Perlen der Redaktion: Marcel Rapps Highlights 2020

04.02.2021 | 22:12

Hätten wir nicht alle gern 2019 zurückgehabt? All die kleinen Wehwehchen des Vorjahres traten ob des großen Corona-Schmerzes doch fast komplett in den Hintergrund. Und wir hätten Lemmy und eine Prise MOTÖRHEAD mehr denn je gebrauchen können.

Meine geschätzten Kollegen haben in ihren Jahrespolls anfangs schon alles über die einstige und derzeitige Situation gesagt, insofern erlaubt mir einen recht uneleganten, ganz kurzen Schwenk auf mein 2020: Privat und beruflich hat sich viel getan, meiner Familie und Freunden geht es - Gott sei Dank wieder - gut und auch die Home-Office-Thematik konnte ich recht gut wuppen, wie der Rheinländer so schön sagt.

Wie haben die letzten 12 Monate mir also ihren musikalischen Stempel aufgedrückt?

Hat jemand einen Schnaps für mich? Es gestaltet sich nämlich schwieriger denn je, recht wohlwollend auf dieses leider ereignisreiche Musik-Jahr zu schauen. Doch so viele Veröffentlichungen es auch gab, hat doch keine einzige meine Welt aus den Angeln gehoben. Im direkten Vergleich wird das vergangene Jahr definitiv das Nachsehen haben, denn blicke ich auf 2020 zurück, bekäme es höchstens das Prädikat "ganz nett".

Dabei fing es in Form von tollen Konzerten äußerst verheißungsvoll an: HAMMERFALL schwang in Osnabrück voller Inbrunst den Stahlhammer des wahren Metals, DEATH ANGEL und EXODUS brachten die Turbinenhalle in Oberhausen zum Kochen und SUM 41 sorgte in Düsseldorf für eine charmante Zeitreise in meine Jugend. Zwei Bands gab es jedoch, die den ersten zweieinhalb Monaten in Sachen Live-Musik die Krone aufsetzten: THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA und FIVE FINGER DEATH PUNCH. Während die eine Bochum zum Tanzen brachte, legte die andere eine komplette Arena in Schutt und Asche. Was war ich nach diesen Konzerten Feuer und Flamme und harrte der Dinge, die da noch kommen sollten. Doch was kam, wissen wir alle, und es legte das komplette Konzert-und Festivalleben lahm. Story continues...

Also blieb dem Musikliebhaber für das restliche Jahr nichts anderes übrig, als sich mit regulären Studioveröffentlichungen zu begnügen. Rein von den Namen her, ging schon ordentlich die Post ab - speziell in meiner favorisierten Sparte: dem Thrash Metal. So gab es richtig bockstarke Kost aus den Häusern SEPULTURA, TESTAMENT und DEATHSTORM. Zudem gelang HEATHEN ein mehr als amtliches Comeback, WARBRINGER schaffte persönlich die wohl größte Überraschung und auf Tom Angelripper und SODOM war auch mehr als Verlass. Mit NAPALM DEATH, HEAVEN SHALL BURN und MALADIE schafften es zudem auch drei Bands der eher extremeren Spielweise in meine Top-20, die bei genauerer Betrachtung eine interessante Sache offenbarte: Neun der insgesamt 20 Bands stammen aus Deutschland! Na, wenn das mal kein Statement ist! Und seien wir einmal ehrlich, IN EXTREMO, FERDY DOERNBERG, IRON SAVIOR, PRIMAL FEAR und nicht zuletzt auch GRAVE DIGGER hatten richtig tolle Kost am Start. An "Aeromantic" vom wundervollen THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA-Gespann kam jedoch keine Band heran. Mit wieviel Lebensfreude, Optimismus und herzerwärmenden Tönen hier Speed und Co. gezaubert haben, ist aller Ehren wert. Und mit 'This Boy's Last Summer' haben die Schweden auch zeitgleich den persönlichen Hit des Jahres abgeliefert.

Doch bevor wir zu dieser Liste kommen, sei noch eine Sache gesagt: So gut und toll die Alben auch waren, richtige Klassiker wurden für mich in diesem Jahr nicht abgeliefert. Dafür gab es bei sämtlichen Alben einfach zu viele Haare in der Suppe, als dass diese für mich die Höchstpunktzahl hätten erreichen können.

Denn diese gab es in diesem Jahr ausschließlich für SOILWORK. Und wieder ist Speed am Start, doch diesmal geht es wesentlich tödlicher als im Orchester zu Werke. Und dass 10 volle Punkte an eine EP ("A Whisp Of The Atlantic") gingen, sagt schon viel über dieses merkwürdige Jahr aus. Doch diese Punktzahl bekommen die neuen SOILWORK-Songs vollkommen zurecht, rechtfertigen doch allein 'Feverish', 'Desperado' und 'The Nothingless And The Devil' meine Vergabe. Doch nicht nur zu diesem Songtrio habe ich im vergangenen Jahr im Auto lautstark mitgesungen: Auch 'Rum, Women, Victory' von ENSIFERUM, dem Titeltrack der aktuellen TRIVIUM-CD, GRAVE DIGGERs 'My Final Fight', 'The Hate Is Real' von BODY COUNT oder auch RAVENs 'The Power' wurde auf so mancher Autofahrt bis zur scheinbaren Taubheit aufgedreht. Und DEATH ANGELs Interpretation des QUEEN-Hits 'Under Pressure' war eine enorme Überraschung und wurde entsprechend schon in unserer Podcast-Folge gewürdigt. Anscheinend überzeugten mich einzelne Songs wesentlich mehr als ganze Alben. Ich sagte doch, 2020 war ein merkwürdiges Jahr.

Dieses wurde natürlich auch von so mancher Albumenttäuschung heimgesucht. Die wohl größten gingen an den SAXON-Häuptling BIFF BYFORD, der mit seinem Solo-Ausflug nicht viele Lorbeeren einheimsen konnte, sowie an die Jungs von KVELERTAK, deren nunmehr viertes Studioalbum fast schon langweilig und vollkommen uninspiriert mir so manches Gähnen hervorlockte. Da greife ich doch lieber zu den Frühwerken.

Im Gegenzug dazu gab es aber auch jüngere Bands, die mit ihren ersten Studiotönen auf sich aufmerksam machen konnten, und anscheinend nicht nur mich recht begeisterten: CEREBRAL INVASION, STEALTH und STÄLKER sollte man aber genauso wie NECK CEMETARY definitiv auf dem Zettel haben. Hier wird tadelloser Traditionsstahl in Reinkultur geschmiedet, herrlich sowas!

Dennoch ziehe ich ein positives Resümee für 2020. Warum?

Es war der Herbst 2020. Eine unheimlich schöne und hoffentlich noch weitreichende Geschichte begann, als meine damals noch ehemalige Kollegin Pia auf mich zukam und fragte, ob ich nicht Lust hätte, mit ihr im Namen von POWERMETAL.de einen Podcast zu gründen. Ich brauchte keine Sekunde zu überlegen, da stand meine Entscheidung schon fest. Pia war wieder Teil unserer Redaktion und mit ihr an der Seite nahmen wir noch die Kollegen Jakob als Dritten im Bunde und Tobias als Mann hinter den Reglern mit ins Boot, gingen dann mit der ersten Folge Mitte November online. Ich fieberte diesem Tage lange entgegen und freute mich wie ein kleines Kind, als sie dann auf allen gängigen Plattformen zu hören war. Seitdem kamen noch viele weitere Folgen dazu, mehr noch werden folgen. Speziell dieser wunderbare Austausch zwischen uns Dreien, das Eintauchen in die Musik, das Abschalten für mindestens eine Stunde machen POMMESGABEL für mich so derart gehalt- und wertvoll. Und dass dadurch ein kleiner Traum von mir in Erfüllung geht, macht mich gegenüber der Redaktion und nicht zuletzt Pia, Jakob und Tobias sehr dankbar - wir sind ein tolles Team!

So wie auch die komplette POWERMETAL.de-Crew, die ich nicht nur als verehrte Kollegen sondern auch als Freunde und noch vieles mehr betrachte. Ihr seid super, wir sind super, gemeinsam stehen wir alles durch! In diesem Sinne: Gehabt euch wohl, passt auf euch auf und hört mehr MOTÖRHEAD!

Die besten Alben des Jahres:

Rang Band Album
1. The Night Flight Orchestra
Aeromantic
2. Warbringer
Weapons Of Tomorrow
3. Sodom
Genesis XIX
4. Ensiferum
Thalassic
5. Primal Fear
Metal Commando
6. Raven
Metal City
7. Iron Savior
Skycrest
8. Grave Digger
Fields Of Blood
9. Sorcerer
Lamenting Of The Innocent
10. In Extremo
Kompass zur Sonne
11. Heaven Shall Burn
Of Truth And Sacrifice
12. Deathstorm
For Dread Shall Reign
13. Heathen
Empire Of The Blind
14. Firewind
Firewind
15. Trivium
What The Dead Men Say
16. Testament
Titans Of Creation
17. Maladie
The Grand Aversion
18. Napalm Death
Throes Of Joay In The Jaws Of...
19. Sepultura
Quadra
20. Ferdy Doernberg
Before The Sun Goes Down

Redakteur:
Marcel Rapp

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