MEISEL, HUBI: Interview mit Hubi Meisel

22.03.2006 | 12:23

Der Münchner Sänger und Produzent Hubi Meisel (ex-DREAMSCAPE) ist aktuell mit seinem dritten Solo-Album "Kailash" am Start und nimmt den Hörer dabei auf eine wohlklingende Reise in den Himalaja und nach Tibet. Wie schon beim Vorgänger "EmOcean" handelt es sich also auch beim neuen Album um ein Konzept-Werk. Der sympathische Sänger gab bereitwillig über die Entstehung des Albums, über seine musikalischen Vorlieben und seine Zukunftspläne Auskunft. Ich habe bislang selten einen derart netten und entwaffnend ehrlichen Musiker erlebt und so entwickelte sich ein sehr interessantes und angenehmes Gespräch, welches im Folgenden zu 95 Prozent wiedergegeben wird. Die restlichen 5 hat mein Minidisc-Rekorder auf dem Gewissen, der langsam ein seltsames Eigenleben entwickelt...

Martin:
Klassische Einstiegsfrage: Wie ist die neue Platte entstanden bzw. wie kam es zu dem Konzept?

Hubi:
Ja, der Vorgänger "EmOcean" war ja auch ein Konzeptalbum. Das war im Grunde ähnlich. Als ich das gemerkt habe, dass das wieder in diese Richtung geht, habe ich mir vorgenommen in mich zu gehen und eines Tages vor dem Schlafengehen darauf gehofft eine Art "Eingebung" zu erhalten, wovon denn das nächste Album handeln soll. Und kurz danach habe ich dann einen feurig roten Himmel gesehen, der in leuchtenden Farben und auch ein wenig in Gold gestrahlt hat und vor diesem Hintergrund habe ich deutlich eine schneebedeckte Bergkette gesehen. Am nächsten Morgen war klar, das kommende Album würde mit Tibet und dem Himalaja zu tun haben. In der Folgezeit habe ich schlicht meiner inneren Stimme vertraut und Bücher zu diesem Thema gelesen. Wie schon bei "EmOcean" habe ich dann das grobe Gerüst mit Hintergrundwissen ausgeschmückt und das war's.

Martin:
In dem aktuellen Fall stand also zunächst das Konzept und dann hat Vivien mit dem Komponieren angefangen? Oder anders herum?

Hubi:
Nein, es war schon erst das Konzept und dann die Musik da. Ich kann jetzt natürlich auch nicht sagen, dass ich ihm mal kurz das Konzept gebe, und mich dann zurücklehne, während er die Musik schreibt. So war das natürlich auch nicht. Vivien bekommt das Konzept noch ein wenig ausgefeilter, wie zum Beispiel mit groben Arrangements sowie Songtempo oder ungefähre Instrumentierung und solche Sachen. Er fängt dann an, sich ebenfalls Gedanken zu machen und durch ständige Telefonate oder E-Mails mit MP3-Dateien erarbeiten wir uns gemeinsam die Songs. Solange bis es halt so ist, wie ich es mir vorstelle und dann erst mache ich die Gesangsmelodien und sämtliche Texte. Diese Arbeitsweise hat sich bislang sehr bewährt und von Album zu Album klappt das auch immer besser, da wir uns nun auch schon ganz gut kennen. Das mag vielleicht auf den ersten Blick ungewöhnlich sein, aber für mich funktioniert das.

Martin:
Auf "Kailash" haben Musiker aus fünf Ländern und fünf verschiedenen Bands gespielt. Das ist eine prima Sache und sicherlich auch ein Faktor für den vielfältigen Sound, aber rein pragmatisch betrachtet erschwert das doch sicherlich alltägliche Dinge wie die Proben bzw. Aufnahmen, oder?

Hubi:
Heute geht das halt, während vor zehn oder fünfzehn Jahren das so noch nicht möglich gewesen wäre. Es klappt auch deshalb so gut, weil Vivian und ich nach unserer Vorarbeit eine Vorproduktion erstellen, die dann an alle beteiligten Musiker geht und ihnen quasi als Vorbereitung für die eigentlichen Aufnahmen in verschiedenen Studios dient. Die endgültige Produktion und das Zusammenfügen der Teile findet dann bei mir hier in München statt. Ich nehme hier nur den Gesang auf und mache den Mixdown. Das kann alles jedoch nur auf diesem Niveau funktionieren, weil die Musiker alle hervorragend sind.

Martin:
Habt ihr denn überhaupt schon mal live zusammen gespielt?

Hubi:
Nein, auf Grund der räumlichen Entfernung und auch auf Grund der Tatsache, dass das Line-Up von Platte zu Platte ein klein wenig unterschiedlich ist, kam es noch nicht dazu. Aber das Interesse scheint wirklich immer größer zu werden, wobei das auch eine Kostenfrage ist, ganz klar. Das sind alles Profi-Musiker, und selbst wenn sie alle aus München kämen, wäre das schon ein ziemlicher Aufwand eine Tour zu machen. Und ich bin nicht so größenwahnsinnig, dass ich mir einbilde, jeden Abend Tausende von Leuten zu ziehen. Und wenn am Schluss die Freude an der Musik darunter leidet, dass man nur ans Geld denkt, dann warte ich lieber, bis es sich lohnt die Sache anzugehen. Die beteiligten Musiker wären dabei und sind absolut in der Lage alles entsprechend umzusetzen. Ich bin gespannt, wann es soweit ist und bin da schon offen dafür.

Martin:
Wie ich ja auch in meiner Plattenkritik geschrieben habe, befinden sich ruhigere, verträumte Momente aber auch ganz amtliche Riff-Attacken auf "Kailash". Die Mischung stimmt auf dem Album, wie ich finde, aber gibt es bei dir dennoch Vorlieben für die eine oder die andere Seite?

Hubi:
Ja, du wirst wahrscheinlich von mir nie ein reines Speed-Metal-Album oder so hören, aber ich habe schon eine ziemliche stimmliche Bandbreite. Ich könnte wahrscheinlich auch ein Death-Metal-Album machen. Aber mein Herz schlägt schon für Sachen mit viel Melodie. "EmOcean" war den Elementen Wasser und Luft zugeordnet, was eindeutig ein wenig emotionaler ausgefallen ist und "Kailash" ist hingegen eher Erde und Luft gewidmet, was sich auch ein wenig in dem Sound widerspiegelt, der vielleicht etwas erdiger ausgefallen ist. Das leicht Progressive, auch im Melodie-Faktor, ist da dann wie ein Trademark immer drin. Diesmal sind aber wirklich ein paar Sachen dabei, die ordentlich zur Sache gehen.

Martin:
Wie ich ja im Review geschrieben habe, sind meine Favoriten "Shiva's Dance" und "Wheel Of Life". Hast du Favoriten? Oder bist du da noch zu nahe dran?

Hubi:
Klar, bin ich zu nahe dran, aber dennoch ist es so, dass mir natürlich alles auf dem Album gefällt. Die bisherigen Reaktionen auf das Album waren so, dass schon 'Shiva's Dance' vielen Leuten gefällt, weil es vermutlich ganz gut auf den Punkt kommt und schon beim ersten Durchlauf hängen bleibt. Die Struktur ist gut nachvollziehbar. Aber auch 'Wheel Of Life' gefällt vielen, auch wenn der Track ein wenig vertrackt arrangiert wurde. Ich habe aber keinen bestimmten Favoriten und sehe das Album auch eher als Ganzes.

Martin:
Wenn ich das richtig verstanden habe, dann sind wie bereits bei "EmOcean" die beiden Bonus-Stücke von dem Holländer Joop Wolters eingespielt. Das ist eine recht ungewöhnliche Konstellation, ihn "nur" für Bonusstücke zu verwenden, zumal die Stücke vom Stil her super zum restlichen Material passen...

Hubi:
Joop ist aber keineswegs hier so der "Bonus-Ausputzer" oder Gitarrist der dritten Liga. Er ist ein fantastischer Instrumental-Gitarrist und war früher mal bei der holländischen Band ARABESQUE. Mittlerweile macht er instrumentale Jazz/Fusion-Alben und da ich ihn mir sehr gut bei diesen besagten Bonus-Stücken vorstellen konnte, habe ich ihn einfach gefragt, ob er nicht wieder mitmachen wollte. Er war gerne bereit und ich finde seine Beteiligung gibt dem Album noch mal eine bestimmte Note. Die Stücke sind auch mitnichten irgendwelche Leftovers oder so was. Das war eine Bedingung für den Vertrag mit Lion Music, dass es wieder ein Digipak geben sollte und als das klar war, wollte ich den Leuten auch noch etwas mehr bieten. Ich kenne das ja von mir, wenn die so genannten Bonus-Titel wirklich hochwertiges Material darstellen, dann kauft man sich das auch erst recht. Ich habe übrigens nur alleine an diesen beiden Titeln drei Monate herumgebastelt.

Martin:
Hubi, was hörst du privat für Musik und würdest du dich als Plattensammler bezeichnen?

Hubi:
Früher ganz eindeutig ja. Besonders in den achtziger Jahren, als die Schallplatte noch bestimmend war, da habe ich so ziemlich mein ganzes Geld dafür ausgegeben. Am besten immer die Platten des Monats in den einschlägigen Magazinen "blind" gekauft, nur weil meine Lieblingsrezensenten die empfohlen haben. Seit ich aber selber professionell Musik mache und da sehr viel Zeit investiere, fehlt mir trotz vieler Empfehlungen und Tipps, die man so kriegt, einfach die Zeit dafür. Privat bin ich mittlerweile auch jemand, der entweder mal gar nichts hört oder auch mal Klassik oder halt bunt gemischt. Ich höre also nicht nur Prog-Metal. Natürlich mag ich sehr gerne beispielsweise STEVE VAI und DREAM THEATER. Im Grunde gefällt mir alles, wo ehrlich Gefühle rübergebracht werden, was dann auch richtig harte Sachen nicht ausschließt. Da gibt es keine Grenzen.

Martin:
Neben deiner Solo-Karriere hast du in der Vergangenheit auch in Bands und zahlreichen Projekten gesungen. Steht diesbezüglich in näherer Zukunft wieder etwas an?

Hubi:
Ich schiele da jetzt nicht drauf, denn ich investiere zur Zeit einfach zuviel in meine eigenen Sachen. Wenn jetzt die Promo-Arbeit für "Kailash" fertig ist, werde ich wieder ins Studio gehen und wahrscheinlich wieder zwei Jahre an meiner nächsten Scheibe arbeiten. So fehlt mir zumindest für andere feste Bands schlicht die Zeit. Ich habe da auch kein Bedürfnis. Aber wenn mal in Richtung eines anderen Projektes etwas kommt, dann kann das schon passen, zumal ich ja auch ein eigenes Studio habe und so relativ unabhängig bin.

Martin:
Entschuldige, dass ich so direkt frage, aber kannst du eigentlich von der Musik leben?

Hubi:
Ja, in gewisser Weise kann ich schon davon leben, aber nicht weil ich dermaßen viel Kohle damit verdiene, sondern eher weil ich ein relativ bescheidener Mensch bin (lacht). Weißt du, wenn ich ein Album wie "EmOcean" oder "Kailash" produziere, dann kann man das auch machen, wenn man einen ganz normalen Dayjob hat, nur dauert es dann vielleicht keine zwei, sondern eher fünf oder mehr Jahre. Ich muss mich aber voll und ganz auf das konzentrieren, was ich mache, und habe die Lebensüberzeugung, dass man all das, wo man voll und ganz dahinter steht, auch realisieren kann. Da gibt es immer Mittel und Wege, so komisch die auch sein mögen. So war das bei mir bislang immer. Ich habe noch nie irgendwie Not gelitten oder so. Ich habe es nie wirklich bereut meinen erlernten Beruf als Lehrer an den Nagel gehängt zu haben, um professionell Musik machen zu können.

Martin:
Mit wem würdest du gerne mal zusammenarbeiten? Als Sänger kann sich da ja immer schnell mal was ergeben... Mit anderen Worten, hast du in dieser Richtung musikalische Träume?

Hubi:
Ich bin der glücklichen Lage, dass ich eigentlich genau das machen kann, was ich möchte und bin glücklich. Die Musiker, mit denen ich da zusammenarbeite, sind alle absolute Spitzenklasse und beispielsweise der Jorge Salan (g.) von MAGO DE OZ ist in seiner Heimat Spanien ein Superstar und spielt wochenlange Touren in den allergrößten Hallen.

Martin:
Stichwort Cover-Artwork/Aufmachung: Wie schon der Vorgänger ist auch das neue Album im schmucken Digipak wieder sehr wertig und zumindest über deine Homepage vergleichsweise günstig zu haben. Wie wichtig ist dir die optische Präsentation deiner Musik?

Hubi:
Das ist schon sehr wichtig und das war wie gesagt auch eine der Bedingungen für den Vertrag mit Lion Music, dass es wieder ein Digipak geben würde. Das gehört schon alles zusammen.

Martin:
Die berühmten letzten Worte an die Leser von Powermetal.de?

Hubi:
Vielen Dank für die tolle Unterstützung während der letzten Jahre!

Redakteur:
Martin Stark

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