BANG YOUR HEAD 2019 - Balingen

21.07.2019 | 16:10

11.07.2019, Messegelände

Drei Tage Metal im Schwabenländle!

Schon wieder der letzte Tag, aber immerhin hat sich das Wetter beruhigt, Zelte trocknen und es stellt sich dir Frage, ob man nur die Regenjacke weglässt oder gar Sonnencreme mitnehmen muss, denn bis kurz nach Sechs gibt es heute keine Pause zum Nachholen. Was für ein Billing!

[Frank Jaeger]

 

Das 2019er-BYH-Festival ist ja gespickt mit Hochkarätern auf dem Billing. Wenn dann aber auch noch die Bands, die man gar nicht auf dem Schirm hat, zu Highlights werden, kann man wohl von einem vollen Erfolg reden. Dazu trägt dann auch SCREAMER bei, eine noch recht frische, schwedische Heavy Metal Band, die in dieser Dekade drei Alben herausgebracht hat, von denen eines gar den Powermetal.de-Soundcheck gewonnen hat ("Phoenix"; 02/13). Die Musik ist schon mit dem ersten Song 'Demon Rider' eine Bombe aus Spaß, feinsten 80er-Metal-Riffs, Twin-Guitar-Zungenschnalzern und griffigen Melodien. So ist die leichte Katerstimmung vom dritten frühen Aufstehen für das Festival in Folge sofort verflogen und ein Teil der Crew rockt kurz vor zwölf schon wieder eifrig. Klar, nicht alle Lieder sind Hymnen für die Ewigkeit und manche Passage wirkt redundant, aber alles kommt locker aus dem Hut gezockt und mit viel Spaß an der Sache rüber, so dass SCREAMER schon ein sehr frühes Tageshighlight ist.

Setliste: Demon Rider, Adrenaline Distractions, Slavegrinder, Ride On, Monte Carlo Nights, On My Way, Lady of the Night, Phoenix, Highway of Heroes, Can You Hear Me

 

So, jetzt ist aber Schluss mit lustig. RAMs Frontmann Oscar erklärt den anwesenden Zuschauern, dass Heavy Metal kein Sonntagnachmittags-Ausflug sei und es um Blut, Schweiß und Ehre gehe. Dabei schauen sich einige der um mich herum stehenden Fans etwas fragend an und ziehen die Augenbrauen hoch. Jungs, so etwas muss einem doch mal erklärt werden, oder? RAM, das sind stets grimmig dreinblickende Schweden mit viel Leder und Nieten, die von eisernen Tyrannen und Thronräubern singen und Metal mit Faust spielen. Ja, "Painkiller" und die alten U.D.O.-Scheiben hat man definitiv des öfteren mal angehört. Ich finde RAMs Mucke anfangs auch ziemlich gut, wobei ausgerechnet der Gesang recht schwer zu hören ist. Allerdings wirkt die Band etwas steif und unlocker, gerade im Vergleich zu SCREAMER, und sie erstickt manchmal förmlich in ihrer eher schlecht gespielten Ernsthaftigkeit. Für weitere Lacher sorgt die Ansage zum neuen Song 'Ravnfell', zu dem sich Oscar aufs Herz klopft und über Dinge in seinem Blut redet, die offenbar noch älter sind als die fucking Vikings. Oder so ähnlich. Mir wird's mit der Zeit zu öde, zudem stehen in Kürze die Höhepunkte an und die Ohren benötigen ein wenig Schonung. So sehen das wohl auch meine ähnlich "beeindruckten" Kollegen, die ich im VIP-Bereich antreffe.

Setliste: Return of the Iron Tyrant, Eyes of the Night, Flame of the Tyrants, Gulag, On Wings of No Return, Ravnfell, Sudden Impact, The Usurper, Machine Invaders, Infuriator

 

Ich war jetzt 13 Jahre lang nicht mehr auf dem BANG YOUR HEAD. Aber an den Auftritt von FLOTSAM & JETSAM anno 2006 kann ich mich noch gut erinnern. Es war warm, ich war ganz vorne und bin im Moshpit fast durchgedreht. So erwarte ich auch heute und jetzt ein absolutes Highlight. Und ja, die Flotzis liefern. FLOTSAM & JETSAM ist ja eine Band in stetem Wandel und gerade die letzen paar Alben unterscheiden sich teils beträchtlich. Aktuell scheint man die Liebe zu IRON MAIDEN nach außen zu kehren und klingt immer mal wieder nach einer thrashigen Variante der alten Metal-Legende, nachzuhören beim Opener des aktuellen Albums "The End of Chaos" namens 'Prisoner Of Time' oder eben bei 'Iron Maiden'. Ich liebe AK Knutsons Stimme und den typischen Groove der Band einfach. Natürlich kommt man nicht drum herum, sich auch alte Hüte aufzusetzen, doch selten klingt dies so frisch wie bei den Flotzis. 'Hammerhead', 'Desecrator' oder 'No Place For Disgrace', das sind aber auch geile Feger, die mich schon seit meiner Jugend faszinieren. Ganz nach vorne gehe ich diesmal dennoch nicht, denn - man mag es kaum glauben - die Sonne scheint heute, es ist sogar warm geworden, und ich genieße diese geniale Metal-Attacke somit lieber relaxed von weiter hinten. Etwas schade ist, dass die 90er Groove-Metal-Phase (z.B. "Cuatro") zugunsten alter Schinken ausgespart wird, denn auch da war die Band sehr cool. Auch von "The Cold", einem meiner Lieblinge, kommt nichts, nicht einmal die traurige Halbballade 'Better Off Dead'. Allerdings hätte diese auch nicht zur ausgelassenen Stimmung gepasst. FLOTSAM & JETSAM, ja, auch das ist eine schöne Heavy-Metal-Nachmittagsparty, und die ist heute noch lange nicht zu Ende. Ich sage nur: ARMORED SAINT und METAL CHURCH!

Setliste: Prisoner of Time, Desecrator, Iron Maiden, Hammerhead, Demolition Man, Suffer the Masses, Monkey Wrench, Dreams of Death, I Live You Die, No Place for Disgrace

[Thomas Becker]

 

Trotz Der umwerfenden Vorstellung von FLOTSAM & JETSAM reicht es für die Arizona-Thrasher am Ende nicht zum Tagessieg. Dafür ist die Konkurrenz heute einfach zu stark. Allen voran jene, deren Name ARMORED SAINT lautet! Die Band versteht es einmal mehr, sensationell groovende Klänge darzubieten und von Beginn an mitreißende Tracks zu servieren. Die Kalifornier können nicht nur mit röhrenden Gitarren (was für ein Sound, zum Hinknien!) und lässig-druckvollen Rhythmen punkten, sondern haben mit John Bush auch einen Frontmann in Reihen, der genau das hat, was man Charisma nennt.

Er und seine Kollegenschaft liefern eine schlicht souveräne Vorstellung und haben das Publikum vom Opener 'Raising Fear' bis zum Finale 'March Of The Saints' stets voll im Griff. Da man sich keineswegs als "Nostalgie-Band" sieht, kommt auch der Titeltrack des letzten Scheibchens "Win Hands Down" zur Aufführung. Von John Bush wird dieses Album als das bisher "kompletteste und beste der Band-Geschichte" tituliert, weitere Exponate daraus werden aber nicht berücksichtigt.

Nachvollziehbar, hat man doch nur begrenzte Spielzeit zur Verfügung und muss sich auf zehn Tracks für die Show einigen. Das schien jedoch gar nicht so schwierig gewesen zu sein, denn im Endeffekt kredenzt ARMORED SAINT Songs von insgesamt sechs verschiedenen Scheiben. Nette Idee, wobei die bekannten Klassiker ebenso lautstark gefeiert werden wie das zum ersten Mal nach über 30 (!) Jahren in die Setlist aufgenommene 'Underdogs'. Der Titel beschreibt zwar leider immer noch den Status von ARMORED SAINT, an der Tatsache, eine knappe Stunde lang einer in jeder Hinsicht absoluten Top-Band gelauscht zu haben, ändert das aber auch nichts! (Win) Thumbs Up!

Setliste: Raising Fear; Can U Deliever; Creepy Feelings; Last Tarin Home; Underdogs; For The Sake Of Heaviness; Reign Of Fire; Nervous Man; Win Hands Down; March Of The Saint

[Walter Scheurer]

 

Die Geschichte der schwedischen Doom-Legende CANDLEMASS ist eine wechselvolle, zumindest was den Sängerposten angeht, ist dies eine gesicherte Erkenntnis. Seit vergangenem Jahr ist also der Originalsänger zurück, Johan Längquist, der den unumstrittenen Genreklassiker "Epicus Doomicus Metallicus" mit seiner Stimme veredelt hat. In diesem Line-up war die Truppe um Bandgründer Leif Edling bereits im April fürs "Keep It True" bestätigt, was jedoch an einem Pilotenstreik in Skandinavien scheiterte. So erwarten wir den heutigen Auftritt umso gespannter und voller Vorfreude, welche das Quintett aus Stockholm, ich möchte es direkt vorweg nehmen, auch voll und ganz erfüllt. Mastermind Leif Edling läuft zu Ehren seines verstorbenen Freundes Mark Shelton im MANILLA ROAD-Shirt auf und wirkt nach langwierigen gesundheitlichen Problemen gut gelaunt und auffällig agil, während Drummer Jan Lindh gewohnt eindringlich den schicksalhaften Groove liefert, als Grundlage für die erhabenen Riffs des Gitarrenduos mit Lars Johannsson und Mats Björkmann.

Doch der Fokus des Publikums, wie könnte es anders sein, ist natürlich voll und ganz auf den verlorenen und zurückgekehrten Sohn, den Frontmann gerichtet, und Johan gibt sich keine Blöße. Auch wenn Johan nicht der geborene Entertainer ist wie sein Nachfolger und nun auch Vorgänger Messiah Marcolin, so liefert er doch sowohl stimmlich als auch in Sachen Präsenz eine tadellose Leistung ab und passt im Endeffekt doch in jeglicher Hinsicht besser auf eine Bühne mit CANDLEMASS als seine beiden direkten Vorgänger Lowe und Levén, deren Leistung hierdurch in keiner Weise geschmälert werden soll. Johan hat die Songs und Texte einfach spürbar besser im Griff als der, davon abgesehen, gleichermaßen großartige Rob Lowe und Johans Stimme ist für die doomigen Elegien des CANDLEMASS-Frühwerks einfach wie geschaffen und damit passender als die ebenfalls beeindruckende Rockröhre eines Mats Levén. Daher kann ich im Endeffekt unterschreiben, was eine Kollegin neben mir spontan zu Protokoll gibt: "It was such a good idea to bring him back!" Johan ist heute, genauso wie auch der Rest der Band, bestens in Form und gibt alles, so dass bereits zum Einstieg seine heutige Interpretation einiger Klassiker der Messiah-Ära wie 'The Well Of Souls', 'Dark Reflections' oder 'Mirror Mirror' sämtliche Vorschusslorbeeren rechtfertigt. Mit 'Astorolus' leitet sodann eines der besten Stücke des aktuellen Werks "The Door To Doom" über in das, worauf alle am meisten gewartet haben dürften, nämlich Johans Heimspiel mit den Tracks von "Epicus Doomicus Metallicus". Hier liefert die ganze Band eine tadellose Leistung ab, insbesondere mit einer grandiosen und live eben nicht ausgefadeten Version des mächtigen 'A Sorcerer's Pledge' und der Überhymne 'Solitude' als Zugabe. Gerne hätten wir noch mehr gehört, doch bei einem Nachmittagsslot eines großen Festivals reicht es halt nur für acht Stücke, da man als Doomband ja eher mal längere Tracks im Oeuvre hat. In dieser Form darf die Band jedoch gerne bald wieder kommen, sei es auf eigener Hallentour oder als Headliner eines etwas kleineren Festivals.

Setliste: The Well of Souls; Dark Reflections; Mirror Mirror; Astorolus - The Great Octopus; Bewitched; Dark Are The Veils Of Death; A Sorcerer's Pledge; Solitude

[Rüdiger Stehle]

 

Der dritte Festivaltag hat es wirklich in sich. Jetzt folgt auch noch METAL CHURCH! Bei der Band sage ich auch schon im Vorfeld, dass die Spielzeit zu kurz sein wird, und es ist keine Überraschung, dass nachher noch viele ersehnte Klassiker fehlen. Dass aber tatsächlich die namengebende Bandhymne fehlt, ist dann doch ungewöhnlich. Aber der Reihe nach. Wie es zu erwarten ist, startet die Band mit einem Stück des neuen Albums "Damned If I Do". Der Titeltrack gehört zu den stärksten Songs auf einem sehr guten Album und ist eine gute Wahl, dass danach ein Lied von "XI" folgt, zeigt auch, dass METAL CHURCH nicht gewillt ist, einfach nur ab und an ein neues Album zu fabrizieren als Alibi, um die alten Lieder aufs Parkett zu bringen. Nein, die METAL CHURCH der heutigen Zeit ist eine Band, die sicher ist, dass ihre aktullen Lieder mithalten können. Doch auch wenn das richtig ist, ist die Stimmung natürlich bei den beiden älteren Krachern 'Badlands' und 'Gods of Second Chance' besser. Die Band scheint offensichtlich Spaß zu haben und Wieder-Sänger Mike Howe erweist sich als agiler Frontmann, der die Blicke auf sich zieht. Was ich nicht verstehen werde, ist, warum die Band immer wieder 'Start The Fire' auspackt. Das ist so ziemlich der schlechteste MC-Song aller Zeiten. Deswegen verzeihe ich auch nicht einfach, dass 'Metal Church' oder 'The Dark' nicht gespielt werden, auch wenn die Setliste, die im hinteren Teil mit zwei weiteren Songs vom aktuelle Album eingebettet in drei Bandhymnen aus der Phase mit David Wayne und Mike Howes erster Bandmitgliedschaft genauso stark weitergeht, ansonsten nur einen Ansatzpunkt zum Meckern bietet: Sie ist definitiv zu kurz. Es ist großartiger Auftritt bei endlich auch gutem Wetter, der zeigt, dass mit der Band wirklich auch längerfristig wieder zu rechnen ist. Ich bin beeindruckt.

Setliste: Damned If You Do; Needle and Suture; Badlands; Gods of Second Chance; Start the Fire; Watch the Children Pray; The Black Things; Beyond the Black; By the Numbers; Fake Healer

 

KICKIN VALENTINA hat es nicht leicht, denn die Band aus den USA muss ausgerechnet parallel zu METAL CHURCH auf die Bühne. Der aus den Boxen dringende Hard Rock ist sehr anhörbar und Sänger D.K. Revelle, der aussieht wie eine Mischung aus Glam-Rocker und Musketier auf dem Weg ins Kriegsgebiet, hat eine kraftvolle Stimme mit genug Reibeisen, um ihn für diese Art Musik zu qualifizieren. Ich mache ein paar Fotos und schaue zwei der recht kurzen Songs lang zu, muss dann aber zugeben, dass METAL CHURCH aktuell die Nase vorn hat. Sorry, Jungs, das ist okay, aber heute zumindest zweiter Sieger im direkten Vergleich.

[Frank Jaeger]

 

Da es langsam aber sicher dem Ende zugeht, suchen sie unzählige Fans ihr Plätzchen im vordersten Bereich vor der Open Air-Bühne. Zum einen, um vom Headliner auch visuell etwas mitzubekommen, zum anderen aber, um sich eine amtliche Portion klassischen US-Hard Rock abzuholen, der zuvor dargeboten wird. SKID ROW steht auf dem Programm und das Quintett steigt nach dem von THE RAMONES geborgten Schlachtruf 'Hey Ho, Let's Go' vom Band mit 'Slave To Grind' und 'Sweet Little Sister' mit Vollgas ins Geschehen ein. Die Band erntet dafür reichlich Jubel, ich persönlich kann diese Euphorie aber nicht unbedingt teilen. Die Vorstellung an sich ist zwar schwer in Ordnung, denn bei SKID ROW ist längst keinerlei aufgesetztes Rock-Star-Gehabe mehr angesagt, sondern Hingabe und Spielfreude pur. Die Performance von ZP Theart jedoch sagt mir gar nicht zu. Ernsthafte Gedanken kommen in mir hoch, hat doch Sebastian Bach bei seinem letzten Auftritt in Balingen vor fünf Jahren mehre Klassiker aus dem Programm der Band durch erfolgloses Bemühen gesangstechnische Höhenregionen zu erklimmen eher verunstaltet als dargeboten. Was kommt da wohl heute auf mich zu?

Der frühere DRAGONFORCE-Sänger, der seit gut anderthalb Jahren bei den Amis das Mikro innehat, scheint sogar noch höhere Regionen anzustreben. Etwa doch nicht gar jene, für die er bei seiner Ex-Band bekannt war? Oh, mein Gott! Ein Glück, dass der gebürtige Südafrikaner im Laufe der Vorstellung deutlich "griffiger" und gemäßigter vorträgt und meine Befürchtung, er würde Hits wie '18 And Life' und 'I Remember You' am Ende gar im übertragenen Sinne "zer-rippern", unberechtigt ist. Pluspunkte sammelt der junge Mann auch durch seinen Agilität, schließlich ist er ständig in Bewegung und feuert sowohl das Publikum als auch seinen Kameraden an. Die verstehen selbstredend immer noch etwas vom Posen, gehen es im Endeffekt aber doch eher unauffällig an. Wenn sich einer der Musiker ins Rampenlicht stellt, dann aus gutem Grund. Bassist Rachel Bolan etwa, der einmal seine Klassiker als Shouter unter Beweis stellen darf und das allen bereits verstorbenen RAMONES-Musikern gewidmete 'Psycho Therapy' mit rauer Kehle intoniert.

Mit einer ausgewogenen Setlist (cool, dass man auch das leider völlig untergegangene 2003er Werk "Thickskin" in Form von 'Ghost' berücksichtigt, auch wenn ich mir dabei, ehrlich gesagt, Jonny Solinger als Sänger zurückgewünscht hätte...) sowie einer überaus kurzweiligen Vorstellung hat das Quintett das Publikum auf jeden Fall komplett auf seine Seite gezogen und erweist sich sehr wohl als absolut würdiger Co-Headliner, der immer noch für beste Stimmung zu sorgen weiß. Der Jubel des vorwiegend eigentlich nicht mehr ganz so jugendlichen Publikums auf die Ansage ZPs, als er zum Finale ein markiges "We Are The 'Youth Gone Wild'" ins Auditorium schmettert, macht deutlich, dass SKID ROW hierzulande immer noch ein gehöriges Gefolge hat und die Band wie ihr Publikum einen gelungenen Abend verbuchen können.

Setliste: Slave To The Grind; Sweet Little Sister; Big Guns; 18 And Life; Piece Of Me; Livin' On A Chain Gang; Ghost; Psycho Therapy; I Remember You; Monkey Business; Makin' A Mess; In A Darkend Room; Youth Gone Wild

[Walter Scheurer]

Während auf der Hauptbühne dem Hard Rock gefrönt wird, wird es in der Halle härter. OMNIUM GATHERUM aus Finnland heizt mit Death Metal ein, allerdings der melodischen, atmosphärischen Variante, die nur noch durch den Gesang wirklich etwas mit Death zu tun hat. Auf dem letztjährigen Summer Breeze hatte ich nur Zeit für zwei Lieder, heute bin ich nicht in Termindruck und lasse das Ganze mal auf mich wirken. Die sechs Nordmänner haben einen guten Sound und sichtlich Spaß an diesem Auftritt. Ich wünsche mir natürlich etwas anderen Gesang, aber gelegentlich geht es bei der Band um Sänger Jukka Pelkonen auch klar zur Sache, was die Lieder damit für mich aufwertet. Die Energie überträgt sich auf das Publikum, vorne wird gebangt und von so Einigen mitgesungen. Dazu kommt die sehr überzeugende Gitarrenarbeit und der gefällige Klangteppich des Keyboards und fertig ist eine sehr unterhaltsame Band, die auch später sicher nicht zu meinen Favoriten zählen wird, aber live Spaß macht.

[Frank Jaeger]

 

Mit METAL CHURCH, spätestens aber mit 'Youth Gone Wild' von SKID ROW, wähne ich dieses BANG YOUR HEAD-Festival für mich zu Ende. Der Rest ist chillen und langsam Abschied nehmen. Pustekuchen! Ich schaue neugierdehalber, aber ohne Erwartungen noch einmal in die Halle zu TRIBULATION, auch da sonst niemand in der Crew sich so richtig für diese Schweden interessiert. Ein eher langweiliger Gig auf dem Rock Hard-Festival 2016 ist mir auch noch in Erinnerung. Was nun aber in der Halle mit mir passiert, erinnert an jenes Erlebnis tags zuvor zu selben Zeit am selben Ort mit ATTIC. Dunkle Gestalten in schwarzen Gewändern, umspült von massenweise Nebelschwaden, zelebrieren eine schwarze Gothic-Metal-Messe und somit ein gelungenes Kontrastprogramm zum Spaß und der meist guten Laune auf der Hauptbühne. Der Sound in der Halle ist einmal mehr wirklich gut, so dass man sogar Details der versierten Gitarrenarbeit aufgelöst bekommt. Und so entfalten sich die trotz des Krächzgesangs charmant eingängigen Songs der Schweden und setzen mich einmal mehr an diesem Tag in ständige Bewegung. Im kleinen Rahmen wirkt auch die Bühnenshow der Band, deren Blickfang für mich Gitarrist Adam Zaars ist. Unsere Analyse bei Inspektion der Fotos ist gewesen, dass es sich bei dieser fast unmenschlich wirkenden, verschleierten Kreatur um eine Frau handeln müsse; auch die schlangenhaften Bewegungen wirken sehr hexenmäßig und weiblich. Doch wir liegen falsch. Als Fazit könnte man sagen: Geisterstunde in Balingen ist definitiv von 19:50h - 21:00 Uhr. Musik und Show von TRIBULATION saugen mich bis zum Ende auf, die Musik ist eine makaber-düstere Schönheit, die in diesem Kontext eine enorme Wirkungskraft entfaltet. Doch mit dem Verklingen der letzten Töne ist das BANG YOUR HEAD für mich endgültig vorbei, der Kopf ist mit Musik vollständig gesättigt.

Setliste: Lady Death, Melancholia, The Lament, The Motherhood of God, Suspiria de profundis, Cries From the Underworld, Ultra Silvam, The World, Nightbound, Strange Gateways Beckon, Lacrimosa

[Thomas Becker]

 

Ja, ja, der Tobi. Ist schon stark, dass er sich von dem Frontmann einer obskuren Metalkapelle aus Fulda zu einem international bekannten und respektierten Sänger und Organisator eines Mammut-Projektes wie AVANTASIA entwickelt hat. Ich habe ihn in den letzten Jahren mehrfach gesehen und bin immer wieder begeistert, was für eine riesige Produktion dieses deutsche Unternehmen auf die Bretter bringt. Und natürlich: dass die Lieder eines jeden neuen Albums immer wieder so zu begeistern wissen. Das hat nichts mit Fanboytum zu tun, die letzten vier Alben haben bei uns von vier verschiedenen Redakteuren einen Notenschnitt von über 9,5 erhalten. AVANTASIA bedeutet auch immer ein Schaulaufen von illustren Gästen, zumeist Sängern, die ihm bei seinen opulenten Stücken helfen. Heute sind mit Jorn Lande und Bob Catley wieder zwei brillante Vokalakrobaten mit am Start, doch steht anno 2019 Tobias Sammet deutlich mehr im Mittelpunkt, als ich es von anderen Touren kenne. Das liegt aber auch daran, dass Ronnie Atkins von den PRETTY MAIDS heute mit selbigen einen Auftritt hat und deswegen nicht dabei sein kann. Das macht aber überhaupt nichts, die Band und die Sänger geben sich keine Blöße und rocken das Festival.

Dass dieser Auftritt dem aktuellen Album "Moonglow" gewidmet ist, merkt man an der Setliste. Sechs Stücke des neue Werks nehmen etwa 40 Minuten des 150 Minuten dauernden Auftrittes ein, aber es bleibt noch genug Zeit für einen Ritt durch die Historie. Der findet auch statt, einmal querbeet, kein Album wird ausgelassen und das Publikum dankt es mit Gesang und Feier. Tobi macht immer mal wieder eine Pause und erzählt, das kennt man und muss man akzeptieren, ob man es nun mag oder nicht. Ich muss lachen, als Tobi das Publikum zu mehr Enthusiasmus auffordert, indem er anmerkt, dass sich auch Veranstalter Horst "den ganzen Kasperkram hier anhören muss". Überhaupt ist Sammet direkt, ehrlich, einfach er. Obwohl AVANTASIA auf dem Erzählen von Geschichten und bunter Show beruht, wirkt der Frontmann niemals angestrengt oder verkünstelt. Der macht einfach Spaß, etwas, das auch die Musiker ausstrahlen, allen voran Gitarrist Oliver Hartmann, der zwar wenig zur Show beiträgt, aber lächelnd den metallischen Rahmen strickt.

AVANTASIA ist ein echter Headliner mit opulenter Bühne, abwechslungsreicher Show und tollen Melodien und beschließt das diesjährige Bang Your Head auf der Hauptbühne mit einem echten Höhepunkt. Nach dem nächsten Album bitte wieder hier in Balingen!

Setliste: Ghost in the Moon; Book of Shallows; The Raven Child; Lucifer; Alchemy; Invincible; Reach Out for the Light; Maniac; Dying for an Angel; Lavender; The Story Ain't Over; The Scarecrow; Twisted Mind; Avantasia; Let the Storm Descend Upon You; Mystery of a Blood Red Rose; Shelter from the Rain; Lost in Space; Farewell; Sign of the Cross; The Seven Angels

[Frank Jaeger]

 

Samstag Abend, der dritte Tag, und mit AVANTASIA ist gerade der letzte Headliner des Events auf der großen Bühne zugange. Zugleich der dritte Headliner, den ich mir dieses Jahr nicht anschaue, weil die Veranstalter zielsicher die - für mich - bessere Abendband in die Halle geschickt haben. Heute sind das die alten Norweger-Recken EINHERJER und ich kann mich gut daran erinnern, wie ich anno 1994 deren erstes Demo "Aurora Borealis" in Norwegen geordert habe. Dass ich die Band aus Haugesund dennoch bis heute niemals live gesehen habe, ist ein derbes Versäumnis und ich bin daher überglücklich, dass Horst & Co. mir heute die Gelegenheit geben, diese ärgerliche Lücke zu schließen. Womit ich indes nicht gerechnet hätte, ist zum einen die stattliche Anzahl der Leute, die sich in die Halle gewagt haben, obwohl norwegischer Viking Metal ja nun nicht unbedingt die favorisierte Baustelle des durchschnittlichen "Bang Your Head"-Besuchers ist. Zum anderen ist es jedoch auch und vor allem die doch recht schnell fast euphorische Reaktion des Publikums auf das Quartett um die Bandgründer Frode "Grimar" Glesnes (Bass, Gesang) und Gerhard "Ulvar" Storesund (Drums).

Jene positive Resonanz hat sich die Band aber auch voll und ganz verdient, denn die Jungs ziehen wirklich alle Register und liefern einen blitzsauberen Gig ab, der sich von und zu schreibt. Die Brillanz fängt heute Abend schon beim Sound an, denn das ganze Wochenende über hat für mein Empfinden keine Band einen besseren, differenzierteren und eindringlicheren Sound abgeliefert als EINHERJER, und in der Halle schon gar nicht. Das Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug ist bestechend, so dass es Frode und Gerhard gelingt, einen nackenbrechenden Groove mit messerscharfen Breaks und packenden Generalpausen zu zelebrieren, wie man ihn wirklich selten genießen kann. Dies liefert eine hervorragende Grundlage für die wuchtigen Riffs Aksel Herløes und die feine Leadgitarrenarbeit von Ole Sønstabø, dem gegen Ende noch ein Gitarrensolo gegönnt wird. Auch gesanglich ist die Band so eigenwillig wie eigenständig und gerade live funktioniert die Mischung aus Frodes knurrendem, messerscharf artikuliertem Sprechgesang und Aksel Herløes melodischen Backing Vocals ganz hervorragend. Da das Publikum zum größten Teil nicht übermäßig vertraut mit dem Schaffen der Band ist, aber trotzdem begeistert mitgeht, ist es für EINHERJER auch keinerlei Risiko, auf ganz alte Hits weitgehend zu verzichten und den Schwerpunkt auf die aktuelleren Scheiben zu legen. Das tun die Norweger dann auch und so wird besonders das aktuelle Werk "Norrøne Spor" mit ganzen fünf Stücken ausgiebig bedacht, dicht gefolgt von dem Vorgänger "Af Oss, For Oss", der dreimal zum Zug kommt, und dem doppelt gewürdigten "Blot". Ein paar ganz alte Norwegen-Klassiker gibt es am Ende dann aber doch noch mit den obligatorischen Neunziger-Hits 'Dragons Of The North' und natürlich auch 'Far Far North' als Zugabe.

Wenn mein Fazit zu diesem Auftritt nun lautet, dass EINHERJER für mich die beste Band des Festivals gewesen ist, dann will das einerseits in Anbetracht des generell sehr starken Billings und andererseits auch eingedenk der Tatsache, dass gestern meine absolute Lieblingsband gespielt hat, durchaus etwas heißen. Wirklich beeindruckend ist jedoch, dass ich heute Abend und auch in den Folgetagen noch von vielen Leuten höre, die EINHERJER im Vorfeld kaum kannten und keinerlei besondere Erwartungen hatten, dass sie dennoch von diesem Gig schwer beeindruckt und positiv überrascht waren. Daher darf die Haugesund-Squad das BANG YOUR HEAD 2019 als ganz besonderen und hochverdienten Triumph verbuchen.

Setliste: The Spirit Of A Thousand Years; Dreamstorm; Hedensk Oppstandelse; Fra Konge Te Narr; Berserkergang; Kill The Flame; Nidstong; Mine Våpen, Mine Ord; Nor Og Ner; Spre Vingene; Dragons Of The North; Ironbound; Far Far North

 

MANOWARs ehemaliger Saitenhexer Ross Friedman hat nun also die Aufgabe, die Unentwegten einzusammeln und das Balinger Festival nach dem Feuerwerk ausklingen zu lassen. Für manch eine Band wäre dies eine äußerst undankbare und oft auch zuschauerarme Aufgabe, nicht so indes für ROSS THE BOSS. Der Mann und seine Mitstreiter können auf einen ganz besonderen Klassikerfundus zurückgreifen, und so wird die Halle nach dem Verklingen der letzten AVANTASIA-Klänge auch rasch richtig voll, denn logisch, fast jeder auf dem Gelände kennt die alten MANOWAR-Klassiker in- und auswendig und wer noch nicht in die Falle will, sondern noch Lust auf ein oder zwei Bierchen und Mitsingen aus vollen Rohren hat, der findet sich vor der Hallenbühne ein.

Ross und seine Mannen haben dann auch vom ersten Ton an leichtes Spiel und ganz egal, ob es der Opener 'Blood Of The Kings' ist oder das folgende 'Death Tone' und im Anschluss 'The Oath' und 'Wheels Of Fire', die ersten sechs MANOWAR-Scheiben sind hier in Balingen wie das kleine Einmaleins: Die US-Amerikaner können jeden beliebigen Pfeil aus dem Köcher ziehen und abfeuern, sie treffen ins Ziel und werden dafür gefeiert. Dementsprechend bietet der heutige Abend zum Abschluss auch einen bunten Mix von Songs dieser großen Klassikerwerke des Stahls, unter welche sich mit 'Fistful of Hate' lediglich eine einzige ROSS THE BOSS-Eigenkomposition aus der Neuzeit mitten ins Set geschmuggelt hat.

Die Band - außer Ross sind Mike LePond (Bass), Steve Bolognese (Drums) und natürlich Frontmann Marc Lopes an Bord - präsentiert sich tight und spielfreudig, wobei Marc Lopes seine Sache sehr gut macht, wenn er auch nicht so variabel und nicht so nah am jungen Eric Adams ist wie sein Vorgänger Mike Cotoia, aber dafür hat Lopes eine sehr feine Bühnenpräsenz. Ja, doch, das passt schon alles, was die Band hier und jetzt abliefert, doch nach einem langen Wochenende streiche ich trotz des feinen Programms noch vor Ende des Gigs zufrieden, aber müde die Segel und trete die Heimreise an. Die bis zum Ende in der Halle verbliebenen Kameraden berichten mir am Sonntag von einem bis zum Schluss gelungenen Gig und ausgeprägter Heiserkeit ob ihres hingebungsvollen Mitsingens, so dass Ross & Co. offenbar alles richtig gemacht haben.

Setliste: Blood of the Kings; Death Tone; The Oath; Wheels Of Fire; Thor (The Powerhead); Dark Avenger; Gloves Of Metal; Fistful Of Hate; Sign Of The Hammer; Metal Daze; Blood Of My Enemies; Kill With Power; Fighting the World; Battle Hymn; Hail And Kill

[Rüdiger Stehle]

 

Zu Ende. Schade. Aber nach drei Tagen merke ich es auch in den Füßen. Trotzdem ist nach dem Festival vor dem Festival und für nächstes Jahr sind bereits einige tolle Bands angekündigt worden, die Kollege Rüdiger so passend zusammegfasst hat:

Mit den Veteranen RAGE und TANKARD ist der heimische 1980er-Stahl prominent vertreten, doch auch jüngere heimische Rocker dürfen in Gestalt der fränkischen Folk/Power-Metaller WINTERSTORM, der Berliner Thrasher SPACE CHASER und der schwäbischen Lokalmatadoren KISSIN' DYNAMITE nicht fehlen. International sorgen die Schweden UNLEASHED und die Briten MEMORIAM für eine ordentliche Dosis Old-School-Death Metal, während die Bay-Area-Thrasher HEATHEN, die melodischen US-Metaller LEATHERWOLF und die kanadischen Speedster SKULL FIST den Reigen der bisher bestätigten Bands abrunden.

Dem ist nur hinzuzufügen: Man sieht sich 2020 in Balingen!

[Frank Jaeger]

Redakteur:
Frank Jaeger

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