NEVERMORE: Interview mit Jeff Loomis

16.06.2010 | 09:56

"The Obsidian Conspiracy" war im Mai (erwartungsgemäß) unser Album des Monats. Dennoch stößt die Kurskorrektur und weniger technische Ausrichtung nicht nur auf Gegenliebe. Wir sprachen mit Saitengott Jeff Loomis.

"Wir sind natürlich sehr glücklich, dass wir es bei euch zum Album des Monats gebracht haben. Die Reaktionen auf "The Obsidian Conspiracy" sind bislang auch wirklich toll. Und wir als Band sind natürlich auch sehr zufrieden mit unserem neuen Werk." eröffnet Jeff. Dass "The Obsidian Conspiracy" weniger technisch und kompakter ist sowie mit mehr Raum für Warrel aufwartet, sieht Jeff auch so. "Ja, das hast du wirklich gut beobachtet und ich sehe es absolut genau so. Wir hätten natürlich auch einfach "This Godless Endeavor" Teil II aufnehmen können, aber wir wollten einen anderen Ansatz wählen. Ich würde sagen, dass die Songs etwas simpler arrangiert sind und viel schneller zum Punkt kommen. Dadurch sind sie natürlich sehr catchy und dürften daher auch live ein sehr gutes Feedback bekommen." Eine These, die der Auftritt beim Rock Hard Festival Ohrenzeugen zufolge just bestätigt hat.

Dass die Soloalben ein deutlichen Einfluss auf das neue NEVERMORE-Album haben, möchte Jeff aber nicht bestätigen. "Ich finde schon, dass die Soloalben ziemlich anders sind", beginnt Jeff. "Das neue Material wurde ja geschrieben, als nach den Soloalben auch schon eine ganze Zeit vergangen war. Ich hatte wirklich eine Menge Zeit, um mich auf das neue NEVERMORE-Album ohne irgendwelchen äußeren Einflüsse zu fokussieren.", beschreibt Jeff. "Ganz ehrlich, ich hatte vorher überhaupt keine Ahnung, was ich musikalisch mit NEVERMORE diesmal machen würde. Als es dann soweit war, kam die Musik direkt aus meinem Innersten. Wenn ich versuchen würde, mich jedes Mal wieder zu übertreffen, würde ich auch verrückt werden. Meine Musik kommt von Herzen und ist ein Spiegel der Emotionen, die ich mit mir rumtrage, an dem Tag, an dem ich diese Musik schreibe."

Dass die Produktion etwas mehr Raum lässt, liegt sicher vor allem daran, dass Peter Wichers (SOILWORK) das Album produziert hat und Andy Sneap lediglich Mix und Mastering übernommen hat. "Natürlich hat Peter einen großen Einfluss auf dieses Album, er war auch ein wichtiger Teil bei den Arrangements. Wir hatten uns ja für Peter entschieden, weil er bei Warrels Soloalbum einen tollen Job gemacht hat. Er ist wirklich sehr talentiert, sowohl als Gitarrist als auch als Produzent. Aber Andy ist natürlich immer noch ein großer Teil unseres Sounds. Er versteht es, unsere Instrumente zu separieren, was besonders schwierig ist, wenn die Band eine siebensaitige Gitarre benutzt. Er weiß genau, was wir wollen und das war natürlich ein wichtiger Grund, warum er die CD gemixt hat.", erläutert Jeff.


Nachdem vor allem "Dead Heart In A Dead World" und "This Godless Endeavor" als Klassiker gelten, fragt man sich natürlich, ob die Band einen besonderen Druck spürt und ob diese Alben mehr Fluch oder Segen sind. "Oh ja, ich spüre den Druck schon sehr", gibt Jeff zu, "aber ich versuche, ihn nicht an mich ranzulassen. Wenn du anfängst Musik wie einen Job anzusehen, machst du Musik aus den falschen Gründen. Du musst dir immer den Enthusiasmus bewahren, sonst ist es das nicht mehr wert. Ich erinnere mich dann immer gern daran, was Chuck Schuldiner von DEATH vor langer Zeit mal zu mir gesagt hat: "Lass die Musik fließen". Ein sehr einfacher Satz, aber er hat Recht." gräbt Jeff in Erinnerungen.

In Erinnerungen schwelgen auch schon viel Metaller, jetzt, wo die Reunion von SANCTUARY angekündigt wurde. Nachdem es diesmal bereits fünf Jahre gedauert hat, bis das neue Album im Kasten war, könnte es nun das DEF-LEPPARD-Syndrom geben. "Wer weiß das schon, mein Freund", lacht Jeff. "Die Zeit wird zeigen, wie es weiter geht. Wir sind jetzt schon seit so vielen Jahren zusammen und ich nehme alles, was ich mit der Band erlebe, immer noch nicht als selbstverständlich hin. Egal, ob es gut oder schlecht war. Ich bin nur ein glücklicher Kerl, der immer wieder die Welt betouren darf. Ich nehme es einfach, wie es kommt." zeigt sich Jeff sympathisch bodenständig. Und zur SANCTUARY-Reunion äußert er: "Na ja, bis jetzt wurde nur darüber geredet und es ist noch gar nichts passiert. Wer weiß, ob es wirklich dazu kommt. NEVERMORE waren bisher immer die Toppriorität für uns und ich sehe nicht, warum sich daran etwas ändern sollte."

Ändern wird sich wohl auch nichts an der Tourfreude der Band, die sie in der Vergangenheit mit so unterschiedlichen Bands wie DISTURBED, DIMMU BORGIR oder AMON AMARTH auf eine Bühne brachten. Funktioniert hat das alles, wie Jeff bestätigt. "Es ist immer anders, aber auch irgendwie immer gleich, wenn wir auf die Bühne gehen. Ich habe schon einen Typen im DIMMU-BORGIR-Shirt in der ersten Reihe heulen sehen, als wie 'The Heart Collector' gespielt haben. Bei unserer Tour im November und Dezember in Europa werden wir vielleicht wieder dasselbe Bild haben." lacht Jeff.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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