LEATHERWOLF: Interview mit Dean Roberts, Geoff Gayer und Wade Black

27.10.2006 | 21:22

Wer beim diesjährigen "Bang Your Head"-Festival anwesend war, dem werde ich wohl keine besonderen Neuigkeit erzählen, wenn ich behaupte, dass LEATHERWOLF mit zu den absoluten Highlights der diesjährigen Ausgabe dieser Festival-Institution zu zählen waren. Das mittlerweile als Quintett mit "herkömmlicher" Doppelaxt-Attacke aufspielende US-Metal-Urgestein gab an jenem Freitag zur Mittagsstunde ein kräftiges Lebenszeichen von sich und begeisterte durch eine satte Mischung aus Klassikern wie 'Season Of The Witch', 'Street Ready' oder 'Rise Or Fall', hatte aber auch Songs vom brandaktuellen Werk "World Asylum" im Gepäck und genau deshalb war die anberaumte Spielzeit wie im Flug auch schon wieder vorbei. Das für später vereinbarte Interview musste auf Grund des immensen Andranges von Fans bei der "Signing Session" um einige Zeit verschoben werden, doch schließlich sollte sich das Warten ausgezahlt haben, denn es kommt nur sehr selten vor, dass gleich mehrere Bandmitglieder einen Interviewtermin wahrnehmen. Weder die beiden "Ur-Wölfe" Dean Roberts (g.) und Geoff Gayer (dr.), noch Neuzugang Wade Black (v.) wollten sich offenbar die Chance entgegen lassen um Rede und Antwort zu stehen.

Walter:
Euer Auftritt scheint perfekt gelaufen zu sein. Zumindest waren die Publikumsreaktionen gewaltig und die Massen, die ins Zelt zur Signing-Session geströmt sind, legen ebenfalls eindeutig Zeugnis davon ab.
Habt ihr denn mit solch euphorischen Reaktionen gerechnet?

Alle:
Nein, nie im Leben. Wir sind selbst völlig überrascht. Es ist einfach unglaublich, was sich hier bei euch abspielt. Spätestens jetzt wird es aber Zeit so richtig abzufeiern, denn wenn das kein Grund ist, was bitte dann? [Gelächter allerseits]

Walter:
Einen Moment Geduld noch bitte sehr. Es ist verständlich, dass auch ihr selbst von dieser Euphorie angesteckt worden seid, aber ein paar Fragen hätte ich noch gerne beantwortet bekommen.
Waren denn auch die Reaktionen auf euer neues Album "World Asylum" derart grandios?

Dean:
Das Album ist ja eigentlich noch gar nicht offiziell erschienen oder besser gesagt, wird heute europaweit in die Läden kommen. Von daher gibt es logischerweise noch keinerlei Fanreaktionen. Was die Presse bislang zu sagen hatte, stimmt mich aber sehr zuversichtlich, da die Resonanzen bisher ausnahmslos positiv ausgefallen sind. Zwar gab es auch einige kritische Stimmen, aber die hielten sich zum Glück in Maßen.

Walter:
Welchem Umstand haben wir es denn überhaupt zu verdanken, dass die Zuschauer hier und heute in den Genuss einer LEATHERWOLF-Show kommen?

Geoff:
Dazu muss ich zunächst ein wenig ausholen. Im Jahre 1999 wurde uns angeboten eine Show im Troubadour Club in Los Angeles zu spielen. Da wir zu diesem Zeitpunkt in etwa zehn Jahre lange keinen Gigs mehr absolviert hatten, war die Verlockung groß sich auf dieses Unterfangen einzulassen. Das hat wohl im Endeffekt den Ausschlag gegeben, dass LEASTHERWOLF überhaupt jemals wieder zurück ins Geschäft kamen.

Dean:
Das Feuer innerhalb der Band war schon nach einigen Telefonaten wieder entflammt und so kam es, dass wir auch ein Angebot für einen Auftritt in Wacken erhielten. Auch dieser ist recht gut für uns gelaufen. Doch zurück in den Staaten blieben bei LEATHERWOLF abermals nur noch zwei motivierte Musiker übrig, Geoff und ich.

Geoff:
Allerdings kam ein weiteres Mal Euphorie auf, als wir das Angebot erhielten eine Show für HALFORD zu eröffnen. Es war für mich ein wenig frustrierend, dass sich die anderen Mitglieder immer nur dann für die Band interessierten, wenn ein "Highlight" im Sinne eines großen Auftrittes anstand. Auch das später veröffentlichte Live-Album litt im Endeffekt unter der mangelnden Motivation. Für einen Band ist es doch am allerwichtigsten, auch in weniger fetten Zeiten zusammenzuhalten und dahin gehend konnte ich eigentlich immer nur auf Dean bauen, den Rest konnte man diesbezüglich leider vergessen.

Walter:
Schade. Aber immerhin gibt es nun einige Jahre später wieder eine schlagkräftige Besetzung. Wie kam denn nun das derzeitige Line-Up zusammen?

Wade:
Als ich mitbekommen hatte, dass LEATHERWOLF einen neuen Sänger suchen würden, habe ich mich sofort bei ihnen beworben. Offenbar hatten die Jungs bereits mehrere Sänger zuvor getestet, aber so richtig zufrieden stellend war bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Kandidat gewesen. Allerdings konnte ich mich zu den Arbeiten für "World Asylum" nicht mehr wirklich einbringen. Der Großteil der Texte war fertig und sogar die Gesangslinien musste ich nicht mehr ausarbeiten, sondern lediglich einsingen.

Walter:
Waren denn die Songs ursprünglich für die Stimme von Mike Olivieri geschrieben worden?

Dean:
Nicht unbedingt. Aber Geoff und ich hatten unsere Vorstellung, wie sich das Album anhören sollte, egal welche Stimme noch dazu kommen sollte. Was Mike betrifft, so wären wir zwar froh gewesen, wenn er sich zur Mitarbeit bei LEATHERWOLF hätte entschließen können, aber im Endeffekt haben wir mit Wade eine Superlösung gefunden und Mike ist mit seinem demnächst erscheinenden Solo-Album ebenfalls glücklich. Hört euch erst einmal seine Songs an und ihr werdet verstehen, weshalb er nicht mehr unbedingt mit unseren Songs klarkommt.

Walter:
Mike macht nun also sein Solo-Album und gibt dabei Pop-Songs zum Besten. Was aber ist denn mit Carey Howe?

Geoff:
Wir sind nach wie vor mit Carey befreundet und ich kann mittlerweile auch gut nachvollziehen, weshalb er sein Interesse an LEATHERWOLF verloren hat. Er hat eine Familie zu ernähren und kann es sich nicht leisten auf seinen Alltagsjob so einfach zu verzichten. Deshalb war die Motivation für LEATHERWOLF einfach nicht mehr in der notwendigen Intensität vorhanden. Wir können zwar allesamt nicht ausschließlich von Musik leben, aber zumindest bei mir ist es in erster Linie der Rock, der mir im Leben Freude bereitet und ich habe sämtliche anderen Aktivitäten eher meiner Musik untergeordnet. Ich bin aber Carey keineswegs böse und wünsche ihm alles Gute.

Walter:
Bleibt in diesem Zusammenhang auch noch die Frage nach dessen Nachfolger Eric Halpern und weshalb man denn nicht versucht hat, wieder mit der "Triple-Axe-Attack" zu punkten?

Dean:
Eric und ich sind jeweils so gut wie eineinhalb andere Gitarristen. Es ist also alles bestens [lacht]. Spaß beiseite. In erster Linie haben wir damals einen Sänger anstelle von Mike und einen Gitarristen statt Carey gesucht. Wenn es sich ergeben hätte, dass Wade ein begnadeter Gitarrist gewesen wäre, könnten wir abermals mit einem Gitarrentrio aufwarten. Aber ich muss gestehen, dass es uns wichtiger war einen wirklich guten Sänger zu finden und mit Eric konnten wir zudem auch einen wirklich wahnsinnig talentierten Gittaristen finden. Er ist technisch sehr versiert, kann aber auch sehr gefühlsbetont in die Saiten greifen und versteht es auch die älteren Kompositionen perfekt zu intonieren. Weshalb als sollten wir uns um weitere Verstärkung umsehen?

Geoff:
Außerdem sind die Gagen ohnehin nicht immer sehr üppig und ein weiteres Bandmitglied mehr, würde weniger Kohle für uns alle bedeuten [lacht].

Wade:
Für das heutige Konzert haben wir bewusst versucht, Songs auszuwählen, in denen die mangelnde dritte Gitarre nicht übermäßig auffällt. "World Asylum" ist schon gar nicht mehr in dieser Richtung ausgelegt, so dass in Zukunft wohl noch kaum Stimmen dahingehend aufkommen werden.

Walter:
Mit Ausnahme von 'Season Of The Witch', wo zumindest mir am Anfang die dritte Klampfe gefehlt hat, ist euch das auch recht passabel gelungen. Aber neben Gitarren muss ja auch noch ein Bass sein. Auch diesbezüglich gibt es Erklärungsbedarf. Das Album wurde von Pete Perez eingespielt, heute durften wir aber mit Paul Carman eine weiteres Ex-Mitglied von LEATHERWOLF auf der Bühne begrüßen. Wie kommt's?

Geoff:
Generell gilt für Paul dasselbe wie für Carey. Er musste einen "Schlussstrich" unter seine Karriere machen, damit er seine Familie durchbringen kann. Pete ist Vollprofi und hat uns mehr oder weniger ausgeholfen. Da er aber neben LEATHERWOLF auch noch bei anderen Bands aktiv ist, konnte er hier und heute nicht mit dabei sein. Paul brannte geradezu darauf mitzuspielen, weshalb es kein Problem mit dem Bassisten gab.

Wade:
Ich bin mir sicher, für zukünftige Aktivitäten müssen wir uns keinerlei Gedanken machen, wie dieser Posten zu besetzen sein wird. Es wird sich sicher jemand finden, der den Bass bei LEATHERWOLF bedient.

Dean:
Vielleicht sollten wir nun anstelle der "Triple-Axe-Attack" mit einer "Double-Bass-Attack" auffahren. Das wäre doch eine gute Alternative [lacht].

Geoff:
Solange ihr nicht verlangt, dass wir ein zweites Schlagzeug auf der Bühne aufbauen müssen, soll mir das recht sein [lacht].

Walter:
Wie habt ihr denn die Setlist für das "Bang Your Head"-Festival zusammengestellt?

Geoff:
Zunächst hatten wir ernsthaft in Erwägung gezogen, uns dafür zu entscheiden, lediglich ganz alte Songs und einige brandneue Songs zu spielen. Doch im Endeffekt haben wir uns dann doch dazu entschlossen, sämtliche Phasen der Bandgeschichte in die Setlist einzufließen zulassen. Ich denke, wir konnten einen repräsentativen Querschnitt unsere Geschichte darbieten und den Fans hat es offenbar ganz gut gefallen.

Walter:
Was ja nun doch reichlich untertreiben ist. Die Euphorie im Publikum angesichts der präsentierten Songs, sollte euch doch hungrig auf weitere Aktivitäten machen, oder?

Dean (und Wade, quasi im Chor):
Auf jeden Fall! Wir können es kaum erwarten auf Tournee zu gehen. Da auch unsere neuen Songs recht gut angekommen sind, werden wir auf einer etwaigen Tour mit Sicherheit noch mehr Songs von "World Asylum" vorstellen und dazu auch noch einige Schätze von den älteren Alben einstudieren um diese zu präsentieren. Seid euch sicher, dass der LEATHERWOLF zupacken wird [lacht].

Walter:
Gibt es denn schon konkrete Pläne für eine Tour?

Dean:
Noch nicht wirklich. Dazu müssen wir wohl zunächst einmal abwarten, wie das Album anlaufen wird. Doch ich bin sicher, wenn sich "World Asylum" passabel verkauft, werden uns Massacre Records die nötige Unterstützung geben, um auf Tournee zu gehen. Ich könnte mir sehr gut vorstellen bei euch in Europa eine längere Gastspielreise zu absolvieren, Europa war immer gut zu LEATHERWOLF!

Geoff:
Und LEATHERWOLF werden gut zu Europa sein [lacht]. Wir haben bei Massacre Records einen guten Deal über insgesamt drei Alben unterzeichnet, weshalb ich auch kein Problem für die Zukunft sehe, wenn es nicht sofort mit einer Tournee klappen sollte.

Wade:
Genau, vielleicht ergibt sich im Laufe des nächsten Jahres ja sogar die Chance als Support eines Mega-Acts unterwegs zu sein. Das wär's doch!

Walter:
Abwarten und Tee trinken ist also erst einmal angesagt, was eine Tournee betrifft. Gibt es denn schon eventuelle Ideen oder gar Songs, die für ein in Aussicht gestelltes weiteres Studioalbum gedacht sind?

Geoff:
Ideen ja, aber Songs noch nicht. Man darf aber auch in Zukunft wieder eine geballte Ladung Heavy Rock von uns erwarten! Immer mit den wichtigsten Trademarks, die LEATHERWOLF ausgemacht haben! Heavy, aggressiv, aber dennoch mit jeder Menge an Melodien versehen! Genau solche Musik lieben wir und genau die ist es auch, die wir unseren Fans bieten wollen.

Walter:
Auch "World Asylum" bietet diese Mischung, keine Frage. Ein interessantes Detail möchte ich zum Schluss aber nicht unkommentiert lassen: die Produktion.
Das Album klingt sehr fett, lässt aber sämtliche Instrumente glasklar und transparent klingen ohne sich dabei allzu sehr auf bloßes "Drücken" zu reduzieren. Wer war im Endeffekt für diese massive Ausführung verantwortlich?

Geoff:
Danke für die Blumen. Den Großteil der Produktion habe ich selbst in meinem eigenen Studio erledigt. Zugegeben, meine alten Bekannten Roy Z. und Joe Floyd haben mich dabei tatkräftig unterstützt, aber den Großteil der Produktion habe ich tatsächlich in Eigenregie durchgeführt. Für den Mix haben uns Massacre dann Jacob Hansen empfohlen. Zunächst war ich zwar ein wenig skeptisch, da ich eher dachte, der Knabe würde nur mit heftiger agierenden Bands arbeiten, im Endeffekt ist aber alles rund um das neue Album perfekt geworden!
Wir sind rundum zufrieden und hoffen bald wieder hier zu sein, um abermals bei euch in Europa spielen zu können!

Wade:
Genau, Europa ist und bleibt die Hochburg des traditionellen Metals!

Dean:
Und jetzt lasst uns allesamt die Party hier genießen und kräftig feiern!

Gesagt, getan. Das "Bang Your Head"-Festival 2006 wird wohl nicht nur den Herrschaften von LEATHERWOLF lange in Erinnerung bleiben. Das Festival hatte reichlich gelungene Auftritte zu bieten und das Drumherum ist ohnehin unvergleichlich!
Hoffentlich gelingt es den Herren von LEATHERWOLF tatsächlich abermals hier aufzutreten, um Europa flächendeckend mit ihren Songs zu beglücken, damit auch all jene, denen es nicht möglich war die Truppe in Balingen zu erleben, in den Genuss von hochwertigem Metal von LEATHERWOLF kommen.

Redakteur:
Walter Scheurer

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