MEMFIS: Interview mit Matthias Engström

31.03.2007 | 14:30

Ein mächtiges musikalisches Gewitter erreichte uns Anfang des Jahres aus Richtung Skandinavien: Die Schweden MEMFIS veröffentlichten ihr Debütalbum "The Wind-Up" und legten damit ein beeindruckendes Stück extremen Stahles vor. Die Band schafft es im Gegensatz zu vielen ihrer Genrekollegen, ihre zahlreichen musikalischen Einflüsse in nachvollziehbare Songstrukturen zu bannen und in massenkompatiblen 4-Minuten-Stücken zu verpacken. Ein Umstand, der in all dem Chaos, der von wütenden Ausbrüchen bis hin zum leicht jazzigen Wahnsinn alles beinhaltet, den Unterschied macht. Somit musste mir Gitarrist und Sänger Matthias Engström Rede und Antwort stehen, denn wer oder was sind MEMFIS überhaupt?

Matthias:
MEMFIS ist eine schwedische Metalband, die 2003 von mir (Matthias Engström, Gitarre und Vocals), Johan Boqvist (Gitarre und Vocals), Carl-Johan Lindblad (Drums) und Christian Öhberg (Bass) gegründet wurde. 2004 haben wir zwei Demos aufgenommen, die großartige Kritiken erhalten und uns den Plattenvertrag mit Dental Records eingebracht haben. Das Debütalbum "The Wind-Up" wurde bereits im September 2006 in Schweden veröffentlicht (Anfang 2007 in Europa – Anm. d. Verf.). Nach der Veröffentlichung entschied Johan, die Band zu verlassen, und wurde mittlerweile durch Daniel Grahn (THE KOLONY, ex-BRIMSTONE) ersetzt. MEMFIS haben bisher mit Bands wie ENTOMBED, THE HAUNTED und SATYRICON getourt und wurden mit dem Preis "Newcomer des Jahres" in der schwedischen Radioshow "P4 Dist" ausgezeichnet. Der Preis ist ein Auftritt beim "Sweden Rock Festival 2007". Ende 2006 gab es noch einen weiteren Besetzungswechsel: Christian Öhberg hat die Band verlassen. Er hat jedoch so lange weiter mitgespielt, bis wir einen neuen Bassisten mit Henrick Eriksson (ZKILLEMAN) gefunden hatten.

Chris:
Ihr seid mit "The Wind-Up" in Schweden in die Top-20-Albumcharts eingestiegen. Was hat sich dadurch für euch verändert?

Matthias:
Es war für uns selbst eine ganz große Überraschung, denn niemand von uns hatte das erwartet. Ich denke nicht, dass es so viel verändert hat für uns. Es brachte zusätzliche Werbung für eine neue aufstrebende Band und hatte natürlich den angenehmen Nebeneffekt, dass sehr viele Leute in der ersten Woche unsere Scheibe gekauft haben.

Chris:
In euren Songs seid ihr ziemlich experimentierfreudig und lebt gar eure Vorliebe für den Jazz aus. Wo siehst du selbst eure Grenzen?

Matthias:
Unsere eigenen Ohren und unser eigener Geschmack entscheiden, wo die Grenzen liegen. Auf dem nächsten Album möchte ich noch mehr mit Dynamik arbeiten, gleichzeitig weiter in extreme Passagen ausbrechen und geradlinigere Rockparts einbauen.

Chris:
Was ich gegenüber vielen Genrebands gut finde, ist, dass ihr kurze, prägnante Songs geschrieben habt. In einer klar abgesteckten Songstruktur tobt ihr euch aus. Wie beispielsweise LINKIN PARK, die es auch schaffen, in jeweils drei Minuten ihren Songaufbau durchzuziehen, ohne sich immer wieder selbst zu wiederholen. War das von vornherein beabsichtigt? Normalerweise erwartet man bei extremen Bands auch ausufernde Songs...

Matthias:
Ja, bei MEMFIS sind es eher kürzere Songs. Es ist wichtig, einen gewissen Fluss in der Musik beizubehalten und nicht zu viele Wiederholungen zu verwenden. Wenn ich fühle, dass ein Song nach 2:15 Minuten bereits fertig ist, dann muss ich ihn nicht mit halbherzigen Ideen noch künstlich verlängern, um auf drei oder vier Minuten zu kommen. Dann ist es besser, einfach einen neuen Song zu starten.

Chris:
Wie darf ich mir das Songwriting bei euch vorstellen?

Matthias:
Es hat sich mittlerweile so eingespielt, dass ich zu Hause viel komponiere, die Ideen aufnehme und fast komplette Songs arrangiere, bevor wir sie gemeinsam proben. Manchmal spielen wir auch einfach mit Ideen und arrangieren sie dann, aber da wir jetzt alle in verschieden Städten wohnen, nutzen wir die moderne Technik, indem ich den anderen Jungs die Songs per Email schicke, sie die Songs einstudieren und wir uns dann zu gemeinsamen Proben treffen.

Chris:
Als einzigen "Schwachpunkt" habe ich die tiefen Vocals ausgemacht, die zwar in Ordnung sind, aber eher unspektakulär daherkommen. Gab es nicht mal Überlegungen, einen "richtigen" Sänger mit ins Boot zu holen, der den Songs noch zusätzlich massentaugliche Hooklines verpassen könnte?

Matthias:
Nein, von Anfang an wollten wir keinen "normalen" Sänger. Wir wollten eher harte Gesangsparts als klare Vocals. So haben wir entschieden, das selbst zu übernehmen.

Chris:
Zwischen den Songs habt ihr immer kleine Zwischenspiele eingebaut, die den Zuhörer vom jeweiligen zum nächsten Song führt. Eine coole Sache. Steckt da irgend etwas dahinter? Oder nur eine zusätzlich kurze Verschnaufpause für alle?

Matthias:
Ich dachte, es wäre eine coole Idee, wenn wir Songs mit experimentellen Parts und kleinen Musikstücken miteinander verbinden würden. Damit haben wir dem Album mehr Tiefe und Dynamik gegeben und für die Zuhörer sind das großartige Erlebnisse.

Chris:
Ihr werdet als "Extreme Metal" bezeichnet und immer wieder mit OPETH und MASTODOON verglichen. Kannst du mit diesen Vergleichen und der Schublade leben?

Matthias:
Ja, OPETH und MASTODON sind wirklich großartige Bands und wir haben sie oft und lange gehört. Sie waren definitiv ein Einfluss für unsere Musik, speziell zu Beginn.

Chris:
Was meinst du, wie sieht der Markt für "Extreme Metal" heutzutage aus? Ist überhaupt ein richtiger Markt da?

Matthias:
Ich denke, die Szene ist gesund. Es scheint, als würde die extreme Musik heutzutage immer populärer werden. Eine Band wie MASTODON hat bei "Warner Music" unterschrieben. Es könnte also sein, dass diese Art von Musik die Kids überrollen und anstelle von so grauenvollen MTV-Bands wie MY CHEMICAL ROMANCE oder GOOD CHARLOTTE treten könnte.

Chris:
Wenn ich mir eure Scheibe so ansehe, habt ihr zwar ein Digi-Pack, aber das Booklet ist recht spartanisch. Auch die Farbe ist recht gewöhnungsbedürftig ... Auffallen ist alles?

Matthias:
Nun, wir haben entschieden, keine Texte und Bilder abzudrucken und alles sehr simpel und minimalistisch zu halten. Auch die blaue Farbe war geplant, aber das Layout ist nicht wirklich das, was wir wollten. Beim Anpassen auf das Digiformat sind einige komische Dinge passiert, die erst beim Pressen aufgefallen sind.

Chris:
Mit Dental Records habt ihr bei einem völlig neuen Label unterschrieben. Welche Erwartungen habt ihr an die Zusammenarbeit

Matthias:
Wir haben einige Angebote von verschiedenen Plattenfirmen bekommen, aber Dental Records kamen zu jener Zeit mit dem für uns besten Deal rüber. Sie haben eine gute Promotion in Skandinavien gemacht und haben MEMFIS auch als "höchste Priorität" eingestuft.

Chris:
Wie sehen die durchschnittlichen MEMFIS-Fans aus? Sind es eher Musiker oder Musikhochschulabsolventen, die wie bei einem DREAM THEATER-Konzert nur staunend euren Fähigkeiten folgen, oder "richtige" Fans, die aus einer MEMFIS-Show eine riesige Party machen?

Matthias:
Ich denke, wir haben alle möglichen Arten von Fans wie Metalheads, Hardcore-Kids und normale Leute etc. Ich würde MEMFIS nicht als "technische" Band bezeichnen, denn wir machen progressive Musik ohne dauernd schnelle und coole Licks zeigen zu müssen. Der Song steht in unserer Band immer im Vordergrund.

Chris:
Wie seht ihr selbst eure Rolle auf der Bühne? Hauptsache die Musik fehlerfrei spielen, oder doch lieber wildes Herumspringen?

Matthias:
Natürlich ist es für uns am wichtigsten, eine gute Performance abzuliefern und dabei nicht allzu viele Fehler zu machen. Aber wir versuchen auch immer, einiges an Energie auf der Bühne freizusetzen und ich denke, wir haben eine gute Balance gefunden.

Chris:
Lieber eine Band aus dem gleichen Genre, auch auf die Gefahr hin, dass ihr die Fans am Abend etwas überfordern könntet, oder lieber eine musikalisch fremde Band, damit es für alle interessant bleibt?

Matthias:
Solange wir vor einer Menge Leute spielen, die harten Metal erwarten und hören wollen, funktioniert es bei jeder Band, egal aus welchem Genre. Als wir SATYRICON in Schweden und Dänemark supportet haben, hatten wir zunächst den Eindruck, dass es schwierig sein könnte, ihre Fans zu beeindrucken, aber sie haben die Shows genossen, auch wenn wir einen ganz anderen Stil spielen.

Chris:
Gibt es irgendwelche Pläne für eine Tour? Wie sieht es aus mit einem Abstecher nach Deutschland?

Matthias:
Es sind einige Festivals für diesen Sommer und weitere Shows hier in Schweden bestätigt. Momentan gibt es noch keine Daten für Deutschland, aber wir haben auf jeden Fall vor, zu kommen. Unsere Konzertagentur arbeitet hart daran und sucht die richtige Gelegenheit für uns.

Chris:
Welche Erwartungen hast du an die Zukunft der Band?

Matthias:
Die Musik ist mein größtes Interesse. Sollten die Dinge plötzlich anfangen, zu rennen und ich hätte mich zwischen etwas wirklich wichtigem und meinem Job zu entscheiden, ich würde immer MEMFIS wählen. Ich hoffe, dass ich eines Tages von meiner Musik leben kann.

Chris:
So, vielen Dank für das Interview. Jetzt ist es Zeit, ein paar abschließende Worte an deine deutschen Fans zu richten...

Matthias:
Ich hoffe, dass alle Metalfans in Deutschland MEMFIS eine Chance geben, schaut auf unserer Homepage http://www.memfis.net oder http://www.myspace.com/memfisband vorbei, da könnt ihr euch einige unserer Songs anhören. Hoffentlich kommen wir so schnell wie möglich nach Deutschland und spielen für euch. Ich danke dir.

Redakteur:
Chris Staubach

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