bekannt. Und nachdem wir das erste Mal ihre Stimme gehört hatten, gab es kein Zurück mehr. Ihr Geschlecht spielte dabei gar keine Rolle, da wir nur nach einem Fronter mit einer klaren Stimme suchten.

Wie Du schon gesagt hast, hast Du mit dem anderen Thomas bereits in diversen Bands vorher zusammen gespielt. Damals habt ihr einen anderen Stil gespielt. Was hat das Interesse am aktuellen Soundbild erzeugt? War es mehr die Musik oder mehr das textliche Element?

Fiend: Wir haben niemals unseren Stil verändert. Wir haben lediglich mehr Möglichkeiten gefunden, unsere Ideen umzusetzen und auszudrücken.

Corpse: Ich finde es immer sehr spannend, wenn man sich ohne technische High-End-Gerätschaften ausdrücken kann. Die perfekte akustische Welle erzeugen, die die Texte in der unterstützt, um den Zuhörer zu verzaubern

Was hat euer Interesse am Okkultismus geweckt? Gab es eine besondere Begebenheit? Teilen alle Mitglieder diese Ansichten?

Corpse: Ich habe schon immer gewusst, dass es Dinge gibt, die man nicht fassen und sehen kann. Also habe ich mich damit beschäftigt und fand den left-hand-path. Oder besser gesagt: Er fand mich. Unser Konzept basiert auf Erlebnissen der jeweiligen Komponisten. Also in erster Linie von Fiend und mir. Die anderen unterstützen uns dabei aber total. Aber es ist nicht an mir über den Glauben von anderen zu sprechen.

Lass' uns mal über das tolle Artwork reden. Man sieht viele Symbole und Zeichen aus verschiednen Religionen. Wollt ihr ein bisschen über den Hintergrund reden?


Corpse: Ja, es ist wirklich ein tolles Cover geworden. Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Lasst den, der es betrachtet, die Antworten selbst finden. Ich sehe keinen Sinn darin, die Details zu offenbaren. Das Wissen ist da draußen, verschlingt es, wenn ihr wollt.

Man kann euren Sound im positiven Sinne als altmodisch bezeichnen. Verwendet ihr auch altmodisches Equipment?

Corpse: Gitarren von Gibson haben einen besonderen Patz in unseren Herzen und auch die feinen Teile der Firma Marshall. Altes Equipment ist cool, weil es meist eine Geschichte zu erzählen hat. Aber die Vielfalt bringt den Unterschied. Wir verwenden eine Menge Oldies-Pedals um den den erwünschten Klang zu erzielen.

Für mich wird es in der heutigen Zeit immer wichtiger, einen wirklichen Musiker heraus hören zu können, anstatt zu glauben, die Musik sei von Maschinen eingespielt worden. Gibt es aktuelle Produkionen, die euch gefallen? Wenn Geld keine Frage wäre, mit wem würdet ihr gern einmal ins Studio gehen?

Fiend: Beim Aufnehmen der Musik, ist uns immer bewusster geworden wie wichtig es ist, dass man menschliche Interpretationen heraushören kann.

Corpse: Ich denke, wir würden immer mit Mr. Stjernas arbeiten. Der Mann hört alles heraus. Faszinierend. Das Gras ist am anderen Ufer auch nicht grüner, wie man so schön sagt. Insofern spielt Geld da nur eine untergeordnete Rolle für uns. Eine Band sollte nach einer Band klingen, nicht nach einer Maschine.

Da sind wir uns dann ja komplett einig. Wenden wir uns mal den Texten zu.


Fiend: Das textliche Konzept basiert auf den esoterischen Arbeiten der beiden Autoren, Thomas Corpse und mir. Diese Arbeiten beinhalten Rituale, Beschwörungen, Traumdeutungen und ähnliches. Allein und gemeinsam. Wir lassen uns von vielen unterschiedlichen okkulten Systemen beeinflussen, so wie Hinduismus, Buddhismus, Tantrismus, Qliphothic Qabalah und anderen Ideologien und Religionen.  Es ist ein Herausforderung, die potenzielle Energie einer Rockshow zu einem magischen Werkzeug, einem lebendigen Teil eines Rituales, zu machen.

Aha.


Die musikalische Vielseitigkeit auf dem Album ist erstaunlich. Eine Bar-Jazz-Nummer wie 'The Devil (In C-Minor)', ist jetzt nichts, was man unbedingt erwarten würde. Wie kam es zu dieser Nummer?


Corpse: Der Song entstand in meinem Kopf, während ich in der Sauna meditierte. Er war plötzlich in meinem Kopf. Ich musste die Session beenden, mir meine Akustische schnappen und die Nummer nieder schreiben. Der Teufel ist ein Poet.

Wenn Du meinst. Der Song ist auf jeden Fall einer meiner Favoriten. Wunderschöne Nummer. Was sind denn eure Highlights?


Corpse: Das ändert sich andauernd. Im Augenblick ist es 'Come Crimson Death'. Ein toller Song, der unsere Shows erstklassig abschließt, da er sich zum Ende hin so toll aufbaut. Es macht sehr viel Freude diesen Song zu spielen. Im Endeffekt stehe ich natürlich auf alle Songs, da jeder sein spezielles Feeling besitzt.

Wie man lesen konnte, habt ihr bereits mit den Arbeiten zum Nachfolger begonnen. Was dürfen wir denn da erwarten? Vielleicht ein paar weitere Instrumente
?

Corpse. Einige Nummern sind teilweise fertig gestellt, aber da müssen wir noch an den Feinheiten arbeiten. Ich denke, dass in Zukunft eventuell eine Steel-Gitarre zum Einsatz kommen wird. Allerdings müsste ich diese dazu besser beherrschen, hahaha. Es gibt für uns keine Limitierungen, daher kann ich die Frage kaum beantworten. Wer weiß, was uns noch alles in den Sinn kommen wird.

Da sind wir dann mal gespannt. Etwas ganz anderes: In welchem Genre seht Ihr Euch eigentlich selber? Ihr werdet hauptsächlich über die Heavy-Metal-Schiene vermarktet, eine platte Form, wie metal-archives verweigert Euch aber. Würdert Ihr Eure Musik "Heavy Metal" nennen?

Fiend:Ich denke nicht, dass unsere Musik "Heavy Metal" ist. Wir benutzen zwar Gitarrenharmonien aus diesem Bereich und es mag Anteile aus der NWoBHM geben, aber für mich ist das einfach Rockmusik. Wahrscheinlich wird unser Weg uns sogar noch weiter weg vom Heavy Metal oder gar der Rockmusik führen. Wer weiß.


Es bleibt kryptisch, ich verstehe. Wie steht Ihr denn zu der "neuen" Szene mit Bands wie THE DEVIL'S BLOOD, BLOOD CEREMONY oder DEVIL?

Corpse: Wie es scheint, sind alle diese Bands sehr engagiert und glauben an ihre Musik. Das ist toll. Der warme, Vintage-Klang wird seinen Weg durch die Barrikade schaffen. Also: Zurücklehnen und genießen.

Machen wir. Bei der Masse an Bands, die momentan überall mit diesem Sound auftauchen, fürchtet ihr keine Übersättigung?

Fiend: Nein. Die Welt ist doch eh schon von überflutet mit Bands. Es liegt doch an jedem Einzelnen, da die guten Sachen herauszufiltern. Gute Musik ist zeitlos und es gibt immer gute Musik. Ich bin momentan ausschließlich damit beschäftigt neue Bands aus den 50ern und 60ern für mich zu entdecken. Ich höre daher keine aktuellen Veröffentlichungen.

Was unterscheidet Euch denn überhaupt von anderen okkulten Bands mit Sängerin, die musikalisch von Roky Erickson beeinflusst sind?

Fiend: Wir klingen ja schon anders als das, was Du in Deiner Frage beschreibst. Da steckt schon mehr dahinter. Die Entität JESS AND THE ANCIENT ONES ist mehr als bloß die Summe ihrer Einzelteile. Ich kann sagen, dass wir einen sehr eigenen Sound haben. Außerdem verhilft uns das Know-How der einzelnen Mitglieder zu einer sehr großen Vielseitigkeit in unsere Musik. Allein aufgrund der unterschiedlichen musikalischen Hintergründe.

Redakteur:
Holger Andrae

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