COHEED & CAMBRIA und THE INTERSPHERE - Berlin

13.05.2019 | 21:22

02.05.2019, SO36

Zwei Mal allerbeste Live-Unterhaltung.

Als bekannt wurde, dass COHEED & CAMBRIA auf dieser Tour im Berliner Astra Station machen, war ich tatsächlich noch nicht Feuer und Flamme, obwohl ich alle Alben der Band extrem mag. Tatsache ist, dass ich Claudio Sanchez und seine Truppe mehr als zehn Jahre lang live ignoriert habe, nachdem mich die ersten beiden Gigs extrem enttäuscht haben. Weniger wegen der Performance, eher wegen der Spielzeit. Beim ersten Konzert 2005 waren es schlappe 55 Minuten, beim zweiten 2007 dann zwar 75 Minuten, aber darin war ein fast 15-minütiger Jam nach dem letzten Song 'The Final Cut' enthalten. Da hatte ich dann erst einmal genug von COHEED & CAMBRIA live. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass das nicht nur mir so geht, denn bereits mindestens zwei Mal mussten Konzerte der Jungs in kleinere Hallen verlegt werden. So auch dieses Mal, wo das Astra durch das vielleicht halb so große SO36 ersetzt wurde. So richtig heiß auf das Konzert wurde ich ehrlicherweise erst, als THE INTERSPHERE als Vorband bestätigt wurde. Sind doch die vier Mannheimer einer der besten Live-Acts Deutschlands.

The Intersphere live

Eine Tatsache, die auch an diesem Abend wieder deutlich wird. Unterstützt von dem wohl besten Sound, den ich je im SO36 gehört habe, zockt sich das Quartett durch eine von zwei Klassikern eingerahmte "The Grand Delusion"-Setlist, die beweist wie bärenstark das neue Album von THE INTERSPHERE ist. Egal, ob 'Man On The Moon', 'Secret Place', 'Antitype' oder das vorzügliche 'The Grand Delusion', hier folgt Hit auf Hit. Christoph singt fantastisch wie immer und Moritz beim Schlagwerken zuzuschauen, ist sowieso immer ein Augen- und Ohrenschmaus. Dazu ist bei Thomas, Christoph und Daniel auch immer mächtig Bewegung auf der Bühne. Wer eh schon mit dem Material vertraut ist, der singt fröhlich mit, der Rest taut von Song zu Song mehr auf. Mit jeder Nummer werden die Reaktionen euphorischer und nach dem abschließenden 'Prodigy Composers' wird der Jubel dann auch wirklich laut. Es hätte wohl kaum jemand was dagegen, wenn das noch länger ginge.

Nach einer 20-minütigen (musikalisch fabelhaft untermalten) Umbaupause, ertönt dann das Intro zum neuen Album "Unheavenly Creatures" bevor 'The Dark Sentencer' den Startschuss in der sehr gut gefüllten Halle gibt. Auch hier fällt der Sound positiv auf, Bobtail Claudio hat noch mehr von einem Waldschrat als vor vielen Jahren, während der zweite Gitarrist Travis Stever so einiges an Haupthaar verloren hat. Da wirkt die Verteilung schon leicht unfair. Anyway, die Stimmung ist vom Start weg gut und und meinem Kumpel raune ich bereits beim folgenden 'Unheavenly Creatures' zu, dass dies der beste COHEED & CAMBRIA-Gig wird, den ich bisher gesehen habe, wenn denn die Länge stimmt. Und in der Hinsicht gibt es heute nicht viel zu meckern, denn ohne unnötige Spielereien kommt man heute auf beinahe 100 Minuten, die man mit Hits und Überraschungen versehen hat. Die "In Keeping Secrets Of Silent Earth: 3"-Nummern werden dabei am frenetischsten abgefeiert. Schon bei 'Three Evils (Embodies In Love And Shadow)' geht mächtig die Luzie ab, was beim Titeltrack des neuen Albums nicht nachlässt. Auch, weil Claudio hier mal ohne Gitarre des Poser gibt. Das macht richtig was her. Das etwas unerwartete 'Feathers' ist ebenfalls ein Killer, bevor der Doppelschlag 'Everything Evil' und 'A Favor House Atlantic' die Stimmung vollends zum Kochen bringt.

coheed and cambria live

'The Gutter' beweist dann, dass das neue Album ebenfalls absolut formidable Hits enthält, wie überhaupt auffällt, dass die neuen Songs sich kein bisschen hinter den Klassikern verstecken muss. Sehr gut sieht man das, wenn man den Mitsingfaktor zwischen 'In Keeping Secrets Of Silent Earth: 3' und dem livehaftig wirklich coolen 'Old Flames' vergleicht. Letzteres ist mir auf Platte ja zu cheesy, aber hier und jetzt als letzter Song vor den Zugaben funkioniert der ganz hervorragend. Auch drumherum gibt es eigentlich nichts zu bemängeln. Die Lichtshow ist angenehm, den Sound habe ich schon gelobt, Josh Eppard hat merklich Spaß am Schlagzeug und auch Bassist Zach Cooper ist in seinem Element. Das macht einfach wirklich Spaß, ich singe fröhlich mit und der Schweiß läuft. Der Zugabenblock wir dann etwas überraschend von 'You Got Spirit, Kid' eröffnet, bevor das phänomenale 'Welcome Home' für einen letzten Adrenalinschub sorgt und noch einmal von der gesamten Halle gesungen wird. Klasse.

Klar, in Zukunft bin ich bei COHEED & CAMBRIA wieder regelmäßig dabei, die Rehabilitation ist absolut gelungen. THE INTERSPHERE war live auch beim nun zehnten Mal wieder ganz fantastisch und dürfte sich auch einige Fans erspielt haben. Das nennt man dann wohl einen gelungenen Abend.

Spezieller Dank an Manuel Berger für die Bilder.

Redakteur:
Peter Kubaschk

Login

Neu registrieren