LACSON: Interview mit Bandgründer Raphael Krauss

26.03.2014 | 09:41

Der Schweizer Raphael Krauss hat einen langen, hürdenreichen Weg hinter sich gebracht, bevor er mit GUANO APES-Drummer Dennis Poschwatta nicht nur einen Förderer für seine Band LACSON, sondern auch einen persönlichen Freund gefunden hat. Herausgekommen sind aus der Zusammenarbeit teils schwungvollen, teils nachdenklichen Kompositionen mit zuweilen sehr persönlichen Texten. Zur Geschichte des Debüts verrät Raphael ein wenig aus dem Hintergrund.

Eher einer spontanen Laune ist es zu verdanken, dass das Erstlingswerk der Alternative Rocker von LACSON auf meinem Tisch gelandet ist. Meine musikalischen Vorlieben liegen ja mehr im Bereich Death und Pagan Metal. Trotzdem sprechen mich die Songs von LACSON irgendwie an, so dass ich mich animiert fühle, mir das Werk und die zugehörigen Akteure genauer zu betrachten. Ende Februar dieses Jahres hat die Schweizer Band unter dem bemerkenswerten Titel "1234567Days" nämlich ihr Debüt-Album veröffentlicht. Vielfach war zu lesen, dass es sich bei LACSON um die neue Band von GUANO APES-Drummer Dennis Poschwatta handelt. Das ist zwar richtig, Bandgründer ist allerdings Raphael Krauss, der die Truppe 2009 gemeinsam mit dem Bassisten Beat Diesel gegründet hat. Raphael stammt aus einer Musikerfamilie und hat als Teenager prägende Erfahrungen als Straßenmusiker gesammelt, bevor er sich im Jahr 2000 in die USA absetzte und dort durch kleinste Clubs tingelte, um seine Musik dem kritischen Publikum näherzubringen.

Ich möchte wissen, inwiefern Raphaels Erfahrungen als Straßenmusiker das aktuelle Album noch beeinflusst haben. Raphael erklärt: "Grundsätzlich finde ich, dass dich deine Vergangenheit sowieso prägt. Egal, ob man es in Verbindung mit einer Beziehung sieht oder in Bezug auf deine Eltern. Alles was man erlebt, macht dich am Tag X zu dem Menschen, der du bist. Insofern habe ich das Gefühl, dass die Erfahrungen los zu lassen (egal wie die Reaktionen sein werden von ZuhörerInnen) einer der Punkte ist, die man auf der Straße lernt. Und dann sicherlich noch ein weiterer Punkt: nicht aufgeben – weitermachen. Das war auch die harte Schule in New York. Man arbeitet so lange an sich, bis man das Publikum überzeugen kann. Und es gab für mich keine bessere Schule damals, als ein One Way Ticket nach New York und sich dem Publikum in den Clubs zu stellen."

Einer zufälligen Begegnung auf einer frühen LACSON-Tour ist es zu verdanken, dass der GUANO APES-Schlagzeuger Dennis Poschwatta auf die Band aufmerksam wurde und Interesse zeigte, ein erstes Album zu produzieren. Der Band-Info von Klangfieber Promotion ist zu entnehmen, dass Dennis Poschwatta Raphael zu Beginn der Zusammenarbeit "durch eine harte Schule" geschickt hat. Eine tolle Stimme und gute Texte sollten nicht ausreichen, um das Publikum zu begeistern.

Ich frage Raphael, was denn noch fehlte. Er erinnert sich: "Es gab eine Situation, ganz am Anfang, als Dennis noch nicht Drummer bei LACSON war und noch nicht ein guter Freund, sondern einfach nur Produzent. Da habe ich einen Song eingesungen im Studio. Dennis hat mich unterbrochen und meinte, ich soll nicht seine Zeit verschwenden und auch nicht meine. Im ersten Moment wusste ich natürlich nicht, was er meint – habe ihn gefragt, was er eigentlich von mir wolle, denn ich hatte ja meiner Meinung nach gut gesungen. Er meinte dann, wenn ich so meiner Frau einen Heiratsantrag gemacht hätte, dann hätte sie bestimmt Nein gesagt. Ich soll ihm was erzählen, überzeugen....und dazu brauchte ich nicht schön singen, sondern er wolle Emotionen, eine Geschichte und Ehrlichkeit."

Eine andere Geschichte verdeutlicht noch besser, wie Dennis zu Raphaels Weiterentwicklung beigetragen und seinen Gesangsstil verändert hat.

"Da gibt es auch ein Beispiel beim Song 'YOU'. Der Song ist für meine 5 Jahre junge Tochter. Bevor wir ins Studio rein sind, hatte ich noch ein Meeting mit Dennis und seiner Frau. Seine Frau ist Logopädin, und wir wollten einfach nochmals über den Text schauen und besprechen, wo denn die wichtigsten Punkte im Text sind. Natürlich kam da auch noch das ganze Technische hinzu...auf jeden Fall habe ich mich entsprechend vorbereitet und mir halt im Text die Stellen angestrichen, die speziell wichtig sind. Ein einfaches Beispiel: Du kannst jemandem sagen: Ich liebe dich. Aber die Betonung macht es aus. ICH liebe dich, oder ich LIEBE dich, oder ich liebe DICH. Als es dann soweit war, meinte Dennis, ich solle einfach mal singen. Er hat mich nicht unterbrochen und als ich fertig war, schaute ich zu Dennis – er drehte sich um, hatte Tränen in den Augen und meinte, jetzt habe ich ihm eine Geschichte erzählt. Das war eine der vielen Situationen, die dieses Album geprägt haben. Heißt also, ich habe gelernt, dass ich Emotionen zulassen kann, auch wenn der Song dann unter dem kommerziellen Aspekt leidet. Als Sänger trägt man sein Instrument immer mit sich. Man hat es in sich drin und eigentlich zeigt man sein Inneres gegen außen beim Singen. Und da ist es einfach mehr als hilfreich, wenn man einen Produzenten hat, dem man 200 % vertrauen kann, wenn man quasi nackt dasteht."

Raphaels Ausführungen belegen, dass der bekannte Produzent, der später selbst als Schlagzeuger Teil der Band geworden ist, großen Einfluss auf ihn genommen hat. Ich stelle mir vor, dass es nicht einfach ist, mit einem Musiker zusammenzuarbeiten, der schon mit einer so namhaften Band wie GUANO APES erfolgreich war.

"Das war gerade am Anfang sehr speziell", stimmt Raphael zu, "die APES waren für mich schon während meiner Ausbildung Heroes. Vor allem Dennis mit seiner Art, Schlagzeug zu spielen, war für mich halt immer: Genau so einen will ich auch mal in der Band. Während der Aufnahmen entstand diese Freundschaft, nicht nur zwischen mir und Dennis. Das geht viel weiter...unsere Frauen und Kinder sind befreundet und wir genießen auch zwischendurch Ferien in der Schweiz oder Ferien in Deutschland zusammen mit beiden Familien. Selbst an Kindergeburtstagen wird die ganze Band eingeladen – und wenn es die Zeit erlaubt, sind auch alle von der Band da, mit Anhang. Und es ist in unserem Fall nicht Vergangenheit, denn durch die Freundschaft geht es eben weiter. Man macht weiter Musik zusammen, geht auch auf Tour am 21. März und arbeitet schon am nächsten Album."

Meinem Empfinden nach strahlen die Songs auf dem Album überwiegend eine positive Grundstimmung aus. Gleichwohl gibt es einige nachdenkliche Titel. Einer davon, der mir besonders aufgefallen hat, ist 'Jerusalem', mit dem die Stadt aus einer Art autobiografischen Perspektive beleuchtet wird. Deshalb möchte ich wissen, welche Verbindung Raphael zu dieser Stadt hat.

"Der Song ist autobiografisch. Meine Mutter kommt aus Israel. Der Song erzählt die Geschichte von meinen Großeltern, die nach Israel eingewandert sind, und wie sie sich eine Existenz aufgebaut haben. Daher habe ich eine sehr enge Bindung zu dem Land allgemein. Politische Situation hin oder her." Dass Raphael diese Familienerfahrung zu einem Song verarbeitet hat, ist dabei auch wieder der Ermutigung durch den erfahrenen Freund zu verdanken. "Da kommt auch wieder Dennis ins Spiel," offenbart er, "er meinte irgendwann abends im Studio, dass er gerne mal einen Song aufnehmen würde über meine Geschichte und meinen Bezug zu Israel. Und uns war wichtig, dass die Stadt auch so gezeigt wird, wie wir sie beide von außen und innen sehen."

Ein anderer biografischer Bezug, der auf der Scheibe zum Vorschein kommt, ist Raphaels Schweizer Herkunft. Der Titelsong wurde nicht nur in Englisch, sondern noch einmal in Schweizerdeutsch aufgenommen. Diesen Text nachzuverfolgen, verlangt einem Ruhrpott-Mädel schon einiges ab. Raphael erläutert, wie es zu der Version kam: "Nun ja, Dennis wollte einfach mal hören, wie das auf Schweizerdeutsch so klingt. Es gab und gibt noch heute im Studio viele lustige Situationen. Denn wenn ich mit meinem Bassisten Beat Diesel rede, dann meistens in Schweizerdeutsch. Und einmal hab ich ihm gesagt, "I Dräie Düre" – und Dennis dann: "Wie? Drei Döner?" Nein, das heißt: " Ich dreh durch!" Das ist für uns zumindest Situationskomik. Auch das Anzählen der Songs, Dennis versucht sich nun auch auf Schweizerdeutsch – das gibt live halt auch eine gute, humorvolle runde Sache. Es hatte also keinen verkaufstechnischen Grund...ich denke, der Song musste in beiden Sprachen drauf, weil wir einfach Spaß daran hatten."

Für einen Album-Titel hingegen finde ich "1234567Days" ziemlich sperrig. Für Raphael allerdings ist er bedeutungsschwer.

"Weil der Titel für mich alles aussagt. Wir sind nicht mehr 20 und unsere Kinder sind zentraler Punkt in unserem Leben. Es existiert ein nicht zerstörbares Band zwischen Eltern und Kindern. Auch wenn nicht immer alles schön und toll ist, aber dieses Band wird immer bestehen. Sieben Tage die Woche! 1234567Days..."

Ebenso bedeutungsvoll scheint auch der Bandname zu sein, den ich so ohne Weiteres überhaupt nicht einzuordnen vermag. Raphael verrät dazu:

"Lacson ist der ledige Name meiner Schwiegermutter. Ich habe lange nach einem Namen gesucht und wollte zuerst den ledigen Namen meiner Mutter – der war aber zu kompliziert – da meinte meine Frau, nimmt doch den meiner Mutter...Lacson war geboren." Zu der Formulierung "der ledige Name" muss ich erst mal nachfragen. Tatsächlich sagen das die Schweizer, wenn sie den Mädchennamen einer verheirateten Frau meinen.

Ende März beginnt für die Band nun eine Tour durch Deutschland und Österreich. Es ist nicht die erste Tour mit LACSON, aber ich vermute, dass es nach dem Debütalbum diesmal etwas anders sein wird. Raphael bestätigt das.

"Es ist nicht unsere erste Tour. Ich habe ja Dennis auch in Litauen kennen gelernt, da war er mit den APES auf Tour und ich mit LACSON. Anders ist auf jeden Fall die Besetzung der Band. Mit Dennis Poschwatta am Schlagzeug, Godi Hildmann an der Gitarre, Beat Diesel am Bass und ich am Gesang und an der Akustischen Gitarre ... anders wird auch sein, dass wir mehr Aufmerksamkeit haben,...anders wird auch sein, dass nun vier Freunde unterwegs sind, die daran glauben, was sie machen."

Diesen optimistischen Äußerungen zufolge hat Raphael sicher einige Erwartungen an die Zukunft der Band, vermute ich. Er korrigiert: "LACSON soll wachsen. Ich habe vor allem Ziele, nicht Erwartungen. Natürlich wäre es super schön, wenn wir auch auf den großen Festivals spielen könnten, das ist nun leider noch nicht der Fall. Aber das sind halt schon Ziele. Schön wäre auch, wenn unsere Tour gut besucht wird, egal ob neugierige Kritiker oder sich freuende Fans! Wir sind auf jeden Fall bereit und freuen uns über jeden Schritt, der uns als Band weiterbringt."

Wer das Freundesquartett live erleben will, kann das an folgenden Terminen tun:

 

03. April 14, Köln, Underground
04. April 14, München, Backstage
10. April 14, Frankfurt, Nachtleben
11. April 14, Hamburg, Marx
13. April 14, AT-Wien, B72
14. April 14, AT-Innsbruck, Weekender
15. April 14, Stuttgart, Das Cann
19. April 14, CH-Solothurn, Kofmehl (Raumbar)

 

Tickets können im Vorverkauf unter http://lacson.extratix.de bestellt werden. Die ersten 50 BestellerInnen bekommen nach der Show noch ein kleines Geschenk als Dankeschön. Man muss einfach die Quittung der Vorverkauf-Zahlung mitnehmen. Wenn das keine lohnende Einladung ist!

Redakteur:
Erika Becker

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