PLACE VENDOME: Interview mit Michael Kiske

09.03.2009 | 11:24

Michael Kiske erzählt unter anderem von seiner Arbeit mit PLACE VENDOME und nimmt zu einigen durchaus kontroversen Themen Stellung.

Rüdiger:
Hallo Michael, die erste Frage dieses Mal nicht als Floskel, sondern ernst gemeint: Wie geht es dir? Du hattest ja vor ein paar Jahren gesundheitliche Probleme. Ich hoffe, dass die soweit auskuriert sind.

Michael:
Ganz gut, muss ein bisschen privaten Beziehungskram "aufräumen", ansonsten okay.

Rüdiger:
Zum aktuellen PLACE VENDOME-Album: Wie waren die Aufnahmen und wie zufrieden bist du mit dem Ergebnis?

Michael:
Ergebnis cool, Arbeit easy. Ich mache den Gesang ja immer alleine in meinem Studio, somit ist das stressfrei. Ich schick dann die fertigen Gesangstracks via Internet zu Dennis, und er produziert alles drumherum. Wenn die ersten Mixe fertig sind, bekomme ich diese geschickt, und gebe meinen Senf dazu usw.

Rüdiger:
Wie haben sich die Fans die Arbeiten an einem PLACE VENDOME-Album vorzustellen? So viel ich weiß, bist du in erster Linie die Stimme des Projekts. Wer ist für das Songwriting verantwortlich, und welche Rolle spielt Serafino für PLACE VENDOME?

Michael:
Serafino ist derjenige, der überhaupt auf diese Idee kam und mich um 2004 herum deswegen anschrieb, ob ich nicht Lust hätte, bei einem AOR-Projekt mitzumachen (JOURNEY-/FOREIGNER-like). Mittlerweile hat sich das zu einer ganz netten Sache entwickelt; gehört sicher zu den interessanteren Projekten, bei denen ich mitgemacht habe.

Rüdiger:
Wer schreibt die Texte für PLACE VENDOME, und in wie weit kannst du dich mit den Texten identifizieren bzw. arrangieren? Welche Themen behandelt ihr auf "Streets Of Fire"?

Michael:
Die Texte schreiben die Songschreiber; sind als solche ja leicht verständlich, vom Inhalt her; da muss man, glaube ich, nichts erklären. Wenn ich was ändern möchte, kann ich das natürlich. Aber das ist in der Regel nicht nötig, weil es schon gut passt so, wie Serafino das organisiert.

Rüdiger:
Beide Alben der Band haben den Adler als Wappentier. Ist er ein Symbol, und wenn ja, wofür?

Michael:
Na ja, ursprünglich ist der Adler mal das Symbol für das Deutsche Geistesleben gewesen. Deshalb hatten wir ihn einst als Wappen, bis die Nazis das Hakenkreuz drunter machten. Aber bei der Artwork wird das eher Zufall sein; kann mir nicht vorstellen, dass diese Gedanken dahinter stecken. Mir gefällt der Adler allerdings sehr gut.

Rüdiger:
Letztes Jahr warst du an Tobi Sammets dritter AVANTASIA-Scheibe und an Timo Tolkkis neuer Platte beteiligt. Mit beiden hast du zum wiederholten Male zusammen gearbeitet. Hat es einen besonderen Reiz für dich, mit den beiden zu arbeiten, oder ist es in erster Linie ein Job als Sänger?

Michael:
Ich entscheide das eigentlich immer aus dem Bauch heraus; ist auch sehr abhängig davon, wer fragt. Auch wenn ich mit einer gewissen Metal-Geistigkeit große Probleme habe, und selber auch für eine Weile der Ansicht war, nur noch akustische Musik machen zu wollen, mag ich auch heute Rockmusik, gelegentlich sogar Heavy-Rockmusik immer noch, solange es nicht zu hart ist oder gar diese Evil-Kacke...

Rüdiger:
Es scheint ja für viele Musiker aus der Melodic- und Power-Metal-Szene ein Traum zu sein, mal mit dir als Gastsänger zu arbeiten, weil du für sie ein so großer künstlerischer Einfluss warst. Gibt es für dich persönlich auch den einen oder anderen Künstler, mit dem du gerne mal zusammen was aufnehmen würdest, oder den du gerne als Gast auf einem deiner Alben hättest, weil dir seine Arbeit so viel bedeutet?

Michael:
Da gibt es einige, aber deshalb muss ich nicht unbedingt mit ihnen zusammenarbeiten. Es sind alles eher Leute aus dem Pop/Rock Bereich; und mit solchen kannst du nur was machen, wenn du auch im Rock/Pop-Bereich einen gut klingenden Namen hast.
Man kennt mich bisher aber nur im Metal-Hardrock-Bereich, da hat man dann mit vielen Vorurteilen und Grenzen zu kämpfen. Ich muss mich erst mit meiner eigenen Musik, die nicht Szene gebunden ist, durchsetzen, ehe so etwas mal Thema sein kann.

Rüdiger:
Im letzten Jahr stand außerdem die akustische Neueinspielung deiner eigenen Kompositionen aus HELLOWEEN-Zeiten (und davor) auf dem Programm. Was war es für ein Gefühl, sich dieser Songs nochmals anzunehmen und wie war das Feedback deiner Fans?

Michael:
Emotional war das gar nicht so einfach, aber das Resultat (auch innerlich für mich) war es doch wert. Egal wie unerfreulich die letzten Jahre in der Band auch waren, meine eigene Musik sollte ich deshalb nicht verleugnen.
Man kann an dem Album sehr schön sehen, dass ich immer schon mein Ding gemacht habe, immer irgendwie stimmig war, denn alle diese Songs passen auch heute noch zu mir. Sie wurde damals von der Band halt entsprechend interpretiert. Aber so akustisch aufgenommen, wie auf PIDW, merkt man doch, wie gut das immer noch zu mir passt.
Die Reaktionen sind eigentlich immer gleich: Freunde meiner Musik haben sich gefreut, Feinde haben rumgesülzt; das alte Spiel halt...

Rüdiger:
Abgesehen vom offensichtlichen Wechsel zu ausschließlich cleanen Gitarrensounds: Hast du an den Songs, Arrangements und Gesangslinien viel verändert? Was war dir besonders wichtig, bei der Umsetzung der neuen Versionen musikalisch heraus zu stellen?

Michael:
Nur so, wie es sich natürlich ergab. Das machte sich alles von selber und war viel weniger problematisch, als ich zuvor angenommen hatte. Es war interessant zu sehen, dass Songs wie 'I Believe' problemlos akustisch funktionieren.

Rüdiger:
Du magst die Klassiker von Bands wie U2, IRON MAIDEN und JUDAS PRIEST. Gehst du auch heute noch auf die Konzerte dieser alten Bands oder reicht es dir, die alten Platten anzuhören? In wie weit verfolgst du die Karriere deiner alten Favoriten noch heute?

Michael:
U2 verfolge ich heute noch; von JUDAS PRIEST habe ich "Screaming For Vengeance" auf dem iPod, aber Neueres verfolge ich nicht mehr wirklich; ich höre überwiegend andere Sachen heute.
Die alten Metal-Acts sind für meine Ohren künstlerisch längst tot; da kommt nichts, was man nicht schon 100 mal gehört hat; in der Regel auch 10 mal besser von ihnen selber...

Rüdiger:
Nochmals zu Konzerten: Wenn ich mich recht entsinne hast du mal gesagt, dass du gerne mal deine eigenen Stücke in einem Rahmen präsentieren würdest, der zu ihnen passt. Was schwebt dir insoweit vor, und wie gut stehen die Chancen, dass wir dich in absehbarer Zeit live auftreten sehen?

Michael:
Wenn ich dieses neue KISKE-Album, an dem ich gerade bei bin, fertig habe, wird irgendetwas in dieser Richting sicher passieren. Gute, ernst zu nehmende Anfragen waren auch schon zu Genüge da. Ich werde das erstmal dann GANZ klein mit angeklebtem Bart und in Kordhosen und Pudelmütze als "Dieter Wollstüber" ausschnuppern, bevor ich da Ernsthafteres anleiere...

Rüdiger:
Wie sieht es mit einem neuen Soloalbum aus? Hast du schon Stücke geschrieben oder gar mit den Aufnahmen angefangen? Was haben wir zu erwarten?

Michael:
Bin voll dabei; die Hälfte ist grob geschrieben. Ich habe da so einiges in der Seele, was noch raus will. Es wird bunt und stilistisch ungebunden, einfachere Songs neben orchestraleren Stücken. Habe allgemein immer zu viel vor...

Rüdiger:
Ich nehme deine Soloalben als sehr persönliche Werke auf. Sind die Alben inhaltlich mehr persönlich und introvertiert, oder versuchst du, eine Botschaft zu vermitteln?

Michael:
Persönlicher, als bei der eigenen Musik, geht es natürlich kaum. PLACE VENDOME ist super, aber viel unpersönlicher, weil ich ja nichts dafür schreibe. Ich brauche mein eigenes Material auch für meine eigenen CDs. PV wird natürlich leichter aufgenommen, weil es näher an dem liegt, womit ich mir einen Namen gemacht habe.
Und dort, wo man solche Musik schätzt, wie ich sie mit meinen KISKE-CDs mache, da kennt man mich noch nicht. Ist nicht leicht, sich da durchzusetzen. Deshalb werden die KISKE-CDs gerne mal weniger berücksichtigt. Aber sie sind künstlerisch, von der Authentizität her viel wichtiger als PV, was ja nur ein Projekt ist.

Rüdiger:
Es folgen ein paar Fragen zu Religion und Weltanschauung. Wenn du der Meinung bist, dass diese Fragen in einem Interview zum Thema Musik nicht angebracht sind, dann lass sie bitte weg. Mich persönlich interessiert deine Meinung hierzu aber sehr.

Michael:
Bei mir passt das immer; ist von meiner Person nicht zu trennen und auch allgemein sehr wichtig in meinen Augen.

Rüdiger:
Kommen wir kurz zu einem in Deutschland stets und jetzt besonders aktuellen Thema, dem du in deinem Aufsatz "Esoterisch maskierter Antisemitismus" auch einige spannende Seiten gewidmet hast. Wie siehst du in dem Zusammenhang die aktuellen Geschehnisse um die Piusbrüder, den Vatikan und die ob des Geschehenen zürnenden Kirchenkritiker und Interessenvertreter der jüdischen Gemeinden?

Michael:
Ich bin bekanntlich eh kein großer Freund der katholischen Kirche (aus Glauben an und fester Überzeugung von der Gott-Sohnesschaft Jesu Christi wohlgemerkt!).
So viel ich weiß, ging es darum, dass dort einer der "Hochwürden" mehr oder weniger den Holocaust geleugnet hat. Das geht natürlich GAR NICHT! Schlimm genug, was im Dritten Reich ablief, ist das Leugnen der Gräuel unter den Nazis an Juden und vielen anderen der blanke Hohn! So etwas DARF nicht sein!
Allerdings sollte man sich auch im Klaren darüber sein, dass es NUR Frieden und Toleranz zwischen Christen und Juden geben kann, und keine inhaltliche Einigung, denn die Individualität des Jesus Christus sieht der Jude doch sehr anders, als der geistig noch wissende Christ.
Deshalb sind viele dieser Diskussionen ein Hohn auf das Christentum. Deshalb habe ich den Antisemitismus- und auch den Logos-Aufsatz geschrieben, weil mich viele dieser Diskussionen im Fernsehen nur noch anwidern ... denn sie bringen uns der okkulten Wahrheit über Golgatha selten näher.

Rüdiger:
Du nimmst in deinen Aufsätzen oft Bezug auf Aussagen und Lehrinhalte von Rudolf Steiner und die von ihm begründete Anthroposophie. Es ist sicher schwer, das in wenige Worte zu fassen und in einem Interview wie diesem zu behandeln, aber ich bin mir sicher, dass sich viele deiner Fans dafür interessieren dürften, für was Rudolf Steiner und die Anthroposophie aus deiner Sicht stehen.

Michael:
Am besten liest man dazu meinen Aufsatz Über Freunde und Feinde der Anthroposophie auf www.geisteskind.de, denn genau deshalb habe ich den geschrieben. In der Tat muss das gründlicher gemacht werden, als es hier geht.

Rüdiger:
Was entgegnest du einem Hardliner aus den etablierten christlichen Kirchen, der "schon die Mitgliedschaft in der Anthroposophischen Gesellschaft als nicht mit dem Christsein vereinbar bezeichnet".

Michael:
Dass er ein moderner Pharisäer und Schriftgelehrter ist und dass die Kirche die wirklichen Träger des Geistes IMMER verlästert, verfolgt, bekämpft und ermordet hat, und dass wir alle am Ende vor Gott stehen und sehen werden, WAS und wer wirklich christlich ist, und was und wer nicht.
Das entscheide ich für mich immer selber, und dass soll und muss jeder ebenso für sich selber entscheiden. Ich habe Rudolf Steiner durch 17 Jahre hindurch studiert und einen echt christlichen Geist dort gefunden; im Gegensatz zur verlogenen katholischen Kirche. Rudolf Steiner hat mich überzeugt von Christus, die Kirche nie.
Wenn ein vom Heiligen Geist inspirierter Mann wie Rudolf Steiner auftaucht, finden sich immer solche Kirchen-Geister, die so reden. Die offizielle Anthroposophie hat mit dem christlichen Impuls heute zwar leider genauso wenig zu tun, wie die römisch katholische Papstkirche (siehe dazu meinen Aufsatz Infallibität Ego und Leichnam Anthroposophie ), aber die Kirche Roms war schon immer ein Werkzeug den wahren Impuls des Sohnes zu verschleiern.
In meinem Logos-Aufsatz habe ich dieses Urteil über die katholische Kirche AUS DEM URCHRISTENTUM HERAUS SELBST begründet. Es soll sich unbedingt jeder seine eigene Meinung bilden und bloß nicht auf die Flüche der Kirchen hören!

Rüdiger:
Welche aktuellen oder klassischen Bücher und Musik-Alben würdest du den Lesern dieses Interviews aktuell empfehlen und ans Herz legen, und warum?

Michael:
Ganz großartig - neben Rudolf Steiner - ist die Moralphilosophie von Wladimir Solowjew; eigentlich alles bis auf seine "Una Sancta-Bande" ist sehr zu empfehlen. Dann noch der Roman "Heimweh" von Jung Stilling.
Musiktechnisch findet man einige Empfehlungen auch auf meiner www.geisteskind.de-Seite.

Rüdiger:
So, an dieser Stelle möchte ich mich recht herzlich für die Zeit bedanken, die du dir für uns genommen hast und dir das letzte Wort geben...

Michael:
Ich danke!

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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