MASS: Interview mit Günther V. Radny

19.12.2019 | 23:33

In den frühen siebziger Jahren fand sich in Regensburg eine der ersten deutschen Metalbands unter dem Namen BLACK MASS zusammen, die sich Mitte der Siebziger in MASS umbenannte. Leider war 1987 Schluss, obwohl MASS mit großen Namen wie THIN LIZZY, ROSE TATTOO oder UFO getourt war, der große Durchbruch blieb aus. Aber die alte Liebe zu seiner ursprünglichen hart rockenden Kapelle veranlasste Günther Radny vor zwei Jahren, MASS mit neuen Musikern zu reaktivieren, da die alten Mitstreiter aus verschiedenen Gründen nicht zur Verfügung stehen.

Das erste echte Lebenszeichen ist das Album "Still Chained", das über Pride & Joy Music kürzlich erschienen ist. Ich nutze die Gelegenheit, da ich im Web Kontakt zu Günther Radny aufgenommen habe, um ihm per E-Mail ein paar Worte zu dem neuen Album zu entlocken, das dem MASS-Motto "Hardrock total" folgen soll.

Günther V. Radny über die Entstehung des Albums: "Wir haben in drei verschiedenen Studios gearbeitet. Im Single Coil Studio von Florian Speth in Sinzing bei Regensburg haben wir die Vocals und die Drums aufgenommen. Im Goat Hill Studio in Regensburg haben wir die Demos vom Bass und der Orgel gemacht. Dann sind wir mit den Bass-Spuren ins Single Coil und haben diese dort fertig bearbeitet. Die Gitarren haben wir im Slash Zero Studio von Hubi Hofmann in Abensberg aufgenommen und dort auch die Orgeldemos fertig bearbeitet. Den Mix hat dann Hubi Hofmann auch im Slash Zero gemacht. Wir haben diese Studios deshalb gewählt, weil wir wussten, dass dort die absoluten Profis sitzen. Produziert haben wir selbst. Wir haben auf Grund der verschiedenen Studios zehn Monate gebraucht, um das Album auf den Stand zu bringen, den wir auch wollten."

Nun ist das Album allerdings kein neues Studiowerk, sondern eher eine neu aufgenommene Best-Of-Platte. "13 Songs haben wir ja von früheren Aufnahmen, die zwischen 1979 und 1986 entstanden sind, also aus der alten Besetzung von MASS. Das waren die Titel, die wir auch zum Comeback von MASS im Programm hatten. Dazu kommen zwei neue Songs, 'Restless' und 'We Are Back', die Anfang 2019 entstanden sind und die wir für das "Still Chained"-Album hinzugefügt haben, um den Leuten zu zeigen, wie die alten Songs heute klingen, und mit den neuen, wo die Reise hingehen wird. Die Musik ist immer noch Hardrock, auch wenn viele es heute Metal Rock nennen. Das Album passt sich mit 33 Jahren Zeitunterschied der Diskografie an, klingt natürlich nach 2019, aber die alten und neuen Songs sind einfach MASS. Die alten Songs sind irgendwie zeitlos, was sich auch bei den gespielten Shows bisher gezeigt hat, irgendwie passt es perfekt zusammen."

Dabei klingen die beiden neuen Stücke tatsächlich nach den alten MASS, mit weniger Rock 'n' Roll als in den Frühzeiten, aber dafür nach zeitlosem Hardrock. Hört selbst 'Restless'.




Die neue MASS-Besetzung ist nicht zufällig zusammengekommen. "Von der Besetzung 1986 und heute bin ich das einzige Originalmitglied, aber vor dem Album kannten wir Musiker uns ja schon, da wir alle in der Classic-Rock-Coverband THE MYSTIC EYES zusammen spielen. Die Proben waren mit den neuen Mitgliedern von Anfang an so, dass wir alle an die Sache glaubten. Schwierig war im Nachhinein, dass wir an drei verschiedenen Orten arbeiteten. Das hat doch einiges an Zeit gekostet."

Und was ist nun der Unterschied zu früher? "Der größte Unterschied zu den alten Alben ist die Orgel, das ist das, was uns im Soundgefüge immer gefehlt hat. Und natürlich 33 Jahre, in der die Welt sich weiter gedreht hat. Den Sound haben wir beim letzten Mix nochmal leicht geändert und plötzlich war es das, was wir wollten. Wir haben uns alle untereinander beeinflusst, die Musiker, die Studiomischer und schlussendlich Hubi Hofmann. Nur das Label hat keinen Einfluss auf die Aufnahmen genommen, das hätten wir auch nicht zugelassen."

Tatsächlich findet sich auf "Still Chained" aber kein einziger Song des 1980er Albums. Wie kommt das denn? "Die alten Platten gefallen mir immer noch, ich kann die heute noch hören und finde, sie haben einen gewissen Charme. Das Album, das damals sehr erfolgreich war, ist die einzige Ausnahme: "Angel Power"."

Auch das Artwork sieht nicht zu modern aus. "Das Design stammt von der Lebensgefährtin unseres Gitarristen Gisella Sapina Febrero. Sie hat einen fantastischen Job gemacht. Wir wollten eine Verbindung von den frühen Tagen von MASS zur heutigen Zeit und das ist meiner Meinung nach sehr gut gelungen. Wir hatten mehrere Entwürfe von Designern, die aber alle zu sehr an die alten Scheiben angelehnt waren und die heutige Szene nicht mit eingebunden hatten."

Ja, da hat sich einiges getan in den Dekaden zwischen "Kick Your Ass" und "Still Chained", was? "Die Musikszene damals war nicht vergleichbar mit der heutigen, das war Steinzeit, sowas wie Entdeckungsreisen zum heutigen Atomzeitalter. Aber es war eine ehrliche, wunderschöne Entdeckungsfahrt. Wir hatten Blumen im Haar und unsere Gewehre waren die Gitarren. Einfach Rock 'n' Roll. Die 70er waren dann Hardrock pur, die 80er konnte man vergessen, bis GUNS 'N ROSES kam."

Und wie geht es weiter? Wie wollt ihr die Band unterstützen? "Wir sind im Gegensatz zu damals nicht auf Tour gegangen, um das Album zu promoten. Das würde zuviel Geld kosten, das man nicht wieder einspielen kann. Das heißt aber nicht, dass wir das nicht noch machen. Es muss einfach das Passende kommen. Wir waren auf einigen Festivals, Trveheim, Metalheadz, Firehouse, Metal United, Storm Crusher, um einige zu nennen. Das ist auch das, worauf wir uns in Zukunft konzentrieren werden. Man trifft sich mit der Szene und sieht, wo man im Vergleich mit anderen tollen Bands steht. Wir haben zahlreiche Interviews gegeben, hatten großartige Reviews und wohlwollende Stories in vielen Zeitschriften. Die Shows, die wir spielten, waren alle sehr gut und wurden mit viel Applaus bedacht. Das ist das Brot des Künstlers, Geld verdirbt den Charakter. Das Album wurde ja erst Ende April veröffentlicht und dass man Alben heute nicht mehr so verkauft wie in den 70ern und 80ern, ist bekannt. Wie erfolgreich es sein wird, werden wir in zwei bis drei Jahren wissen."

Du hast bestimmt einen großen Fundus an Geschichten parat, oder? Es war ja sicher nicht immer alles eitel Sonnenschein. "Die Geschichten, die man unterwegs erlebt, werden mal in meinen Memoiren stehen. Das wird Rock 'n' Roll pur!"

Ja, ja, aber jetzt nicht erst ankündigen, und uns dann jahrelang warten lassen, nicht wahr? Also, ran an den Griffel, wenn du nicht in die Saiten greifst! Man sieht sich hoffentlich mal auf einem der Festivals!

Redakteur:
Frank Jaeger

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