TWISTED TOWER DIRE: Interview mit Scott Waldrop

18.05.2007 | 23:44

Fast vier Jahre ist es her, dass TWISTED TOWER DIRE mit "Crest Of The Martyrs" ihr drittes und bislang letztes Album veröffentlicht haben. Diese Scheibe wurde damals wohl allgemein sehr positiv aufgenommen, auch wenn ganz engstirnige Undergroundler die eher massenkompatible Ausrichtung und die zu glatte Produktion beklagten - ja, ja, manchen Leuten kann man es halt nicht recht machen. Wie auch immer - vor ein paar Wochen erschien nun der Nachfolger "Netherworlds", der zum einen auch wieder sehr gut gelungen ist, zum anderen aber auch wieder die Fans der ersten Stunde mehr ansprechen dürfte. Doch nicht nur musikalisch hat sich einiges getan bei TWISTED TOWER DIRE - zwischen 2004 und 2006 ging die Band nämlich durch ein Wechselbad der Gefühle, da es wohl immer wieder Probleme mit Sänger Tony Taylor gab, der an Depressionen litt und leidet. Im September 2006 war es dann auch so weit, und Tony verließ schließlich die Band. Mit Johnny Aune wurde zwischenzeitlich auch bereits Ersatz gefunden, sodass die Band wieder komplett ist und weiteren Live-Auftritten, wie beispielsweise beim Keep It True-Festival, steht nichts mehr im Weg. - Es gab also mehr als einen Grund, um bei Gitarrist Scott Waldrop nachzufragen ...

Martin:
"Crest Of The Martyrs" wurde vor fast vier Jahren veröffentlicht. Wie waren denn die Reaktionen, und wie hat sich die Platte verkauft, insbesondere in Deutschland und in den USA?

Scott:
Es lief eigentlich überall ganz gut. Die Verkäufe waren auf allen wichtigen Märkten respektabel. Es schien so, als ob "Crest Of The Martyrs" eine Menge neue Fans dort für uns begeistern konnte, wo die Leute die Produktion unserer vorigen Alben nicht so mochten. Weil "Crest Of The Martyrs" vom Klang her "clean" war, hat es das Interesse der Fans geweckt, die auf den glattpolierten Power-Metal-Sound stehen. Ich denke, eine Menge alte Fans mochten es, dass unsere ersten zwei Alben wie Musik aus den frühen 80ern klangen, und deshalb fühlten sie sich durch die gute Produktion betrogen. Ich glaube, ich bin geschmeichelt, dass wir den Leuten so wichtig sind, dass sie ärgerlich werden, und wir wollten es uns keinesfalls mit den Fans verscherzen, die von Anfang an zu uns halten. Ich persönlich finde, dass "Crest Of The Martyrs" nicht wirklich nach uns klang, und ich hoffe, wir haben das mit "Netherworlds" korrigiert.

Martin:
Was habt ihr denn seit 2003 gemacht? Wann habt ihr mit dem Songwriting für "Netherworlds" begonnen?

Scott:
Wir haben angefangen, Songs für "Netherworlds" zu schreiben, als "Crest Of The Martyrs" gerade fertig war. Wir hatten sogar die Musik schon zweieinhalb Jahre aufgenommen, bevor sie veröffentlicht wurde. Wir stießen auf verschiedene Probleme, wie ein großes Loch im Budget, Tonys Depression und verschiedene andere Dinge. Wie viele bereits wissen, litt Tony in den letzten drei Jahren an einigen ernsten persönlichen Problemen, was alles sehr verzögerte. Außerdem hatten wir nicht viel Geld zum Arbeiten, da wir bei "Crest Of The Martyrs" unser Budget überschritten hatten. Also haben wir am Ende "Netherworlds" selbst mit der Hilfe von zwei großartigen Freunden, Matt Crooks und Wayne Mitzen, aufgenommen. Hierbei fand ein großer Lernprozess statt, der uns noch mehr gebremst hat, da unser Drummer Marc sich die Zeit genommen hat, die Arbeit mit der Aufnahme-Software richtig zu lernen. Und als Krönung des Ganzen ist jedem in der Band soviel Scheiße passiert. Nur damit du eine ungefähre Vorstellung hast - im Juli haben wir, eine Woche nachdem mein Haus niedergebrannt ist, eine Show gespielt, und Dave trat mit einem gebrochenem Bein auf. Die nächste Show hat Tony in letzter Minute abgesagt, um sich wegen seiner Probleme behandeln zu lassen, und Johnny Aune - unser neuer Sänger - trat auf, ohne je vorher mit uns geprobt zu haben. Wir versuchen, eine unaufhaltsame Maschine zu sein.

Martin:
Kannst du mir ein paar Worte zum Entstehen eines typischen TWISTED TOWER DIRE-Songs sagen?

Scott:
Für meine Songs gilt: Ich schreibe den ganzen Song und nehme ein Demo nur mit Gitarren, meiner furchtbaren Stimme und einem Drum-Computer auf. Dann spiele ich es dem Rest der Band vor und wir basteln daran herum, bis es allen gefällt. Die andere Art, wie wir schreiben, ist, dass einer eine Idee hat und wir sie gemeinsam ausbauen. Zum Beispiel schrieb Dave zwei Strophen-Riffs für den Song "The Isle Of Hydra", dann haben ich und Jim den Rest der Musik geschrieben, und Tony hat seinen Text geschrieben, nachdem die Musik fertig war. Jetzt, da Tony nicht mehr bei uns ist, habe ich quasi das ganze nächste Album geschrieben und Demos an meinem Computer gemacht, und der Rest der Band hört sie sich an und wir arbeiten sie schnell zusammen aus. Das ist jetzt die Formel, die funktioniert.

Martin:
Wie lange haben eigentlich die Aufnahmen zu "Netherworlds" gedauert? Wie war denn die Atmosphäre im Studio? Und wie zufrieden seid ihr mit dem Ergebnis?

Scott:
Um die Musik aufzunehmen, haben wir nur einige Monate lang zwei- bis dreimal pro Woche gearbeitet. Wir waren mit allem soweit fertig. Doch dann war es sehr schwer, Tony ins Studio zu kriegen - er hat jede Menge abgesagt. Er hatte eine wirklich schwere Zeit und ich versuche, nicht schlecht über ihn zu sprechen, aber das ist die Erklärung dafür, dass ein so beschissen klingendes Album so lange gedauert hat, hahaha. Die Studiozeit wurde zwischen drei verschiedenen Orten aufgeteilt: Matt Crooks Studio, Wayne Mitzens Studio und Marcs Apartment. In Matts Haus war es immer lustig. Die typische Session bestand darin, dass ich von der Arbeit kam, dort hin gegangen bin und viel Bier getrunken habe. Es war Sommer und ich habe draußen gearbeitet, also bin ich hinüber gegangen in das schöne klimatisierte Studio und habe innerhalb einer Stunde ein Sixpack schönes kaltes Bier getrunken. Es ist schon erstaunlich, dass alles erledigt wurde. Waynes Studio ist verrückt, weil er wie ein verrückter Wissenschaftler ist. Zwischen dem Aufnahme-Equipment sind alle möglichen anderen Geräte, mit denen er arbeitet, wie Maschinen zur Metallbearbeitung und anderer verrückter Scheiß. Also ist man immer eingepfercht in diesem kleinen, dunklen, verrauchten Raum voller merkwürdiger Maschinen, während man mixt. Dieser Ort ist wie im Star-Wars-Universum. Dann wurden viele der abschließenden Arbeiten in Marcs Apartment gemacht. Ich erinnere mich, dass wir alle in einer Bar waren und mitten in der Nacht zurückkamen, ein Mikrofon mitten in sein Wohnzimmer stellten und viele der Backing-Vocals sturzbesoffen eingesungen haben. Ich bin sicher, dass die Nachbarn über und unter uns es geliebt haben, nachts um drei einen Haufen Besoffene singen zu hören: "You cannot run, you cannot hide, from all the darkness ...".

Martin:
Wo siehst du denn die Gemeinsamkeiten von "Netherworlds" mit anderen TWISTED TOWER DIRE-Veröffentlichungen, und wo siehst du die Unterschiede?

Scott:
"Netherworlds" hat mit unserem Debüt gemeinsam, dass es größtenteils von uns produziert worden ist, und es gibt auf diesem Album eine Menge schräger Details, die man mit Kopfhörern hören kann. Mit "Crest Of The Martyrs" hat es auch gemeinsam, dass die Songstrukturen recht einfach gehalten wurden. Es hebt sich von den anderen ab, weil es definitiv unser dunkelstes und merkwürdigstes Album ist. Und der Gesamt-Sound hat irgendwie einen traumhaften Einschlag. Zumindest für mich ist das so - vielleicht liegt es auch daran, dass die vergangenen drei Jahre ohnehin surreal erschienen, und während dieser Zeit hatte ich damit zu tun, es zu beenden. Und es ist auch das erste Mal, dass die Texte auf eigenen Erfahrungen beruhen. Früher waren unsere Texte Fantasieprodukte mit einer doppelten Bedeutung und oft mit viel Interpretationsspielraum. In den Texten von "Netherworlds" geht es fast ausschließlich um Tonys Depressionsattacken, und sie bedeuten einfach, was sie erzählen. Ich glaube nicht, dass wir jemals noch so ein Album machen werden. Es ist Zeit, wieder zu albernen Fantasien zurückzukehren, hahaha. Ich bin nicht gerne ernst.

Martin:
Was kannst du mir über die Songs erzählen, und hast du einen Lieblingssong?

Scott:
Der Großteil der Musik wurde 2004 in meinem Keller von Marc und Jim geschrieben und arrangiert. Ich habe 'Dire Wolf' komplett mit Text und die Musik für 'Starshine', 'Netherworlds', 'No One Left To Blame', 'Tales Of Submission' und 'Casualties' geschrieben. Ich habe im Prinzip auch den Text zu 'Casualties' geschrieben, nachdem Tony sich den Songtitel und einen Teil des Refrains ausgedacht und nie beendet hat. Jim hatte die musikalische Hauptidee zu 'Firebird' und hat die komplette Musik zu 'Killing Kind' geschrieben. Tony hatte die Vocals zu 'Fortress' im Kopf und wir haben die Musik um seine Melodien geschrieben. Tony fügte seine Vocals hinzu, nachdem die Musik mit Demos geschrieben war. In den meisten Texten geht es um Depressionen und Selbst-Psychoanalyse. Als meine Lieblingssongs haben sich 'No One Left To Blame', 'Fortress', 'Casualties' und 'Dire Wolf' entwickelt.

Martin:
Wer ist für die Texte der neuen Songs verantwortlich? Und wovon handeln sie?

Scott:
Wie ich schon gesagt habe, hat Tony alle Texte außer zu 'Casualties' und 'Dire Wolf' geschrieben - die sind nämlich von mir. Ich werde versuchen, die Bedeutung von Tonys Songs - so gut ich kann - zu erklären, bzw. wie ich sie verstehe. 'Starshine' handelt von dem Ort zwischen Schlaf und Erwachen, wenn alles friedlich ist und beginnt, seltsam zu werden. Es geht darum, dass man dorthin für immer flüchten will, während die Außenwelt sich bedrohlich nähert. In 'Dire Wolf' geht es darum, ein Außenseiter zu sein und immer vor dem Rest der Welt wegzurennen, wenn sie versucht, dich an sich anzupassen. Es ist ein Song, der die Individualität lobt, und dass man stolz sein kann, zu einer fast ausgestorbenen Rasse zu gehören. In 'Fortress' geht es um Tonys Depressionen und darum, dass er emotionale Wände um sich aufbaut. Es geht darum, wie schwierig es für ihn ist, Beziehungen zu anderen Leuten zu haben. 'Killing Kind' handelt davon, sich selbst hungrig, wütend und voller Feuer zu erhalten, wenn man der Außenseiter ist. Im Grunde geht es darum, dass TWISTED TOWER DIRE eine erfolglose Band ist, aber uns ist das egal und wir machen weiter, hahaha. 'Netherworlds' ist der Titeltrack und hilft, alle Songs zu einem Thema zusammenzufassen: der finstere Wahnsinn, der im Herz und Geist eines Jeden lauert. Es geht um deine eigene Stimme in deinem Kopf, die dich manchmal mit deinen eigenen Gedanken anwidert. Es ist ein Song, der davon handelt, was passiert, wenn du beginnst, auf diese Stimme zu hören und ihr zu folgen und was dadurch aus dir wird. Viel davon war inspiriert von Tonys tatsächlichem Zusammenbruch, oder dem Zusammenbruch, der kam, als er den Text schrieb. Es war tatsächlich eine sich selbsterfüllende Prophezeiung. 'Tales Of Submission' handelt davon, die ganze Nacht perversen Sex mit einer geknebelten Frau zu haben. Das sind Tonys beunruhigende Texte und ich versuche mir keine Bilder vorzustellen. In 'No One Left To Blame' geht es um Verrat und wie Leute einander benutzen, wenn sie die Schwächen des anderen erkennen. Es geht darum, alle Liebe in deinem Leben aufzubrauchen, sie zu missbrauchen, bis sie letztendlich vollkommen verschwindet und du verbittert zurückbleibst. 'Firebird' ist eine Fortsetzung unseres Songs 'Sign Of The Storm' von unserem "The Isle Of Hydra"-Album. Er beschäftigt sich mit den Mächten des Karma, und wie keine Bestechlichkeit von Macht ungesühnt bleibt.

Martin:
Auf "Netherworlds" singt Tony noch, aber inzwischen hat er die Band verlassen. Kannst du mir was zu den Umständen sagen? Und wie ist die derzeitige Beziehung zwischen ihm und der Band?

Scott:
Das ist eine lange Geschichte. Nach "Crest Of The Martyrs" begann er, Probleme mit Depressionen zu haben. Ich glaube, ich kenne die Gründe, aber es ist sehr persönlich. Er hatte ernsthaft gesundheitliche Probleme mit der Lunge, was seine Depressionen verschlimmerte. Dann kamen Drogen dazu, und die Dinge gerieten außer Kontrolle. Wir haben uns Sorgen um ihn gemacht und haben ihn gebeten, eine Pause zu machen. Wir hatten viele Shows in großen Städten geplant und wollten nicht, dass es ihm schlechter geht, dass er verhaftet oder getötet wird. Wir wollten, dass er eine Pause macht und sich Hilfe sucht, aber das hat ihn echt gekränkt, weil er wirklich dachte, dass er sich zusammenreißt. Er sagte uns, wir sollen ihn nicht zwingen, eine Pause zu machen, und als wir hartnäckig blieben, verließ er die Band. Das war eine ziemlich hässliche Zeit. Er und ich haben langsam wieder begonnen, miteinander zu reden, und wir vertragen uns wieder, aber ich denke, dass er mit den anderen Jungs nicht viel redet. Er ist inzwischen auch mit seiner Familie nach Florida umgezogen und sie fangen an einem wunderschönen Ort ein neues Leben an. Ich hoffe, dass ich ihn bald mal besuchen kann.

Martin:
Ich habe das Gerücht gehört, dass Tony bei der deutschen Band CUSTARD sein soll. Weißt du genaueres darüber?

Scott:
Ich weiß nur, dass er um Weihnachten herum hingeflogen ist, um mit ihnen einige Shows zu spielen, aber aus irgendeinem Grund hat es nicht geklappt. Ich bin mir wirklich nicht sicher, was CUSTARDs Version der Geschichte ist, aber Tony sagte mir, dass sie coole Typen sind, aber er hatte einfach nicht den Eindruck, dass es funktionieren könnte. Ich vermute, seine Stimme hat nicht zu ihrer Musik gepasst, oder so was ähnliches. Das ist eine gute Frage für Tony oder CUSTARD.

Martin:
Und was ist mit dem neuen Sänger Johnny Aune von VIPER? Wie lange hat es gedauert, einen passenden Ersatz für Tony zu finden?

Scott:
Als das mit Tony begann, in die Binsen zu gehen, haben wir ihn gebeten, uns bei den Shows, die wir von Ende 2006 bis Anfang 2007 gebucht hatten, auszuhelfen. Er war unsere erste Wahl als provisorischer Sänger, weil wir schon mit ihm und seiner Band VIPER befreundet waren. Seine Stimme und Bühnenpräsenz hat uns immer beeindruckt, also haben wir ihn als Ersatz-Sänger geholt. Es hat sich so gut entwickelt, dass wir ihm angeboten haben, dauerhaft bei uns in der Band zu singen, als wir in New Jersey mit ATTACKER gespielt haben. Es war eine plötzliche, spontane, betrunkene Idee, aber offensichtlich eine gute Wahl. Ich denke, wir passen alle sehr gut zusammen. Außerdem hatten wir zu der Zeit keinen Sänger und Johnny hat seine Sache großartig gemacht, und die Fans hier schienen ihn zu mögen. Besonders die Damen. Das ist immer gut, hahaha. Wir wollten keine Anzeige "Sänger gesucht" in die Zeitung setzen, wenn wir schon jemand Gutes hatten. Außerdem glaube ich nicht, dass John Arch zu uns gekommen wäre.

Martin:
Ich habe euch zweimal in Deutschland live gesehen - das erste Mal war in Hemmingen, zusammen mit SLOUGH FEG, und das zweite Mal war beim Wacken Open Air. Erinnerst du dich noch an diese Gigs, und wenn ja, an welchen denkst du lieber zurück?

Scott:
Yeah, das war lustig mit SLOUGH FEG! Es war rau, wir haben oft auf dem Boden geschlafen und Suppe gegessen, von der wir Durchfall bekommen haben. Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht an einzelne Shows erinnern, weil wir viel getrunken haben, aber die ganze Tour war geil. Für Wacken 2003 ist unser Freund Matt Crooks - der gleiche Typ, der "Netherworlds" aufgenommen hat - für mich an der Gitarre eingesprungen, weil meine Frau kurz vor der Geburt unseres Sohnes stand. Die Show hat gute Reviews bekommen, und die Jungs sagten, dass es toll war. Also sind wir 2007 wieder dabei!

Martin:
In ein paar Tagen spielt ihr auf dem Keep It True-Festival. Hast du schon von dieser wirklich tollen Veranstaltung gehört?

Scott:
Ja, natürlich! Oli hat uns im ersten Jahr gebeten, zu spielen, aber aus einem Grund, an den ich mich nicht mehr erinnere, haben wir es nicht geschafft, zu kommen. (War vermutlich der gleiche Grund, weswegen Scott nicht in Wacken dabei war. - Anm. d. Verf.) Im Laufe der Jahre haben wir gesehen, wie es zu einem großartigen Festival mit Killer-Bands gewachsen ist, deshalb sind wir sehr aufgeregt, weil wir endlich dort spielen können. Jeder, mit dem ich gesprochen habe, erzählt mir, wie cool es ist, deshalb können wir es kaum erwarten, dorthin zu kommen.

Martin:
Gibt es in den USA ähnliche Veranstaltungen?

Scott:
Ja, es gibt viele dieser kleineren Festivals, aber bei vielen landet solcher Mist wie Punk und Nu Metal auf dem Billing. Wir spielen auf diesen großen Festivals mit vielen Leuten, aber niemand mag klassischen Metal, und ich glaube, TWISTED TOWER DIRE kommen auf das Billing dieser trendigen Festivals, weil unser IRON MAIDEN-mäßiger Sound was Neues für diese Emo-Kids ist. Ich glaube nicht, dass sie uns ernst nehmen. Wenn wir Festivals wie das "The Classic Metal Fest" mit TWISTED TOWER DIRE , MANILLA ROAD, OMEN, SLOUGH FEG und HIRAX haben, sind fünf Leute im Publikum. Das ist hier wirklich ärgerlich.

Martin:
Was kannst du mir zur aktuellen Metal-Szene in den USA sagen, und was hältst du von der deutschen Metal-Szene?

Scott:
Ich beschäftige mich nicht mehr sehr damit, weil sie voller Müll ist - eine Menge trendige Kids mit MISFITS-Frisuren. Es gibt einige neue Bands, die traditionellen Metal spielen, aber ich habe sie nicht wirklich im Auge behalten. Als ich jünger war, habe ich viel Post für die Band verschickt und kannte einige Leute, aber heute sind die Kids bei MySpace und es ist mir einfach egal - ich bin zu alt, um mich darum zu kümmern. Jedes Mal, wenn wir in Deutschland waren, waren die Fans dort viel besser. Selbst wenn das Publikum nicht groß ist, interessieren sich die Leute mehr dafür. In Europa scheint der Underground immer noch stark zu sein, aber hier ist er ziemlich schwach.

Martin:
Eure Plattenfirma ist ja auch aus Deutschland. Seid ihr zufrieden mit ihnen und ihrer Arbeit?

Scott:
Sie sind ziemlich gut, aber wir haben nie genug Geld bekommen, um ein richtig gutes Album in unserem eigenen Land zu produzieren. Ein gutes Studio ist in Amerika sehr teuer. Um so was wie "Crest Of The Martyrs" hier aufzunehmen, würden wir mindestens $10.000 bezahlen. Ich glaube, wenn wir bessere Songs schreiben würden und mehr Alben verkaufen würden, hätten wir dieses Problem nicht, hahaha.

Martin:
Und wie sehen die Zukunftspläne von TWISTED TOWER DIRE aus?

Scott:
Wir arbeiten gerade an unserem fünften Album, das wir vorläufig "Make It Dark" genannt haben. Ich habe das meiste davon geschrieben und habe vorläufige Demos nur mit Gitarren und einem Drum-Computer. Jetzt machen wir gerade die Demos mit der ganzen Band und spielen damit herum. Wenn wir mit den Demos fertig sind, schicken wir sie an Remedy Records und schauen, ob sie noch Interesse an TWISTED TOWER DIRE mit dem neuen Sänger haben. Ich glaube nicht, dass Remedy Records glücklich über den Weggang von Tony sind. Jetzt ist alles etwas unsicher, aber wir werden uns da durcharbeiten und weitermachen, egal, was passiert. Ich würde das Album gerne Anfang 2009, wenn nicht sogar Ende 2008 veröffentlichen.

Martin:
Und nun noch ein Blick zurück - wie bist du mit Heavy Metal in Kontakt gekommen, und was hat bei dieser Musik die größte Anziehung für dich?

Scott:
Ich habe zwei ältere Geschwister, und meine Schwester hat in den frühen 80ern angefangen, mir LPs wie MÖTLEY CRÜE, QUIET RIOT, TWISTED SISTER, VAN HALEN usw. zu kaufen. Ich habe Videos auf MTV gesehen und dachte sofort, das ist die coolste Sache der Welt. Außerdem hatte man in den 80ern den Eindruck, dass alle "coolen" Typen in der Nachbarschaft lange Haare hatten und in einer Band Gitarre spielten, da habe ich auch sehr zeitig damit angefangen. Und dann erinnere ich mich noch daran, dass ein Freund meiner Schwester eine Kassette von "Ride The Lightning" da gelassen hatte und ich habe sie geklaut und sofort geliebt. Ich hatte auch ältere Cousins, die richtig in der Metalszene in DC und Baltimore waren, und sie waren die Ersten, die mich richtig in den Underground eingeführt haben. Als ich ungefähr 12 war, haben sie mich zu Shows in diese schmutzigen Bars mitgenommen, und es war die coolste Sache überhaupt. Ich bin dann in die Thrash-Szene gekommen, und dann Death Metal usw. Aber meine Wurzeln waren immer beim Metal und Hard Rock der frühen 80er.

Martin:
Glaubst du, dass Heavy Metal nur Musik ist, oder ist es eher eine Lebenseinstellung für dich?

Scott:
Ich glaube, für viele Leute ist es nur Musik, die ihnen gefällt, aber ich weiß, dass es früher eines der wichtigsten Teile meines Lebens war. Als ich jünger war, dachte ich, ich müsse in der Schule den Metaller spielen, der Alkohol trinkt, Drogen nimmt und verrückt spielt. Aber als ich älter wurde, half mir das Musikmachen, davon wegzukommen und ein produktiver Mensch zu sein, während ich sah, wie viele meiner Freunde den Bach runter gingen. Wenn ich zurückblicke, waren viele der Typen, die im Knast landeten oder auf die schiefe Bahn gerieten, diejenigen, die nur wegen dem Image Metaller waren. Für mich ist es eine Lebenseinstellung und hat mir viel Gutes gebracht. Viele meiner engsten Freunde habe ich, weil wir beide auf Metal stehen. Ich glaube, ich hatte Glück, in einer Zeit aufzuwachsen, als Metal richtig populär wurde. Ich habe ihn auf seinem kommerziellen Höhepunkt erlebt, habe seinen kommerziellen Niedergang gesehen und habe dann die verschiedenen Arten entstehen sehen. Metal war immer in meinem Leben und ist ein Teil von dem, was ich bin, geworden.

Martin:
TWISTED TOWER DIRE haben eine eigene Website und auch eine MySpace-Seite. Wie wichtig ist das Internet für euch?

Scott:
Abgesehen von Kontakt zu entfernt lebenden Verwandten und Freunden, Ebay und allgemeinen Informationen verbringe ich nicht viel Zeit damit. Ich wandere lieber durch die Wälder oder spiele Gitarre, als mit jemand auf einem anderen Kontinent, den ich kaum kenne, über das Drama des Heavy Metal zu diskutieren. Das Internet ist aus vielen Gründen großartig, aber ich glaube, dass es viele Leute zu Einzelgängern macht und ihnen eine falsche Bedeutung von Freundschaft vermittelt. Ein Freund ist jemand, der nicht sauer ist, wenn du besoffen bist und in sein Auto kotzt, nicht jemand, der dich auf seine MySpace-Seite einlädt, um oberflächliche Kommentare auszutauschen. Ich habe viel Post für TWISTED TOWER DIRE verschickt, als der Underground die normale Post noch als Kommunikationsmittel nutzte, aber heute habe ich einfach zuviel zu tun, um bei all den Blogs, Chatrooms und Message Boards auf dem Laufenden zu bleiben. Ich spiele lieber mit meinem Kind oder rufe meinen besten Freund aus der Grundschule an oder popele in der Nase. Zum Glück macht es Jims Frau Jesse Spaß, unsere MySpace-Seite in Gang zu halten, und wir haben einen Freund in Kanada, der unsere Website aktualisiert, ich bin echt dankbar dafür.

Martin:
Irgendwelche "berühmten letzten Worte"?

Scott:
Vielen Dank für das Interview! Ich hoffe, wir sehen viele unserer Fans auf dem Keep It True-Festival im April. Show up and throw up! Prost!

Redakteur:
Martin Schaich

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