SATYRICON: Interview mit Satyr

09.06.2009 | 13:05

Ein Interview mit einem Satyr ist schon eine ganz besondere Sache. Warum Satyr auf schnelle Autos und nicht auf seine Mom hört, erfahrt ihr exklusiv bei uns. Ab auf die Couch...



Das Legacy-Festival war gespickt mit großartigen Bands. Headliner des ersten Abends waren die Norweger von SATYRICON. Keine Frage, da musste Chefdenker Satyr ran und sich unseren toughen Fragen stellen.

Enrico:
Hallo Satyr, danke für deine Zeit. Wie geht es dir?

Satyr:
Mir geht es prima. Dein Name klingt so südeuropäisch.

Enrico:
Yo, bin halt ein heißer Typ.

Satyr:
Wirklich?

Enrico:
Na ja. Wo kommt ihr eigentlich grad her?

Satyr:
Wir kommen direkt aus Norwegen. Allerdings kamen wir gestern schon in Deutschland an, wo uns dann unser Bus abgeholt hat, der uns dann in der Nacht nach Dessau gefahren hat.

Enrico:
Und heute Nacht geht es gleich weiter nach Österreich, oder?

Satyr:
Ja, das stimmt. Und von da gleich weiter in die Schweiz.

Enrico:
Bekommst du von solch einem Festival dann überhaupt was mit?

Satyr:
Das kommt immer auf das Festival an. Bei vielen Open Airs bekommst du auch als Künstler viel mit. Du läufst die ganze Zeit durch das Publikum und sprichst auch mit den Fans. Doch hier sehe ich nicht viel. Du kommst als Artist in den abgesperrten Bereich, erledigst deinen Job, gehst auf die Bühne und dann fährst du auch schon wieder weg. Das Publikum sieht man dann echt nur während der Show. Aber ich habe schon mitbekommen, dass hier viel los ist und auch viele Fans aus Westdeutschland hier hergekommen sind.

Enrico:
Kostet ja auch nur 54€ für drei Tage.

Satyr:
Wirklich? Das ist richtig billig.

Enrico:
Wirst du dir dennoch einige Bands heute anschauen?

Satyr:
Ich würde mir gerne KREATOR ansehen, aber die spielen leider erst übermorgen. Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, haben sie echt gerockt. War einfach großartig. Ich glaube ja, dass sie "Pleasure To Kill" uns gewidmet haben.

Enrico:
Ach echt? Warum?

Satyr:
Weil sie wissen, dass wir mit der Musik von KREATOR aufgewachsen sind (lacht).

Enrico:
Na da. Wie sieht denn ein Festivaltag im Leben von Satyr aus?

Satyr:
Ich beschreibe dir einfach mal meinen heutigen Tag, welcher ein typisches Beispiel ist.

Enrico:
Schieß los.

Satyr:
Nachdem ich aufgestanden bin, ging es sofort zum Frühstück. Ich liebe Essen und bin keiner der Typen, der das Frühstück ausfallen lässt. Ohne Frühstück funktioniere ich einfach nicht. Danach sind wir mit der Band alle zusammen in ein Fitnessstudio gegangen. Das ist einfach wichtig für mich und die Jungs, um auf Tour in Form zu bleiben. Ich will da auch während einer Tour mein normales Leben nicht aufgeben. Und dazu gehört eben das Fitnessstudio. Unterwegs suchen wir uns dann einfach eins – heutzutage ja kein Problem mehr. Nach einigen Stunden fuhren wir zurück ins Hotel und bekamen das nächste Essen. Dann habe ich mir das 1. Freie Training der Formel angeschaut.

Enrico:
Ach?

Satyr:
Ich liebe die Formel 1. Dieses Wochenende fahren sie in Monaco und da musste ich auch das Training unbedingt sehen.

Enrico:
Wer war denn Schnellster?

Satyr:
Bis zu dem Punkt als eingeschlafen bin, hatte wohl Barrichello die beste Zeit – ich glaube vor Kubica und Massa. Nachdem ich aufgewacht bin, ging es dann direkt hierher um einige Pressetermine zu absolvieren. Nach unserem Gespräch geht es dann zur Autogrammstunde, bevor wir noch einmal zum Essen ins Hotel fahren und ich mir einige unsere Songs, die wir heute Abend spielen werden, auf meinem iPod anhören werde. Dann machen wir uns für den Gig im Hotel fertig. Anschließend fahren wir wieder her und gehen sofort auf die Bühne. Nach der Show trinken wir noch eine oder zwei Flaschen Wein und dann geht es auch schon wieder ins Bett.

Enrico:
Vor wenigen Wochen wart ihr in Griechenland für zwei Shows. Wie liefen die Gigs?

Satyr:
Es fing schon sehr seltsam an. Wir kamen am Vortag der ersten Show in Athen an und machten wie immer unsere Kraftübungen. Unter anderem stand Kickboxen auf dem Plan. Dabei habe ich mir meinen Fuß verletzt. Zunächst dachte ich, dass ich mir irgendeinen Knochen gebrochen oder eben die Bänder gerissen hätte. Ich ging dann ins Krankenhaus, wo der Fuß geröntgt wurde und es stellte sich als Bänderriss heraus. Als wir dann den Gig in Athen hatten, war mein Fuß so geschwollen, dass ich meine Stiefel nicht anziehen konnte. Ich hab es dann mit schwarzen Jogging-Schuhen versucht (lacht). Aber da der Knöchel wie ein Tennisball aussah, war es auch damit nicht möglich. Ich hab dann mit einer Krücke und einer schwarzen Socke gesungen. Natürlich war es blöd, dass ich mich nicht bewegen konnte, aber es gab halt nur die Wahl so aufzutreten oder die Show zu streichen. Die Show selber war ausverkauft und lief sehr gut. Natürlich wäre es noch besser gewesen, wenn ich mich bewegen hätte können.

Enrico:
Und wie lief es in Thessaloniki?

Satyr:
Total verrückt. Ich hatte die Krücken ja noch, aber das war nicht das Entscheidende. Denn irgendwie gab es Probleme mit dem griechischen Promoter. Der Club, in dem wir spielen sollten, war zu. Alle hatten Tickets, aber den Club gab es gar nicht mehr. So mussten wir am Tag der Show noch einen neuen Club auftreiben. Das hat dann auch geklappt und ich glaube, dass man Leute vor den ursprünglichen Club stellte, um den Fans den Umzug mitzuteilen. Das hat dann auch alles funktioniert, auch wenn alles ein wenig chaotisch war. So konnten wir schließlich auch erst halb 12 auf die Bühne gehen – an einem Sonntag. Aber die Fans haben geduldig gewartet und die Show wurde dann richtig gut. Insgesamt war dieser Trip sehr seltsam (lacht). Zum Glück hat sich der Fuß mittlerweile gebessert. Ich habe dafür den Physiotherapeuten des norwegischen Hockey-Nationalteams bekommen, der sich gut um die Verletzung kümmerte.

Enrico:
Also kannst du dich heute Abend auf dem Legacy-Fest ordentlich bewegen?

Satyr:
Nicht wie sonst, aber ich zumindest besser als in Griechenland.

Enrico:
Aber tanzen geht nicht?

Satyr:
Haha – nein, leider nicht (lacht).

Enrico:
War es euer erster Trip nach Griechenland?

Satyr:
Unser zweiter. Wir sollten das viel öfter machen, weil SATYRICON sehr beliebt sind. Aber es ist dort immer etwas konfus. Die Dinge laufen eben nicht so organisiert ab wie hier in Deutschland.

Enrico:
Ich kann mir die Griechen gar nicht als Black Metaller vorstellen. Bei Griechenland denk ich immer an deren alte Kultur, an ihr Essen und an Urlaub.

Satyr:
Ich vergleiche sie immer mit den Fans in Italien. Die Italiener sind zwar noch leidenschaftlicher, aber die Griechen sind schon ganz besondere Menschen. Sie singen sehr viel und haben alle Texte der Songs drauf. Ansonsten sind sie sogar etwas schüchterner als der Rest der Fans in Südeuropa.

Enrico:
Ich habe auf eurer Homepage gelesen, dass ein Gig in Neuseeland gestrichen werden musste – auf Grund eines Fehlers von Air New Zealand. Was ist genau passiert?

Satyr:
Das ist eine extrem lange Geschichte, aber ich werde sie etwas verkürzen. Wir waren also in Japan und wollten mit dem Flieger nach Neuseeland und Australien. Air New Zealand wollte uns aber mit dem ganzen Equipment nicht fliegen lassen. Irgendwann meinten sie, dass sie uns nur transportieren würden, wenn wir 6.000€ extra zahlen. Wir waren sprachlos. Wir sind um die ganze Welt mit der Band gereist, aber so was haben wir noch nicht erlebt. Wir dachten echt, dass irgendwo die versteckte Kamera sein würde. Das kam uns wie ein Witz vor. Aber die meinten das tatsächlich ernst. Aber wie versuchten methodisch an die Sache ranzugehen und nicht auszuflippen. Wir holten jemanden von unserer japanischen Agentur heran, der den Leuten von der Fluggesellschaft klar machen sollte, dass wir nicht irgendwelche Spinner sind, sondern eine professionelle Band.

Enrico:
Hat nix genützt, oder?

Satyr:
Gar nicht. Es war ein Desaster. Wir entschieden uns dann, unser Equipment nach Norwegen zu schicken und uns in Neuseeland welches zu mieten. Aber dann meinten sie, dass sie uns jetzt gar nicht mehr ins Flugzeug lassen. Wir fragten nach dem Warum und sie kamen mit irgendwelchen dummen Antworten, dass etwas mit dem Einchecken nicht klappen würde und nur so einen Mist. Ich denke, dass sie es einfach satt hatten, mit uns drei Stunden zu diskutieren. Also sagten sie sich einfach: Fuck You!

Enrico:
So ein Dreck.

Satyr:
Es war wahnsinnig frustrierend. Ich selber habe mich für die Shows dort stark gemacht. Da ich niemals als Tourist dorthin kommen werde - es ist einfach zu weit weg und zu teuer - dachte ich mir, dass ich durch die Musik dorthin reisen könnte. Die Natur soll dort der norwegischen sehr ähnlich sein. Ich wollte mir quasi einen Traum erfüllen. Am Ende verpassten wir den Flug, mussten alle Hotelzimmer stornieren, neue buchen, bekamen kein Geld für die Show und all solche Sachen. Es war ein finanzieller Albtraum.

Enrico:
Shit happens.

Satyr:
Das kannst du laut sagen. Das war richtig Shit!

Enrico:
Lass uns zu einer positiveren Erfahrung kommen. Im Januar wart ihr erstmalig seit 2004 wieder in den USA auf Tour. Wie lief es dort?

Satyr:
Das war eine tolle Erfahrung. Musikalisch war es einfach fantastisch. Ich glaube, dass die Band nie so gut klang, wie auf dieser Tour. Nach der Europa-Tour haben wir uns hingesetzt und haben über die neuen Songs gequatscht, was eben funktionierte und was nicht. Dadurch waren wir für die US-Tour extrem gut vorbereitet. Alle waren voll motiviert. Vor allem Frost – für ihn war es die erste US-Tour mit SATYRICON seit neun Jahren. Wir spielten die Shows zusammen mit CRADLE OF FILTH. Daher wollten wir jeden Abend den Leuten zeigen, dass wir die stärkste Band des Packages sind. Das war eine richtige "In For The Kill-Attitude". Wir gaben jedes Mal 110% und es kamen einige richtig tolle Shows heraus. Wir sind durch die ganze USA und Kanada gereist und sobald CRADLE OF FILTH einen freien Tag hatten, sind wir nach Mexiko geflogen um dort zu spielen. Es waren aufregende sieben Wochen.

Enrico:
Hast du vor den Auftritten ein Ritual bzw. was machst du kurz vor der Show?

Satyr:
Ein Ritual hab ich nicht, aber ich mache einige Warm-Ups für meine Stimme. Die dauern etwa 15 Minuten. Dann trinke ich vor den Shows sehr viel Wasser und mache mich fertig für die Bühne: Make Up, Haare, als diese Dinge. Dann gehen wir mit der Band noch kurz die Songs durch und besprechen die Sachen, die uns bei der letzten Show aufgefallen sind. Ich glaube, Frost hat da mehr Rituale vor den Shows. Er braucht das immer, weil er davor völlig aufgedreht ist. Ich bin da eher ruhig.

Enrico:
Frost fährt nach den Shows auf seinem Hometrainer immer Fahrrad.

Satyr:
Ja, das stimmt. Er macht das, damit seine Muskeln nicht übersäuern. Er kann sich nicht einfach nach 90 Minuten extremster Belastung in die Ecke setzen. Durch das Radfahren beruhigt er sich.

Enrico:
Lass uns zu einem aktuellen Thema kommen. Norwegen hat den Eurovision-Songcontest gewonnen. Was hältst du davon?

Satyr:
Ich habe den Song noch gar nicht gehört aber ich war sehr geschockt, wie sehr die Leute da mitgehen. Seitdem ich lebe, hat Norwegen schon mehrmals diesen Wettbewerb gewonnen. Und immer haben sich alle gefreut und ein großes Fest gefeiert. Aber diesmal waren die Erwartungen schon wahnsinnig groß. Meine Mom hielt an meinem Haus an und fragte mich, ob ich den Contest gerade sehe. Ich antwortete, dass ich nicht mal wüsste, dass er gerade läuft. Sie meinte, dass Norwegen Favorit wäre und erklärte mir, dass ein Typ mit einer Geige für uns antritt. Sie versuchte mich zu überreden diese Show zu schauen. Und ich sagte nur: "Mom, ich werde mir den fucking Eurovision-Songcontest sicher nicht anschauen." Sie fragte mich warum und ich sagte, dass ihr Sohn halt der Sänger von SATYRICON sei und er deshalb so was nicht schaut (lacht). Sie lachte dann und gab es auf. Der Hype ist schon ein wenig verrückt. Natürlich verstehe ich es, dass die Leute auf Wettbewerbe stehen aber wenn es eine Sache gibt, in der man nicht gegeneinander antreten kann, dann ist es doch die Musik.

Enrico:
Kommen wir zu einem anderen Thema. Ich war sicherlich nicht der einzige, der beim Anblick deiner (nicht mehr so neuen) Frisur überrascht war. Warum hast du dir die Haare abgeschnitten?

Satyr:
Dann kannst du mich auch gleich fragen, warum ich mir für "Rebel Extravaganca" eine Glatze hab rasieren lassen oder warum die Haare bei "Nemesis Divina" blond waren.

Enrico:
Okay, mach ich. Warum?

Satyr:
Das Leben ändert sich einfach.

Enrico:
Gibt es schon Ideen für ein neues Album?

Satyr:
Ja, die gibt es. Aber vor 2011 sollte niemand ein neues Werk erwarten. Ich schreibe mir zwar immer die Ideen gleich auf, aber dennoch gibt es da Unterschiede zum richtigen Schreiben für ein neues Album. Dann höre ich mir meine gesammelten Ideen an, aber wenn man sieht, dass wir von den letzten sechs Monaten fünf Monate lang auf Tour waren, dann dauert das eben seine Zeit. Aber dafür braucht man auch Ruhe und daher ist es schon von Vorteil, dass ich meinen eigenen Backstage-Raum habe, in dem ich meine Ideen mit der Gitarre gleich aufnehmen kann.

Enrico:
Wie sieht es mit einer Live-DVD aus?

Satyr:
Yo, das nehmen wir uns vor. Allerdings erst nächstes Jahr.

Enrico:
Dann viel Spaß auf der Bühne heute Abend.

Satyr:
Werden wir haben. Bestell allen Lesern von POWERMETAL.de liebe Grüße!

Redakteur:
Enrico Ahlig

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