MY DARKEST HATE: Interview mit Jörg M. Knittel

01.01.1970 | 01:00

Bereits das 2002 veröffentlichte Album "To Whom It May Concern" stellte eines klar. Im deutschen Untergrund rotiert ein alles zermalmender Death-Metal-Panzer, der nun mit immenser Kraft seine zurückhaltenden Ketten gesprengt hat. "At War", die neue Langgrille von MY DARKEST HATE, ist ein beinhartes Schlachtschiff geworden, das den internationalen Genregrößen ein fettes Pfund vor die Reißzähne wirft. Songwriter Jörg M. Knittel, zugleich Mastermind bei den deutschen Power-Metallern von SACRED STEEL, hatte einige interessante Facts zu "At War" zu berichten.

Alex Straka:
Hi Jörg! Am 17. Mai sticht euer neues Death-Metal-Schlachtschiff "At War" in die blutige See. Hat euch die Release-Nervosität bereits befallen?

Jörg M. Knittel:
Es ist natürlich immer interessant zu sehen, wie ein neues Album bei Fans und Presse so ankommt, aber von Nervosität würde ich nicht sprechen. Das Wichtigste ist, dass wir einhundert Prozent dahinter stehen und zufrieden damit sind. Dies ist bei "At War" definitiv der Fall!

Alex Straka:
Zunächst möchte ich etwas über euren Werdegang erfahren. Wie ich hörte, hast du schon seit Beginn der Neunziger ein Projekt im Stil MY DARKEST HATEs im Sinn. Warum hat es bis 1998 gedauert, bis die Metalschar deine schwarze Seele kennen lernen durfte?

Jörg M. Knittel:
Ich hatte zwar schon seit Jahren massig Riffs und Ideen, jedoch nie die richtigen Leute, das optimal umzusetzen. Zudem wollte ich Musiker, die nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich perfekt zu mir passen. Ich hab dann Ende der Neunziger intensiv angefangen mir Leute zu suchen, und diese dann auch zuerst in René Pfeiffer, später dann in Klaus, Oli, Schorty und Chris gefunden. Der René hatte ja das Demo und das Debüt eingesungen, musste dann aber aufgrund einer Tinituserkrankung den Job an den Nagel hängen. Mit Chris Simper haben wir dann jedoch recht schnell einen optimalen Nachfolger gefunden.

Alex Straka:
Seit 2000 habt ihr drei Mal die Studiohallen des "House Of Music" geentert und die Dienste von Achim Köhler in Anspruch genommen. Warum kehrt ihr mit jeder Veröffentlichung nach Winterbach zurück?

Jörg M. Knittel:
Zum einen liegt das Studio ganz günstig in der Nähe von Stuttgart, so dass wir abends wieder heim fahren können und nicht wochenlang aufeinander hocken müssen, und andererseits macht der Achim einfach einen klasse Job. Wir sind ja auch befreundet und er weiß genau, wo wir hinwollen, und kann dies perfekt umsetzten. Es gibt also keinen Grund, hieran was zu ändern.

Alex Straka:
Euer Sänger Chris Simper hat nach "To Whom It May Concern" auf "At War" ein zweites Mal seine Handschrift auf einem MY DARKEST HATE-Longplayer hinterlassen und liefert eine beachtliche Leistung ab, die sich international nicht zu verstecken braucht. Ist er mittlerweile vollends in die Band integriert?

Jörg M. Knittel:
Absolut! Er ist mittlerweile voll integriert und hat auch auf dem neuen Album einen Hammerjob abgeliefert! Meiner Meinung gehört er zu den besten Death-Metal-Sängern schlechthin. Auch live sind wir inzwischen ein eingespieltes Team. Ich denke, jeder, der uns schon mal gesehen hat, wird dies bestätigen können.

Alex Straka:
Du bist neben MY DARKEST HATE auch noch bei SACRED STEEL tätig. Kannst du beide Bands sauber voneinander trennen und dich auf beide Sachen gleichzeitig konzentrieren, oder läuft eines deiner Babys mittlerweile auf ein Projekt hinaus?

Jörg M. Knittel:
Beide Bands sind sehr aktiv und im Juli wird’s auch ein neues SACRED STEEL-Album geben. Es ist zwar manchmal schon recht stressig, alles zu koordinieren, aber bislang hat’s meistens funktioniert. Solange es Spaß macht, ist das alles kein Problem! Beide Bands machen ja auch ganz unterschiedlichen Sound. Wenn ich nun zwei ähnlich klingende Death-Metal- oder Power-Metal-Bands am Start hätte, würde das natürlich wenig Sinn machen.

Alex Straka:
Euer Drummer Klaus Sperling hat vor kurzem seinen Schlagzeugposten bei PRIMAL FEAR an den Nagel gehängt. Kannst du mir ein wenig zu dieser doch sehr überraschenden Tatsache erzählen?

Jörg M. Knittel:
Da müsstet du die direkt beteiligten fragen. Es kommt halt vor, dass man sich im Lauf der Jahre musikalisch und menschlich auseinander lebt... Für MY DARKEST HATE hat es natürlich den positiven Nebeneffekt, dass der Klaus nun mehr Zeit hat und wir unsere Terminplanung etwas einfacher gestalten können.

Alex Straka:
Ein Vorteil des PRIMAL FEAR-Ausstiegs von Klaus ist sicherlich die nunmehr unbehinderte Tourneeplanung von MY DARKEST HATE für 2004. Wie sieht es in diesem Jahr aus? Werden wir euch livehaftig zu Gesicht bekommen und in welcher Form werdet ihr über uns herfallen?

Jörg M. Knittel:
Ob’s eine Tour gibt, ist noch nicht entscheiden. Müssen wir mal abwarten. Das Ganze muss natürlich finanzierbar sein und auch von der Bandzusammenstellung Sinn machen. Wir spielen auf jeden Fall viele Einzelshows und auch auf einigen Open-Airs, wie dem "Fuck The Commerce" und dem "Dong Open Air". Aktuelle Dates gibt’s immer auf unserer Website mydarkesthate.de.

Alex Straka:
Das Coverartwork zu "At War" stammt von Travis Smith, der bereits geniale Artworks für NEVERMORE, MALEVOLENT CREATION etc. angefertigt hat. Wie kam der Kontakt zu ihm zustande?

Jörg M. Knittel:
Travis Smith ist für mich ein absolut begnadeter Künstler und ich liebe seine Arbeiten, die er für KATATONIA, MALEVOLENT CREATION oder auch BLOODBATH gemacht hat. Ich wollte ihn unbedingt für das neue Album und hab dann mit ihm Kontakt aufgenommen und ihm auch unsere letzte CD geschickt. Wir haben dann gemeinsam eine Grundidee ausgearbeitet, welche er brilliant umgesetzt hat. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir auch beim nächsten Mal wieder zusammenarbeiten.

Alex Straka:
Songs wie 'Mary' sind sehr experimentell ausgefallen und entfernen sich von gängigen Death-Metal-Stilelementen. Achtet ihr besonders auf Eigenständigkeit und das Etablieren eines ureigenen MY DARKEST HATE-Stiles?

Jörg M. Knittel:
Wir legen zwar keinen großen Wert drauf, besonders originell zu klingen, aber ich finde auch, dass wir langsam schon einen eigenen Stil entwickelt haben. Sicher wird man immer unsere Einflüsse erkennen, aber wir klingen nicht wie eine Kopie, sondern versuchen dies eigenständig umzusetzen.

Alex Straka:
Ein Frage die ich immer wieder gerne stelle, ist die nach der Entstehung eurer Songs. Kommen die Bandmitglieder mit groben Ideen in den Proberraum und ihr arbeitet gemeinsam die Songs aus oder existieren bereits fertige Nummern, die lediglich gemeinsam eingeprobt werden?

Jörg M. Knittel:
Die meisten Songs stammen ja von mir und ich bevorzuge es, mit der fertigen Grundidee in den Proberaum zu kommen, so dass man nur noch die Feinheiten ausarbeiten muss. Dementsprechend flott geht es dann auch, so dass unsere Proben meist ziemlich kurz sind, haha. Diese Arbeitsweise hat sich einfach als am effektivsten herausgestellt. Bei früheren Bands war das manchmal so, dass jeder ein Riff hatte und man dann daraus einen Song gebastelt hat. Natürlich hatte dann noch jeder seine genauen Vorstellungen, so dass es dann Monate dauerte, bis ein Song fertig war. Zuviel Basisdemokratie kann manchmal auch hinderlich sein.

Alex Straka:
Wie verlief der Aufnahmeprozess zu "At War"? Gab's Probleme oder lief alles glatt?

Jörg M. Knittel:
Es gab keine Probleme. Wenn wir ins Studio gehen, sind die Songs immer bis ins Detail ausgearbeitet, so dass es recht zügig vorangeht. Da wir ja auch das Studio und den Achim bestens kennen, ist der Aufnahmeprozess immer sehr relaxt.

Alex Straka:
Sämtliche Songtitel suggerieren eine sehr kriegerische und rebellische lyrische Ausrichtung. Würdest du mir was über die Texte von MY DARKEST HATE erzählen?

Jörg M. Knittel:
Der Titel "At War" bezieht sich nicht auf das Schlachtfeld oder irgendwelche Kriege, sondern auf die Kämpfe, die jeder von uns täglich bestehen muss. Sei es bei der Arbeit, mit dem Nachbarn oder einfach irgendwelchen Idioten, die versuchen, einem das Leben schwer zu machen. Bei anderen Lyrics wurde ich durch Spielfilme und auch Dokumentationen beeinflusst. Es gab zum Beispiel eine reale Geschichte, wo sich jemand vor laufender Webcam mit Tabletten und Alkohol das Leben nahm. Etliche Menschen haben das live verfolgt und ihn noch angestachelt weiterzumachen. Dadurch entstand der Text zu 'Voyeur'.

Alex Straka:
Was möchtest du persönlich mit MY DARKEST HATE ausdrücken und welche Botschaft willst du mit Hilfe der Band in die Welt tragen?

Jörg M. Knittel:
Musikalisch möchte ich einfach meine Vorstellung von brutaler Musik umsetzten. Von einer wirklichen Botschaft zu sprechen, wäre wohl übertrieben, aber prinzipiell handeln einige Texte davon, dass man sein Leben selbst in die Hand nehmen und sich nicht auf fremde Hilfe, Gott oder wen auch immer verlassen soll. Lass dich nicht verarschen und vertritt deine Meinung, auch wenn’s mal weh tut.

Alex Straka:
Ihr legt größten Wert auf tonnenschwere Grooves, eingängige Hooklines und überwiegend gedrosseltes Tempo. Würdest du mir beipflichten, wenn ich diese Attribute als für euch stilprägend heraushebe?

Jörg M. Knittel:
Ich denke, das kann so stehen lassen. Wir versuchen möglichst simpel und effektiv geballte Energie zu transportieren. Ähnlich wie es auch Bands wie BOLT THROWER oder LOWBROW tun. Zudem achten wir drauf, dass gewisse Hooklines vorhanden sind, die sich in die Gehörgänge fräsen. Im Endeffekt machen wir einfach genau die Musik, die wir auch selber kaufen würden.

Alex Straka:
Letzte Frage Jörg: "At War" ist eure zweite Zusammenarbeit mit Massacre Records. Was erwartet ihr im Zuge der neuen Veröffentlichung von eurem Label?

Jörg M. Knittel:
Jede Band erwartet natürlich immer bestmögliche Promotion und genügend Support, so auch wir, haha. Ich denke Massacre wissen, dass wir ein sehr starkes Album am Start haben und werden dies sicher auch entsprechend featuren. So erscheint die Erstauflage zum Beispiel mit Bonus-DVD, welche auch einen Videoclip zu dem Song 'Catch The Bullet' enthält, den wir kürzlich abgedreht haben.

Alex Straka:
Jörg, vielen Dank für dieses Interview. Ich wünsche euch, dass ihr mit MY DARKEST HATE ordentlich einschlagt. Genug Sprengkraft hat "At War" locker.

Redakteur:
Alex Straka

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