WHILE HEAVEN WEPT: Interview mit Tom Philips

27.04.2011 | 13:19

Dass der Gewinner des April-Soundchecks WHILE HEAVEN WEPT heißen würde, kam so überraschend nicht. Bereits "Vast Oceans Lachrymose" schlug hervorragend in unserer Redaktion ein und sein Zwillingsbruder "Fear Of Infinity" ist auf dem gleichen Niveau. Wir zerrten erneut Tom Philips vors Mikro.


Die Nachricht, dass "Fear Of Infinity" von unserer Soundcheck-Redaktion zum Album des Monats gekürt wurde, wird enthusiastisch aufgenommen: "Album des Monats?! Wow, das sind unglaubliche Nachrichten. Ich bin wirklich überrascht, wenn ich an den Charakter des Albums denke. Bisher habe ich nur die ersten Reaktionen zum Album bekommen und viele davon sind ähnlich gut wie bei euch. Es bedeutet mir eine Menge, dass die Leute sich tatsächlich die Zeit nehmen und das Album auch mehrfach anhören, denn nur so kann man es verstehen.", freut sich Tom hörbar und ergänzt: "Ich finde, dass "Fear Of Infinity" deutlich schwieriger ist als "Vast Oceans Lachrymose" und wir alle wussten, dass wir damit damit auch ein Risiko eingehen. Aber es war nunmal exakt das Album, das ich machen musste, um mit gewissen Dingen abschließen zu können. Es beinhaltet die letzten drei Stufen des Verarbeiten eines Verlusts durch Musik und ist dabei sehr authentisch."

Wie bereits im Vorab-Interview erwähnt, sind die ersten sechs Songs von "Fear Of Infinity" Teil einer Suite. Man hätte also auch auf die Idee kommen können, lediglich zwei Epics auf das Album zu packen. "Ja, das wäre durchaus möglich gewesen.", gibt Tom zu und ergänzt: "Es ist aber einfach so, dass die einzelnen Komponenten der Suite auch eigene Statements beinhalten, die ich für sich stehen lassen wollte. Aber natürlich sollte man "Fear Of Infinity" am Stück hören und von daher hatte ich schon darüber nachgedacht alle Alben (also auch den Vorgänger - PK) als einen Song herauszubringen, aber ich denke, das ist etwas zu herausfordernd. Davon abgesehen gibt es uns natürlich auch mehr Flexibilität, was die Setlists bei Konzerten angeht."

Wie oben schon angedeutet, geht es auf dem Album um Verlust, Trauer und Trost. Für Tom ist die Musik daher auch viel mehr als einfach nur Musik. "Um es ganz offen zu sagen: Ohne dieses Album hätte ich wohl nie die Katharsis erfahren und diesen Abschluss für meinen Verlust gefunden. WHILE HEAVEN WEPT war schon immer mein Vehikel, um mich durch dunkle Phasen meines Lebens zu manövrieren und "Fear Of Infinity" ist mit Abstand mein emotionalster Release in der ganzen Diskographie. Die Band existiert nicht wegen der Kunst, dem Ruhm oder dem Glück, sondern es ist eine sehr reale und persönliche Notwendigkeit. Nur durch die Musik war ich in der Lage mich von bedeutenden Verlusten und sehr realen Depressionen zu erholen. Indem ich die dunklen Emotionen, die ich fühlte, vertrieben habe, bin ich wieder fähig ein relativ normales und glückliches Leben zu führen. "Fear Of Infinity" ist eine Reise durch einen Verlust, den ich tatsächlich erlebt habe und auch wenn ich es zu Beginn nicht realisiert habe, sind mir wirklich große Steine vom Herzen gefallen, als das Album fertig war." Erstaunlich offene Worte.


Natürlich ist Tom nicht die einzige Person, die trauern muss. Und so kommt es immer wieder vor, dass er mit seinen Worten die Herzen der Fans berührt. "In den vergangenen Jahren haben mich so viele Menschen kontaktiert, um mich wissen zu lassen, dass unsere Musik einen Unterschied in ihrem Leben ausmacht. Sie haben mit mir die intimsten Details ihrer eigenen Verluste und Kämpfe geteilt. Dies und die Tatsache, dass meine Sorgen nicht völlig umsonst waren, sind wirklich herzerwärmend. Wenn unsere Musik auch nur einer Person hilft, sich nicht einsam oder missverstanden zu fühlen, dann ist das wichtiger als alles sonst, von meinen ganz eigenen Bedürfnissen abgesehen natürlich. Wenn WHILE HEAVEN WEPT für mich ein Trost sein kann, dan ist die Musik hoffentlich auch für viele andere ein Trost. Ich hoffe wirklich, dass die Menschen erkennen, dass ich trotz aller Dunkelheit, die das Album umgibt, am Ende des Werks auf der anderen Seite bin, dass es Hoffnung gibt, auch in ihren Sorgen."

Auch Toms Aussage im letzten Interview, dass 'Finality' der bislang beste Track in der Bandgeschichte ist, hat sich als wahr erwiesen. Hier präzisiert er, warum diese Komposition für ihn so besonders ist: "Ich denke, was den Song für mich so besonders macht, ist die Tatsache, dass die Emotionen wortwörtlich in die Entwicklung der Akkorde und Melodien geflossen sind. Es ist so intensiv, ich fühle 'Finality' tatsächlich mehr als jeden anderen Song. Dass die Musik für sich eine solche Qualität völlig unabhängig von den Lyrics hat, habe ich bislang erst einmal erlebt und das war bei 'La Mort D'Amour' (von der 94er EP "Lovesongs Of The Forsaken" PK). Aber im Fall von 'Finality' war es viel greifbarer für mich. Ich denke, dass dieser Song ein intimer Blick auf meine Seele ist, was ich beim Gitarrensolo kanalisiert habe, war in gewisser Weise überirdisch für mich." erzählt Tom und ergänzt: "Eigentlich kann ich mir gar nicht die Lorbeeren für diesen Song zuschreiben, denn er kam aus etwas Tieferem, etwas Transzendentalem. Ich kann das nicht besser erklären, als dass ich in einer Art Strudel der Musik bin, einem Kanal, etwas, das größer ist als wir alle.", driftet Tom ins Spirituelle.

Doch 'Finality' ist noch mehr als das: "Ja, neben dieser Erfahrung ist 'Finality' auch die Essenz von 21 Jahren WHILE HEAVEN WEPT innerhalb eines Songs. Es gibt Passagen, die an Songs wie 'Thus From A Kiss I Die' (von "Sorrow Of The Angels" - PK) über 'The Drowning Years' (von "Of Empires Forlorn" - PK) bis hin zu 'Vessel' (von "Vast Oceans Lachrymose" - PK) und darüberhinaus erinnern. Dazu kommt, dass die emotionale Spanne dieses Songs jedes Gefühl beinhaltet, dass die Musik von WHILE HEAVEN WEPT je transportiert hat, inklusive dem ohrenscheinlichen Paradoxum aus gleichzeitiger Trauer und Freude.", kommt Tom wieder in die Realität zurück.


Da der sympathische Mastermind der Band zudem in letzter Zeit sehr fleißig war, kann man sich heute auch bereits über Material für das nächste Album unterhalten: "Das Material, das ich bereits für das nächste Album habe, unterscheidet sich erneut in den Einflüssen und der Atmosphäre von den anderen Werken. Es ist bisher ein echtes Metalalbum und von den Emotionen her sicher leichter als "Fear Of Infinity". Zumindest bisher. Vielleicht legen wir diese Songs auch noch mal zur Seite, damit sie noch etwas reifen können, denn sie sind ja alle erst in den letzten beiden Jahren entstanden. Stattdessen könnte ich den Emotionen und Inspirationen folgen, die ich gerade fühle, wo ich von "Fear Of Infinity" befreit bin. Das kann nur die Zeit zeigen.", gibt Tom erste Einblicke in die Zukunft, um gleichzeitig klarzustellen: "Eines ist sicher: Es wird niemals ein Album geben, dass erzwungen ist. Der Augenblick, in dem ich diesen Eindruck habe, wird der Augenblick sein, in dem WHILE HEAVEN WEPT Geschichte sind. Denn ohne Herz und Seele bleibt nichts."

Redakteur:
Peter Kubaschk

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