L'ÂME IMMORTELLE: Interview mit Thomas / Sonja / Hannes

01.01.1970 | 01:00

L’ÂME IMMORTELLE [http://www.lameimmortelle.com/] gehören trotz ihres erst fünfjährigen Bestehens inzwischen zu den unbestrittenen Größen der Gothic-Szene. Die im Electro-Bereich anzusiedelnde Formation aus Österreich hat sich mit Stücken wie „Bitterkeit“ und „Life Will Never Be The Same Again“, die in den Schwarzen Clubs zu den Dauerbrennern zählen, unsterblich der Szene aufgeprägt.

Nachdem das Projekt mit Thomas und Hannes startete, schloss sich Sonja, eine ehemalige Schulfreundin von Thomas, der Formation an und fügte den Arrangements ihren filigranen Gesang hinzu. Sonja, die am College of Performing Arts war, hat 10 Jahre Klavierausbildung und 5 Jahre Gesangsausbildung hinter sich. Thomas, Texter, Songwriter und Sänger der Band, kann eine Ausbildung von 5 Jahren Klavierunterricht und 3 Jahren Übung an der Bassgitarre aufweisen. Hannes, der an den Keyboards sitzt und am Songwriting beteiligt ist, hat 8 Jahre Klavierausbildung vorzuzeigen. Man kann also sagen, dass nicht nur auf Muse und Inspiration, sondern auch auf ein gehöriges Maß an Können und Schulung als Grundlage für die ausgereiften Kompositionen und die Beherrschung von Gesang und Instrumentierung zurückgegriffen werden kann.

Als L’ÂME IMMORTELLE am Samstag Abend 21 Uhr in der Haupthalle des Messegeländes ihre WGT-Live-Show begannen, war die Stimmung von Anfang an hervorragend. Die Playlist spielte sich einen Weg durch das gesamte Repertoire des Könnens dieser Szene-Größe, und natürlich fehlten auch die Dauerbrenner „Bitterkeit“ und „Life Will Never Be The Same Again“ nicht. Abwechslungsreich durch die verschiedenartigen Gesänge und durch die Songauswahl, die von extrem tanzbar über ruhigere Stücke bis hin zu filigraner Erhabenheit reichte, wurde das Konzert zu einem Erlebnis, ohne ermüdend zu wirken.
Amüsanterweise versagte die Technik ausgerechnet beim Vorzeigestück „Bitterkeit“, aber die Band nahm es gelassen und legte noch einmal von vorne los. Überhaupt waren der lockere und direkte Umgang mit dem Publikum und die offensichltiche Spielfreudigkeit auf der Bühne ein wichtiges Kriterium für den positiven Gesamteindruck des Auftritts.
Neu war der Einsatz von klassischen Instrumenten in der Show, hierbei wurde die Band von Mitgliedern von JANUS unterstützt. Diese Variation war das letzte Segment, das wohl noch zur Perfektion gefehlt hatte.
LAI kosteten den Auftritt mit Zugaben bis zur letzten Minute aus, bevor der Zeitplan sie von der Bühne drängte und unser Team sich ebenfalls zurückzog, um das Interview vorzubereiten.

Nach einiger Wartezeit traf man sich dann zu mitternächtlicher Stunde im spartanisch ausgestatteten Backstage-Bereich, alle etwas ermattet vom langen und intensiven Tag, aber das tat dem lockeren und interessanten Gespräch keinen Abbruch:

Andreas: Die neue Single „Judgement“ mit dem Club Mix des Titelstückes, dem Song „Redemption“, einem SIECHTUM-Remix von „Rearranging und dem ersten Song von L’ÂME IMMORTELLE „Final Oath“ war eigentlich für Anfang Juni geplant, das Release scheint sich aber verschoben zu haben.

Thomas: Ja, die Singleveröffentlichung hat sich in der Tat verschoben, weil wir das Material ins Mastering-Studio gegeben haben, um ihr den idealen Sound zu verpassen, und die hatten da einige Terminprobleme. Da wir auch das Artwork etwas abgeändert haben, gab’s eine kleine Terminverschiebung, die Single kommt jetzt aber am 2. Juli raus und mit der Produktion ist nun auch alles in Ordnung.

Andreas: Es soll ja eine Vorabversion zum Download auf Eurer Homepage geben.

Thomas: Ja, ich werde mich darum kümmern, sobald ich wieder nach Hause komme, wobei ich auch darauf bedacht bin, dass unsere Internetpräsenz immer up to date ist. [Anm. d. Red.: Download inzwischen möglich unter http://www.lameimmortelle.com/files/Lameimmortelle-Judgement-club%20edit.mp3] Es wird auch ein komplett neues Design geben für die Domain http://www.lameimmortelle.com. Wir haben mehr Aktionen im Internet geplant: Für unsere Tour im Oktober gibt es zum Beispiel eine „vote your playlist“-Aktion, so dass die Fans die Playlist übers Internet bestimmen können. [Anm. d. Red.: Voting inzwischen möglich unter http://www.lameimmortelle.com/htmld/mainmenu/homed.asp?l=de#]

Andreas: Die komplette Playlist für die Tour?

Thomas: Ja, komplett.

Andreas: Es wird dann sicher interessant werden, zu sehen, welcher Stil und welche Stücke von den Fans bevorzugt werden.

Thomas: Nun, wir werden sehen. Die Fans sind uns sehr wichtig und das Medium Internet natürlich auch, und so versuchen wir, die Fans über dieses Medium zu erreichen und ihnen die Möglichkeit zu geben, aktiv am Geschehen der Tour teilzunehmen. Wir haben auch mit einem großen Gothic-Magazin eine Aktion zu laufen, über die drei Fans ein Wochenende bei der Tour dabei sein und das Tourleben hautnah miterleben können.
Es ist auch so, dass wir durch die MP3 auf unsrer HP Feedback aus Teilen der Erde haben, die wir anders bisher gar nicht erreichen, zum Beispiel viele Leute in Chile, Südafrika oder Hongkong, wo die neu gewonnenen Fans dann CDs über Mailorder bestellen. Durch solche Dinge ist das Medium Internet für uns sehr wichtig geworden.

Andreas: Peilt ihr mit dieser zweiten Singleauskopplung und den Club-Mixes auch die allgemeinen Charts an?

Thomas: Nicht direkt die Pop-Charts, aber wir haben schon versucht, das Material tanzbar zu gestalten, um Futter für die Schwarzen Clubs zu liefern. Wenn das Ganze im normal-populären Bereich akzeptiert würde, wären wir natürlich mehr als froh darüber, weil es für uns ein völlig neues Terrain wäre. Ich denke, dass unsre Musik so ausgelegt ist, dass sie sich für jedermann eignet.

Andreas: Ich denke auch, dass eure Musik für Leute geeignet ist, die nicht in der Gothic-Szene unterwegs sind.

Thomas: Auf jeden Fall, und das ist uns durchaus wichtig, um auch unter dem Aspekt populärer Musik offen zu bleiben.

Andreas: Was würdet ihr als besondere Veränderung auf eurem neuen Album se-hen?

Sonja: Es werden das erste Mal echte Instrumente verwendet. Wir waren bei Thobias Hahn von JANUS [ http://www.schlafendehunde.de/ ] im Studio und das hat uns die neue Möglichkeit geboten, richtige Musiker auch mitspielen zu las-sen, was sich als sehr schön und angenehm erwiesen hat.

Hannes: Ich würde es mit „warm“ umschreiben. Die klassischen / akustischen Instrumente haben auf jeden Fall sehr viel Wärme eingebracht in das Ganze.

Sonja: Deswegen verwenden wir sie jetzt auch live. Diese Änderung hat uns auf neue Ideen gebracht, die Msuiker sind auch auf Tour dabei, und wir wollen das auf jeden Fall beibehalten oder auch ausweiten. Grundsätzlich stünde dem nichts im Wege.

Andreas: Wird es dadurch für euch nicht schwieriger, das Ganze live aufzuarbei-ten?

Thomas: Eigentlich wird es mit einer kompletten Band live leichter, weil man flexibler ist und es leichter fällt, Songs während der Show abzuändern und an-zupassen oder andere Passagen einzubauen. Im Moment kommt immer noch sehr viel Playback von den Keyboards.

Hannes: Der nachteil wäre, dass man natürlich intensiver proben müsste.

Andreas: Ihr arbeitet bei den klassischen Arrangements ja mit Mitgliedern von Ja-nus zusammen und bringt auch eine gemeinsame Live-CD raus.

Thomas: Ja, gemeinsam mit FLESH FIELD [ http://www.inception-records.com/fleshfield ], die auch auf Tour dabei waren, sie kommt im September oder Oktober raus.

Andreas: Inwiefern haben solche Live-Auftritte im Gegensatz zur Studioarbeit eine besondere Bedeutung für euch?

Thomas: Die Live-Auftritte sind mir wesentlich wichtiger als das Songwriting oder die Aufnahmearbeiten. Live bekommt man das Feedback der Leute direkt mit. Ansonsten ist die Latenzzeit sehr groß; erst hat man das Feedback im Studio, dann über die Presse, dann über Fanmails. Live haben wir die unmittelbare Nähe zu unsrem Publikum und bekommen die emotionale Wirkung der songs direkt mit.

Sonja: Live entwickeln sich die Dinge noch, es kommen Änderungen und Ein-flüsse hinzu, die wir später auch in der Studioarbeit umsetzen können. Selbst Songs, die wir bei jedem Auftritt spielen, singe ich immer noch gern, denn es ist doch jedesmal etwas Neues, niemals gleich. Es wird nie langweilig und bleibt aufregend und herausfordernd, wenn man versucht, nah am Publikum zu bleiben.

Hannes: Die Arbeit mit dem Publikum ist uns wichtig bei Live-Auftritten, wir mögen das und wir brauchen das auch.

Thomas: Wir sehen uns selbst noch als Fans, als Teil der Masse. Wir sind immer noch der gleiche Typ von Mensch geblieben, und ich denke, das macht auch viel vom Wesen und Erfolg von L’ÂME IMMORTELLE aus.

Andreas: Wie kommt es, dass du neben der Arbeit an L’ÂME IMMORTELLE noch Energie und Muse genug findest, dich deinem Projekt SIECHTUM zu widmen?

Thomas: SIECHTUM existierte schon einige Jahre vor LAI, es war sozusagen der erste Banner, unter dem ich Musik produzierte. Damals noch eher im minimal/ritual-Feld angesiedelt, habe ich 1999 die Arbeit an Siechtum wieder aufgenommen, um der Industrial-Szene meinen Stempel aufzudrücken.
Mein Leben ist bewegt genug, und daher voller Inspirationen, dass ich mehrere Projekte damit füttern kann. Außerdem sind die Konzepte der Projekte einfach komplett anders. LAI ist sehr intim, privat, es geht um meine Gefühle, um mich. Bei Siechtum dreht sich alles um Missstände in unserer Welt, in der Gesell-schaft usw.

Andreas: Wo ich gerade bei zusätzlicher Arbeit bin: Ihr legt offenbar viel Wert darauf, Eure Stücke hier und dort als Remix oder Club Mix rauszubringen, so auch das neue Album, das als Remix erscheinen soll. Dient das dem Zweck, die Clubs mit tanzbarerem Material zu versorgen? Wer wird die Mixes für das neue Album machen? Ihr selbst oder lasst ihr andere Szenegrößenen an das Material?

Thomas: Es ist uns schon sehr wichtig, tanzbare Musik zu produzieren, da es auch das ist, was wir gerne tun: Tanzen. Das Remixalbum hat allerdings ein völlig anderes Konzept. Wir wollten einfach das Material unseres Erfolgsalbums "Dann habe ich umsonst gelebt", das ja auch auf Platz 48 der deutschen Billboard-Charts war, einmal von einer anderen Perspektive beleuchten lassen, und haben so eine illustre Runde von Bands aller Stiltichtungen zusammengetragen. Wir haben von Metal bis Neoklassik alle Musikrichtungen dabei, und es verspricht, ein sehr interessantes Album zu werden.

Andreas: Was hat euch nach dem Chaos im Vorjahr dazu bewogen, noch einmal beim WGT aufzutreten?

Thomas: Letztes Jahr am Sonntag war tatsächlich ein ziemliches Durcheinander. Wir haben dann letztlich doch gespielt, aber es kamen nur wenige, weil nicht wirklich viele wussten davon wussten. Dann saßen wir am Montag Morgen beim Frühstück und dachten uns: „Jetzt schon wieder nach Hause? Nöööö ...“ Also haben wir angerufen, uns für die Bühne einen Termin freigeschaufelt und sind live aufgetreten. Die Leute glaubten, es gäbe nur aufgelegte Musik von Platte. Man merkte richtig, wie dankbar und begeistert die Leute waren, als wir live gespielt haben. Die Stimmung hatte etwas von einem Tanz in den Untergang bis zur letzten Sekunde, und gerade diese Stimmung und das lang vermisste Gemeinschaftsgefühl in jenem Jahr haben das WGT zu etwas Besonderem gemacht. Dabei war es uns völlig egal, dass es keine müde Mark für den Auftritt gab, weil die Fans uns etwas gegeben haben, das man mit Geld nicht aufwiegen kann.

Andreas: In der Gothic-Szene sind Grundgedanken wie Depression oder Suicid ja sehr verbreitet. Ihr sprecht diese Themen auch an, aber dennoch vermitteln Texte wie auch die teils erhabenen Melodien bei euch eher ein Gefühl von Hoffnung als von Trostlosigkeit. Wie bringt ihr das miteinander in Einklang?

Thomas: Es ist uns sehr wichtig, beide Seiten zu betrachten, ähnlich dem Prinzip von Ying und Yang. Es muss auch bei einem traurigen Text die Perspektive der Hoffnung und Veränderung geben, das Gefühl, dass selbst solche Situationen sich zum Positiven wenden. Das unterscheidet uns sicher auch von vielen Gothic-Bands. Wir möchten dies durchaus auch als Botschaft an die Szene mitgeben, einmal scheinbar ausweglose und verzweifelte Situationen unter einem hoffnungsvollen und positiven Blickwinkel zu betrachten.

Redakteur:
Andreas Jur

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