MONOBLOCK: Interview mit Franz Steinert

01.05.2007 | 17:34

An sich wäre MONOBLOCK eine ganz normale Gothic-Band. An sich. Doch neben trister Stimmung und männlich/weiblichem Wechselgesang gibt es eine enorme Bandbreite und ein Album, das vor Abwechslung und genialem Songwriting nur so strotzt. Sänger Franz Steinert, dessen letzte CD-Einkäufe Vitalij Kuprij, Benny Goodman und DISILLUSION umfassten, erklärt das so: "Zum einen ist der Wunsch groß, etwas Eigenständiges zu schaffen, was sich nicht so schnell weg hört. Das prägt natürlich auch das Songwriting und es macht uns einfach Spaß, mit Strukturen, Stimmungen, Sounds und Gesängen zu experimentieren. Zum anderen sind die Songs über einen Zeitraum von drei Jahren entstanden. Da verändern sich die aktuellen Vorlieben der Bandmitglieder und die fließen mit in die Komposition ein." Und wie wird an die Songs rangegangen? "Das ist verschieden. Meistens gab es den Text vorab und er wurde vertont, selten ist auch ohne Text Musik entstanden, wie beim Opener 'Rattenmenschenmassen'. Das Komponieren macht seit eh und je das Trio Ingo am Keyboard, Litz an der Gitarre und Frank am Schlagzeug. Die drei verstehen sich musikalisch blind, wobei Ingo dabei federführend ist, wie der Hörer sicher auch bemerkt. Grundsätzlich bringt aber jeder der drei seine Ideen ein und dann wird gejammt und gebastelt, viel entsteht direkt im Proberaum. Steffi und ich geben dann unsere Meinung dazu ab und setzen die Gesänge drauf, außer die anderen haben schon eine konkrete Vorstellung dazu, die uns gefällt. Eine Ausnahme ist 'Kinderaugenblicke', was Ingo komplett selbst geschrieben hat. Allerdings hat er dazu gemeint, dass das gemeinsame Komponieren wohl die bessere Zukunft hat."

Bei einer Band wie MONOBLOCK, die verschiedenste Ansätze in ihren Songs hat, ist es natürlich auch gut zu wissen, woher die Einflüsse kommen: "Es wäre wohl fast kürzer zu beantworten, was musikalisch absolut an uns vorbei geht. Von Black-Metal bis Musical hören wir privat eine gewaltige Bandbreite. Das ist wohl auch ein weiterer Grund für das abwechslungsreiche Songwriting. Wenn ich was hervorheben müsste, wäre es die Melodic-Death-Metal-Fraktion, die wir quantitativ wahrscheinlich am meisten hören. Aber da Musik für uns alle im Leben eine sehr zentrale Rolle spielt, blickst du dadurch fast automatisch immer wieder mal über den Tellerrand deiner Vorlieben. So geht's mir zumindest. Gute Musik sollte nicht abhängig von einer Stilrichtung sein." Ebenso markant und interessant bei MONOBLOCK sind die Texte, die genauso wie die Musik sehr vielseitig ist. Doch die Frage nach dem Sinn ergibt sich als schwierig: "Wir haben ja mit Thomas einen Texter, der nicht mit auf der Bühne steht. Da ich mit Steffi zusammen die Sachen singe, wollte ich von ihm auch gern eine Erklärung, einer Interpretation seiner Texte haben. Aber kein Weg. Thomas hat mir gesagt, wenn er schreibt, dann fühlt er, dann denkt er nicht. Was will er da erklären? Frag mal einen Maler, was er konkret mit einem abstrakten Bild ausdrücken will. Vielleicht kann man das damit vergleichen. Die Texte sind da, sie sind bildreich, sie beschreiben etwas - und zwar für jeden etwas anderes, denn jeder hört die Texte mit seinen Ohren, verbindet sie mit eigenen Vorstellungen. Sie sprechen dich an, oder auch nicht - wie die Musik, bei der du auch nicht weißt, warum eine Tonfolge nun genau so geworden ist und nicht anders."

Und die Zukunft? "Spielen! Konzerte! Live! Das letzte Jahr war nach dem Ausscheiden unserer Bassistin und den Vorbereitungen aufs Studio sehr konzertarm. Mal sehen, was wir so an Land ziehen. Ein weiterer Gitarrist steht auch auf unserer Wunschliste, aber die Suche war bislang erfolglos." Obwohl das mit den Konzerten sich dann doch als etwas schwierig erweist. "Konkretes kann ich da leider noch nicht vermelden. Für die kommenden Monate stehen wir in Kontakt mit regionalen Veranstaltern. Geplant sind außerdem Konzerte deutschlandweit für dieses Jahr, aber der von uns engagierte Booker hat bislang nur, nennen wir sie mal "suboptimale" Ergebnisse erreicht. Wir hoffen natürlich, das da noch was geht. Ohne festes Label, Promotionmaschinerie und so weiter musst du dich ganz schön strecken."

Genauso interessant wie das Album sind die Reaktionen: "Die sind absolut gespalten. Keiner der Rezensenten beschwert sich über das Handwerkliche und mit der Produktion bei "KickTheFlame" haben wir eine sehr glückliche Wahl getroffen. Bei der Einordnung dessen, was wir künstlerisch geschaffen haben, scheiden sich dann aber die Geister. Was die einen schätzen, nervt die anderen. So ist das beispielsweise mit den progressiven, experimentellen Elementen. Die einen nennen es unbeständig und hektisch, die anderen innovativ und fesselnd. Die Texte sind für die einen kindisch, naiv und unverständlich, für andere bilden sie ein interessantes, ausdrucksstarkes Konzept. Für die einen sind wir totales Klischee, für die anderen gerade das nicht. Dazu kommt noch die alte Gothic-versus-Metal-Geschichte. Von der einen Seite haut manch "Schwarzer" auf uns ein, weil wir Metal machen, von der anderen der ein oder andere Metaller, weil wir Keyboard und Frauengesang dabei haben. Da musst du bei manchen Rezensionen ganz schön wegstecken können. Aber es gab wie gesagt auch einen Batzen Anerkennung, pro und contra halten sich die Waage und live gab es bisher durchweg positives Feedback. Das unsere Musik polarisiert, interpretiere ich einfach mal als Qualitätsmerkmal."

Bei einer Band, die so gemütlich mit den Grenzen der Gothicmusik umgeht, ist es mit Sicherheit auch interessant zu erfahren, wie sie die Szene sehen: "Die Szene wächst und damit auch der Grad der Kommerzialisierung, so ist zumindest mein Eindruck. In einschlägigen Foren gibt es ja auch schon seit längerem Diskussionen, in wie weit der Szene die alten Ideale verloren gehen. Aber ich bin selbst zu wenig involviert, um da eine konkrete Meinung zu vertreten. Ich schätze auch weiterhin die familiäre Atmosphäre auf schwarzen Konzerten, das hat schon oder auch immer noch was Einzigartiges. Musikalisch gibt mir im Moment der metallisch geprägte Bereich in der Gothic-Szene nicht wirklich was. Vieles, was ich vor ein paar Jahren noch gut fand, dreht sich da meines Erachtens im Kreis und wird immer wieder vermarktet, weil es anscheinend funktioniert. Für meinen persönlichen Geschmack gibt es da trotz der Vielzahl von Veröffentlichungen wenig mutige, spannende Alben. Vielleicht hab ich sie aber auch nur verpasst."

Und der Bandname? "Oh, dafür haben wir unsere sehr ausführliche Bandbiographie online stehen, wo das auf pointierte Art und Weise "erklärt" wird. MONOBLOCK sind weiße, ineinander gestapelte Gartenstühle - die passende Bezeichnung für eine selbst erklärte Gothic-Band, oder? Jaja, eine alte Jugendsünde, die uns immer wieder an die Anfangszeiten der Band erinnert und ganz nostalgisch werden lässt." Ebenso nostalgisch: Der Gedanke an die neue CD "Kinderaugenblicke": "Ich denke an die drei Jahre, in denen das Material entstanden ist - jeder Song hat eine andere Geschichte, einen anderen Kontext. Ich denke daran, wie sich die Band und mein Leben weiterentwickelt haben, ganz oft auch an die intensive Zeit der Aufnahmen, die MONOBLOCK-WG in Steffis und meiner Wohnung in Leipzig während der Zeit im Studio und an die "Arbeit" mit Andy, unserem Produzenten. Ich freu mich wie ein kleines Kind über den gelungenen Sound, das kleine Arrangement hier und das "komische Geräusch" da. Oder lasse bewusst die Texte auf mich wirken. Verträumt, wehmütig, ein bisschen stolz, herausfordernd für die Zukunft - so empfinde ich das Album beim Hören."

Aber in welches Genre ordnet man diese Musik nun ein? "Gothic-Metal mit progressiven Anleihen. Die Erläuterungen dazu könnten ganze Seiten füllen, aber erstens merkt sich das keiner und zweitens kann, wer will, sich in Zeiten von MySpace ganz einfach sein eigenes Bild machen." Die Entscheidung für diesen Stil kam dann ganz von selber: "Wir sind in den Proberaum gegangen und haben Musik gemacht. Das ist dann mit den Leuten, Fähigkeiten und Prägungen über die Zeit daraus geworden."

Genauso bewegt ist die Geschichte von MONOBLOCK: "In der MONOBLOCK-Frühzeit bis 2002 war die Besetzung einigen personellen Wechseln unterlegen. Bis dahin hatten sich unser Kompositionstrio und Thomas aber schon gefunden. Dann kamen Steffi und ich neu dazu. Wir haben uns da übrigens kennen gelernt und feiern demnächst zweiten Hochzeitstag. Hach, wie im Film. Außer mir kannten sich alle aus Schulzeiten in Meerane/Sachsen. Mich hat der ehemalige Bassist empfohlen, Ingo rief mich dann an, die erste Probe war eine Katastrophe, aber sie hatten keinen anderen. Da mussten sie und ich dann durch. Hat anscheinend eine sehr verbindende Wirkung gehabt, diese Anfangszeit. Na und wir heute feiern jedes mal drüber ab, wenn wir drüber quatschen." Es gibt natürlich auch ein Lebe neben MONOBLOCK: "Ganz wichtig: Ich teile neben MONOBLOCK auch noch den "Rest" meines Lebens mit meiner besten Ehefrau von allen, Steffi. Außerdem studiere ich, beschäftige mich momentan intensiv mit den IRRSTERNEN, einem musikalischen Nebenprojekt, besuche oft und viel Freunde und Familie, engagiere mich zusammen mit meiner Frau in einer Gemeinde hier in Leipzig. Aber mein Tagesplan hat in der Regel immer einen Batzen MONOBLOCK intus. Das brauch ich."

Redakteur:
Lars Strutz

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