MAJESTIC: Interview mit Richard Andersson

01.01.1970 | 01:00

Majestic haben mit ihrem neusten Output "Trinity Overture" ein geniales Werk hingestellt, welches insbesondere durch die enorme Virtuosität des Bandgründers Richard Andersson auszeichnet. Höchste Zeit also, mit dem Genie ein paar Worte zu wechseln.

Christian:
Hi Richard. Erstmal muss ich dir zu dem neuen Album gratulieren, es ist einfach großartig.

Richard:
Danke, das hört man gerne.

Christian:
Kannst du etwas über die Entwicklung von "Trinity Overture" sagen ? Du hast ja praktisch gesehen alle anderen Musiker rausgeschmissen mit Ausnahme von deinem Bassisten Martin.

Richard:
Letzes Jahr waren wir ja zusammen mit den Pretty Maids mit dem Debutalbum auf Tournee. Und als wir zurück nach Hause kamen gab es einige Unstimmigkeiten zwischen mir und den Anderen. Man kann nicht davon sprechen, daß ich sie rausgeschmissen habe. Sie haben mich verlassen und ich habe sie verlassen; es gab einfach keine Gefühle mehr zwischen uns. Aber weisst du: Du musst die besten Musiker haben um die beste Musik zu spielen, soviel steht fest. Und dazu muss das Feeling in der Band stimmen. Es war also die einzigste Lösung. Ich habe danach angefangen, neue Songs zu schreiben. Dabei war ich etwas unter Druck und auch nicht sehr glücklich, da ich praktisch keine Band hatte. Daraufhin habe ich aber ein paar Freunde von mir hier in Schweden angerufen. Ich hatte zum Beispiel gehört, daß Magnus ein großartiger Gitarrist sein soll. Daraufhin habe ich mit ihm telefoniert und wir haben uns einmal getroffen um zusammen zu spielen. Und das ganze lief einfach wunderbar, so daß es keine Frage war, ob er in die Band kommt oder nicht. Er ist gerade einmal 20 Jahre alt und ist sehr talentiert. Und dasselbe Prinzip kannst du auch auf die anderen Musiker anwenden. Mit Peter habe ich einen ehemaligen DeathMetal-Drummer, der ohne Probleme dazu instande ist, alles zu spielen. Was den Sänger angeht: Ich wollte nicht einen von diesen hoch singenden Kerlen haben, da ich so etwas hasse. Mein Sänger sollte vielmehr wie Ronnie James Dio klingen, eine starke, kräftige Stimme also. Und mit Apollo habe ich genau den Mann gefunden, den ich gesucht habe. Nun hatten wir also eine Band zusammen und die Aufnahmen konnten beginnen. Im November letzten Jahren haben wir damit angefangen. Das ganze hat natürlich etwas länger gedauert, weil sich die neuen Musiker erstmal mit dem Material vertraut machen mussten. Aber dann lief alles perfekt.

Christian:
Was man auch deutlich auf der neuen CD hört. Sie klingt ja um einiges ausgereifter als "Abstract Symphony".

Richard:
Ja, das ist ganz klar. Die Musiker sind alle um einiges besser, es gibt keine Spannungen und ich kann sagen, daß ich sehr zufrieden mit ihnen bin. Noch dazu kommt der Sound, der besser ist, die gesamte Produktion ist ausgereifter und ich habe auch bessere Songs geschrieben als bei "Abstract Symphony". Ich bin der Meinung, daß wir mit "Trinity Overture" ein neues Level erreicht haben.

Christian:
Dann würde sich eine Tournee doch geradezu anbieten. Ist da etwas in Planung ?

Richard:
Ja. Vor einigen Tagen habe ich eine e-mail aus Frankreich von unserem Label dort bekommen. Der Manager hat ein paar Tourneedaten in Frankreich arrangieren können, soweit ich weiss werden wir dort sechs oder sieben Auftritte haben. Danach werden wir uns mit Symphony X und Concerto Moon, einer japanischen Band, den Rest von Europa vornehmen. Darunter werden dann Italien, Spanien und natürlich auch Deutschland fallen. Genaueres kann ich dir noch nicht sagen, da ich die genauen Tourdaten noch nicht gesehen habe. Nur die Auftritte in Frankreich sind schon sicher. Die Tour wird Ende diesen Jahres im November und Dezember ablaufen. Im Moment spielen wir noch einige Konzerte in Schweden, in einigen Wochen werden wir dann nach Japan gehen um dort eine kleine Promotion-Tour zu machen. Zur Zeit ist also viel los.

Christian:
Gibt es denn keine Probleme, euren Sound live gut rüberzubringen ?

Richard:
Nein, definitiv nicht. Wir haben bei den bisherigen Shows gemerkt, daß es live genauso klingt wie auf dem Album. Da gibt es keine Probleme. Ich habe während dem Schreiben der Songs immer daran gedacht, daß man das ganze auch live spielen muss. Es macht also keinen Sinn, viele Orchesterklänge einzubauen, die live dann vollkommen verhunzt werden. Und für die Auswahl der neuen Musiker war die Live-Tauglichkeit natürlich auch ein Kriterium. Aber ich kann dir sagen, daß es alles Leute sind, die sehr viel Talent besitzen. Es ist für mich also sehr wichtig, daß ich live genauso klinge wie auf dem Album.

Christian:
Ok, dann lass uns mal auf deine Lyrics eingehen. Ich habe hier leider nur die Promo-CD, so daß ich nicht viel von deinen Texten mitbekommen habe. Kannst du mal ein paar Worte darüber sagen ?

Richard:
Klar. Ich schreibe immer Songs über Erfahrungen, die ich gemacht habe. Ein gutes Beispiel dafür ist der Song "Confusicus", der genaugenommen eine Art Liebeslied an meine Frau ist. "The Breath Of Horus" hingegen ist allen Leuten, die letztes Jahr gestorben sind gewidmet, besonders bei diesen ganzen Katastrophen wie zum Beispiel dem Erdbeben in der Turkei. Horus ist übrigens der Gott des Himmels in der ägyptischen Mythologie. Wenn ich also Fernsehen gucke, mit dem Auto durch die Gegend fahre oder jogge dann bekomme ich meine Inspirationen von verschiedenen Dingen, die mir auffallen. "Trinity Overture" ist kein Konzeptalbum und es enthält auch keine Botschaften irgendwelcher Art; ob jetzt politisch oder christlich.

Christian:
Du sprichst deine Frau an. Hast du denn Famile ?

Richard:
Ja. Neben meiner Frau habe ich eine vier Jahre alte Tochter und einen Sohn, der 1,5 Jahre alt ist. Sie geben mir viel Inspritation. Ich spiele sehr viel mit ihnen und gehe danach mit einer gewissen Inspiration ins Studio und schreibe ein paar Songs. Meine Familie hat für mich eine sehr große Bedeutung

Christian:
Lass uns doch mal auf die Songs im Einzelnen eingehen. Das Intro "Entering the arena" klingt besonders vom Keyboards und dem Gitarrenriff nach "Rising Force" von Malmsteen.

Richard:
Weisst du: Es ist verdammt schwierig, etwas zu bringen, was noch nie jemand zuvor gebracht hat. Mir ist das gar nicht aufgefallen, bis mich jemand darauf angesprochen hat und gemeint hat "Hey, das klingt wie Rising Force". Ich bin natürlich stark von Malmsteen beeinflusst und da ist es auch nicht weiter verwunderlich, daß das dann passiert ist. Es ist mir also vorher nicht aufgefallen, aber wie gesagt: Man kann heutzutage kaum noch etwas machen, was es noch nie gegeben hat.

Christian:
Und ich nehme mal an, daß ich dasselbe auch auf den Song "Trinity Overture" beziehen kann, der besonders im Refrain stark nach "The Seventh Sign" erinnert.

Richard:
Ich muss dir ehrlich sagen, daß ich "The Seventh Sign" gar nicht kenne. Ich höre seine früheren Alben und jetzt das neue. Aber die Phase dazwischen muss ich übersprungen haben. Deswegen kann ich dir jetzt nicht sagen, ob es so klingt oder nicht. Aber beabsichtigt ist es auf keinen Fall.

Christian:
Wo liegen denn deine anderen Einflüsse, außer Malmsteen ?

Richard:
Das ist vollkommen unterschiedlich. Einerseits höre ich viel klassische Musik, andererseits achte ich auch viel auf Empfehlungen von Freunden, die mir sagen, daß ich mal in die eine oder andere CD reinhören soll. Aber ich bekomme ehrlich gesagt auch nicht viel von der derzeitigen Musikentwicklung mit, denn es interessiert mich zuwenig. Im Alter von 12 Jahren ungefähr wurde ich mit Malmsteen, Deep Purple und diesen ganzen Bands groß und die sind immer noch meine größten Einflussgeber. Damit habe ich aber überhaupt kein Problem, sondern ich stehe dazu, daß einige Songs vielleicht mal einen Touch von Rainbow haben. Und ich kann nur nochmal sagen: Etwas wirklich innovatives zu machen ist so gut wie unmöglich.

Christian:
Was war denn die letzte CD, die du dir gekauft hast ?

Richard:
Das war eine CD von den Abbateens...

Christian:
Wie bitte ?

Richard (lacht):
Das war für meine kleine Tochter. Sie ist verrückt nach denen.

Christian:
Und ich dachte schon...

Richard:
Nein, die letzte CD, die ich für mich gekauft habe war "Alchemy" von Malmsteen.

Christian:
Und was ist deine Meinung darüber ?

Richard:
Gitarrentechnisch braucht man bei Yngwie eigentlich nichts mehr zu sagen. Aber auf "Alchemy" zeigt er absolut alles was er kann und spielt in einer Höllengeschwindigkeit. Das einzigste was mir bei diesem Album nicht so gefällt ist der Sound. Ich kann dir nicht genau sagen warum, aber das ändert nichts daran, daß es ein verdammt cooles Album ist mit einer Menge guter Lieder drauf. Yngwie schafft es immer, ein paar spitzen Songs zu schreiben, aber mein Lieblingsalbum von ihm ist immer noch sein ersten Alben, also "Rising Force", "Marching out" und "Trilogy".

Christian:
Ok, aber gehen wir nochmal auf die klassische Musik ein. Das Solo von "Approaching The Storm" zum Beispiel klingt doch sehr stark nach einer Bach-Fuge, oder ?

Richard:
Ja natürlich. Bach ist bei meinen klassichen Einflüssen die Nummer Eins. Ich mag die barocke Musik sehr. Und in Bach's Musik ist sehr viel Abwechslung und starke Bewegungen vorhanden, die das ganze interessanter machen. Aber nicht nur Bach hat mich da beeinflusst, sondern auch Vivaldi oder Paganini. Ich höre aber Klassiker von Beethoven oder Mozart genausogern wie auch Jimi Hendrix zum Beispiel. Weisst du: Als ich groß wurde habe ich bei der Musik immer auf die Gitarristen geachtet. Damals gab ich ja noch kaum Keyboarder mit Ausnahme von Jens Johannson, der für mich der größte Keyboarder ist und natürlich John Lord von Deep Purple, der mit seiner Hammond-Orgel verdammt coole Sachen gemacht hat. Aber so Leute waren dann eher die Ausnahme und ich habe mir Gitarristen wie Steve Vai, Richie Blackmore, Jimi Hendrix und natürlich Yngwie Malmsteen angehört. Besonders diese ganzen Vibratos haben mich fasziniert. Ich benutze zum Beispiel gerne das Pitch-Bend beim Keyboard womit es genauso klingt, als wenn der Gitarrist die Noten bendet. Was ich hasse sind diese digitalen Synthesizer-Sounds. Am besten klingt es immer noch, wenn man unverfälscht spielt.

Christian:
Wie kamst du überhaupt auf die Idee, mit dem Keyboardspielen anzufangen wenn du in deiner Kindheit doch eher auf die Gitarristen geachtet hast ?

Richard:
Mein Vater war Musiklehrer und er gab hauptsächlich Orgel-Unterricht. Und als ich so 7 oder 8 Jahre als war fing er an, mir die Grundakkorde zu zeigen. Das war aber auch alles und den Rest habe ich mir dann selbst beigebracht, komplett autodidaktisch also. Und das ist bis heute vollkommen normal für mich. Weisst du: wenn man Keyboard spielt, dann kann man einfach alles kontrollieren und weiss auch, wie man die anderen Instrumente zu spielen hat. Es ist kein Problem für mich, einen kompletten Song für alle Instrumente zu schreiben. Das kann ich dann mit dem Keyboard aufnehmen und somit werden einige Ideen festgehalten. Für einen Gitarristen ist das ganze schwieriger, weil man sich dann mit allem anderen auch auskennen muss, um einen Song komplett selbst zu arrangieren. Da fangen die Schwierigkeiten zum Beispiel oft mit der Drum-Machine an. Wenn ich dagegen eine Idee habe, dann braucht es maximal 15 Minuten und die Idee ist mit Hilfe des Keyboards festgehalten.

Christian:
Hast du mit klassischer Musik angefangen ?

Richard:
Nein, ich habe klassische Musik nur gehört, sie aber nie gespielt. Natürlich versuche ich wie zum Beispiel in "Approaching the storm" ein paar Fugen oder Preludien von Bach zu kopieren. Ich interessiere mich auch sehr für diese großen Orgeln, die man in den Kirchen findet. Das sind echt starke Instrumente. Ich habe allerdings nie Unterricht genommen, sondern mir alles selbst beigebracht. Bis auf einmal, wo ich den Versuch unternommen habe, mir von einem Lehrer Saxophon beibringen zu lassen, was total schief ging. Ich denke nicht, daß man ein Instrument beherrschen lernt, indem man ein Buch darüber liest, es muss direkt aus dem Herz kommen. Bei meiner Musik spielen Emotionen also eine sehr große Rolle, sowohl wenn ich die Lieder schreibe, als auch wenn ich sie spiele.

Christian:
Gibt es denn schon Pläne für ein neues Album ?

Richard:
Ja klar. Im Moment sitze ich hier im Studio und arbeite bereits an dem nächsten Album. Ich muss dir da übrigens noch etwas erklären. Und zwar, warum der letzte Song des aktuellen Albums "Trinity Overture" heisst, obwohl eine Ouvertüre ja eigentlich am Anfang steht. Ich bin der Meinung, daß ich ein erstklassiges Line-Up habe, mit dem ich auch möglichst lange zusammenarbeiten will. Ich habe genau die Musiker, die ich haben will und jetzt kann es richtig losgehen. Das aktuelle Album "Trinity Overture" ist also die Ouvertüre für das dritte Album. Man kann es also als ein Blick nach vorne beschreiben. Ich versuche das Niveau von "Trinity Overture" noch zu toppen und alles noch besser zu machen.

Christian:
Was werden denn die grundlegenden Unterschiede sein ?

Richard:
Dafür ist es jetzt noch etwas zu früh, aber ich kann dir sagen, daß es dunkler und mehr in Richtung "Heavy Metal" geht. Aber lass dich einfach überraschen.

Christian:
Ok, Themawechsel: Was ist denn deine Meinung über das Internet ?

Richard:
Weisst du: Ich bin gelernter System-Informatiker und kenne mich somit sehr gut mit. Wir haben gerade ein Update für unsere Website vorgenommen, sie wird wohl morgen online sein. Darauf gibt es dann eine Menge Fotos, Interviews und viele Möglichkeiten für die Fans, mit uns in Kontakt zu treten. Ich finde, daß das Internet ein großartiges Medium ist. Es passiert zum Beispiel oft, daß irgendwelche Bands mit mir in Kontakt treten und mich fragen, ob ich ein Keyboardsolo für sie einspielen würde, dann mach ich das natürlich und schick ihnen das Zeug per Internet rüber.

Christian:
Was mich wundert: Du sprichst eine Majestic-Homepage an. Ich habe das ganze Internet danach durchforstet und nichts gefunden.

Richard:
Die Adresse ist jump.to/majestic. Das Update kommt morgen drauf.

Christian:
Ok, dann kommen wir zu meiner letzten Frage: Warum spielen Schweden eigentlich so verdammt schnell auf ihren Instrumenten ?

Richard:
Wir haben eine große Tradition hier, die auch besagt, daß man so gut wie nur irgend möglich auf seinem Instrument sein soll. Man könnte das vielleicht mit dem Fußball in England oder Spanien vergleichen. Und in der Musik ist das genauso. Wir Schweden wollen das höchstmögliche Level erreichen. Aus Schweden kamen gerade in den 70er und 80er Jahren sehr viele gute Gitarristen und diese Tradition müssen wir eben beibehalten. Musik wird hier in Schweden auch sehr stark gefördert. Sowohl durch Musikschulen, als auch durch diverse Möglichkeiten, die neu aufkommenden Bands geboten werden.

Christian:
Möchtest du abschließend unseren Lesern noch etwas auf den Weg geben ?

Richard:
Klar. Kauft euch unser neues Album. Ich denke, wir haben damit eine sehr gute Mischung von Metal aus den 80ern mit neuen Metal-Elementen getroffen. Es sind starke Melodien und sehr gute Songs drauf. Und ich hoffe natürlich auch, daß wir uns auf der Tournee sehen. Es ist für mich sehr wichtig, meine Songs live in Performance zu setzen und dem Publikum das Bestmögliche zu bieten.

Christian:
Danke für das Interview.

Redakteur:
Christian Debes

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