KNIFEWORLD: Interview mit Kavus Torabi

03.09.2014 | 12:37

Wie die Jungfrau zum Kinde kam Kavus Torabi zu einem Plattendeal mit InsideOut.

Im Powermetal.de Soundcheck landen nicht nur Konsensplatten, sondern auch Klangerlebnisse weit abseits des Mainstreams. Solch ein Album für eine kleine Zielgruppe schuf der Brite Kavus Torabi mit seiner Band KNIFEWORLD. Auch wenn nicht alle Kollegen viel mit seiner Tonsprache anzufangen wissen, als Gesprächspartner ist der iranischstämmige Musiker interessant und redselig.

Nils: Dein neues Album "The Unravelling" war bei uns im Soundcheck, aber ich war anscheinend der einzige, dem die Musik wirklich gefiel. Das wundert dich bestimmt nicht, oder?

Kavus: Nein, nicht besonders (lacht). Ich bin es gewohnt, dass die Leute irritiert auf KNIFEWORLD reagieren.

Habe ich mir gedacht. Dann beginnen wir doch ganz am Anfang, denn die neue Platte war mein Erstkontakt mit KNIFEWORLD. Eine kleine Zusammenfassung für unsere Leser wäre super.

Ok, ich gebe dir die gesamte Historie. Du kannst ja die langweiligen Stellen rausstreichen. Ich habe früher mal in einer Band namens THE MONSOON BASSOON gespielt, wo ich Ende der Neunziger zusammen mit dem anderen Gitarristen die Songs geschrieben habe. Ich hatte kurz vor der Auflösung noch acht oder neun Nummern geschrieben, die ich damals auch nicht besonders passend für die Band fand. Aber die Songs haben mir so gut gefallen, dass ich sie zusammen mit einem Drummer einfach aufgenommen habe, als Solo-Material sozusagen. Nach dem Ende von THE MONSOON BASSOON habe ich noch bei GUAPO und den CARDIACS gespielt, diese Songs aber nie ganz aus dem Blick verloren.

2006 oder 2007 war ich mit meiner Gesamtsituation so unzufrieden, dass ich daraus unbedingt ein Album machen musste. Ich konnte einfach nicht so weitermachen, ohne das Material zu veröffentlichen. Ich nahm mir ungefähr ein Jahr Zeit und brachte die Scheibe dann auf meinem eigenen Label heraus. Und damit war KNIFEWORLD geboren, denn unter meinem Namen veröffentlichen wollte ich es nicht. Nach der Veröffentlichung wollte ich auch ein paar Gigs spielen, um das Album zu promoten. Zwei Monate später hatte ich einige meiner Lieblingsmusiker um mich versammelt und daraus wurde eine richtige Band! Nach einigen Besetzungswechseln haben wir uns schließlich vor zwei Jahren als achtköpfige Truppe eingependelt und "Unravelling" ist das erste Album dieser Besetzung.

Jetzt erschien das Album ja nicht auf deinem eigenen Label. Hast du nach einem größeren Label gesucht?

Ehrlich gesagt nein, sie haben uns gefunden. Du kennst sicherlich OCEANSIZE. Mein Freund Mike (Vennart, Gitarrist und Sänger - NM) kennt die Leute von InsideOut, OCEANSIZE ist ja bei Superball unter Vertrag. Jedenfalls sah Thomas von InsideOut unser Video auf Youtube und fragte Mike, ob wir an einem Plattenvertrag interessiert wären. Von ihm habe ich mich dann überzeugen lassen, dass InsideOut das passende Label für uns sein könnte. Und plötzlich hatten wir den Vertrag in der Tasche, ich hatte wirklich nicht damit gerechnet! Schließlich mache ich schon so lange Musik, da hätte ich nicht vermutet, jemals einen Vertrag angeboten zu bekommen.

Da geht es dir wie vielen talentierten Bands, die aufgrund ihrer Inkompatibilität mit dem Mainstream nicht unter Vertrag stehen.

Richtig, dabei finde ich dort meistens die wirklich interessante Musik. Es gibt wohl einige Labels mit Bands, die ich gerne mag. Aber für so eine kleine Band kann ein Label in der Regel wenig tun, es lohnt sich meistens schlichtweg nicht.

Sprechen wir mal über deine Musik, darum soll es hier ja hauptsächlich gehen. Auf dem Presse-Waschzettel lese ich etwas von LED ZEPPELIN, MAGMA, BLACK SABBATH oder SYD BARRETT. Bei KNIFEWORLD hast du aber nicht versucht, das alles zu verwursten.

Bei den Bands geht es um Musik, die ich liebe. Die Liste könnte ich endlos fortsetzen, so ein Zeug wie VOIVOD habe ich dabei ganz vergessen. Ich denke, man wird Elemente aus all diesen Richtungen bei uns wieder erkennen, auch wenn wir natürlich nicht wie MAGMA oder VOIVOD klingen. Meine Songs klingen schon so seit ich Teenager bin, auch wenn man mit der Zeit natürlich besser wird.

Ich habe den Eindruck, dass bei KNIFEWORLD die Musik etwas aufs Korn genommen wird, ich höre zwischen vielen unkonventionellen Melodien und Arrangements viel Humor heraus. Liege ich da richtig?

Ich würde eher sagen, dass wir andere Musiker zitieren. Musik an sich nehme ich nämlich überaus ernst, ich würde mich nie über etwas lustig machen. Die abrupten Wechsel und vielen Facetten, die du ansprichst, machen für mich den Reiz an Musik aus. Ich mag keine Eintönigkeit, sondern Ideenreichtum und so etwas.

Denkst du beim Songwriting daran, dass deine Songs vermutlich alles andere als eingängig sind und viele Hörer beim ersten Kontakt nur mit den Schultern zucken werden?

Es besteht ja die Hoffnung, dass sich jemand Zeit nimmt und einem Album mehr als nur eine Chance gibt. Bei meinen Lieblingsalben war es meistens so, dass ich sie 15 oder sogar 20 Mal gehört habe, ehe ich sie verstanden hatte. Von daher denke ich nicht daran, dass mich die Komplexität Hörer kosten könnte, denn ich habe schon immer solche Musik komponiert. Umso erfreulicher, wenn jemand wie du sich ausgiebig damit beschäftigt.

Es hat sich auch gelohnt. Ich brauchte nicht unbedingt die x-te Neueinspielung ein und des selben Albums. Denn das bekommt man von so vielen Bands die ganze Zeit zu hören, das wird auf Dauer richtig langweilig.

Da stimme ich dir zu! Ich bin in den Achtzigern aufgewachsen und damals kamen jede Woche neue Platten raus, die mit nichts vergleichbar waren, was es bereits gab. Wer hatte denn schon Songs wie die von SLAYER gehört? SONIC YOUTH, PUBLIC ENEMY, GODFLESH - so klang vorher einfach niemand. Gegen Ende der Achtziger war es damit aber plötzlich vorbei, denn da wollte urplötzlich jeder so klingen wie in den Sechzigern. Nicht, dass es zwischendurch keine Einflüsse dieser Ära gegeben hätte, aber die Bands, die ich meine, zogen sich so an, nahmen auf altem Equipment auf etc. In den Neunzigern ging es dann mit den Siebzigern weiter und in den letzten fünf Jahren erlebten die Achtziger ein Revival.

Und die Leute stehen auf diese Coverbands. Ich konnte damals JOY DIVISION nicht sehen, kann mir jetzt aber THE EDITORS angucken, die sich auf die alten Bands berufen. Mir bringt das aber ehrlich gesagt gar nichts, sorry.

An dieser Stelle folgt noch ein ellenlanger Gesprächszweig über talentierte Musiker, die sich selbst limitieren und Bands, die nur noch ein Schatten ihrer selbst sind. Kasus Torabi erweist sich als sehr kundiger Gesprächspartner, mit dem man wohl stundenlang über Musik philosophieren möchte. Wir kürzen hier ab und empfehlen lieber den Genuss des neuen KNIFEWORLD-Albums, "The Unravelling".

Redakteur:
Nils Macher
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