Blind Guardian / Freedom Call - München

21.05.2002 | 12:06

05.05.2002, Babylon

Die aktuelle BLIND GUARDIAN-Scheibe hat ja sehr unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Da gibt es diejenigen, die von den komplexeren Songstrukturen absolut begeistert sind, und da gibt es auch diejenigen, denen einfach der Zugang zu den neuen Songs fehlt, und dann gibt es noch diejenigen, die sich irgendwo dazwischen wiederfinden. Und zu dieser Gruppe zähle ich auch mich - ich persönlich finde, dass "A Night At The Opera" durchaus eine sehr gelungene Platte ist, aber im Vergleich zu Scheiben wie "Tales From The Twilight World" zündet das neue Material einfach nicht so. Und deshalb war ich doch sehr gespannt, wie sich das Ganze denn dann live so darstellen würde... Also machte ich mich an jenem Sonntag im Mai, in Begleitung von zwei netten Mädels ;-), auf den Weg ins Münchner Babylon (KPO). Nun dürfte es aber eine Tatsache sein, dass BLIND GUARDIAN die deutsche Heavy Metal-Band mit der wohl größten Fangemeinde ist. Dass man sich dann als Location in München das Babylon ausgewählt hat, das gerade einmal 1.500 Leute aufnehmen kann, verwundert deshalb schon ein wenig. Und dementsprechend war das Konzert dann auch schon Wochen vorher ausverkauft. Diese Information schien sich aber nicht wirklich bis zu jedem herumgesprochen zu haben, denn es gab tatsächlich noch ein paar Leute, die auf eine Karte an der Abendkasse spekulierten - sehr zur Belustigung aller anderen, die wie ich vor der Halle auf den Einlass warteten...


FREEDOM CALL:

Ziemlich pünktlich ging es dann kurz nach 20.00 Uhr auch schon los, und die vier Jungs von FREEDOM CALL kamen auf die Bühne. Sie stiegen mit "We Are One" in ihr Set ein und hatten dadurch keine größeren Probleme, das Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Sicherlich kann man sich über die Musik von FREEDOM CALL streiten, und man kann durchaus der Meinung sein, dass die Songs einfach zu simpel gestrickt sind und die Refrains zu kinderlied-mäßig sind. Aber gerade live ist das ja nicht unbedingt ein Nachteil, da die Songs dadurch schnell ins Ohr gehen und auch Leute, die mit dem Material nicht so vertraut sind, begeistert mitgehen können. So war es dann auch an diesem Abend, und schon beim zweiten Song, der Bandhymne "Freedom Call" herrschte eine recht gute Stimmung. Danach begrüßte der Sänger Chris erstmal das Publikum sehr angemessen mit "Servus", und er stellte beeindruckt fest, dass wohl "München geil für Metal" wäre. Dass ich da bisher eher andere Erfahrungen gemacht habe und die Münchner Metal-Szene eher als mäßig bis saumäßig bezeichnen würde, lassen wir mal dahingestellt. ;-) Auf alle Fälle ging es anschließend mit "Tears Of Taragon" und gleich danach mit "Heart Of The Rainbow" weiter. Da in nicht allzu ferner Zukunft (Anfang Juni) die dritte Platte von FREEDOM CALL, "Eternity", erscheint, gab es natürlich auch schon eine Kostprobe davon, und zwar in Form von "Metal Invasion" (?), das den bisherigen Stil konsequent weiterführt. Danach folgte wieder ein älterer und damit auch bekannterer Song, nämlich "Farewell", den das Publikum erneut begeistert aufnahm. Mit "Eyes Of The World" (?) präsentierten FREEDOM CALL dann einen weiteren Song vom neuen Album, bevor mit "Hymn To The Brave" der letzte Song des Sets folgte. Dazu ermunterte Chris nochmals das Publikum, kräftig mitzusingen, und das ließ sich auch gar nicht lange bitten. Danach war dann auch Schluss mit FREEDOM CALL - obwohl nicht wenige Leute lautstark nach einer Zugabe verlangten.


BLIND GUARDIAN:

Nach der obligatorischen Umbaupause ging es dann mit dem Headliner des Abends, BLIND GUARDIAN, weiter. Als Intro hatten die Krefelder "War Of Wrath" ausgewählt, das von den meisten Leuten Silbe für Silbe lautstark mitgesprochen wurde. Im Laufe des Stücks kamen dann die Musiker auf die Bühne, die mit einigen weißen Tüchern bespannt war - eine, wie ich finde, einfache, aber effektvolle Bühnendekoration, da darauf immer wieder auch verschiedene Bilder projiziert wurden. Als Opener spielten BLIND GUARDIAN - das war nach dem Intro auch nicht weiter überraschend - "Into The Storm", bevor Hansi das erste Mal ein paar Worte an das Publikum richtete. Und da sind wir auch schon an dem Punkt, der mich an diesem Konzert am meisten störte - nicht, dass er sich aus gegebenem Anlass über den FC Bayern lustig machte (ein Blauer hat damit selten ein Problem ;-)), sondern BLIND GUARDIAN schafften es nicht ein einziges Mal, zwei Songs am Stück zu spielen. Es ist ja ganz schön und gut, wenn hin und wieder ein Stück angesagt wird, aber muss es denn bei jedem Song sein?!? - Wie dem auch sei - weiter ging es dann im Programm mit dem Klassiker "Welcome To Dying", gefolgt von dem etwas ruhigeren "Nightfall". Dass die Stimmung während des gesamten Konzerts großartig war, muss ich wohl kaum erwähnen, und gerade bei den etwas langsameren Stücken sang das Publikum begeistert und lautstark mit. Hansi förderte dies auch noch dadurch, dass er wiederholt darauf hinwies, dass sämtliche Konzerte der Tour für ein Live-Album aufgezeichnet würden. Danach ging es mit "The Script For My Requiem" wieder etwas energischer und druckvoller zu Werke, so dass auch die zahlreichen Headbanger auf ihre Kosten kamen. Anschließend kam mit "Harvest Of Sorrow" ein Song, den ich nicht unbedingt in der Setlist erwartet hatte und wohl auch nicht wirklich vermisst hätte - aber vom Publikum wurde auch diese Ballade begeistert aufgenommen. Erst danach kam mit "Under The Ice" der erste Song vom aktuellen Album "A Night At The Opera", und auch live wollte dieser Song auf mich - wie im Übrigen auch die anderen beiden Songs von dieser Scheibe, die noch folgen sollten - nicht die rechte Wirkung ausüben. Das lag aber - um das klarzustellen - nicht daran, dass diese komplexeren Songs nur mäßig umgesetzt wurden - ganz im Gegenteil; doch woran es wirklich lag, kann ich ehrlich gesagt nicht sagen. Aber das alles machte der darauffolgende Klassiker "Valhalla" wieder mehr als gut, bei dem sich das Publikum wieder - wie üblich - gesangstechnisch austoben durfte. Danach folgte mit "The Soulforged" der zweite aktuelle Song, der durch eine Feuerwand auf der Bühne eindrucksvoll untermalt wurde. Als dann Hansi den nächsten Song ansagen wollte, ließen ihn die Fans dann aber doch ein wenig im Stich, denn auf seine "Time"-Rufe kam nur ein sehr verhaltenes "What Is Time" zurück, so dass er vermutete, dass hier hauptsächlich junge Leute wären, die 1992 noch nichts vom Heavy Metal wissen wollten. Aber trotzdem war dieser Song "Time What Is Time" für mich einer der Höhepunkte dieses Gigs, auch wenn er mit dem "Mordred's Song" von einem weiteren langsameren Song gefolgt wurde. Anschließend gab es dann den dritten "A Night At The Opera"-Song, nämlich "Punishment Divine", und danach die fast schon obligatorische Hansi-Ansage, bei der er dieses Mal über seinen Gast-Bassisten lästerte ("Bleib nur da hinten stehen!"). Im übrigen hatten BLIND GUARDIAN für diese Tour neben dem Bassisten auch noch einen Keyboarder engagiert, der aber während des gesamten Auftritts ziemlich unauffällig blieb. Natürlich durfte die inzwischen schon zum ultimativen BLIND GUARDIAN-Kultsong avancierte Ballade "The Bard's Song" nicht fehlen, die - wie es sich gehört - vom Publikum lautstark mitgesungen wurde, so dass Hansi hier nur die zweite Stimme blieb. Als letzten Song des eigentlichen Sets spielten die Krefelder dann "Imaginations From The Other Side", um anschließend die Bühne zu verlassen. Doch das konnte es natürlich noch nicht gewesen sein, und so forderten die Fans lautstark nach der einen oder anderen Zugabe. BLIND GUARDIAN ließen sich auch gar nicht lange bitten, und spielten sogleich mit "Lost In The Twilight Hall" einen wahren Klassiker, der zum Headbangen förmlich einlud. Doch damit war es danach auch schon wieder vorbei, da mit "A Past And Future Secret" wieder mal eine Ballade auf dem Programm stand. Anschließend schoben die Jungs noch "Time Stands Still" nach, um dann erneut die Bühne zu verlassen. Aber auch damit gab sich das Publikum nicht zufrieden, so dass die Band gar keine andere Wahl hatte, noch einmal zurückzukommen. Es folgte also noch "Mirror Mirror", das von einem wahren Pyro-Feuerwerk begleitet wurde, bevor dann endgültig Schluss war. - Im Großen und Ganzen war der Auftritt von BLIND GUARDIAN sehr gut und äußerst souverän - auch wenn ich wie immer ein paar Songs in der Setlist vermisst habe (z.B. hätte ich gerne noch "Majesty" oder "The Last Candle" gehört und dafür auf die eine oder andere Ballade verzichtet ;-)). Die Stimmung auf diesem Konzert war jedoch absolut fantastisch, so dass man über die angesprochenen Kritikpunkte durchaus hinwegsehen kann und von einem gelungenen Abend sprechen darf.


Setlist BLIND GUARDIAN:

War Of Wrath (Intro)
Into The Storm
Welcome To Dying
Nightfall
The Script For My Requiem
Harvest Of Sorrow
Under The Ice
Valhalla
The Soulforged
Time What Is Time
Mordred's Song
Punishment Divine
The Bard's Song
Imaginations From The Other Side
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Lost In The Twilight Hall
A Past And Future Secret
Time Stands Still
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Mirror Mirror

Redakteur:
Martin Schaich

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