Bang Your Head - Balingen

15.08.2010 | 15:43

16.07.2010, Messegelände

Wetterkapriolen und starke Bands bei der 15. Auflage des "Bang Your Head"-Festivals in Balingen.

Der Samstagmorgen begrüßt uns mit kühlen Temperaturen und einer geschlossenen Wolkendecke. Die gute alte Balingen-Kombination mit einem Tag Hitze und einem Tag Kontrastwetter scheint auch heuer wieder aufzugehen. Ob die Schleusen des Himmels dicht halten? Man weiß es nicht. Jedenfalls sind wir mit einem Pullover morgens noch ganz gut bedient. Mal langsam vor zur Bühne schlendern, um zu sehen, ob die dort eröffnende Band uns ein wenig aufwärmen kann. Nun, viele Headbangernasen sind noch nicht zu sehen auf dem Vorplatz, aber das wird schon werden.

Den Startschuss für das samstägliche Bühnengeschehen dürfen die US-Amerikaner von TOXIN abgeben. Und ja, den noch verschlafenen Zuschauern heizt der typisch amerikanisch klingende Good-Time-Rock mit mehrstimmigem Backing-Gesang und dezenten Keyboards ganz gut ein, schafft es jedoch noch nicht, den Mob richtig in Schwung zu bringen. Dazu sind einfach zu wenige der schon auf den Beinen stehenden Metaller mit den über MySpace zu bescheidener Popularität gediehenen Songs wie 'Nasty But I Like It' vertraut. Die erst seit 2007 aktiven Jungs um Frontmann Jason Kloos machen ihre Sache zwar alles andere als schlecht, doch wenn eine eher sanft rockende, wenig metallische junge Band den Anheizer für die darauf folgenden Schweiß treibenden Kapellen vom Kaliber SAVAGE GRACE und BULLET machen muss, dann hat sie halt nicht allzu viel zu gewinnen. Doch dem Vernehmen nach haben es die Jungs von TOXIN vor allem durch ihre instrumentale Klasse und das unbekümmerte Auftreten auch geschafft unter alten Metallern neue Freunde zu finden, so dass sie und der Veranstalter im Endeffekt alles richtig gemacht haben.
[Rüdiger Stehle]


Nachdem es der deutsche Metal-Untergrund mit vereinten Kräften geschafft hat, SAVAGE GRACE-Frontmann Chris Logue ausfindig zu machen, ihm eine schlagkräftige Begleitband zur Seite zu stellen und ihm beim vergangenen "Keep It True" einen großen Deutschland-Auftritt zu ermöglichen, hat die mit Mitgliedern von ROXXCALIBUR gebildete Band nun die Möglichkeit, einen zweiten großen Auftritt vor einem noch zahlreicheren Publikum zu absolvieren. Man merkt dem Frontmann und seinen Jungs an, dass sie inzwischen zu einer echten Band gereift und gut eingespielt sind, und außerdem auch, dass sie es nun wirklich wissen wollen. Mit einem tollen Set, das schwerpunktmäßig aus fünf Stücken vom 85er-Album "Master Of Disguise" stammt, aber auch die Debüt-EP und das zweite Album "After The Fall From Grace" streift, können die langsam zahlreicher werdenden Zuschauer problemlos in den Bann der Band gezogen werden. Kurios und ärgerlich ist es jedoch, dass anscheinend eine im Billing recht hoch platzierte Band etwas dagegen hat, dass SAVAGE GRACE dem verstorbenen Ronnie James Dio mit einer entsprechenden Coverversion die Ehre erweist, und die Band der Stimme des Heavy Metal somit ein JUDAS PRIEST-Cover widmen muss. Immer wieder erstaunlich, welche seltsamen Blüten die Eitelkeit mancher Musiker treibt. Dass diese bizarre Anekdote dem tollen Auftritt Chris Logues und seiner Mannen keinen Abbruch tut, sollte indes klar sein. Wir sind gespannt auf zukünftige Auftritte und vor allem auf ein hoffentlich kommendes neues Studioalbum.

Setlist: Bound To Be Free; Into The Fire; After The Fall From Grace; We Came, We Saw, We Conquered; Master Of Disguise; The Dominatress; Sins Of The Damned; Exciter
[Rüdiger Stehle]

 

Es hilft ja nichts, ich muss gleich zu Beginn zugeben, dass ich nie ein allzu großer Fan der jungen Schweden von BULLET war. Die Band um den stämmigen schwarzhaarigen Lockenkopf Dag Hell Hofer war mir immer zu sehr auf die AC/DC-trifft-auf-ACCEPT-Schiene festgefahren und hatte zu wenig eigenes Profil. Das ist ganz ähnlich wie bei ihren Landsleuten von ENFORCER, die gestern auf der Bühne standen. Doch bei aller stilistischen Limitiertheit muss ich neidlos auch dem rockenden und rollenden Quintett aus Växjö attestieren, dass es aktuell zu den besten Liveacts gehört, die ohne Unterlass die Festivalszene beackern. Diese harte und ehrliche Arbeit hat die Jungs bereits beim KIT, beim Rock Hard Festival und beim HOA zu echten Abräumern werden lassen, und genau das gelingt der Truppe auch heute. Die Screams sitzen, die Gitarren riffrocken sich und die Zuschauer ins Hardrock-Nirvana und die Rhythmusgruppe groovt tight. Genau das richtige, um an diesem wirklich kühlen Frühnachmittag die Leute ein bisschen aufzuwärmen.

Setlist: Pay The Price, Stand Up And Shout, Dusk Til Dawn, Turn It Up Loud, Heading For The Top, One Deal With The Devil, Rambling Man, Bite The Bullet, Roadking, Bang Your Head
[Rüdiger Stehle]



Nun, nicht jeder ist ein Freund der schwäbischen Institution der Wahrhaftigkeit. SACRED STEEL ist eine Band, die sicher mehr Skeptiker, Spötter und Kritiker auf den Plan ruft, als dass sie in den Medien auf ungeteilte Gegenliebe stieße. Das liegt in erster Linie am umbarmherzigen Image als metallinquisitorische Schwertschwinger und zum anderen an der schrillen Sirene des Herrn Mutz, die für manche weit jenseits der Schmerzgrenze Risse ins Trommelfell zaubert. Doch Leute, mal im Ernst: Was wollt ihr denn? So muss Heavy Metal doch sein: Polarisierend und over the top! Genau das ist es auch, was die Schwaben immer wieder zelebrieren: Mit einem großen Schuss Selbstironie und sympathisch verpeiltem Auftreten, bringen sie schnell jedes Eis zum Schmelzen. Klar, manchem Festivalbesucher sind Gerrits Ansagen auch heute wieder zu banal, zu überzogen, zu sehr Gerrit einfach, aber man kann es nie allen Recht machen. Ob es letztlich ein himmlisches Zeichen ist, dass es recht pünktlich zur gelungenen RAINBOW-Coverversion 'Kill The King' erstmals anfängt zu regnen? Man weiß es nicht. Am Ende eines Gigs ist es doch wie immer wieder ein großer Teil des vor der Bühne versammelten Volkes, der zu Schlachthymnen wie dem Opener 'Metal Is War', dem Death-Metal-Gefilde streifenden 'Slaughter Prophecy' oder zur obligatorischen Rausschmeißer-Hymne 'Wargods Of Metal' aus voller Brust mitbrüllt.

Setlist: Metal Is War, Battle Angel, Open Wide The Gate, Heavy Metal To The End, Denial Of Judas, Maniacs Of Speed, Kill The King, Carnage Victory, Slaughter Prophecy, Wargods Of Metal
[Rüdiger Stehle]



Wenn ich an diesem Samstag auf etwas gewartet habe, dann auf die New-Jersey-Metal-Veteranen von HADES, die ich nach dem Wacken-Auftritt vor vielen Jahren und er vulkanbedingt abgesagten KIT-Show nun endlich, endlich zum zweiten Mal sehen würde. Nun, und was soll ich sagen? Dan Lorenzo, Alan Tecchio und ihre drei Mitstreiter lassen so rein gar nichts anbrennen. Gut, zündeln ist auch schwierig, wenn es in Strömen zu gießen beginnt, doch das schockt mich im Falle HADES nur wenig. Leider sehen das nicht alle Festivalbesucher so, und deshalb müssen die Herren vor einem nicht unbedingt mager, aber auch nicht gerade üppig gefüllten Auditorium antreten. Doch schon mit dem Einstieg mit 'Exist To Resist' und 'Widow's Mite', macht die Band klar, dass heute keine Gefangenen gemacht werden. Mein Begleiter, bekennender SLAYER-Fan, spart nicht mit Lob der Gestalt, dass diese ultrafiesen und vom Mischer auch soundtechnisch perfekt in Szene gesetzten Gitarrensalven, die Dan Lorenzo und Scott LePage hier abfeuern, auch seiner Lieblingsband alle Ehre machen würden. Das aus diesem berufenen Munde, kann nur als Kompliment gelten und soll in keiner Weise suggerieren, dass hier jemand SLAYER kopieren wolle. Das wäre ja auch Quatsch, denn HADES sind ein Original, wie sie nur eines sein können. Den Überklassiker 'The Leaders?', 'King In Exile' oder das großartige 'Opinionate!'? Ganz egal, was die Band heute anfasst, alles wird zu Gold! Liegt das an dem glänzend aufgelegten und Backstage etwas nachdenklich sein WATCHTOWER-Shirt zur Schau stellenden Frontgott Alan Tecchio, oder an der megatighten Vorstellung der Rhythmusgruppe um SEVEN WITCHES-Basser Kevin Bolembach, der Jimmy Schulman sehr würdig vertrat, und Originaldrummer Tom Coombs? Keine Ahnung, doch offensichtlich hat bei so viel Brillanz sogar der Wettergott ein Einsehen und ermöglicht HADES im weiteren Verlauf des Konzerts halbwegs trocken über die Zeit zu kommen. So hat sich dann auch bereits ein stattliches Völkchen versammelt, um HADES' Tribut an Dio in Form des großartigen und oft übersehenen BLACK-SABBATH-Klassikers 'Voodoo' und das gigantische Abschlusstriple an eigenen Stücken von den beiden ersten Alben abzufeiern. Was bleibt? Drei Erkenntnisse: Erstens ist HADES eine der besten US-Metal-Bands aller Zeiten, die ihren Glanztaten auch heute noch voll gerecht wird. Zweitens ist es eine Schande, dass ein solche Band so früh am Nachmittag verschleudert wird und weitaus schwächere Bands in besseren Billing-Positionen rangieren. Und drittens ist der gute Dan Lorenzo eines der zahllosen Beispiele amerikanischer Musiker, die einfach nicht raffen wollen, dass die Europäer recht haben, wenn sie sagen, dass ihre alten Bands doch immer noch die besten sind. Wie auch immer: Ich hoffe sehr, dass es irgendwann ein Wiedersehen mit dieser Band geben wird. Live oder auf CD: Ohne HADES ist die US-Metal-Welt einfach nicht komplett!

Setlist: Exist To Resist, Widow's Mite, The Leaders?, King In Exile, I Too Eye, Rebel Without A Brain, Voodoo, Opinionate!, On To Iliad, Nightstalker
[Rüdiger Stehle]


Ich hatte TREAT in den Achtzigern eigentlich nur durch die Single 'World Of Promises' (1988) wahrgenommen und immerhin auf selbiger Tour in Darmstadt sogar mal live gesehen. Ob TREAT aber jetzt ein adäquater Ersatz für die abgesprungenen RATT sind, darf eindeutig bezweifelt werden. Doch genug gemeckert, denn TREAT machen ihre Sache ganz gut. Die Band ist definitiv kein alter, hüftsteifer Haufen und speziell Drummer Jamie hat sämtliche Show-Kabinettstückchen drauf. Die ganz große Show ist der Gig der Schweden allerdings nicht. Auch Frisurentechnisch haben die Jungs nicht mehr ganz so viel zu bieten. Nur Fronter Robert Ernlund präsentiert noch eine, wie damals, weißblond gefärbte Matte. Glück haben sie auch mit dem Wetter, zumindest zu Beginn hört es auf zu regnen und der Metal-Gott gibt sich poserfreundlich. Spielerisch ist alles im grünen Bereich. Vor der Bühne wird es auch ordentlich voll und die alten Klassiker werden fleißig mitgesungen. Einigen Leuten ist das Geschehen auf der Bühne dann allerdings doch ein wenig zu Pop-lastig. Auch die Ansagen sind nicht wirklich Rock'n'Roll und mir einen Zacken zu brav. Kein Wunder, dass der Regengott nach gut 2/3 des Sets einen Wolkenbruch auf das Gelände schickt, bei dem viele das Weite suchen. Das abschließende 'World Of Promises' gibt es für die meisten dann nur noch in Deckung zu hören.
[Holger Ziegler]  


Meine bisherigen Konzerterfahrungen mit FATES WARNING waren ja eher durchwachsen. Haben sie mich auf der 97er-Tour mit OMEN kolossal gelangweilt, so konnten sie mich vor einigen Jahren mit ihrem Festival-Auftritt in Gelsenkirchen völlig begeistern. Von daher ist meine Vorfreude auf den heutigen Gig richtig groß, zumal ich mich seither auch deutlich intensiver mit dem Material der Prog-Götter aus Connecticut befasst habe. Die Band spielt im aktuellen Aufnahme-Line-up aus Sänger Ray Alder sowie den Gitarristen Jim Matheos und Frank Aresti, sowie für die aktuellen Liveauftritte mit einer aus dem großartigen Mark Zonder am Schlagzeug und Joe DiBiase am Bass bestehenden Rhythmusgruppe. Viele langjährige Fans der Band warten ja seit vielen Jahren darauf, dass FATES WARNING sich einmal wieder an einige richtig alte Klassiker wagen, doch das wird so schnell wohl nicht passieren. So spart die Band auch heute die John-Arch-Ära komplett aus, was ich in gewisser Weise konsequent und richtig finde. Sollte sich der gute John irgendwann bereit finden, mit seinen alten Kameraden wieder eine Bühne zu betreten, dann kann das ja gerne geändert werden, aber die Band steht nach über zwanzig Jahren mit Ray Alder am Mikro eben doch für einen etwas anderen Stil, welcher heute einmal mehr großartig zelebriert wird. Leider macht ein vehementer Regenguss der Band einen kleinen Strich durch die Rechnung, indem er die anfangs zahlreichen Interessierten in Scharen in die Flucht schlägt. Doch was ein echter FW-Fan ist, der bleibt natürlich vor Ort und so hat die Band eine zwar kleine, aber dafür umso treuere Meute locker im Griff. Der eindeutige Schwerpunkt der Songauswahl liegt auf dem 1991er-Album "Parallels", das mit ganzen vier Stücken ausgiebig gewürdigt wird, während ansonsten noch je ein Stück aus den Jahren 2000 und 1997, sowie als Abschluss der große Klassiker "Through Different Eyes" aus dem Jahre 1989 zum Zuge kommen. Insgesamt ein sehr schöner Auftritt, der darauf hoffen lässt, dass wir FATES WARNING bald wieder auf einer ausgiebigen Headliner-Tour bestaunen dürfen.

Setlist: One, Life in Still Water, A Pleasant Shade Of Grey: Part III (Shade of Gray), We Only Say Goodbye, The Eleventh Hour, Point of View, Through Different Eyes
[Rüdiger Stehle]

Es wundert mich zunächst ein wenig, dass die QUIREBOYS an doch schon recht exponierter Stelle im Billing eines Metalfestivals stehen, sind sie mit ihrem gut gelaunten, beschwingten Rock doch eher eine Band fürs andere Festival der BYH-Veranstalter, nämlich für das "Rock Of Ages". Die Engländer mit ihrer Glanzzeit in den späten Achtzigern und frühen Neunzigern sind seit knapp zehn Jahren wieder aktiv und man merkt der Band an, dass sie wieder mit Herzblut und Spielfreude bei der Sache ist. Entsprechend gut wird sie auch von den Headbangern und Kuttenträgern aufgenommen, was mich dann doch ein kleines bisschen überrascht. Ganz getreu dem Motto der Band, dass jeder Mensch täglich seine Dosis an "Good Time Rock'n'Roll Music" brauche, ziehen die Mannen um Gründungsmitglied Jonathan "Spike" Gray (Gesang) und den langjährigen Gitarristen alte Gassenhauer wie die 80er-Singles 'There She Goes Again', Highlights von den alten Alben wie 'Man On The Loose', aber auch neuer Volltreffer wie 'I Love This Dirty Town' vom 2008er-Album 'Homewreckers & Heartbreakers' aus dem Hut. Wer dann mit der toll ins eigene Soundgewand übergeführten Dio-Huldigung 'Starstruck' und dem Evergreen '7 O'Clock' schließt, der hat mit Sicherheit seine Berechtigung auf diesem Festival.

Setlist: Intro, Bite The Hand That Feeds, Misled, The Finer Stuff, Tramps And Thieves, There She Goes Again, I Love This Dirty Town, This Is Rock'n'Roll, Man On The Loose, Starstruck, 7 O'Clock

[Rüdiger Stehle]


Ich muss ja ehrlich zugeben: So gerne ich die Alben von NEVERMORE höre - live hat mich die Band aus Seattle nie wirklich überzeugt. Und ich habe Warrel Dane & Co. schon einige Male gesehen. Aber ich gebe NEVERMORE trotzdem immer wieder eine Chance - so auch heute. Allerdings sind die Voraussetzungen auch bei diesem Auftritt nicht gerade optimal. Warrel ist gesundheitlich angeschlagen und folglich auch gesanglich nicht ganz auf der Höhe. Und außerdem haben NEVERMORE wieder einmal einen eher mäßigen Sound - was bei ihrer Musik leider schon ins Gewicht fällt. So ist beim ersten Song 'Beyond Within' von Warrel fast nichts zu hören, doch das wird zumindest im Laufe des Auftritts besser. Mit 'The River Dragon Has Come' lassen NEVERMORE noch einen weiteren Klassiker folgen, bevor es mit 'The Termination Proclamation' den ersten Song vom neuen Album "The Obsidian Conspiracy" zu hören gibt. In der Folge gibt es mit 'Emptiness Unobstructed', 'Your Poison Throne' sowie dem Titelsong noch weitere neue Stücke, die vom Publikum allesamt gut aufgenommen werden. Eine wirkliche Begeisterung kommt allerdings nicht auf - was aber weniger am neuen Songmaterial als am Auftreten von NEVERMORE liegt. Insbesondere Warrel wirkt ziemlich lustlos - möglicherweise eine Folge seiner angeschlagenen Gesundheit -, aber auch die restliche Band kann nicht richtig mitreißen. Das ändert sich auch kaum mit den älteren, beim Publikum eigentlich recht gut bekannten Songs wie 'Born', 'Inside Four Walls' oder dem Ronnie James Dio gewidmeten 'The Heart Collector'. In den vorderen Reihen wird zwar schon fleißig gebangt und gemosht, doch etwas mehr Begeisterung wäre sicherlich möglich gewesen. Mit 'Enemies Of Reality' beenden NEVERMORE daher einen soliden, aber keineswegs großartigen Auftritt. Schade eigentlich, denn wieder ist eine Chance vertan. Nun ja - bis zum nächsten Mal, NEVERMORE?!
[Martin Schaich]

Das schöne für einige Festivalbesucher des Bang Your Head sind die Bands, die den eher gemächlichen Heavy Metal oder sogar Hard Rock Bands gegenüberstehen und die Brutaloschraube ordentlich anziehen. So sorgen dieses Jahr unter anderem DARKANE, THE HAUNTED und die jetzt auf den Brettern stehenden Norddeutschen Jungs von DEW-SCENTED für willkommene Abwechslung. Dafür, dass QUEENSRYCHE fast zeitgleich spielen, ist die Halle erfreulicher Weise gut gefüllt und die Marschrichtung ist von Anfang an klar - nämlich voll auf die Zwölf. Leifs Gekeife mag vielleicht etwas monoton klingen, aber die Rhytmusabteilung (Borchers/Walczak, die vor Kurzem erst Müller/Bache ablösten), bei der ein geniales Riff das nächste jagt, lässt die 45 Minuten wie im Flug vergehen und sorgt in den ersten paar Reihen vor der Bühne für beste Stimmung mit kleineren Mosh- und Circlepits. Ein kleiner Wermutstropfen ist allerdings der Sound in der Halle, der mir etwas dumpf und brummend vorkommt. Bei einem Best-of-Set der vergangenen sechzehn Jahre Bandgeschichte und acht Studienalben bleiben keine Wünsche offen, wobei ich mich am meisten über 'Soul Poison' vom göttlichen 2003er-Album "Impact" freue und fleißig mitbrülle "... absent-minded, hear my inner cries ...". Sehr feiner Auftritt und einfach ein unglaubliches Riffgewitter. DEW-SCENTED halt!
[Thorsten Seyfried]

 

 

 

 

Nachdem QUEENSRYCHE schon zweimal mit einer "Operation: Mindcrime"-Show in Balingen zu Gast waren, soll es dieses Mal ein "Best-of"-Set geben - so lautete zumindest die Ankündigung. Da erwartet der gemeine QUEENSRYCHE-Fan dann natürlich, dass ein Klassiker auf den anderen folgt, und dass Songs wie 'Queen Of The Reich', 'Take Hold Of The Flame', 'Walk In The Shadows' oder gar 'Roads To Madness' zum Besten gegeben werden. Doch weit gefehlt! Geoff Tate & Co. legen mit 'Hit The Black' vom 1997er-Album "Hear In The Now Frontier" los, und lassen auch gleich noch 'Sacred Ground' vom Nachfolger "Q2K" folgen. Das löst nicht nur bei mir, sondern auch bei vielen anderen Fans vor der Bühne skeptische Blicke aus. Das ändert sich auch nicht, als mit 'Man Down' und 'The Hands' sogar noch neuere Stücke dargeboten werden. Dabei kann man der Band - abgesehen von der Songauswahl - eigentlich gar keinen Vorwurf machen: Die Band tritt sehr professionell auf, und Geoff ist sowohl ein guter Sänger als auch ein charismatischer Frontmann mit einer enormen Ausstrahlung. Mit 'Damaged' gehen QUEENSRYCHE aber dann doch noch zu etwas älterem Songmaterial über, denn mit 'Breaking The Silence', 'The Thin Line' (mit Geoff am Saxophon) sowie der großartigen Ballade 'Silent Lucidity' gibt es zumindest mal Stücke von "Operation: Mindcrime" bzw. "Empire" zu hören. Dass diese beiden Alben beim Publikum sehr viel beliebter sind als die neueren Werke, ist an den Reaktionen sehr deutlich zu erkennen. Doch QUEENSRYCHE scheinen das zu ignorieren, denn mit 'The Right Side Of My Mind' gibt es einen weiteren "Q2K"-Titel zu hören. Anschließend gedenkt auch Geoff dem verstorbenen Ronnie James Dio, und ihm zu Ehren spielen sie dann auch 'Neon Knights', das ja bereits auf "Take Cover" zu finden war. Daraufhin verlassen QUEENSRYCHE die Bühne, um anschließend für drei weitere Songs aus der "Operation: Mindcrime"/"Empire"-Phase zu spielen: 'I Don't Believe In Love', 'Jet City Woman' und 'Empire'. Damit kann man als jahrelanger QUEENSRYCHE-Fan zwar zufrieden, aber keineswegs glücklich sein. Denn immerhin gab es keinen einzigen Song von den ersten drei Scheiben, und in ein "Best-of"-Set gehören beispielsweise auch Songs wie die eingangs erwähnten. So bleibt unter dem Strich ein an sich guter Auftritt, doch aufgrund einer (teilweise) verbesserungswürdigen Setlist trotzdem eine Enttäuschung.

Setlist: Hit The Black; Sacred Ground; Man Down; The Hands; Damaged; The Thin Line; Breaking The Silence; Silent Lucidity; The Right Side Of My Mind; Neon Knights; I Don't Believe In Love; Jet City Woman; Empire

[Martin Schaich]



Bevor TWISTED SISTER auf der Hauptbühne loslegen, noch mal schnell in die Halle zu THE HAUNTED. War die Luft in der Halle am Freitagabend nur warm und stickig, ist sie am Samstag, bedingt durch den Regen und die vielen aufgeweichten Leute, geradezu tropisch. Dass THE HAUNTED etwa 30 Minuten vor dem Headliner in der Halle spielen dürfen hat Vor- und Nachteile. Die Band darf sich, zumindest am Anfang, über eine gut gefüllte Messehalle zur besten Spielzeit freuen und legt auch dementsprechend engagiert los. In den letzten Jahren hat sich der "Immer-auf-die-Fresse"-Thrash der ersten Alben in definitiv moderneres, variableres, aber nicht minder aggressives Songmaterial gewandelt. Und trotzdem kommen die Schweden weiterhin ohne Hardcore-Anbiederungen oder clean gesungenen Refrains aus. Auf der Bühne geht bei THE HAUNTED erfahrungsgemäß nicht unbedingt die Post ab. Fronter Peter Dolving (mittlerweile mit ordentlich Hüftspeck) geht zwar mächtig ab, die Saitenfraktion lässt es allerdings etwas gemütlicher angehen. Die Herren Björler wirken auf mich immer etwas unbeholfen und Klampfer Jensen post sich wie immer gekonnt cool durch das Programm. Allerdings ist der Sound in der Halle, wie leider bei allen Bands, nicht der beste. Da ich mit den Songs neueren Datums nicht ganz so vertraut bin, bleibt mir nur '99' wirklich in Erinnerung. Der Stimmung tut der Soundbrei allerdings keinen Abbruch und die Band wird ordentlich abgefeiert. Zum Beginn des Headliners zieht es uns aber, wie die meisten der Anwesenden, vor die Hauptbühne, auch um wieder etwas Sauerstoff in die Lungen zu bekommen.
[Holger Ziegler]





Nachdem sowohl NEVERMORE als auch QUEENSRYCHE hinter den Erwartungen zurück geblieben sind, bin ich nun gespannt, wie sich der heutige Headliner TWISTED SISTER präsentiert. Die bisherigen zwei Auftritte der Band um Dee Snider hätten nämlich unterschiedlicher nicht sein können: Als sie 2003 wiedervereint in Balingen waren, haben sie auf der ganzen Linie überzeugt und dermaßen abgeräumt - ich würde fast sagen, dass es einer der besten Gigs war, die ich gesehen habe, und ich habe in den letzten 20 Jahren schon einiges gesehen. Der 2005er-Auftritt war dagegen eine ziemliche Enttäuschung - das "Stay Hungry"-Album am Stück, ein ewig langes ROLLING-STONES-Cover, und das war's.


Los geht es mit dem üblichen Intro, nämlich dem AC/DC-Klassiker 'It's A Long Way To The Top', doch danach gibt es noch einen zweiten Song vom Band, nämlich 'Man On The Silver Mountain' von Rainbow - TWISTED SISTERs (erster) Tribut an Ronnie James Dio. Und ein drittes Intro gibt es auch noch, und zwar das zu 'Come Out And Play', und damit geht's dann auch endlich richtig los. Dee hat dieses Mal sein rosafarbenes Outfit im Schrank gelassen und ist ganz schwarz gekleidet, aber er wirbelt wie eh und je in seiner unnachahmlichen Art über die Bühne. Als mit 'The Kids Are Back' und 'Stay Hungry' gleich noch zwei Klassiker nachgelegt werden, haben TWISTED SISTER (fast) schon gewonnen, denn das Publikum vor der Bühne ist begeistert und feiert die Band lautstark ab. In seiner ersten Ansprache wendet sich Dee auch mal wieder an den Himmel, und es werden Erinnerungen an seinen Solo-Auftritt wach. Doch dieses Mal zieht er den Zorn von Mutter Natur wohl nicht auf sich, denn es bleibt im Gegensatz zu 2001 trocken. Weiter geht es recht überraschend mit 'Captain Howdy', aber mit 'Shoot 'em Down', 'You Can't Stop Rock 'n' Roll' und 'The Fire Still Burns' folgen wieder einige Klassiker, die man so auch erwarten konnte. Mit den beiden Hymnen 'I Am (I'm Me)' und 'We're Not Gonna Take It' bringen TWISTED SISTER die ohnehin hervorragende Stimmung endgültig zum Überkochen, und selbst als die Band ihren Klassiker schon beendet hat, singen die Fans immer noch weiter. Mit 'The Price' werden dann zwischenzeitlich etwas ruhigere Töne angeschlagen, doch schon mit 'I Believe In Rock 'n' Roll' und 'Burn In Hell' geben TWISTED SISTER wieder ordentlich Gas. Mit dem ebenfalls wieder lautstark mitgegrölten 'I Wanna Rock' verabschiedet sich die Band vorübergehend, um mit 'Under The Blade' wieder auf die Bühne zurückzukehren. Dem verstorbenen Ronnie James Dio zollen sie dann auch noch (ein zweites Mal) Tribut, indem sie 'Long Live Rock 'n' Roll' von RAINBOW spielen, und mit 'S.M.F.' ist dann endgültig Schluss.

TWISTED SISTER konnten zwar nicht ganz an den Auftritt von 2003 anknüpfen, waren aber wieder deutlich besser als vor fünf Jahren. Sie boten eine großartige Show, und wohl nicht nur ich fühlte mich bestens unterhalten. Und viel mehr kann man von einem Headliner wohl nicht erwarten, oder?

Setlist: Come Out And Play; The Kids Are Back; Stay Hungry; Captain Howdy; Shoot 'em Down; You Can't Stop Rock 'n' Roll; The Fire Still Burns; I Am (I'm Me); We're Not Gonna Take It; The Price; I Believe In Rock 'n' Roll; Burn In Hell; I Wanna Rock; Under The Blade; Long Live Rock 'n' Roll; S.M.F.
[Martin Schaich]

Gleich nach TWISTED fucking SISTER strömen die Massen Richtung Halle, in der sich im Anschluss DESTRUCTION die Ehre geben sollen. Allerdings dauert es eine halbe Ewigkeit bis man die schon müden Knochen vor die Bühne gewuchtet bekommt, da sich alle durch nur einen Eingang quetschen müssen und es sich ziemlich zurückstaut. Dadurch dürften auch viele die ersten Klänge Schmiers und seiner Mannen verpasst haben. Nach nem kurzen Intro gibts 'Curse The Gods' auf die Ohren und es ist schon cool den großen Schmier und den kleinen, old-school wie eh und je aussehenden, mit Lockenmähne und Patronengurten "bewaffneten" Mike Sifringer auf der Bühne zu sehen. Die Stimmung vor der Bühne ist prächtig, allerdings "striket" beim nächsten Lied nicht nur der "Butcher Back" sondern leider auch das Bedürfnis nach Ruhe und Schlaf und so fordern die anstrengenden Tage ihren Tribut. Ja, nach 14 Stunden Festival sind die Herren Berichterstatter kräftemäßig ziemlich am Ende, so dass die neu hinzu gekommene Hallenverlängerung mit den südbadischen Thrash-Urgesteinen von DESTRUCTION als Headliner leider bei uns allen dem Verlangen nach Schlaf zum Opfer fällt. Der von uns um Beistand ersuchte Berichterstatter bringt uns ein paar Fotos mit, doch auch er hat es nach einigen Songs vorgezogen, das Zelt aufzusuchen. Nicht, weil die Band schlecht gewesen sei, nein, die war dem Vernehmen nach ziemlich gut unterwegs, doch irgendwann macht sich halt das Alter bemerkbar. Der Gedanke mag ja lobenswert sein, dem Zuschauer für sein Geld noch mehr Bands zu liefern, doch beim Bang Your Head war es an sich immer eine Wohltat, auch mal früher in die Kiste zu kommen, ohne wichtige Bands zu verpassen. Vielleicht sollte der Elf-Uhr-Curfew im nächsten Jahr doch wieder eingeführt werden. Nicht nur für alternde Weicheier wie uns, sondern auch für die Bands, die sicher mehr Publikum hätten, wenn sie früher auf die Bretter dürfen.
[Thorsten Seyfried & Rüdiger Stehle]


Redakteur:
Martin Loga

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