DIE TAUCHER - "Landgang"-Release-Party - Bellenberg

18.08.2019 | 22:24

16.08.2019, Traube

DIE TAUCHER haben ihr erstes Album seit fast drei Jahrzehnten gehoben und feiern den Schatzfund mit der Bitte zum Tanz in der alt-ehrwürdigen Traube zu Bellenberg.

Ab etwa sechs Uhr am Abend trudeln sie ein, Kollege Tommy Schmelz und ich, sowie ein Verwandter, Bekannter, Kumpel nach dem anderen am Ort des Geschehens: In der Traube in Bellenberg treffen sich heute eine ganze Menge Leute, die in den letzten dreißig Jahren irgendwie Teil der Rock- und Metalszene in Ulm und Oberschwaben bzw. ganz speziell im unteren Illertal waren. Hier in der Traube waren DIE TAUCHER schon damals zu Hause, hier gaben sie vor gut drei Jahren ihr umjubeltes Comeback-Konzert vor 4.000 Zuschauern im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten der Traube, und hierher - wohin auch sonst - kehren sie heute zurück, um mit uns allen nun auch die Veröffentlichung ihres Reunion-Albums "Landgang" zu feiern. Wenn ihr meine Rezension zu ebendieser Scheibe schon gelesen haben solltet, dann ahnt ihr vielleicht, dass DIE TAUCHER den alten Spirit auf Platte absolut überzeugend ausleben, ohne dabei auch nur ansatzweise aufgesetzt zu wirken, und genau das verpreche ich mir heute auch vom bevorstehenden Konzert, denn schon beim Interview im Vorfeld des Auftritts wirken die fünf Schwaben absolut sympathisch, motiviert, gut gelaunt und mit Ambitionen und Plänen für die Zukunft ausgestattet, doch davon soll euch Tommy im Interview-Teil berichten, während wir uns einstweilen dem Konzert zuwenden:

Es ist 19:45 Uhr als DIE TAUCHER die Bühne im schönen Biergarten der Traube erklimmen. Erst Schlagzeuger Manne (dereinst auch ein TAUCHERMEISTER), dann der Rest der Truppe: Frontmann Elmex, Gitarrist Vince und Basser Pete, sowie der alte Neue, wie sie ihn vorstellen: DIE TAUCHER gehen inzwischen zu fünft an Land, denn neu im Team ist mit DJ Good God (links im Bild) der langjährige Freund und Roadie der Band an der zweiten Klampfe und den Backing Vocals, wobei er letztere auch bereits zum neuen Album beigesteuert hat. Dass die alten Rockerrecken einer cooler als der andere auflaufen, versteht sich ja quasi von selbst: DJ mit Sonnenbrille und hohem Hut, Pete wie einst der rote Korsar (der auch im Intro vom Bande grüßt), Vince mit Stars-and-Stripes-Stahlhelm, Ledermantel plus TAUCHER-Logo-Klampfe und Elmex mit Lederhose und kreuzfrommen Kniestrümpfen. Ja, wenn die Bestesten auflaufen, und das auch noch vor den bestesten Fans im Home Sweet Home (in lokalen Fachkreisen auch "Hoemat" genannt), dann sicher nicht wie Normalos, sondern wie die Echten. Lediglich Drummer Manne hat berufsbedingt nur recht konventionelles Rockergewand zu bieten, zimmert den vier Herren vor ihm jedoch dennoch (oder deswegen) einen absolut tighten Beat zurecht, womit wir dann auch die Äußerlichkeiten hinter uns lassen und musikalisch zur Sache kommen:

DIE TAUCHER geben heute Abend ein Konzert der Superlative, und das an sich aus ganz banalen, wenn auch leider nicht selbstverständlichen Gründen: Die Band ist toll eingespielt und präsentiert sich so tight wie sie einst im Mai sicher nicht war, außerdem merkt man wirklich allen Beteiligten auf und vor der Bühne an, wie viel Bock alle miteinander auf diesen Gig haben. Zu guter Letzt ist die Band hörbar und sichtbar selbstbewusst und überzeugt davon, ein tolles neues Album am Start zu haben, und das Publikum gibt den Musikanten allen Grund dazu, diesen Eindruck zu haben, denn jeder Song wird gefeiert und mitgesungen; auch die Neuen, von welchen sich nicht etwa einer oder zwei, oder eine Handvoll in ein Klassikerset verirrt haben, nein, weit gefehlt: Im Illertal ist eine Releaseparty auch eine Releaseparty, sprich eine Feier des neuen Albums und so werden ganze zwölf Stücke vom "Landgang" gespielt, und es bleibt keineswegs der Eindruck zurück, als spendeten die Leute nur Höflichkeitsapplaus und warteten auf mehr Klassiker. Dazu sind die neuen Songs aber auch viel zu hitverdächtig und viel zu sehr "TAUCHER pur", als dass man sich als Fan ihnen nicht hingeben wollen würde oder entziehen könnte. Schon beim Einstiegsdoppel mit den beiden neuen Stücken 'Rock n Roll Piraten' und 'Eddie und Elektra' ist das Publikum dabei, wenn auch ganz kurz mit der dem Schwaben eigenen Zurückhaltung, sprich den drei Metern Sicherheitsabstand zum Bühnenrand. Doch eine Aufforderung von Dr. Elmex genügt, und das Publikum erbarmt sich ohne großes Betteln zum Nahkontakt, und auch alsbald zu ein wenig freundlichem (und rücksichtsvollem) Pogo. 'Nie mehr' wird also definitiv danach keiner gesagt haben, und dass das 'Acht mal Vier' desodorierenderweise versagt hätte, ist durchaus möglich, war olfaktorisch aber nicht wahrnehmbar, ob der den Biergarten durchziehenden Wohlgerüche vom Zapfhahn und vom Schwenkgrill. Wer die Traube nicht kennt: Hier seid ihr gut versorgt!

Das führt uns zu den grundlegenden vegetativen Körperfunktionen, die bei DEN TAUCHERN stets ein Thema waren und natürlich noch sind, und so sorgen die Ode an die atmosphärische Inkontinenz namens 'Wer war's' und natürlich der Klassiker des vollen Halses - 'Gut gekotzt' - für blendende Stimmung allerorten, ebenso wie härtere Smasher der Marke 'Baby kannst du tanzen' oder 'Komm mit mir' oder auch die TAUCHER-Style-Ballade 'Annemarie' und das Boogie-lastige 'Diekönnunsnix', einer der absoluten Hits des neuen Albums. Auch zum Ende des Konzerts hin leistet sich die Band ohne jegliche Beanstandungen von Seiten des Publikums den Luxus eines ausgewogenen Mixes aus alten und neuen Songs, und wüsste man nicht um die fast dreißigjährige Kreativpause, man würde es niemals ahnen, denn der Gig ist aus einem Guss. Gerade 'Unsterblich' - geschrieben von Tom Vuk für seinen 2012 verstorbenen Bandkollegen Rolf Gentner, auf ganz eigene Weise interpretiert von DEN TAUCHERN für ihren 2005 verstorbenen Ur-Drummer Harry Richter - bringt greifbar herüber, wie aufrichtig die Reunion gemeint ist, und wie ehrlich sie auch herüber kommt. Wenn dann direkt im Anschluss die Schwabenrock-Überhymne 'Riding On The Feldweg' über Bellenberg hereinbricht und bestimmt auch auf den zahlreichen Feldwegen der Umgebung zu hören ist, wo gerade die Nachwuchsrocker schwarz ihr frisiertes Moped fahren, ist glasklar, dass danach nicht Schluss sein kann und DIE TAUCHER noch ein paar Zugaben würden geben müssen. Die lassen sich natürlich auch nicht lumpen und geben gleich vier weitere Stücke zum Besten, namentlich den Volltreffer aus TAUCHERMEISTER-Zeiten 'Berta S.', buchstäblich mit dem Schnäpper in der Hand, und dazu noch eine weitere Rückkehr zu den vegetativen Reflexen ('Ich muss aufs Klo') und natürlich den weiteren ganz großen Hit aus der alten Zeit - den 'Popper der Nation', au wenn'r a Arschloch isch. Und weil's so schön war, und weil doppelt aber mal gar nichts gespielt wird, und weil es sowieso Brauch und Sitte ist, die Lichter mit einem großen Knall auszuschießen, machen DIE TAUCHER dann mit dem neuen Song 'Bang!' Schluss, schicken die Leute aber trotzdem nicht nach Hause, sondern sind für ihre Fans und Freunde noch lang då zom Schwätza, zom Aastoßa ond zom Pladda onderschreiba lao. Es ist eben doch eine Party im Biergarten, in der Traube, und kein normales Rockkonzert. Der Gig DER TAUCHER war natürlich für alle Anwesenden das Ereignis des Wochenendes, aber sein Ende für die meisten noch lange kein Grund nach Hause zu gehen.

Wir hatten jedenfalls irre viel Spaß heute Abend mit DEN TAUCHERN und können der Band nur zu diesem sympathischen und vollauf überzeugenden Comeback gratulieren. Und den Jungs natürlich wünschen, dass die Reunion noch sehr lange und kreativ weiter gehen möge und sich auch überregional ein angemessener Erfolg anbahnt. Auch an die Location geht unser bester Dank und unser Kompliment: Was die Traube in Bellenberg für kleines Eintrittsgeld und bei bester Verpflegung immer wieder auf die Beine stellt, um die regionale Rockszene zu fördern und auch überregionale Bands in die Gegend zu holen, ist aller Ehren wert. Wir kommen gerne wieder!

Setliste: Intro; Rock n Roll Piraten; Eddie und Elektra; Nie mehr; Acht mal Vier; Wer war's; Aufstehen; Komm mit mir; Ohne Cash; Annemarie; Kälter als Eis; Intro; 25 Bilder; Diekönnunsnix; von Sinnen; Baby kannst Du tanzen; Gut gekotzt; Alles; Ich steh auf Dich; Zu Spät; Intro; Gott vom Schwermetallgewitter; Nur eine Nacht; Himmel; Inflagranti; Unsterblich; Intro; Riding On The Feldweg - Zugabe: Berta S; Ich muss aufs Klo; Popper der Nation; Bang!

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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