PAGAN'S MIND: Interview mit Nils K. Rue

27.12.2007 | 14:55

Mit "God's Equation" haben PAGAN'S MIND ihr bisher stärkstes Album veröffentlicht. Geradliniger als je zuvor dürften sie in Zukunft eher zum Publikum von BRAINSTORM als zu dem von FATES WARNING passen. Sänger Nils K. Rue sieht das ähnlich und zeigt sich auch sonst sehr mitteilungsbedürftig. Lest selbst!

Peter:
Zu Beginn herzlichen Glückwunsch zu einer weiteren, coolen Scheibe. Wie sind denn die Reaktionen darauf bisher?

Nils:
Vielen Dank! Alle Rezensionen, die ich bisher gelesen habe, waren erstklassig, alle bescheinigen uns unser bisher bestes Album. Es waren vielleicht ein oder zwei dabei, die nicht ganz so enthusiastisch waren. Die wurden vermutlich von sehr klassischen Metalheads rezensiert, die sich mehr nach dem typischen Metal sehnen. PAGAN'S MIND ist von so viel mehr als Metal beeinflusst und "God's Equation" ist vielleicht ein bisschen mehr ein experimentelles/kommerzielles Album verglichen zu unseren bisherigen Veröffentlichungen. Aber jeder, mit dem ich gesprochen habe, denkt, dass es ein großer Schritt vorwärts für uns ist und das glauben wir auch. Anyway, bisher sind noch nicht so viele Reviews draußen und es werden noch eine Menge kommen. Das ist aufregend!

Peter:
Es scheint, als ob ihr immer geradliniger werdet. Meiner Meinung nach seid ihr jetzt sehr viel näher an "Power" als an "Prog". Was ist der Grund für diese Entwicklung?

Nils:
Wir könnten natürlich so enden wie einige übertechnische superprogressive Bands und Psycho-Jazz-Metal spielen (klingt doch toll! – PK), wenn wir wollten. Wäre das unser Ziel, wäre das kein Problem, die technischen Fähigkeiten sind mit ziemlicher Sicherheit vorhanden. Aber warum sollten wir das tun? Wir wollen eine Mischung aus den Stilen, die wir lieben, spielen und dem Hörer damit etwas geben. Die höchste Priorität bei PAGAN'S MIND haben die Melodien. Musik IST Melodie und nicht nur schräge Rhythmik und ohne Melodien fehlt das Entscheidende in der Musik. Melodie gibt uns und dem Hörer etwas. Wir glauben, dass es ein gutes Rezept ist das zu kombinieren, was wir machen wollen und was zur gleichen Zeit auch den Hörer erreicht.

Diese Band ist eine Mischung aus sehr verschiedenen Persönlichkeiten, die alle mit der Gabe des 'kreativen Overkill' ausgestattet sind. Ganz ehrlich, wir haben rund 80% der Riffs und Ideen wieder verworfen, bevor wir angefangen haben an den Songs für "God's Equation" zu schreiben. Ronny (Tegner, kb. – PK) zum Beispiel hat Musik studiert, was uns natürlich sehr hilft. Ich glaube nicht, dass es viele Bands gibt, die eine Tafel im Proberaum haben, haha. Wir setzen die Songs Stück für Stück zusammen und nur sehr wenig dabei passiert zufällig. Das ist wirklich der einzige Weg, damit unsere Art von Musik gut funktioniert und zur gleichen Zeit gut klingt. Da jeder in der Band wirklich gute Ideen hat und wir alle auch sehr selbstkritisch sind, glaube ich, dass wir es auch in Zukunft schaffen die schlechten und abgegriffenen Riffs auszusortieren. So können wir uns, wenn wir weiter hart arbeiten, als Band ständig verbessern. Ich habe natürlich auch hart an meinem Gesang, meinen Vocallines und den Lyrics gearbeitet. Wir sind wirklich ein sehr ambitionierter Haufen und keiner von uns ist der Meinung, dass man irgendwas geschenkt bekommt. Harte Arbeit, sich die richtigen Ziele setzen, "wie ein Gewinner denken" - das macht diese Band so inspirierend und es macht einfach Spaß ein Teil von ihr zu sein.
Ich würde auch sagen, dass der Sound, den wir jetzt haben, das Ergebnis dieser Entwicklung ist. Vielleicht kann man es "erwachsen werden" nennen, statt nur die eigenen Idole zu kopieren, haben wir unseren eigenen Sound gefunden.

Peter:
Danke, dass ihr nicht 'Space Oddity' von DAVID BOWIE gecovert habt, sondern stattdessen 'Hallo Spaceboy' gewählt habt. Wie seid ihr auf den Song gekommen?

Nils:
Wir wurden auch schon gefragt, warum ausgerechnet 'Hallo Spaceboy' und warum nicht ein Metalsong? Nun, PAGAN'S MIND wird nun mal von jeder Art von Musik beeinflusst, nicht nur vom Metal. Und wenn wir einen tollen Song hören, hören wir einen tollen Song. Ganz egal, welcher Stil es nun ist. David Bowie ist ein musikalisches Genie, da sind wir uns alle einig. Die Albumversion von 'Hallo Spaceboy' (vom 95er Werk "Outside" – PK), ist nicht wirklich ein Killer, aber als wir eine Liveversion davon gehört haben, wo er den Song total umstrukturiert hat und ihn wirklich heavy gespielt hat, merkten wir, dass er in punkto Songwriting gar nicht weit weg von PAGAN'S MIND war. Zusammen mit dem Text, der von Weltraumzeug handelt, dachten wir, es sei eine neue und coole Idee den Song zu spielen. Wir haben ihn dann ein paar Mal schon live gespielt und die Leute sind ausgeflippt, also dachten wir es sei eine gute Wahl. Zumal es ein wirklich toller Song ist. Als unser Label dann über das Bowie-Management angefragt hat, ob wir die Version veröffentlichen dürfen, bekamen wir eine persönliche Nachricht von David Bowie, dass er unsere Version sehr mag und uns alles Gute mit PAGAN'S MIND wünscht. Ist das was?

Peter:
Oh ja, coole Sache! Ihr habt ja offensichtlich eine Vorliebe für Texte rund um die Themen Weltall/Alien/Astronomie. Glaubt ihr an Aliens oder Außerirdische?

Nils:
Die Texte basieren auf Mythen, ethischen Fragen in Raum & Zeit und alternative Philosophien rund um Fragen über das Leben. Grundsätzlich versuchen wir eher einen anspruchsvollen "Überblick" zu geben und wollen niemandem etwas klar machen. Jeder soll für sich selbst herausfinden, was die Texte beinhalten und welche Bedeutung sie haben. "God's Equation" ist teilweise ein Konzeptalbum inspiriert von Fragen über außerirdisches Leben, parallelen Dimensionen und der Tatsache, dass Menschen seit Tausenden von Jahren merkwürdige Dinge am Himmel beobachten und sie immer noch ignorieren.
Ich kann nur für mich selbst sprechen, wenn es um die persönlichen Ansichten bei diesen Themen geht, denn jeder in der Band hat eine andere Meinung über dies und das, aber da ich die Texte schreibe, stecken darin natürlich zum Teil mein eigener Glaube und meine Ideen. Ich habe mich schon seit ich ein kleiner Junge war sehr für unterschiedliche Aspekte von Mythen interessiert und das werde ich wohl auch immer tun. Ich habe einige sehr merkwürdige Episoden in meinem Leben erlebt und manche davon haben mich inspiriert, wenn ich Texte schreibe. Ich bin absolut davon überzeugt, dass wir nicht alles sehen können, was um uns herum ist. Wir können ja zum Beispiel auch keine Elektrizität oder Radiowellen sehen, aber beides existiert zweifelsfrei.

Ich bevorzuge dabei die "positiven Kräfte", dadurch kann ich alle Aspekte davon beschreiben und gesanglich ausdrücken. Alien ist natürlich nur ein Wort, das etwas Verborgenes und Unerklärliches zu beschreiben versucht, so wie UFO. Es gibt eine Menge von Mythen in der alten ägyptischen Mythologie, die tatsächlich eine Menge dieser Themen über die ich schreibe, beinhaltet. Ich denke daher, dass Ägyptologie nur ein Teil des großen, lyrischen Bildes für mich ist. Es hat ja neben mir auch noch tausend Andere inspiriert. Ich meine, die klassische, ägyptische Pyramide wurde in mehr als einem Science-Fiction-Film als Raumschiff verwendet, hahaha.

Peter:
Warum ist eigentlich die Progressive-Power-Metal-Szene in Norwegen im Vergleich zu den extremem Metalspielarten so klein?

Nils:
Neulich hat jemand über die "New Wave Of Norwegian Progressive Power Metal" gesprochen. Das wäre dann wohl die "TNWONPPM" hahaha.
Aber im ernst, das Feedback ist in den letzten zwei Jahren schon viel besser geworden als früher in unserer Karriere. Und gerade jetzt beginnen mehr und mehr Musiker damit in Melodic/Power/Progressive-Metal-Bands zu spielen, auch weil sie sehen, dass wir damit Erfolg haben. Es ist wie der Start eines neuen Trends, was gut wäre, da Norwegen bisher immer nur für Black Metal bekannt war. Natürlich können wir immer noch erfolgreicher werden und wir sind noch nicht ganz da, wo wir hinwollen. Das ist auch noch ein langer Weg, doch es läuft besser und besser. Wir haben eine Menge mehr Aufmerksamkeit bekommen jetzt. Wir sind in Norwegen auf Platz 15 der Charts eingestiegen, was gut und auch ein bisschen historisch ist. Nur DIMMU BORGIR und SATYRICON haben das vor uns geschafft. Es gibt so viele Band da draußen und alle kämpfen um Anerkennung, doch mit harter Arbeit, die wir IMMER leisten, können wir unsere Ziele erreichen. Leute wie du und unsere Fans helfen uns dabei. Danke dafür!

Peter:
Wie war denn die Tour mit FATES WARNING? Ich habe euch in Hamburg gesehen und hatte den Eindruck, dass die Kombination nicht wirklich passt. Was denkst du?

Nils:
Zu schade, denn der Gig in Hamburg war wirklich der, der am schlechtesten für uns lief. Keine Ahnung warum, aber die Leute standen einfach nur herum und haben nix gemacht. Ich denke, wir müssen auf dem deutschen Markt noch etwas tun, hehe. Bei den anderen Gigs auf Tour lief es aber ziemlich gut. Ich weiß wirklich nicht, warum Hamburg im Vergleich so gelahmt hat. Da es auf den anderen Konzerten gut lief, denke ich schon, dass die Kombination FATES WARNING und PAGAN'S MIND gut gepasst hat.

Peter:
Okay, akzeptiert. Was denkst du denn von den FATES-WARNING-Jungs?

Nils:
Ich bin seit meinem 18. Lebensjahr Fan der Band. Natürlich ist man mehr auf einem Level, wenn man zusammen auf Tour geht. Doch vor allem sind sie wirklich professionelle Musiker ohne Rockstarallüren und absolut freundliche, nette Jungs. Musikalisch haben sie natürlich wie immer überzeugt. Aber das tun sie immer.

Peter:
Was erwartest du denn von der Tour mit BRAINSTORM?

Nils:
Wir spielen zusammen mit BRAINSTORM und POWERWOLF in Deutschland und einigen anderen Ländern im März. Also lass uns hoffen, dass wir dort so gut empfangen werden wie bei FATES WARNING. Vielleicht werden BRAINSTORM noch mehr Fans anziehen, die unsere Art Musik mögen, denn auch bei BRAINSTORM geht es um Power und Melodien. Es ist also genau das Richtige für uns.

Peter:
Werdet ihr eine andere Setlist als auf der Tour mit FATES WARNING spielen?

Nils:
Wir spielen fast jeden Abend eine andere Setlist, abhängig davon wie das Publikum ist. Das haben wir auch auf der Tour mit FATES WARNING gemacht. Wenn die Leute schon Trinken und Feiern, bevor wir auf die Bühne gehen, spielen wir etwas anderes, als wenn wir ein lahmes Publikum haben. Unser Ziel ist immer den anwesenden Fans eine gute Zeit und eine denkwürdige Nacht zu bereiten. Die Setlist wird also definitiv eine andere sein.

Peter:
Okay, zum Abschluss noch ein paar Fragen, die nichts mit der Band zu tun haben. Wenn du eine All-Star-Band zusammenstellen dürftest, wie würde diese aussehen?

Nils:
Hmmm...
Vocals: John Arch (früher FATES WARNING) oder Daniel Heiman (LOST HORIZON)
Gitarren: Jake E. Lee (OZZY OSBOURNE, BADLANDS), Andy LaRoque (KING DIAMOND)
Bass: John Myung (DREAM THEATER)
Schlagzeug: Mike Portnoy (DREAM THEATER)
Keyboard: Kevin Moore (früher DREAM THEATER, OSI, CHROMA KEY) oder Ronny Tegner (PAGAN'S MIND)

Peter:
Und wie würde das Festival aussehen, welches du ins Leben rufst?

Nils:
Das Festival würde "Steelfist In The Arse"-Festival heißen, hahaha.
Headliner wären KING DIAMOND, MERCYFUL FATE und DREAM THEATER. Dann würden noch LOST HORIZON mit Daniel Heiman, ANTHRAX, die SUICIDAL TENDENCIES, METALLICA anno 1988, AGENT STEEL mit John Cyriis, TOXIK, FATES WARNING mit John Arch und Ray Alder, DARK MOOR mit Elisa, VISION DIVINE, RHAPSODY, OVERKILL und IRON MAIDEN auf dem Billing sein. Und noch viele andere mehr.

Peter:
Gut. Da wäre ich dabei. Definitiv.
Wer ist denn der beeindruckendste Musiker, den du bisher getroffen hast und warum?

Nils:
Seine Name ist Truls Haugen und er ist Schlagzeuger von CIRCUS MAXIMUS. Er kann wirklich ALLES unglaublich gut und mit einer fantastischen Leichtigkeit spielen. Außerdem ist er ein guter Freund von mir mit einem großartigen Sinn für Humor.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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