BLIND GUARDIAN, ORPHANED LAND - Offenbach

21.05.2015 | 20:59

24.04.2015, Stadthalle

Guardian! Guardian! Zweieinhalbtausend Kehlen können schon ganz schön laut sein, wenn sie ihre Band zum Auftritt bewegen wollen...

Stadthalle Offenbach. Diesmal bin ich vorgewarnt, was die Parkplatzsituation betrifft, und komme so früh, dass ich tatsächlich noch einen Parkplatz vor der Halle erwische. Bei schätzungsweise 2500 Besuchern ist das nicht so einfach. Nun gut, dafür sitze ich dann halt über eine Stunde herum, betrachte mir die Leute und bewundere das eine oder andere T-Shirt oder Tattoo. Die Massen strömen stetig hinein, alle sind nett und entspannt und endlich ist es soweit, dass wir uns am Fotografentreffpunkt einfinden können. Der Securitymann begrüßt mich mit Handschlag und einem freundlichen "Na, wie geht’s?" Man kennt sich ja inzwischen von dem einen oder anderen Konzert. Als endlich alle eingetrudelt sind, wird es auch schon Zeit und wir schieben uns im Gänsemarsch durch die Meute.

An der Bühne angekommen, dürfen wir uns auch gleich in den Graben vorarbeiten und ich werfe schon einmal einen prüfenden Blick in die Halle. Obwohl ja erst einmal ORPHANED LAND aus Israel als Opener spielt, ist es schon ganz schön voll. Man möge mir verzeihen, wenn ich über ORPHANED LAND wenig zu berichten weiß, aber bisher kenne ich die Band nur dem Namen nach und außer den ersten drei Songs habe ich auch nicht wirklich viel mitbekommen, weil wir danach die Fotoapparate abgeben mussten. Das heißt, uns durch die noch zahlreicher gewordene Meute hinter der Security wieder zurück zum Eingang schieben, Foto abgeben und dann – na ja, dann war der Opener auch schon so gut wie gelaufen. Zumindest kann ich sagen, dass die Band ordentlich gespielt und das Publikum auch kräftig applaudiert hat. Die Musik war ein wenig orientalisch angehaucht und Sänger Kobi Farhi, der ein bisschen so aussieht, wie man sich als Kind im Religionsunterricht Jesus vorstellt, hat die Lacher auf seiner Seite, als er verkündet "Nein, ich bin nicht Jesus!" Ich versuche relativ erfolglos von ganz hinten noch ein wenig mehr mitzubekommen, aber wir müssen uns ja schon wieder versammeln, um an unsere Fotoausrüstung zu kommen.

Und so schieben wir uns ein zweites Mal durch die "Guardian! Guardian!"-grölende Menge, die irgendwie noch größer geworden ist, und sind froh, als wir endlich vorne sind. Als dann BLIND GUARDIAN die Bühne betritt, ist es schon sehr gut, dass die Ohrstöpsel an ihrem Ort sind. Meine Güte, und sie haben noch nicht einmal einen Ton gespielt! Hansi Kürsch steht mit einem breiten Grinsen auf der Bühne, das er übrigens den ganzen Abend nicht los wird, was bei diesem euphorischen Haufen vor der Bühne auch verständlich ist. Als es dann mit 'The Ninth Wave ' vom neuen Album "Behind The Red Mirror" endlich losgeht, stellt sich auch bei mir sofort wieder dieses "Wow!"-Gefühl ein. Ich bin direkt so fasziniert von der Band, dass ich fast das Fotografieren vergesse, das Anstarren mit offenem Mund kann ich gerade noch unterdrücken. Es ist ja doch schon einen Weile her, dass ich die Herren live gesehen habe, aber sie haben nichts, aber auch gar nichts von ihrer Austrahlung und natürlich ihrer Musikalität verloren. Es ist wie bei guten Freunden, die du schon längere Zeit nicht gesehen hast. Sobald man wieder zusammenkommt, ist es so, als wäre man nie getrennt gewesen. Und so muss es auch das Publikum empfinden. Ich habe schon lange nicht mehr eine solche Euphorie erlebt.

Völlig begeistert bin ich, dass als dritter Song 'Nightfall' kommt. Einer meiner Lieblingssongs, quasi Auge in Auge mit Hansi Kürsch und einem Chor aus tausenden Stimmen - da bekommt man schon Gänsehaut.

Leider müssen wir auch hier wieder die Kameras abgeben, was ja grundsätzlich nicht schlimm ist, aber doch eine Menge Zeit kostet und man einiges vom Konzert versäumt. Da wäre eine zweite Person schon hilfreich gewesen. Danach wieder in die Halle zu kommen, ist praktisch unmöglich und so tigere ich von Tür zu Tür um wenigstens etwas vom Bühnengeschehen mitzubekommen. Erst nach gut der Hälfte der Show schaffe ich es, mich seitlich von der Bühne an ein Absperrgitter zu quetschen. Na ja, besser als nichts. Zumindest kann ich sagen, dass die Stimmung in der Halle einfach nur grandios ist. Das Publikum "frisst" Hansi Kürsch quasi aus der Hand, singt, klatscht, johlt, sodass der Meister manchmal nur dasteht, den Kopf schüttelt und strahlt angesichts dieser Begeisterung.

Die Band liefert aber auch eine erstklassige Show ab und die Setliste lässt auch nichts zu wünschen übrig. Mit 'Miracle Machine' und 'The Lord Of The Rings' gibt es einen Abstecher in die Akustik-Abteilung und nur falls ich es noch nicht erwähnt haben sollte: Zwischendurch natürlich immer wieder lautstarke "Guardian! Guardian!"-Rufe.

Natürlich kommt irgendwann unweigerlich die Ansage zum letzten Stück 'And The Story Ends', aber es ist klar, dass das nicht alles sein kann. Und selbstverständlich wird die wild rufende Menge erhört. Eingeleitet wird der Zugabeteil von den 'Sacred Words', danach werden wir in das 'Twilight Of The Gods' entführt und 'Valhalla' eröffnet einen weiteren Begeisterungsausbruch. Hab ich schon erwähnt, wie laut zweieinhalbtausend Menschen sein können? Aber auch das ist noch nicht alles, so eine klitzekleine weitere Zugabe steht noch aus, denn was wäre ein BLIND GUARDIAN Konzert ohne 'The Bard's Song' und den Rausschmeisser 'Mirror Mirror'?

Gut zwei Stunden dürfen wir uns an diesem einzigartigen Konzert erfreuen. Diese Band braucht keinen unnötigen Schnickschnack auf der Bühne, Hansi Kürsch sieht immer noch aus wie der nette Lehrer von nebenan, seine Bewegungen sind eher minimalistisch und trotzdem bringt jede seiner Gesten das Publikum zum Mitmachen, Mitsingen oder Ausrasten. Da ja wohl alle Konzerte gefilmt werden, darf man auf eine DVD gespannt sein, die hoffentlich die grandiosen Stimmungen der einzelnen Konzerte wiedergibt. Freuen wir uns darauf.

Setliste: The Ninth Wave, Banish From Sanctuary, Nightfall, Fly, Tanelorn, Prophecies, Requiem, Miracle Machine, The Lord Of The Rings, Last Candle, And The Story Ends; Zugabe 1: Sacred Worlds, Twilight Of The Gods, Valhalla; Zugabe 2: Wheel Of Time, Bard's Song, Mirror Mirror

Redakteur:
Hannelore Hämmer

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