MOB RULES: Interview mit Jan Christian Halfbrodt

16.03.2016 | 14:55

Im deutschen Melodic-Metal-Sektor ist MOB RULES seit Jahren eine feste Größe und besticht nicht nur durch tolle Songs, sondern vor allem durch den Mehrwert der konzeptionellen Hintergründe. Davon kann auch das neue Album "Tales From Beyond" ein Liedchen singen. Tollste Melodien und feinste Musik hier, anspruchsvolle und erzählenswerte Geschichten dort. In ihrer Gesamtheit macht die Platte eine außerordentlich gute Figur. Darum baten wir Keyboarder Jan Christian Halfbrodt zum Gespräch und klären nun, warum der Schimmelreiter, ausreichender Schlaf und der Marsianer für dieses Album so essentiell sind.

Hallo Jan Christian, Marcel von POWERMETAL.de hier. Erst einmal herzlichen Dank für die Beantwortung meiner Fragen und das Interview. But first of all, wie geht es dir? Wie ist die momentane Stimmung bei MOB RULES?

Hi Marcel, aufgeregt und euphorisch trifft es wohl am besten! Wir haben eine anstrengende Zeit hinter uns und freuen uns nun tierisch auf die Reaktionen zu unserer neuen Scheibe und natürlich auch auf die kommenden Shows! Wird Zeit mal wieder aus dem Studio und auf die Bühne zu kommen!

Bevor wir auf das Wichtige - das neue Album - zu sprechen kommen, musst du mir ein kleines Update geben, was seit der VÖ der "Timekeeper"-Compilation bei MOB RULES so passiert ist.

Viel Gutes! Die Reaktionen waren großartig und unsere Plattenfirma hat den Wunsch geäußert, dass wir doch möglichst schnell ein neues Studioalbum nachliefern sollten! Da war es dann vorbei mit der Ruhe und wir haben uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, innerhalb von einem Jahr das zu wuppen. Entsprechend hart und intensiv haben wir gearbeitet und bis auf wenige Shows alle verfügbare Zeit in dieses Album gesteckt! Umso stolzer sind wir, dass dies auch geklappt hat und es trotzdem kein Stück nach einem Schnellschuss klingt. Im Gegenteil, durch das intensive Arbeiten haben wir sehr viel Liebe in die Details gesteckt, was man hoffentlich auch hören kann.

Seit eurem letzten regulären Album "Cannibal Nation" sind mittlerweile dreieinhalb Jahre ins Land gezogen. Wie beurteilst du das Album aus heutiger Sicht?

Es ist etwas getragener als "Tales From Beyond", aber ich mag es noch sehr gerne, allein schon weil Songs wie 'Lost' oder 'Ice & Fire' und auch das Titelstück mittlerweile von MOB RULES nicht mehr wegzudenken sind. Wir haben damals nach den beiden sehr konzeptionellen Vorgängern bewusst ein eher erdiges Album schreiben wollen, und diesen Weg nun mit "Tales From Beyond" fortgesetzt. Ich denke, es war genau das richtige Album zum richtigen Zeitpunkt.

"Tales From Beyond", das neue MOB RULES-Baby, ist bereits euer achter Langspieler. Mit welchen Zielen an die Musik und an euch selbst seid ihr an die Arbeiten herangetreten?

Wir wollten ein gutes Album schreiben, das war eigentlich alles. Der Rest hat sich dann auf dem Weg entwickelt. Wir haben uns früher viel mehr Gedanken gemacht, was unsere Trademarks sind und ob das Material noch nach uns klingt, mittlerweile haben wir uns davon befreit. Unter dem selbstauferlegten Zeitdruck war es diesmal auch kaum möglich, jedes Riff dreimal umzudrehen. Aber das hat uns auch gut getan, denn am Ende klingt es sowieso nach MOB RULES und dieses Selbstvertrauen haben wir mittlerweile.

Steckt ein spezielles Konzept hinter der neuen Platte oder einzelnen Songs?

Nicht wirklich, allerdings hat sich diesmal textlich ein kleiner Schwerpunkt zu Themen entwickelt, die aus der Literatur oder historischen Ereignissen inspiriert sind. Daher haben wir den Titel "Tales From Beyond" gewählt, was ein wenig den roten Faden darstellt, der sich durch das Album zieht, wobei jeder Song schon für sich alleine steht. Als Beispiel die Entstehung von 'Somerled', der eigentlich unter dem Arbeitstitel 'Wardrums' begonnen wurde. Sven (unser Gitarrist) hatte beim Komponieren das Bild im Kopf, wie ein schottisches Heer mit Fackeln und Trommeln in die Schlacht zieht. Unser Schlagzeuger hingegen hatte Bilder im Kopf von einer Art Fliegerlied á la 'Aces High'. Als es ans Texten ging, hab ich viel in der schottischen Geschichte gelesen und bin dort auf die Person Somerled gestoßen, halb Schotte halb Wikinger, welcher in zwei großen Seeschlachten die Bewohner der schottischen Inseln von einem grausamen König befreite und ein eigenständiges Königreich der Inseln gründete, in dem Schotten und Wikinger vereint lebten. Eine spannende Geschichte, die wie aus einem Film wirkt, aber wirklich real ist! Aus den Fliegern sind also Langboote geworden, aber so haben wir irgendwie alle Ideen vereint und der Song ist eine runde Sache geworden.

Ein richtiger Eye- und Ear-Catcher ist sicherlich das dreiteilige Titelstück. Solch einen Dreiteiler habt ihr seit "Among The Gods" nicht mehr gemacht. Was steckt dahinter? Welche Geschichte(n) wird/werden uns erzählt?

Eine Sache haben wir uns zu Beginn dann doch vorgenommen, nämlich dass das Album mit einem Dreiteiler enden soll, der inhaltlich auch den Titel und das Artwork des Albums beeinflusst. Zu der Zeit habe ich gerade das Buch "Der Marsianer" von Andy Weir gelesen und war ziemlich begeistert davon, daher der Vorschlag, diese Trilogie doch darauf basieren zu lassen. Das war übrigens bevor bekannt wurde, dass dieses Buch auch noch verfilmt wird, aber das zeigt ja, dass es wirklich eine gute Grundlage ist. Sven hatte schon im Vorfeld viele Ideen auf seiner Festplatte gesammelt und gleich drei Songanfänge im Kopf, die man super kombinieren konnte und die von der Stimmung zur Thematik passen. Uns ging es auch gar nicht darum, die Geschichte original zu erzählen, sondern den Inhalt eher abstrakt wiederzugeben: Der erste Song beschreibt eine Reise ins Ungewisse, den Schritt in eine ganz neue Welt, wobei dann alles schiefgeht und über einem zusammenbricht, bzw. alles bisher Bekannte wie von einem Sturm weggeblasen wird. Der Protagonist wird alleine zurückgelassen und ist plötzlich ganz auf sich gestellt. Musikalisch wird das auch umgesetzt, gerade der Mittelteil soll das Chaos ausdrücken, welches während des Sturms herrscht. Der Protagonist entscheidet trotzdem am Leben bleiben zu wollen und sich der Situation zu stellen.

Teil 2 ist der ruhigste Track auf dem Album, unsere Ballade wenn man so will, die die größte Form der Einsamkeit wiederspiegelt, denn was gibt es Einsameres als alleine auf einem fremden Planeten gestrandet zu sein? Alleine dieses Thema hat mich an dem Buch fasziniert, die Vorstellung wie es einem dabei gehen muss. Mir hat ein Freund mal erzählt, wenn man sich bei Nacht oder im Dunkeln ganz lange im Spiegel anstarrt, erkennt man sich irgendwann selber nicht mehr und bekommt vor sich selber Angst. Ich habe das nie ausprobiert, aber in den Text mit einfließen lassen, denn was gibt es Einsameres, als so auf sich selbst zurückgeworfen zu sein, dass man sich selber nicht mehr erkennt.

Teil 3 soll dann Hoffnung machen und eine Aufbruchstimmung erzeugen, denn egal welche Herausforderung das Leben einem stellt, man kann und muss sie bewältigen. Sei es mit Hilfe von Erfahrung, Wissenschaft oder anderen Menschen, die einem zur Hilfe eilen. Und man sollte sich bewusst sein, wie viele endlose Schritte noch vor einem liegen, aber man sein Ziel verfolgen muss. Das hat doch etwas sehr Positives zum Abschluss der CD! Im Übrigen ist Nikolas (unser Schlagzeuger) auch für alle unsere Artworks verantwortlich und hat diese drei Songs grandios illustriert! Wer das Album also als CD oder LP kauft, bekommt ein paar echte Kunstwerke im Booklet zu sehen!

Wow, das ist ein hervorragendes Konzept, durch den die Songs per se noch viel stärker zum Ausdruck kommen, Respekt. Zudem sticht der Opener musikalisch wie auch konzeptionell heraus. Was bewegte euch dazu, einen Song basierend auf Theodor Storms "Der Schimmelreiter" zu entwerfen?

Ich liebe dieses Buch! Im Prinzip ein kleines "Der Herr der Ringe" des Nordens und es eignet sich inhaltlich einfach toll für einen Metal-Song. Es handelt von einem jungen Außenseiter, der es durch Fleiß und die Liebe seiner Frau schafft, Deichgraf zu werden und der eine völlig neue Art von Deich baut und damit Hunderten das Leben rettet, von Mythen und Mysterien die sich um ihn spinnen, einer gewaltigen Sturmflut und der Legende, dass sein Geist als schwarz umhüllte Gestalt bei Mondlicht immer noch am Strand reitend gesehen wird, sobald ein Sturm erneut das Land bedroht! Das sind doch tolle Themen, aber noch viel wichtiger: Das Ganze spielt quasi bei uns vor der Haustür, also genau in unserer Heimatregion. Wir wurden einmal von einem amerikanischen Journalisten gefragt, warum wir als deutsche Band denn einen Song über das JFK-Attentat gemacht haben, also über amerikanische Geschichte. Jetzt haben wir auch etwas aus unserer Heimat!

Mal als Anekdote: Der Song trug ursprünglich den Arbeitstitel 'Night Invention', weil unser Gitarrist Sven die Idee zum Riff und der Melodie im Schlaf hatte! Er ist dann schnell aufgestanden, hat das Nötigste mit dem Handy aufgenommen und sich wieder hingelegt. Die Idee über den Schimmelreiter zu schreiben hatten wir eigentlich zu Gunsten des Marsianers (die drei Songs passten eben besser dazu) verworfen, was wir dann irgendwie sehr bedauert haben. Als 'Night Invention' im Songwriting immer mehr wuchs und Gestalt annahm, war irgendwann klar, das ist die richtige Grundlage für den Deichgrafen! Ich hab mich dann drei Tage eingeschlossen, das Buch auf Deutsch und auf Englisch erneut gelesen und die Geschichte auf die vorhandenen Parts verteilt und bin ehrlich gesagt ziemlich stolz auf das Ergebnis, vor allem auch wie Klaus dem Text dann Leben eingehaucht hat. Ich hoffe beim Hören spürt man förmlich die Wellen einem entgegenspritzen!

Kommen einem die besten Ideen nicht immer im Schlaf? Hehe. Wie mir AXEL RUDI PELL persönlich vor einigen Wochen sagte, begleitet ihr den Altmeister auf seiner kommenden Tour. Worauf können sich MOB RULES-Anhänger einstellen und welche neuen Songs könnte man auf der Tour erwarten?

Freut euch auf 50 Minuten MOB RULES, die heiß sind endlich wieder auf der Bühne zu stehen. Was das Programm angeht, bei acht Alben wird es langsam schwierig alle gleichwertig zu behandeln, aber die Klassiker sind natürlich mit dabei und selbstverständlich auch Songs von "Tales From Beyond". Welche das werden, kann ich aber selber noch nicht sagen! Einen Tag nach VÖ haben wir unsere Releaseparty in Oldenburg und werden dort einige neue Stücke spielen, dann wird sich zeigen, welche live am besten ankommen und mit auf Tour dürfen!

Was steht nach der Tour an? Gibt es schon etwaige Festivaltermine, die du mir präsentieren und verraten kannst?

Konkret kann ich leider noch nichts sagen, nur dass wir im Herbst definitiv noch einmal unterwegs sein werden und sich sicher auch das eine oder andere Festival noch ergeben wird. Momentan steht unser Fokus erst einmal auf der VÖ und der Tour mit Axel, aber alles Neue gibt es natürlich sofort auf Facebook und unserer Homepage zu finden.

Jan Christian, an dieser Stelle möchte ich mich herzlichst für das Interview und all die Anekdoten und Geschichten hinter "Tales From Beyond" bedanken. In dem Album steckt weitaus mehr als nur eine lose Ansammlung von gutem Melodic Metal: Wenn man eurem Album seine berechtigte Aufmerksamkeit schenkt, offenbart sich ein musikalischer und konzeptioneller Hochgenuss.

Redakteur:
Marcel Rapp

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