Desaster - Berlin

13.02.2007 | 11:44

10.02.2007, Knaack

Wenn das mal gut geht: Nur knapp hundert zahlende Gäste, dazu die meisten anfangs in reservierter Ankomm-Stimmung. Es sind ganz schön viele Widrigkeiten, die DISASTER KFW an diesem frühen Samstag abend gegen 21 Uhr im Berliner Knaack-Club bewältigen müssen. Die selbsternannten Rulers of the Gothenburg-Hartlack-Metal-Attack lassen sich davon jedoch nicht sonderlich stark beeindrucken und legen mit viel Spielfreude los. Hochmotiviert werden selbst angekündigte Balladen als fiese Death-Metal-Rotzer gespielt, die Band macht tüchtig Druck und Tempo. Das Besondere von DISASTER KFW sind nach wie vor die ohrenbetäubenden Schreie von Drummer Skeletton, der früher bei den APOKALYPTISCHEN REITERN gezockt hat, bis sie ihm zu abgedreht und seicht wurden. Bei DISASTER KFW kann er dagegen auf Old-School-Basis losbrettern, unterstützt von den tiefen Growls von Frontmann Sören. So erleben die Zuschauer einen kurzweiligen Auftritt, der von einem coolen 'Clash Of The Titans' am Ende gekrönt wird. Logisch, dass es da lautstarke Zugabe-Rufe gibt - und die Weimarer mit ein paar Bier in der Hand noch einmal ihren Sound zelebrieren, heftig, ruppig und ohne Melancholie. Schick. Und ein Gedanke: Schade, dass DISASTER KFW nicht als zweite Band des Abends spielen. Auf diesem Platz stehen die vermeintlichen Lokalmatadore von ARS MORTIS, die keinen besonders guten Tag erwischen. Ihr ebenso auf Old School getrimmter Death Metal kann an diesem Tag nicht sonderlich viel im Publikum bewegen. Dies liegt einmal an der so gut wie nicht vorhandenen Bühnenpräsenz. Denn so recht motiviert scheinen die Berliner nicht, wodurch ihr sowieso nicht sonderlich schneller Sound schnell behäbig wirkt. So gibt es nur sehr vereinzelten Applaus - Plätscherklatschen heißt da wohl der Fachausdruck. Und Zugaben möchte keiner. Dies erklärt auch, warum hier so wenig zu dieser Band steht: Es gibt einfach kein herausragendes Merkmal, das die Musik von ARS MORTIS wirklich interessant macht oder was ihre mutmaßlichen Vorbilder UNLEASHED oder BENEDICTION in ihrem Schaffen nicht besser schon gespielt haben. Schwamm drüber ...

... und zu DESASTER. Die müssen vor dem vornehmlich aus Thrashern bestehenden Publikum eigentlich kaum etwas machen, Fehler sind faktisch ausgeschlossen: Von der ersten Sekunde an sind die Fans auf ihrer Seite. Und DESASTER danken es ihnen mit einem formidablen Best-Of-Programm, das mit wütend-dynamischen Klassikern der Marke 'Sacrilege' und 'Profanation' samt und sonders aus Perlen der deutschen Thrash-Kultur besteht. Für die Band ist es auch aus einem anderen Grund eine Party: Ein Bierkasten steht auf der Bühne, sein Inhalt nimmt rapide ab. Weiterhin auffällig ist der wie immer cool auf Black-Metal-Art geschminkte Bassist Odin und seine Poser-Mienen-Spielchen. Mit seiner leicht überheblich-diabolischen Aura bildet er den perfekten Gegensatz zu seinen beiden Mitstreitern Infernal an der Gitarre und Tormentor am Schlagzeug: Denn diese beiden Typen leben auf der Bühne einfach Thrash-Metal, nietenbespickt und aufnäherbehangen, in ihrer Spielfreude ganz nah dran am austickenden Publikum. Dass die Fans - vor allem in den ersten Reihen - so abgehen, liegt aber auch am ureignen Sound von DESASTER, der in seiner einfachen Machart direkt in die Nackenmuskeln schießt. Zudem hat es die Band immer verstanden, wie etwa bei 'Teutonic Steel', einige richtig coole, fast norwegisch anmutende Black-Metal-Elemente in ihren Sound einzubinden. Formidabel, energetisch, gut. Und als Zugabe der ebenso sich als Evergreen verstehende Song 'Metalized Blood' sowie ein extrem cooles RAZOR-Cover ('Cross Me Fool'). Doch nach der Show ist vor der Show. Zumindest bei Metal-Konzerten im Knaack, die fast ausnahmslos von der Initiative Blackland organisiert werden, hinter der in aller erster Linie ein Mann steht: Pille - den echten Namen kennen wohl nur wenige -, Chef der rund 200 Meter entfernten "Access"-Metalkneipe. Dort geht die Party mit allen anwesenden Bands weiter. Und dort klären DISASTER KFW bierselig gestimmt auf, was ihr Namenszusatz KFW bedeutet. Bassist Enzephalon: "Das ist ein Friedhof, auf dem wir uns immer alle getroffen haben, als wir noch jung waren: KFW heißt einfach Klassischer Friedhof Weimar." Prost.

Redakteur:
Henri Kramer

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