ARCHIVE live in München - München

02.11.2012 | 19:36

22.10.2012, Muffathalle

ARCHIVE live in München: Bericht eines Fanboys für Fanboys.

ARCHIVE live sind immer ein ganz besonderer Leckerbissen, denn hier trifft tiefe Emotion auf musikalische Perfektion. Das Kollektiv besteht mittlerweile aus gar vier Sängern/Sängerinnen (Polard Berrier, Dave Pen, Maria Q und neu Holly Martin), zwei Keyboardern (die Chefs Danny Griffiths und Daruis Keeler), Gitarre (Steve Harris), Bass (Jonathan Noyce) und Schlagzeug (Smiley). Und ARCHIVE laufen diesmal tatsächlich auch in voller Besetzung auf, wobei ich mich besonders auf die neue Sängerin Holly Martin freue, die eine besondere Rolle auf dem neuen Werk "With Us Until You're Dead" einnimmt.

Mit Glockengeläut wird das Spektakel eingeläutet. Das Dingdong schaukelt sich hoch und geht in das von Pollard gradios gesungene 'Wiped Out' über, seines Zeichens Opener der neuen CD. Ein sehr gelunger Einstand mit dem modifizierten Anfang, denn auf der CD singt Pollard erstmal ganz alleine. Danach betreten auch gleich die Damen die Bühne und performen den Liveklassiker 'You Make Me Feel' im Duett. Beim Anblick der Schönheiten wird mir schon ganz warm. Weiter geht es mit dem Feger 'Sane', der auch die Körpertemperatur des restlichen Publikums erstmals in die Höhe treibt. Danach greifen auch Pollard und Dave zu ihren Gitarren, so zählen wir deren drei. Damit deuten ARCHIVE gleich mal an, was man heute abend noch zu erwarten hat, nämlich die Gitarrenwand der Welt. Doch zunächst wird das Tempo gedrosselt: Ein Dreierpack von der neuen CD wird mit einer wahnsinnigen Intensität dargeboten: Hochkomplexe Drumpatterns ('Interlace') treffen auf von Pollard und Holly überragend gesungene, langgezogene Gesangpassagen.

A propos Holly Martin (Foto oben): Eine Frau wie aus jedem Männertraum oder direkt aus Hollywood auf die Münchner Bühne gebeamt? Groß, schlank, lange, blonde Haare, bezauberndes Lächeln und eine Stimme, Leute, eine STIMME! Ihre größten Momente werden aber im Verlauf des Gigs erst noch kommen.

Zunächst jedoch wird das Taschentuch gezückt zu 'Stick it in my heart' und das Tanzbein bei 'Conflict' Maria Qgeschwungen. Danach hagelt es Ohrgasmen: Holly Martin bei ihrem Song, DEM Song auf "With Us Until You're Dead": 'Violently'. Ihre Bühnenpräsenz ist so einnehmend wie der scharfe Elektrobeat und nun sind wirklich alle Blicke auf sie gerichtet. Ich will nicht wissen was so einige Jungs gedacht haben, als Holly die Zeilen 'I'm violently...fucked" ins Publikum geschmettert hat. Nein, diese Darbietung war besser als Sex. Was kann dann noch kommen?

Na, klar, die große Maria Q-Show. Sie intoniert einen neuen Song, der einzig und allein dafür geschrieben wurde, ihrer warmen Stimme maximalen Ausdruck zu verleihen: Leichtes Piano, sanfte Percussion und die Sangesgöttin - ein Kunstwerk für sich. Ich sterbe.

A propos Maria Q (Foto rechts): sie wird so langsam zu einer Art liebenswürdigen ARCHIVE-Mama, strahlt eine ungemeine Ruhe und Gelassenheit aus und nährt ihre Stimme mittlerweile aus einem wohlbeleibten Unterbau. Das hat bekanntlich noch keiner Stimme geschadet. Was kann nun danach noch kommen? Natürlich 'Again', mein persönlicher Lieblings-Song aller Zeiten. Diesmal in der kurzen Akustikversion und wie immer mit allem Leiden der Welt vorgetragen von Dave Pen.

A propos Dave Pen (Foto unten). Der sieht nun nicht mehr so spindeldürr aus wie früher, hat jetzt auch eine schicke Frisur und nicht nur Haare, und bewegt sich im Vergleich zu den letzten Touren zugunsten der holden Weiblichkeit etwas mehr im Hintergrund. So, und was kann nach 'Again' eigentlich noch kommen?

Nichts! Und wenn etwas, dann 'Fuck U'. Hier löst sich die Spannung, die Zeilen werden lauthals mitgesungen und auch das Publikum schmettert ein lautes 'Fuck U' zurück in Richtung Bühne. Danach darf wieder Maria Q ran und es kommt - holla - 'Pills' von "Controlling Crowds IV". Wow, das ist toll, das haben sie ja noch nie gespielt, oder? Ein zweiter neuer Track läutet dann Siedepunkt Nummero zwei ein:  Menschen, die noch nie 'Dangervisit' Dave Pengehört haben, haben sowieso etwas in ihrem Leben verpasst. Menschen, die 'Dangervisit' mal live erlebt haben, werden immer das Gefühl haben, die Macht am eigenen Leib gespürt zu haben. Das "Feel-Trust-Obey"-Mantra wird ins Unendliche gesteigert und ARCHIVE explodieren mit allem, was sie an Instrumenten und Menschen zu Verfügung haben, wie eine Atombombe. Ganz krass. Danach kommt der komplizierteste Track von "With Us Until You're Dead", nämlich 'Damage' mit dem bislang abgedrehtesten Gesangsparts von Pollard.

A propos Pollard (Foto links). Mit seinen langen, über das Gesicht hängenden Haaren erinnert er mich immer mehr an den KATATONIA-Bären Jonas Renkse, nur dünner. Er hat mit den Jahren ein enormes Selbstbewusstsein aufgebaut und somit ist er in die zentrale Sängerrolle bei ARCHIVE gerückt. Pollard ist bei fast allen Songs auf der Bühne und aktiv teilnehmend. Tja, dann kommen auch schon wieder die Glocken und der Hauptteil ist zu Ende. Chance für mich ganz nach vone zu huschen, denn der Zugabenteil kann eigentlich nicht ohne 'Hatchet' zu Ende gehen. Doch erst kommt das ruhige 'Rise', der Ausklang des neuen Albums und danach darf Maria noch einmal zum orientalisch Pollardangehauchten 'Silent' zeigen, was sie kann.

Und dann ist SIE wieder da und schmettert 'Hatchet' unters Volk, mit der unbändigen Power einer 21-jährigen, die die Chance ihres Lebens hat und diese auch nutzt. Diese Holly Martin wird groß werden! Ich glaub fest daran. Und ich könnte schwören, daß sie mir zugezwinkert hat. Leider ist meine Stimme schon dermaßen am Allerwertesten, dass es unmöglich ist, "Holly, I love you" hörbar in Richtung Bühne zu transportieren. Was ARCHIVE danach aber mit dem Longtrack 'Controlling Crowds"'vom Stapel lassen, ist wirklich nicht mehr zu fassen. Noch einmal pure Extase, und das Universum wird durch Walls of Sound gesprengt. Das Münchner Publikum schreit danach so lange so lautstark nach einer weiteren Zugabe, daß ARCHIVE tatsächlich, und diesmal wirklich ungeplant, zurückkommen. Sowas hab ich zuletzt auf der "Into the everflow"-Tour von PSYCHOTIC WALTZ erlebt.
ARCHIVE entschuldigen sich kurz, daß es so lange dauert, sie müssen sich sichtlich erstmal kurz abstimmen und spielen dann noch 'King of Speed'. Just awesome. Danach darf nun wirkich jeder glücklich nach Hause gehen. Ich werde von Holly Martin träumen.

Tracklist:
Wiped Out
You Make Me Feel
Sane
Interlace
Stick Me in My Heart
Conflict
Violently
Neuer Song 1
Again (Acoustic version)
Fuck U
Pills
Neuer Song 2
Dangervisit
Damage
Bells

Zugabe:
Rise
Silent
Hatchet
Controlling Crowds

Zweite Zugabe:
Kings of Speed

Redakteur:
Thomas Becker
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