SUBWAY TO SALLY: Interview mit Bodenski

01.01.1970 | 01:00

SVBWAY TO SALLY sind seit ihrer Gründung 1992 ein Phänomen in der Metal-Szene. Sie unterwerfen sich keinen Trends, sondern prägen diese vielmehr. Sie lassen sich nicht kategorisieren oder direkt mit andren Bands vergleichen, vielmehr verleiben sie verschiedenste Stilrichtungen und Einflüsse ihrem künstlerischen Schaffen ein. Am deutlichsten treten in ihrer Interpretation des Metal die Elemente von Folk, Mittelalter und Spielmannsmusik hervor.

Die Potsdamer ragen abgesehen von dieser nicht sehr häufig vertretenen Stil-Mischung und ihrem fachmännischen Umgang mit einer Vielzahl von eingesetz-ten Instrumenten durch ihre ausgefeilten deutschen Texte aus der Masse der Metal-Combos heraus. Über diese Texte werden unter andrem im Fan-Forum auf ihrer Homepage http://www.subwaytosally.de regelrechte Deutschdiskurse geführt. Ich hatte Gelegenheit, mich mit dem Textschreiber der siebenköpfigen Band, die bislang sieben Longplayer auf den Markt gebracht hat, zu unterhalten, doch dazu später mehr.

Vom Hörgenuss der aktuellen CD kann man sich auf ihrer HP mittels der verfügbaren Samples überzeugen, Anspieltipps sind hierbei „Herrin des Feuers“, „Kleid aus Rosen“ und „Veitstanz“.

Unmittelbar nach unsrer Ankunft im Haus Auensee wurde uns mitgeteilt, dass das Interview mit SUBWAY TO SALLY sofort starten solle, also legten wir direkt los, wenn auch etwas gehetzt. Dafür war das Gespräch mit Bodenski, dem Texter und poetischen Genius der Band, erfreulich entspannt und ergiebig.

Andreas: Kommen wir wie nicht anders zu erwarten gleich zur aktuellen CD "Herzblut". Es sind einige neue Einflüsse zu erkennen, insbesondere aus der elektronischen Richtung. Wie sieht das Meinungsbild der Fans dazu aus?

Bodenski: Subway to Sally haben die Möglichkeit, verschiedene Dinge auszuprobieren, da sie eine breit gefächerte Zielgruppe ansprechen. Als Künstler sollte man sich nicht so viel daraus machen, wenn man nicht alle hinter sich hat. "Allen Leuten recht getan ist eine Kunst, die niemand kann." Wichtig ist, dass man selbst hinter dem steht, was man tut, dann kommt man künstlerisch weiter. Es gibt verschiedene Einflüsse durch die verschiedene Gewichtung der Musiker und andere Leute, wie z.B. die Produzenten. Wir sind mit der Platte sehr zufrieden; es war ein Ausprobieren in einer anderen Richtung.
Auf der "Hochzeit" haben wir konsequent den Weg verfolgt, die Gitarren in den Vordergrund zu stellen, und da gab es genauso viel negative Fanresonanz.
Es war nicht die Idee, die Gitarren wieder zurückzunehmen wegen der Kritiken, sondern eine andere Facette sollte ausgeleuchtet werden. Die elektronischen Elemente waren zuvor auch schon vorhanden, nur anders gewichtet.

Andreas: Woher kommen die elektronischen Einflüsse?

Bodenski: Wir leben nicht in der Vergangenheit. Und im Gegensatz zu andren Bands handelt es sich bei uns nicht um eine Mittelalterband, die Elemente des Rock einfließen lässt, sondern eine Rockband, die andere Einflüsse aufnimmt.
Man darf die Fans nicht nur mit dem Samthandschuh anfassen, sondern muss sie auch schocken können. Die Meinung der Fans ist mir nicht egal, ich meine nur, dass sie bei dem, was man tut, nicht zu viel Gewichtung bekommen sollten.
Die Diskussion zur "Herzblut" in unsrem Forum ist so kontrovers, dass praktisch jede mögliche Meinung vertreten ist.
Wenn jemand will, dass wir im ewig Gestrigen verbleiben, sind wir die falsche Band dafür.

Andreas: Die aktuellen Texte muten moderner an als zuvor, ebenso wie die Klangbilder.

Bodenski: Es war mir wichtig, spezielle mittelalterliche Bilder und Metaphern aus dem Mittelalterbereich wegzulassen, wie "Galgen" oder "Henkersbraut", damit der moderne Bezug unsrer Songs, der auch zuvor schon vorhanden war, besser zur Geltung kommt. Dass ich eine bestimmte Sprache verwende und auf Modernismen verzichte, ist mein Stil, und dabei möchte ich auch gern bleiben.

Andreas: Es wurde eurerseits vor einiger Zeit der Versuch unternommen, euer Material bei Viva einzubringen, aber dort stieß die Anfrage auf Ablehnung. Wie steht ihr aufgrund dessen zu Musiksendern wie Viva?

Bodenski: Damals haben die Promo-Leute der Band angefragt, ob ein Video eine Chance hätte, und es gab ein klares "Nein". Das darf man nicht persönlich nehmen; bis auf ein paar Ausnahmen und Vorzeigebeispiele wird die Gothic- und Metal-Szene komplett ausgeblendet.
Und selbst bei Bands wie In Extremo, die ein Video zu "Vollmond" auf den Musiksendern zu laufen haben, werden die Künstler als etwas verkauft, das sie nicht sind: In diesem Beispiel findet man im Video keinerlei Gewandung, keine mittelalterlichen Instrumente sind zu sehen, es wird krampfhaft versucht, den Song in Richtung Gothic zu puschen und Vampirismus-Elemente einzubringen. Viva ist der Meinung: "Lasst das Mittelalter raus, das will keiner sehen".

Andreas: Dabei boomt gerade der Bereich Mittelalter momentan doch ziemlich.

Bodenski: Man muss als Musiker das Image der Musiksender akzeptieren. Ein Sender muss Produkte an den Mann bringen, sich durch Werbung finanzieren. Bands wie StS passen da nicht rein; in einem Werbeblock würden wir derzeit wie ein Fremdkörper wirken, wenn wir uns darstellen, wie wir sind.

Andreas: Wie steht ihr zu den Äußerungen der Presse, die versucht, euch als Medieval-Metal-Band anzupreisen?

Bodenski: Mittelalter-Metal ist nicht der richtige Begriff für StS. Man wird auf ein Schlagwort reduziert, um die Musik mundgerecht zu verpacken. MA-Metal ist ein Teil von StS, aber nicht wirklich das, worum es hier geht. Viele Fans haben aber diese Erwartungshaltung in Richtung Mittelaltermusik bei uns und stören sich nun an den modernen Einflüssen.

Andreas: Dabei kommen die mittelalterlichen Elemente und die Spielmannsmusik auf der "Herzblut" meiner Ansicht nach wieder stärker zum Vorschein als zuvor.

Bodenski: Genau das ist das Interessante! Verglichen mit der "Hochzeit" sind auf der Herzblut mehr mittelalterliche und folkige Elemente zu finden.

Und in ironischem Tonfall fügt er hinzu:

Aber auweia, da ist ja einmal eine Techno-Base dazwischen, da haben wir ja gleich wieder alles kaputt gemacht.

Andreas: Das Album ist in großen Teilen sehr emotional, sowohl, was Musik als auch den Text angeht. Gibt es für die Bezüge zur Erotik und den
Gefühlsaufwallungen einen bestimmten Grund? Sind dies die Gefühle, die dich derzeit bewegen? Frisch aufgeflammte Liebe und Leidenschaft? *gg*

Bodenski: Naja, dazu braucht man keine "frisch aufgeflammte Liebe". Es geht ja auch, indem man sich erinnert ;-)
Es ist aber definitiv so, dass wir auf diesem Album weg wollten von den direkten Bezügen zum Mittelalter oder was man dafür hält. Da ich aber nicht die Art zu schreiben verändern wollte, war es naheliegend und auch eine Herausforderung, den Schwerpunkt stärker als bisher auf Emotionen und Erotik zu legen.

Andreas: Wie steht ihr zu dem parallel zu eurem Live-Album "Schrei" erschienenen Best-of-Album, das eure alte Plattenfirma auf den Markt geworfen hat? Viele Fans sind davon irritiert und schreien "Kommerz", besonders, da der Sound auf dem neuen Album in eine modernere und für die Allgemeinheit geeignetere Form gebracht wurde.

Bodenski: Dort, wo wir die Möglichkeit hatten, es zu erklären, haben wir es getan. Es hat sich diesbezüglich nichts gegen die Band gerichtet, die Leute haben es verstanden. Die Leute sind nicht mehr so naiv zu glauben, wir brächten unsre Platten allein auf den Markt.
Unsre alte Plattenfirma BMG hat die Rechte an allen Titeln, die wir auf ihrem Label herausgebracht haben. Wenn die wollen, können sie jede Woche ein Best-of oder Technomixes auf den Markt schmeißen. Sie wollten eine neue Veröffentlichung im Zuge unserer Neuveröffentlichung nachschieben. Dummerweise entsprach auch noch die Titelzusammenstellung zu 70 % dem Live-Album "Schrei", das eigentlich auch ein Best-of von StS ist. Da fühlten wir uns schon ziemlich verarscht. Also kam der Vorschlag der Band, zumindest den Schwerpunkt auf die Balladen und Halbballaden zu legen, so wurde wenigstens eine andere Facette der Band als auf der "Schrei" widergespiegelt.

Andreas: Wie steht ihr zum Boom von MP3 im Netz?

Bodenski: Das ist eine zwiespältige Geschichte. Musiker haben natürlich Interesse daran, dass so viele Menschen wie möglich ihre Musik hören. Dazu trägt es auf jeden Fall bei! In den großen Städten verzeichnen wir sogar auf den Konzerten ca. 30 % Publikumszuwachs, vielleicht ist auch das auf die MP3 zurück-zuführen und bringt insofern auch wieder Geld rein.

Andererseits handelt es sich hier um geistiges Eigentum und es fehlt ein wenig das Unrechtbewusstsein der Leute. Solange ich als Musiker von meiner Musik leben kann, ist alles in Ordnung. Aber wenn durch zu viele MP3 und Raubkopien weniger Platten verkauft werden, versuchen die Firmen, weniger Geld in Produktionen zu stecken und beschränken sich auf weniger Bands, um die Produktion zu halten. Damit hat der Nachwuchs es schwerer. Der Slogan "10.000 Raubkopien töten eine Nachwuchsband" der Kampagne "Copy Kills Music" ist natürlich sehr plakativ und sicher nicht so zutreffend, aber er beinhaltet durchaus ein Fünkchen Wahrheit.

Ich will und kann es niemandem verbieten, alles sucht sich seinen Weg, ich habe privat auch kein Problem damit, zumal sich derzeit vermutlich Verlust und Gewinn in dieser Sache die Waage halten. Das trifft aber nur für Bands der Größenordnung von StS zu; Nachwuchsbands haben es durch Raubkopien definitiv schwerer.
Hinzu kommt bei zu geringen Umsätzen für die Neulinge, dass sie sich nicht durch ihre Musik finanzieren und anderweitig arbeiten müssen. Dadurch können sie sich nicht mehr auf ihre Musik konzentrieren und es wird auch schwer, auf Tour zu gehen.


Wir haben uns dann noch ein wenig über diverse andere Dinge unterhalten, die aber den Rahmen dieses Beitrages sprengen würden, unter anderem über ihre Mexiko-Tour, Gastmusiker oder Kontakte zu gleichartigen Bands wie Skyclad.

Die letzten Worte an die Leserschaft sprach der Meister solcherart: "Immer schön tolerant blieben - und benutzt Kondome!" *schmunzel*

Redakteur:
Andreas Jur

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